Manfred Mai Klassenfahrt zur Ritterburg
Maria Hopp DER AUTOR Manfred Mai, 1949 in Winterlingen geboren, wuchs auf einem Bauernhof auf. Sein Weg zu seinem Traumberuf war ziemlich verschlungen, aber seit einigen Jahren ist er glücklich als freier Schriftsteller. Mittlerweile hat er zahlreiche Bücher veröffentlicht und zählt zu den bekanntesten Kinder- und Jugendbuchautoren Deutschlands. Heute lebt er mit seiner Familie in Schwaben. Von Manfred Mai ist bei cbj bereits erschienen: Wenn Oma plötzlich fehlt (TB 21891) Wer viel fragt, wird schlau (TB 21850)
Manfred Mai Klassenfahrt zur Ritterburg Mit Illustrationen von Tina Schulte
cbj ist der Kinder- und Jugendbuchverlag in der Verlagsgruppe Random House Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100 Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifizierte Papier Profibulk von Sappi liefert IGEPA 1. Auflage Erstmals als cbj Taschenbuch April 2009 Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform 2005 cbj, München Alle Rechte vorbehalten Umschlagbild und Innenillustrationen: Tina Schulte Umschlaggestaltung: Basic-Book-Design, Karl Müller-Bussdorf im Herstellung: ReD Satz: Lorenz & Zeller, Inning a. A. Druck: Těšínská tiskárna, a.s.,český Těšín ISBN 978-3-570-21996-6 Printed in the Czech Republic www.cbj-verlag.de
Inhalt Unsere Klasse 7 Mannschaft oder Frauschaft? 18 Immer die Mädchen 26 Der Ritter und die Prinzessin 33 Lampenfieber 44 Der große Tag 51 Ein böser Ort 58 Ein großes Lob 74 Gespenster gibt s nicht oder doch? 79 Wie im Paradies 84 So plant ihr selbst eine Lesenacht 88
Unsere Klasse Die Sommerferien waren zu Ende und die meisten Kinder freuten sich nach sechs langen Wochen wieder auf die Schule. Es gab natürlich auch Kinder, die lieber noch mal sechs Wochen Ferien gehabt hätten. Zu ihnen gehörten Maya, Leon und Maxi, die am ersten Schultag mit griesgrämigen Gesichtern vor dem Eingang der Astrid-Lindgren-Schule standen. Sie wollten noch gar nicht daran 7
denken, dass sie von nun an wieder jeden Tag stundenlang im Klassenzimmer sitzen und Dinge lernen mussten, die sie nicht besonders interessierten. Und ihnen war völlig rätselhaft, wie man sich auf die Schule freuen konnte.»ich bin so gespannt, was für einen Lehrer wir bekommen«, sagte Paul.
»Hoffentlich nicht wieder den Zombi«, brummte Leon. Zombi nannten die Kinder der zukünftigen 3b ihren bisherigen Lehrer, Herrn Zimba, der meistens gereizt war, mit den schwächeren Schülern keine Geduld hatte, sie oft anbrüllte und ihnen Strafarbeiten gab.»ich wünsch mir eine Lehrerin«, sagte Luisa,»am liebsten Frau Ebner.«Marie nickte.»ich auch.oder Frau Lepitsky-Gallinaro«, sagte Fatma.»Die will ich nicht, weil die so einen langen blöden Namen hat«, rief Julian.»Da breche ich mir ja sonst jeden Tag die Zunge ab.«maya gähnte, dass ihre Backenknochen knackten.»ich wünsch mir keine Lehrerin und keinen Lehrer. Ich wünsch mir Ferien, damit ich ausschlafen kann.du bist «9
Was Maya Pauls Meinung nach war, blieb unausgesprochen. Denn in diesem Augenblick trat Herr Wehmeyer, der Schulleiter, aus der Tür und bat um Ruhe. Er begrüßte die Kinder und sagte, sie sollten sich klassenweise aufstellen, vorne die zweiten Klassen, dahinter die dritten und vierten.»eure Lehrerinnen und Lehrer werden euch gleich hier abholen und mit euch in eure Klassenzimmer gehen. Wir beginnen mit der 2a.«An dieser Stelle hob Herr Wehmeyer den Zeigefinger.»Ich möchte kein Gedränge und Geschubse sehen, haben wir uns verstanden!«weil das keine Frage war, erhielt der Schulleiter auch keine Antwort. Er machte den Weg frei und nickte Frau Edelfeld zu, die sich aus dem Lehrerpulk löste.»guten Morgen, Kinder! Die Klasse 2a kommt bitte mit mir!«das war keine Überraschung, denn Frau Edel- 10
feld hatte die neue 2a schon in der ersten Klasse unterrichtet. Auch die 2b und die 2c behielten ihre Lehrerinnen. Die 3a bekam Herrn Althaus, einen Lehrer, der neu an der Schule war.»daumen drücken«, rief Luisa ihren Mitschülern zu. Sie selbst drückte alle beide und murmelte tonlos:»frau Ebner bitte, Frau Ebner bitte, Frau Ebner bitte!«. Als würde Frau Ebner von Luisas Beschwörung angezogen, näherte sie sich der 3b und wurde mit freudigem Jubel empfangen. Die Mädchen und Jungen folgten ihrer Lehrerin ins neue Klassenzimmer, das noch ziemlich kahl wirkte. Einige Kinder reagierten schnell und besetzten die besten Plätze. Die langsameren mussten sich mit den restlichen Plätzen begnügen. Das führte zu Zankereien. 12
Frau Ebner mischte sich nicht ein. Sie beobachtete die Kinder und bekam auf diese Weise gleich einen ersten Eindruck von ihnen. Dabei fiel ihr besonders auf, dass mehrere Jungen Daniel wegdrückten, wenn er sich neben sie setzen wollte. Schließlich blieb ihm nur noch der Platz neben Maya in der letzten Reihe. Außer ihm sah man noch anderen an, dass sie mit ihren Plätzen nicht zufrieden waren.»erst mal einen schönen Guten Morgen, Kinder!«, sagte Frau Ebner schließlich.»guten Morgen, Frau Ebner!«, kam es aus 24 Kinderkehlen mehr oder weniger laut zurück.»einige von euch scheinen mit ihren Plätzen noch nicht glücklich zu sein«, begann die Lehrerin.»Mir gefällt die ganze Sitzordnung nicht. Wenn die meisten nur die Rücken der 13
anderen sehen, kann man doch nicht vernünftig miteinander lernen. Deswegen schlage ich vor, wir stellen immer zwei Tische zusammen und ihr bildet Vierergruppen.«Sofort fingen die Kinder zu tuscheln an.»ich möchte aber nicht, dass es Ärger und Streit gibt«, fuhr Frau Ebner fort.»hier sind 24 Kinder. Jedes Kind hat gute und weniger gute Eigenschaften Der«, sagte Leon und zeigte auf Daniel,»hat aber gar keine guten Eigenschaften.Die hat er ganz bestimmt«, entgegnete Frau Ebner,»genau wie du; auch wenn du leider erst mal zwei weniger gute gezeigt hast: Erstens hast du mich unterbrochen, zweitens hast du schlecht über einen Mitschüler geredet. Beides gehört sich nicht.«leon nuschelte etwas vor sich hin, was 14
niemand verstand. Aber alle ahnten, dass es nichts Freundliches war. Die Lehrerin wiederholte ihren Satz, wobei sie extra langsam sprach:»jedes Kind hat gute und weniger gute Eigenschaften. Unabhängig davon gehört jedes zu unserer Klasse und hat das Recht auf einen Platz, an dem es sich einigermaßen wohl fühlt. Mir ist klar, dass ihr euch nicht alle gleich gut versteht. Manche sind euch mehr, manche weniger sympathisch, das ist ganz normal. Aber ich möchte, dass ihr anständig miteinander umgeht auch mit denen, die ihr nicht mögt. So, und jetzt versucht mal, sechs Vierergruppen zu bilden.«es kam zu einem lebhaften Durcheinander, an dem sich nur vier Kinder nicht beteiligten: Maya und Daniel blieben in der letzten Reihe sitzen, Leon und Maxi hockten sich auf den 15
Tisch und schauten dem Treiben zu. Es dauerte eine Weile, bis fünfmal vier Kinder beieinander standen.»und ihr vier, wollt ihr es nicht miteinander versuchen?«, fragte Frau Ebner. Leon und Maxi schüttelten die Köpfe. 16
Die Lehrerin dachte kurz nach. Schließlich sagte sie:»ich will euch nicht an einen Tisch zwingen. Ihr könnt vorläufig jeweils zu zweit sitzen. Ich bin sicher, wir werden eine andere Lösung finden. Aber dafür brauchen wir etwas Zeit.«
Mannschaft oder Frauschaft? Frau Ebner erläuterte den Kindern, was sie für die nächsten Wochen geplant hatte. Im Mittelpunkt sollte ein Leseprojekt stehen. Die Kinder, die ohnehin gern lasen, freuten sich. Das waren deutlich mehr Mädchen als Jungen.»Ich kann schon lesen«, grummelte Julian.»Das glaube ich dir«, sagte Frau Ebner, die gute Ohren hatte.»aber es hört sich so an, 18
als würdest du nicht besonders gern lesen.ich spiele lieber Fußball!Ich auch!«, riefen Leon, Maxi und Jan. Die Lehrerin lächelte.»fußball ist ein toller Sport. Ich habe bis vor drei Jahren selbst gespielt und trotzdem immer gern gelesen.wie? Sie Sie haben Fußball gespielt?«, stotterte Julian.»Richtig in einer Mannschaft?Richtig in einer Mann, nein, eigentlich müsste es ja Frauschaft heißen, wenn Frauen miteinander spielen«, sagte Frau Ebner schmunzelnd.»frauschaft?es klingt ungewohnt, das gebe ich zu. Aber wie klingt denn Frauenmannschaft?Normal«, antwortete Leon.»Überleg mal: In dem Wort Mannschaft steckt 19
das Wort Mann drin. Eine Mannschaft ist also eine Gemeinschaft, die von Männern gebildet wird. Demnach wäre eine Frauenmannschaft eine Männergemeinschaft, die von Frauen gebildet wird.hä?«, machte Leon und guckte die Lehrerin mit großen Augen an.
»Sie bringen einen ganz durcheinander«, sagte Julian.»Aber es stimmt«, mischte sich jetzt Luisa ein.»wenn Männer in einer Mannschaft spielen, müssen Frauen in einer Frauschaft spielen.frauschaft hört sich trotzdem doof an«, sagte Leon.»Ungewohnt«, verbesserte ihn Frau Ebner,»jedenfalls für unsere Ohren. Aber das kann in zwanzig oder dreißig Jahren anders sein.und sie haben richtig Fußball gespielt in in einem Verein?«, wiederholte Julian seine Frage und umging das Wort Mannschaft.»Genau«, antwortete Frau Ebner.»Aber darüber wollen wir uns jetzt nicht weiter unterhalten. Das machen wir in der nächsten Sportstunde. Jetzt haben wir Deutsch und da geht es um unser Leseprojekt.«21
Julian war enttäuscht. Ihm wäre ein Fußballprojekt lieber gewesen. Die Lehrerin berichtete den Kindern, wie sie sich das Projekt dachte: Es sollte ein Ritter- Leseprojekt sein. Zuerst ging es darum, möglichst viele Rittergeschichten zu sammeln. Alle sollten zu Hause suchen und die Bücher mitbringen. Gleich morgen würden sie gemeinsam in die Bücherei gehen und alle Rittergeschichten ausleihen. Diese Bücher würden sie auch zu ihrer Lesenacht mitnehmen. Bei dem Wort»Lesenacht«stieg die Aufmerksamkeit deutlich an.»die Klasse meiner Schwester hat letztes Jahr eine Lesenacht gemacht«, erzählte Luisa.»Die haben in der Schule übernachtet und auf Luftmatratzen geschlafen.machen wir das auch?«, wollte Jan wissen. 22
»Wir lesen Rittergeschichten, also übernachten wir «Die Lehrerin stockte und blickte erwartungsvoll in die Klasse.»Auf einer Burg?«, brachte Paul den Satz zu Ende. Doch man hörte ihm an, dass er selbst an seinen Worten zweifelte.»auf einer Burg«, bestätigte Frau Ebner.
UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE Manfred Mai Klassenfahrt zur Ritterburg Taschenbuch, Broschur, 96 Seiten, 15,5 x 21,0 cm ISBN: 978-3-570-21996-6 cbj Erscheinungstermin: April 2009 Aufregende Klassenfahrt Die Klasse 3a ist völlig aus dem Häuschen: Ihre Klassenfahrt führt sie auf eine echte Ritterburg mit rostigen Rüstungen, knarrenden Türen und vielleicht sogar mit einem gruseligen Gespenst.