70er Jahre-Haus Oberthulba. Ergebnisprotokoll im Rahmen des Projektes: Broschüre Energetische Sanierung für Privateigentümer Allgemeines: Bei dem Haus handelt es sich um ein zweigeschossiges Wohngebäude BJ 1974 mit ca.225 m² Wohnfläche, das Erdgeschoss wird nur teilweise genutzt und beheizt. Das Dachgeschoss ist ausgebaut. Das Haus wird zur Zeit mit 3-4 Personen bewohnt. Die Begehung fand am 3. Mai 2017 statt. Der allgemeine Zustand entspricht dem Baustandard aus den 1970er Jahren. Ein direkt angebautes Nebengebäude wurde kürzlich abgebrochen, so dass das Gebäude zum Garten freistehend ist. Zum Nachbargebäude ist eine Traufgasse Abstand von ca. 50cm vorhanden. Umfangreichere Sanierungen sind in nächster Zeit nicht geplant. Es gibt im Schlafzimmer 1. OG ein Problem mit einer unbehaglich kalten Wand. Ansicht Süd Gartenseite Ansicht Straßenseite Jährlicher Verbrauch Heizenergie und Warmwasser Im bewohnten Zustand wurden ca. 3500 Liter Heizöl pro Jahr für das Haus verbraucht. Das Erdgeschoss wird nur teilweise genutzt und beheizt, die Bezugsfläche wurde auf ca. 180m² Wohnfläche angepasst. Bewertung: 1 Liter Heizöl beinhaltet vereinfacht 10 KWh Energieinhalt. Der Verbrauch liegt also bei 193 KWh (19 Liter Heizöl) Energieverbrauch pro m² beheizter Wohnfläche für Heizung und Warmwasser. Die Energiekennzahl ist hoch. Neu errichtete energieeffiziente Wohngebäude benötigen 50-90 KWh/m² meist in anderer Energieform wie Strom für Wärmepumpe oder kombinierte Techniken mit Solar und Öl- oder Gasheizung. Der Anteil der Warmwasserbereitung ist schwer abzuschätzen. Man kann aber bei einem 4-Personenhaushalt mit zentraler Wärmeerzeugung und Zirkulationsleitung mit ca. 6000-8000 KWh zw. 600-800 Litern/Jahr an Heizöl rechnen. Diese Menge ist im Kennwert beinhaltet.
Heizungsanlage: Zentralheizung, die vorhandene Ölbrennwertheizung ist BJ 2006, und entspricht im Wesentlichen dem Stand der Technik. Unten liegender Warmwasserspeicher mit Zirkulation. Die Rohrleitungen sind nur mäßig oder lückenhaft gedämmt die Pumpen und Armaturen sind in Dämmschalen eingebaut. Die Warmwasserleitungen sind bis zur Zirkulationspumpe gering gedämmt. Die Verteilung der Warmwasserleitungen im Heizungskeller und angrenzenden Räumen jedoch ohne Dämmung. Das ist vor allem deshalb ärgerlich, weil diese Leitungen auch im Sommer, also 365 Tage im Jahr Wärme in den unbeheizten Keller abgeben und zu höheren Brennstoffverbrauch beitragen. Das lässt sich mit wenig Aufwand verbessern. Nachtabsenkung war eingestellt. Die Heizkreistemperaturen am Heizkessel waren Anfang Mai bei einer Außentemperatur von ca. 12 Grad relativ hoch eingestellt mit 55 Grad Vorlauf und 43 Grad Rücklauf. Damit ein Brennwertgerät auch den Brennstoff besser ausnutzen kann und eine entsprechende Ersparnis an Brennstoff stattfindet gegenüber einem Niedertemperaturkessel, sollte die Rücklauftemperatur möglichst unter 40 Grad liegen. Durch einen hydraulischen Abgleich des Heizungsnetzes kann der Heizungsbauer dies einstellen. Diese Maßnahme ist sehr zu empfehlen. Ölbrennwertkessel BJ 2006 Drehzahlgeregelte Pumpen Rohrleitungen teilweise ohne Dämmung oder gering gedämmt (roter Pfeil). Stromverbrauch: Es waren keine Verbrauchswerte verfügbar. Es kann keine Beurteilung erfolgen Gebäudehülle: Traufgasse zum Nachbarhaus Page 2 Heizkörpernische
Übersicht Gebäudehülle: Die energetische Qualität der Gebäudehülle bestimmt weitgehend den Energiebedarf eines Gebäudes für die Beheizung. Der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert in W/m²K) gibt an, wie viel Heizenergie durch ein Bauteil bei unterschiedlich anliegenden Temperaturen dringt. Je kleiner der U-Wert des Bauteils, umso besser ist die Dämmeigenschaft, bzw. die Wärmeverluste sind geringer. Bauteil: U-Wert vorhanden U-Wert Soll (EnEV) U-Wert (KfW) Fenster: Vorh. 1970er Baujahr Isovergl. ca. 3,2 1,3 0,95 Außenwand: 30er Bimshohlblock ca. 1,0 bis 0,65 0,24 0,20 Teilweise + 2cm Innendämmung Kellerdecke: Betondecke max. 2-4 cm Dämmung ca. 1,0 bis 1,2 0,30 0,20 im Fußbodenaufbau Oberste Geschossdecke/Dach: Holzbalkendecke zum Spitzboden ca. 0,4 0,24 0,14 Sparren Dach mit 8-10cm Mineralfaser gedämmt Fenster/Außenwand: Vorhanden: Holzfenster, 1974er Baujahr Isolierverglasung, mit Dichtungen, keine akuten Probleme mit Zugerscheinungen oder Beschlägen. Rollokästen mit undichter Durchführung, Heizkörpernischen vorhanden. Außenwand, 30cm Bimshohlblocksteine, in vielen Räumen zusätzlich 2cm Innendämmung durch Gipsbauplatten mit 2cm Styropor als Innenputz. Es gibt Behaglichkeitsprobleme in einem Raum 1.OG kalte Wand. Hier ist keine Innendämmung vorhanden. Empfehlung: In den nächsten 5-15 Jahren ist vermutlich ein Fenstertausch und eine Sanierung der Putzoberfläche des Hauses zu erwarten. Hier sollte eine Grundsatzentscheidung getroffen werden, ob im Zuge einer Neugestaltung der Außenputzoberflächen eine 12-14cm dicke Außendämmung eingebaut wird oder nicht. Die Mehrkosten gegenüber einer üblichen Putzsanierung liegen etwa bei 40-70,-EUR/m² mit den erforderlichen Nebenarbeiten wie breitere Fensterbänke, Fallrohre umbauen usw.. Die Energieeinsparung wird bei diesem Haus mit vorhandener 2cm Innendämmung bei etwa 15-20%zu liegen. Auf einer Giebelseite zum Garten mit der Kalten Wand wurde dies versäumt, bzw. bewusst nicht ausgeführt. Wenn eine Außendämmung kommt, dann sollte diese zusammen mit dem Fenstertausch erfolgen um die Anschlussdetails der Fenster gut auszuführen. Damit dürften die Probleme mit der kalten Wand gelöst sein. Wenn man sich gegen eine Außendämmung entscheidet, ist zu empfehlen eine Innendämmung dort einzubauen, wo der Mangel bzgl. Behaglichkeit oder Evtl. Schimmelproblemen vorhanden ist. Die meisten der 30er Außenwände haben zusätzlich eine 2cm Styropordämmung unter der Gipsbauplatten als Innenbekleidung. Damit ist ein akzeptabler Wärmeschutz, verglichen mit anderen Häusern dieser Zeit vorhanden. Naheliegend wäre es die gleiche Konstruktion auch an den Wänden ohne Innendämmung nachzurüsten. Diese Konstruktion funktioniert meistens, hin und wieder kommt es aber zu Schimmel unter den Platten durch Hohlräume die von warmer/feuchter Innenluft durchströmt sind. Auch ist die Dämmung mit nur zwei Zentimetern Dämmstoff nicht mehr zeitgemäß. Ich empfehle eine dickere Innendämmung mit einer Konstruktion ohne Hohlräume auszuführen. Hier gibt es mehrere Konstruktionen verschiedener Hersteller auf dem Markt, die in Frage kommen. Wenn keine Außendämmung geplant wird, empfehle ich die Heizkörpernischen beim nächsten Tapetenwechsel zuzumauern und die Heizkörper zum Raum hin zu versetzten bzw. neue Heizkörper einzubauen.der Einbau von hochwertigen 3-fach verglasten Fenstern mit einem U-Wert von 0,95 bis 0,85 W/m²K ist zu empfehlen. Die Rollos werden im Zuge der Fenstererneuerung meist auch getauscht, hier ist zu empfehlen die Rollokästen und die Deckel der Rollokästen nachzudämmen so gut es geht. Für die undichten Durchführungen der Gurte gibt es dichte Durchführungen die nachgerüstet werden können. Eine neue Haustür mit einem U-Wert 1,3W/m²K wird empfohlen. Um langfristig einen zeitgemäßen Wärmeschutz für das Gebäude zu halten, empfehle ich eine Außendämmung. Page 3
Kellerdecke: Vorhanden: Betondecke mit geringer Dämmung im Fußbodenaufbau, max. 2-4 cm Dämmung, vermutlich weniger. Empfehlung: Dämmung der Betondecke von unten. Die Raumhöhe ist ausreichend, so dass eine Dämmung von unten möglich ist, 12 bis 14 cm werden empfohlen, soweit dies die Raumhöhe u. Türen/Fenster zulassen. Im Zuge der Zusatzdämmung von unten sollten auch die horizontal verlegten Heizungs- und Warmwasserleitungen nachgedämmt bzw. in die Kellerdeckendämmung integriert werden. Für eine KfW-Förderung sind zusätzliche Dämmstärken von unten mit ca. 12-16 cm erforderlich. Kellerabgang: Der Kellerabgang im Treppenraum zum unbeheizten Keller ist durch eine einfache Türe die nicht dicht ist abgegrenzt. Wesentlich für die Behaglichkeit ist eine gute Abgrenzung der beheizten Bereiche von den unbeheizten kalten Bereichen (Keller, Dachboden). Es ist nur begrenzt wirksam, eine Kellerdeckendämmung einzubauen, wenn die Tür zum Keller undicht ist und es zieht die kalte Luft aus dem Keller in das Treppenhaus und ggf. im Dachgeschoss durch Undichtigkeiten nach außen (Kamineffekt). Es ist zu empfehlen, eine Tür mit Klimaklasse einzubauen, die sich bei Temperaturunterschieden nicht verzieht und die umlaufend, auch unten, eine wirksame Dichtung hat. Decke zum Dachboden/Dach, Abseitenwände: Vorhanden: Das Gebäude hat ein ausgebautes Dachgeschoss. Die Holzbalkendecke zum kalten Dachraum ist mit 8-10cm Mineralfaserdämmung gedämmt, es gibt einige Fehlstellen. In den Dachschrägen ist die gleiche Dämmung verbaut. Unterseitig ist im ganzen Dachgeschoss eine Holzbekleidung als Untersicht montiert. Die Abseiten sind mit einer Wand abgestellt. Die Dachfenster sind älterer Bauart. Der Zugang zum kalten Dachraum ist als einfache ungedämmte Bodentreppe ohne Dichtungen vorhanden und befindet sich im Flur der Dachgeschosswohnung. Empfehlung: Die Fehlstellen in der Dämmung zum kalten Dachraum sind beachtlich. Teilweise fehlt um den Kamin und um die Bodeneinschubtreppe 10-20cm Dämmung komplett. Man kann die Holzpanelen der Untersicht sehen vom Dachboden aus. Die Dämmung der Dachschrägen ist nicht genauer einsehbar. Ich empfehle die fehlende Dämmung von oben nachzuarbeiten. Was weitgehend einfach möglich ist. Allerdings fehlt bei der Dämmung zum Dachboden und auch zur Dachschräge eine wirksame Winddichtigkeitsebene und durchgängige Dampfbremsfolie. Eine neue dichte und gedämmte Bodentreppe ist sehr zu empfehlen. Beim Einbau sollte auch die bestehende Deckenuntersicht überarbeitet werden und mit einer Folie dicht angeschlossen werden. Das gleiche empfehle ich im Zuge des Einbaus neuer Dachfensters vorzunehmen. Wenn das Dach einmal neu eingedeckt wird und die Dachbodendecke verändert wird sollte eine dickere Dämmung eingebaut werden, das hilft neben geringeren Energieverbräuchen auch für einen bessern sommerlichen Wärmeschutz. Decke zum unbeheizten Dachraum Page 4 Kellerabgang
Förderung: Eine Förderung der energetischen Maßnahmen ist für den hydraulischen Abgleich, die Kellerdeckendämmung, den Fenstertausch und ggf. für die Außendämmung über die KfW-Einzelmaßnahmen möglich. Die Anforderungen für die oberste Geschossdecke und Dach sind nur schwer einzuhalten. Lüftung/Dichtheit der Gebäudehülle: Vorhanden: Durch die älteren Fenster, gibt es eine regelmäßige geringe Durchlüftung der Räume, die ab einem bestimmten Maß als Zug empfunden wird. Empfehlung: Wenn neue Fenster einmal eingebaut werden sind die Räume weitgehend dicht, es kommt zu keinem Luftaustausch mehr der einfach so da ist. Das Lüftungskonzept welches im Zuge des Fenstertausches zu erstellen ist, wird eine lüftungstechnische Maßnahme zur Sicherstellung des hygienischen Luftwechsels fordern, oder der erforderliche Luftwechsel muss durch aktives Fensterlüften sichergestellt werden. Durch den gleichzeitigen Einbau einer Außendämmung ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich an kalten Stellen Kondensat bildet und Schimmel entsteht, weitgehend minimiert. Eine lüftungstechnische Maßnahme ist grundsätzlich zu empfehlen, vor allem wenn Teilbereiche des Gebäudes vermietet werden, das ist aber mit entsprechenden Kosten verbunden. Fazit: Außer dem Problem der kalten Wand im Schlafzimmer 1.OG sind keine größeren Probleme oder akute Mängel von Seiten des Nutzers vorhanden. Die Heizung ist neuerer Bauart. Der Energieverbrauch entspricht dem durchschnittlichen Verbrauch eines 70er Jahre Hauses mit einer neueren Heizung. Allerdings sind 3500 Liter Heizöl (19,3L/m² Wohnfläche) nicht wenig, wenn das Haus vollständig genutzt wird, ist ein Verbrauch von über 4000 Litern Heizöl zu erwarten. Bei den aktuellen relativ niedrigen Heizölpreisen weniger problematisch, wenn die Preise jedoch wieder steigen, kann das zum Problem werden. Es sind aktuell keine größeren Maßnahmen geplant. Es wird dringend empfohlen die ungedämmten Warmwasserleitungen im unbeheizten Keller zu isolieren. Des Weiteren die Fehlstellen in der Decke zum unbeheizten Dachraum nachzudämmen von oben. Die ungedämmte Bodentreppe zum Dachraum sollte durch eine dichte und gedämmte Bodeneinzugstreppe ersetzt werden. Längerfristig ist eine Vorentscheidung zu treffen, ob eine Außendämmung spätere einmal eingebaut wird oder nicht. Abhängig von dieser Entscheidung sollten bei einem Tapetenwechsel die Maßnahmen in den Räumen (Innendämmung, Kalte Wand, Heizkörpernischen ect.) erfolgen. Wenn eine Außendämmung kommt, wird empfohlen die Maßnahme Fenstertausch und Außendämmung in einem Zuge auszuführen. Im Dachgeschoss ist zu empfehlen im Zuge des Ersatzes der Bodentreppe oder der Dachflächenfenster die Dämmung zum Dachboden zu ergänzen und vor allem die Luftdichtigkeit zu verbessern durch Einbau einer Winddichtigkeitsebene (Folie, Dampfbremspappe ect.). Zur Zeit ist keine Nutzung von erneuerbarer Energien in Form einer Solaranlage, Biomasseheizung oder Photovoltaikanlage vorhanden. Eine thermische Solaranlage für Warmwasser ist bei mehr als 5 Personen durchaus wirtschaftlich darstellbar. Eine PV-Anlage zur Stromerzeugung kann für den Eigenstromverbrauch genutzt werden und ggf. als Kombination mit einer Trinkwasserwärmepumpe. Eine Maßnahme die bei hohem Strombedarf sehr wirtschaftlich und zukunftsorientiert sein kann. Juni 2017 Dipl. Ing. Dieter Kirsch, Architekt und Energieberater Page 5