17. Wahlperiode Drucksache 17/18332

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17. Wahlperiode 28.09.2017 Drucksache 17/18332 Gesetzentwurf der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring, Ulrike Gote, Jürgen Mistol, Gisela Sengl, Margarete Bause, Kerstin Celina, Christine Kamm, Ulrich Leiner und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) für ein Bayerisches Bildungsfreistellungsgesetz A) Problem Bereits 1976 hat sich Deutschland zur bezahlten Bildungsfreistellung verpflichtet (Nr.140 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO). Die Bundesländer verabschiedeten eigene Landesgesetze, die Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Gewährung von Bildungsfreistellung geben. Der Freistaat Bayern ist auf dem besten Weg, das einzige Bundesland ohne Bildungsfreistellungsgesetz zu sein: Bayern und Sachsen sind die letzten beiden Bundesländer, welches seinen Bürgerinnen und Bürgern ein gesetzlich festgeschriebenes Recht auf Bildungszeit vorenthält. Baden-Württemberg und Thüringen haben 2015 entsprechende Gesetze umgesetzt. B) Lösung Berufliche und gesellschaftliche Weiterbildung ist eine Investition, die sich lohnt. In Zeiten zunehmender Bedeutung lebenslangen Lernens ist sie unverzichtbar, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Die Schulbildung reicht längst nicht mehr für ein ganzes Leben. Weiterbildung liegt auch im Interesse von Unternehmen. Der Wissens- und Kreativitätszuwachs der Beschäftigten fördert Innovationen und Wachstum. Insbesondere vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des hohen Fachkräftebedarfes können kluge Unternehmensführungen auf dieses Potenzial nicht verzichten. Angesichts dieser Entwicklung reicht es nicht aus, Fortbildungen einzig vom Wohlwollen des Arbeitgebers abhängig zu machen. Bayern braucht einen Rechtsanspruch auf Bildungsfreistellung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: jeder Beschäftigten/jedem Beschäftigten soll künftig 5 Tage Bildungsfreistellung pro Jahr zum Zwecke der beruflichen, der allgemeinen, der politischen und der gewerkschaftspolitischen Bildung eingeräumt werden. Die Inhalte und der Zeitpunkt sollen unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange frei gewählt werden. C) Alternativen Beibehaltung der unbefriedigenden Rechtslage. D) Kosten Keine Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de - Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de Aktuelles/Sitzungen zur Verfügung.

Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/18332 28.09.2017 Gesetzentwurf Bayerisches Bildungsfreistellungsgesetz Art. 1 Grundsätze (1) 1 Die Beschäftigten in Bayern haben einen Anspruch gegenüber ihrer Arbeitgeberin oder ihrem Arbeitgeber auf Bildungszeit. 2 Während der Bildungszeit sind sie von ihrer Arbeitgeberin oder ihrem Arbeitgeber unter Fortzahlung der Bezüge freizustellen. (2) Die Bildungszeit kann für Maßnahmen der beruflichen oder der politischen Weiterbildung sowie für die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten beansprucht werden. (3) Berufliche Weiterbildung dient der Erhaltung, Erneuerung, Verbesserung oder Erweiterung von berufsbezogenen Kenntnissen, Fertigkeiten, Entwicklungsmöglichkeiten oder Fähigkeiten. (4) Politische Weiterbildung dient der Information über politische Zusammenhänge und der Mitwirkungsmöglichkeit im politischen Leben. (5) 1 Die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten dient der Stärkung des ehrenamtlichen Engagements. 2 Die Bereiche der ehrenamtlichen Tätigkeiten, für deren Qualifizierung ein Anspruch auf Bildungszeit besteht, werden durch Rechtsverordnung festgelegt. 3 Die Staatsregierung wird ermächtigt, den Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeiten, für deren Qualifizierung ein Anspruch auf Bildungszeit besteht, durch Rechtsverordnung zu regeln. Art. 2 Anspruchsberechtigte (1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer, 2. die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen gleichgestellten Personen sowie andere Personen, die wegen ihrer Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Arbeitnehmerähnliche Personen in diesem Sinne sind auch Menschen mit Behinderungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen. (2) Die Regelungen dieses Gesetzes gelten entsprechend für: 1. die Beamten und Beamtinnen des Staates, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen unter der Aufsicht des Staates stehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. 2. Berufsrichterinnen und Berufsrichter. Art. 3 Anspruch auf Bildungszeit (1) 1 Der Anspruch auf Bildungszeit beträgt bis zu fünf Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres. 2 Wird regelmäßig an weniger als fünf Tagen in der Woche gearbeitet, so verringert sich der Anspruch entsprechend (2) 1 Für die Beschäftigten an Schulen, die mit der Unterrichtung oder Betreuung von Schülerinnen oder Schülern betraut sind, erfolgt eine Freistellung nur in den unterrichtsfreien Zeiten. 2 Beschäftigte mit Lehraufgaben an Hochschulen können ihre Bildungszeit ausschließlich in der vorlesungsfreien Zeit in Anspruch nehmen (3) Erkrankt eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter während der Inanspruchnahme der Bildungszeit, so wird bei Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch ärztliches Attest die Zeit der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Anspruch auf Bildungszeit angerechnet. (4) Hat die Beschäftigte oder der Beschäftigte innerhalb eines Kalenderjahres den Bildungszeitanspruch nicht ausgeschöpft, kann der verbleibende Anspruch auf das folgende Kalenderjahr übertragen werden. Art. 4 Wartezeit 1 Der Anspruch auf Bildungszeit wird erstmals nach zwölfmonatigem Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses erworben. 2 Schließt sich ein Beschäftigungsverhältnis unmittelbar an ein Beschäftigungsverhältnis oder ein Ausbildungsverhältnis bei derselben Arbeitgeberin oder bei demselben Arbeitgeber an, ist für das Entstehen des Anspruchs der Beginn des vorhergehenden Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses maßgebend.

Seite 4 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/18332 Art. 5 Verhältnis der Bildungszeit zu anderen Freistellungen (1) 1 Der nach diesem Gesetz bestehende Anspruch auf Bildungszeit ist ein Mindestanspruch. 2 Andere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträge über Freistellungen zum Zwecke der Weiterbildung bleiben davon unberührt. (2) 1 Freistellungen, die aufgrund der in Abs. 1 genannten Regelungen erfolgen, werden auf den Anspruch auf Bildungszeit angerechnet, wenn durch sie die Erreichung der in Art. 1 niedergelegten Ziele ermöglicht wird und während der Freistellung ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts besteht. 2 Eine Freistellung wird nicht angerechnet, wenn die Weiterbildung der Einarbeitung auf bestimmte betriebliche Arbeitsplätze oder überwiegend betriebsinternen Erfordernissen dient. Art. 6 Bildungsmaßnahmen (1) Bildungsmaßnahmen im Sinne dieses Gesetzes müssen 1. mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und mit der Verfassung des Freistaates Bayern in Einklang stehen, 2. den Themenbereichen des Art. 1 entsprechen, 3. von anerkannten Bildungseinrichtungen im Sinne von Art. 9 durchgeführt werden, 4. als Veranstaltungen durchgeführt werden, die durchschnittlich einen Unterrichtsumfang von mindestens sechs Zeitstunden pro Tag umfassen. Bei mehrtägigen Maßnahmen sind auch Lernformen zulässig, die keine Präsenzveranstaltungen sind, wobei die Präsenzzeit überwiegen muss. (2) Keine Bildungsmaßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind Veranstaltungen, bei denen die Teilnahme von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei, Gewerkschaft, einen Berufsverband, einer Religionsgemeinschaft oder einer ähnlichen Vereinigung abhängig gemacht wird, 1. die unmittelbar der Durchsetzung politischer Ziele dienen, 2. die der Erholung, der Unterhaltung, der privaten Haushaltsführung oder der Körperpflege dienen, 3. die der sportlichen, künstlerischen oder kunsthandwerklichen Betätigung dienen, 4. die dem Einüben psychologischer oder ähnlicher Fertigkeiten ohne beruflichen Bezug dienen, 5. die dem Erwerb der allgemeinen Fahrerlaubnis oder ähnlicher Berechtigungen dienen, 6. die als Studienreise mit überwiegend touristischem Charakter durchgeführt werden. Art. 7 Verfahren zur Inanspruchnahme der Bildungszeit (1) Der Anspruch auf Bildungszeit nach diesem Gesetz ist gegenüber der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber so frühzeitig wie möglich, spätestens aber acht Wochen vor Beginn der Bildungsmaßnahme, schriftlich geltend zu machen. (2) Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber kann den Anspruch nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Belange im Sinne des 7 Bundesurlaubsgesetzes oder genehmigte Urlaubsanträge anderer Beschäftigter entgegenstehen. (3) Als dringender betrieblicher Belang gilt auch, wenn im Betrieb der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers am 1. Januar eines Jahres insgesamt weniger als zehn Personen ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt sind oder wenn zehn Prozent der den Beschäftigten am 1. Januar eines Jahres zustehenden Bildungszeit bereits genommen oder bewilligt wurde. (4) 1 Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber entscheidet über Anträge der Beschäftigten nach Abs. 1 gegenüber der oder dem Beschäftigten unverzüglich, jedoch spätestens vier Wochen vor Beginn der Bildungsveranstaltung schriftlich. 2 Im Falle einer Ablehnung bedarf es der schriftlichen Darlegung der Gründe. 3 Teilt die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Entscheidung nicht innerhalb der in Satz 1 genannten Frist formgerecht mit, so gilt die Bewilligung als erteilt. (5) 1 Die ordnungsgemäße Teilnahme an einer Bildungsveranstaltung ist der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber gegenüber nach deren Beendigung nachzuweisen. 2 Die für den Nachweis erforderlichen Bescheinigungen sind den Beschäftigten vom Träger der Bildungsmaßnahme zu erteilen. (6) 1 Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber kann in dringenden Fällen die Zustimmung zu einer bereits genehmigten Inanspruchnahme der Bildungszeit zurücknehmen, wenn nicht vorhersehbare betriebliche Gründe, wie Krankheit anderer Beschäftigter, eingetreten sind, deren Vorliegen zum Zeitpunkt des Antrags gemäß Abs. 2 eine Ablehnung ermöglicht hätte. 2 Die durch die Ablehnung entstandenen und nachgewiesenen unvermeidbaren Kosten der oder des Beschäftigten einschließlich der Stornierungskosten trägt in diesem Fall die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber. Art. 8 Fortzahlung des Arbeitsentgelts, Verbot von Erwerbstätigkeit und Benachteiligung (1) Während der Bildungszeit und im Fall der Erkrankung während der Bildungszeit wird das Arbeitsentgelt fortgezahlt und entsprechend den 9, 11 und 12 des Bundesurlaubsgesetzes berechnet.

Drucksache17/18332 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode Seite 5 (2) Während der Inanspruchnahme der Bildungszeit darf keine dem Zweck dieses Gesetzes zuwiderlaufende Erwerbstätigkeit ausgeübt werden. (3) Niemand darf wegen der Inanspruchnahme der Bildungszeit benachteiligt werden. Art. 9 Anerkannte Bildungseinrichtungen (1) 1 Bildungsmaßnahmen dürfen nur in anerkannten Bildungseinrichtungen durchgeführt werden. 2 Die Anerkennung setzt voraus, dass die Trägerin oder der Träger 1. seit mindestens zwei Jahren besteht, 2. systematisch Lehrveranstaltungen plant, organisiert und durchführt, 3. ein Gütesiegel zum Nachweis der Qualität der Bildungsarbeit nachweist, das vom Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst anerkannt und veröffentlicht ist, 4. Bildungsmaßnahmen im Sinne von Art. 6 planen. (2) 1 Einem Gütesiegel nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 sind gleichwertige andere Gütesiegel gleichgestellt. 2 Ein Gütesiegel ist gleichwertig, wenn insbesondere die Qualität der Angebote der Einrichtung und die Qualifikation des Personals die Gewähr dafür bieten, dass das Ziel und der Zweck dieses Gesetzes erreicht werden. (3) Die Staatsregierung wird ermächtigt, das Anerkennungsverfahren von Bildungsmaßnahmen für die Qualifizierungsmaßnahmen im ehrenamtlichen Bereich abweichend von Abs. 1 durch Rechtsverordnung zu regeln. (2) Über die Anträge entscheidet das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. (3) Liegen die Voraussetzungen des Art. 9 vor, verleiht die nach Abs. 2 zuständige Behörde der Einrichtung die Eigenschaft als anerkannte Trägerin oder anerkannter Träger. (4) 1 Über den Antrag wird innerhalb einer Frist von drei Monaten entschieden, sofern keine Prüfung der Gleichwertigkeit nach Art. 9 Abs. 2 erforderlich ist. 2 Erfolgt innerhalb der Frist nach Satz 1 keine Entscheidung, gilt die Anerkennung als erteilt. (5) Die Anerkennung erfolgt unbefristet und wird mit der Auflage verbunden, mit dem Ende der Laufzeit des Gütesiegels dessen Verlängerung nachzuweisen. (6) Die Anerkennung kann insbesondere widerrufen werden, wenn die anerkannte Trägerin oder der anerkannte Träger Veranstaltungen als Bildungsmaßnahmen im Sinne dieses Gesetzes durchführt, die nicht den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 entsprechen oder Veranstaltungen nach Art. 6 Abs. 2 darstellen. (7) Die für die Anerkennung zuständige Behörde veröffentlicht in geeigneter Weise eine Liste der anerkannten Trägerinnen und Träger. Art. 11 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am. in Kraft. Art. 10 Anerkennungsverfahren (1) 1 Die Einrichtungen stellen ihre Anträge auf Anerkennung als anerkannte Trägerin oder anerkannter Träger bis zum 31. August eines Jahres. 2 Ein späterer Antrag auf Anerkennung ist zulässig, wenn allein auf diese Weise der Anspruch auf Weiterbildung und der freie Dienstleistungsverkehr in der Europäischen Union sichergestellt werden können.