Reload! Tracht Kunst Mode 17.09.2017 07.01.2018 Ausstellungsdossier Museum Kunst der Westküste Hauptstraße 1 D 25938 Alkersum Föhr Tel.: 04681 747400 info@mkdw.de www.mkdw.de
17.09.2017 07.01.2018 Reload! Tracht Kunst Mode In unserer beschleunigten, globalisierten Welt scheinen viele Menschen auf der Suche nach ihren eigenen Wurzeln zu sein und darin sehnsuchtsvoll einen Halt zu suchen, was sie unter Heimat verstehen. Das Gefühl, zu spüren und zu wissen, woher man kommt, offenbart sich dabei auch im Tragen heimischer Trachten, die früher als Kleidung der Zeichen erkennen ließen, welchen sozialen Stand die Trägerin oder der Träger hatte sowie welcher Herkunft man war. Viele Regionen besaßen eigene Trachten und weltweit gibt es noch heute zahlreiche Kulturen, in denen sie eine bedeutende Rolle spielen. In den europäischen Ländern jedoch ging das Tragen von Trachten mit dem Aufkommen der Industrialisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stetig zurück und die städtisch-bürgerliche Mode setzte sich durch. Heute werden Trachten bei uns oft nur noch zu besonderen Anlässen getragen oder in Vereinen gepflegt. Allein modische Dirndl und Lederhosen sind seit einigen Jahren wieder sehr beliebt und insbesondere jüngere Menschen kleiden sich zu Veranstaltungen wie dem Oktoberfest in München damit. Die Tracht oder das, was man darunter versteht, gilt wieder als schick und salonfähig. Auch in der Kunst war und ist die Tracht ein Sujet, das immer wieder aufgegriffen wurde. Zahlreiche Werke mit diesem Fokus befinden sich heute auch in der Sammlung des Museum Kunst der Westküste. So kamen um Johan Julius Exner Die Tante aus der Stadt kommt zu Besuch, 1903 Öl auf Leinwand, 66 x 78,5 cm Sammlung Kunst der Westküste NOH NEE Modell Thelma, 2016 Foto: Attila Henning
1900 zum Beispiel Künstler wie Otto Heinrich Engel, August Wilckens oder Johan Julius Exner nach Fanø und Föhr, um die auf den Inseln lebenden Frauen und Mädchen in ihren Trachten zu malen oder zu zeichnen. In idealisierenden Darstellungen zeigen diese Arbeiten, wie sich die aus den Städten kommenden Maler das ländliche Leben vorstellten. Dabei gehörte für die Künstler die dunkelfarbige Tracht der Frauen als zentrales Bildthema dazu. Noch heute herrscht der Eindruck vor, dass das Tragen der aufwendigen Föhrer Festtagstrachten mit ihrem opulenten Brustschmuck zu jenem Zeitpunkt noch selbstverständlich gewesen sei und ihr Aussehen stets demjenigen auf den Bildern entsprochen habe. Dass dem jedoch nicht so ist, zeigen etwa Grafiken um 1800, auf denen zu sehen ist, dass frühere Trachten buntfarbig und aus verschiedenen Materialien genäht waren. Im Laufe der Zeit veränderten sie sich durch die unterschiedlichsten Einflüsse, bis sie schließlich ganz aus dem öffentlichen Bild verschwanden. Im Museum Kunst der Westküste treten im Rahmen der Ausstellung Reload! Tracht Kunst Mode. erstmals zeitgenössische künstlerische Arbeiten sowie aktuelles Modedesign den älteren Werken gegenüber und gestatten einen Blick von heute auf das Thema. Dabei sind ausgewählte Positionen zu sehen, die nicht zuletzt mit artfremden Materialien wie Plastik oder Geschirrhandtüchern, wie sie zum Beispiel Catharina Bond und Hendrik Kerstens einsetzen, das Wesen der Tracht ironisch-kritisch hinterfragen. Künstlerinnen wie Sabine Dehnel, Sandra Heinz, Anja Luithle, Annette Schröter, Trine Søndergaard und Mila Teshaieva geben zudem in Malerei, Fotografie, Grafik und Keramik vielfältige Einsichten in den künstlerischen Umgang mit der Tracht. Als ein Synonym für Heimatverbundenheit, Identifikation und Traditionspflege scheint sie gerade für die zeitgenössische Kunst ein in mehrfacher Hinsicht reizvolles Sujet für die persönliche Auseinandersetzung. Mila Teshaieva Friesin, 2014 Light Painting 105 x 84 cm Annette Schröter Frau in Tracht 20, 2004 Öl auf Leinwand, 180 x 150 cm VG Bild-Kunst 2017
Nico Dams Modell aus der Kollektion Rungholt, 2016 Foto: Andel Goy
Auch im Modedesign finden sich eindrückliche Beispiele, die zeigen, wie heutige Modemacher die Tracht interpretieren und sie als Haute Couture oder für den Alltag neu erfinden. AbsolventInnen des Studiengangs Modedesign der Hochschule Hannover haben sich etwa intensiv mit der Schaumburger Tracht beschäftigt und Kreationen geschaffen, in denen Elemente der ursprünglichen Kleidung spielerisch verfremdet oder überformt wurden. Nico Dams widmete sich in seinem Abschlussprojekt explizit der friesischen Tracht und realisierte unter dem Titel Rungholt Kleider, die das Trachtenthema in Farbe, Form und Material ästhetisch weiterdenken. Vivienne Westwood bedient sich unterschiedlichster Quellen und verbindet in ihren Modellen zum Beispiel alpenländische Trachtenelemente spielerisch mit Tartandesigns. Das Münchner Label NOH NEE wiederum entfremdet das Dirndl, das als moderne weibliche Tracht in Mitteleuropa anerkannt zu sein scheint, indem die Designerinnen es aus afrikanischen Waxstoffen schneidern. Dadurch wird das Kleid, das historisch betrachtet gar keine Tracht ist, aus seinem angestammten Kontext herausgelöst und zum farbenfrohen Sinnbild einer Verschmelzung scheinbar nicht zu vereinender Kulturen und Weltregionen. Es zeigt sich, dass die Tracht voller Geschichte(n) ist und bereits im 19. Jahrhundert in der Kunst unterschiedliche Betrachtungsmöglichkeiten vorherrschten. Mit den verschiedenen Positionen der interdisziplinären Gruppenausstellung wird offenbar, wie viel mehr noch in ihr zu sehen und zu lesen ist, wenn sie explizit vom heutigen Standpunkt aus thematisiert wird. Sabine Dehnel Mona VI (Frida Kahlo), 2011 C-Print, 80 x 100 cm VG Bild-Kunst 2017 Trine Søndergaard Dress of Mourning, 2016 Archiv-Pigmentdruck, 110 x 110 cm Courtesy of the Artist & Martin Asbæk Gallery
KünstlerInnen und ModedesignerInnen: Catharina Bond (AT) Nico Dams (DE) Sabine Dehnel (DE) Hendrik Kerstens (NL) Anja Luithle (DE) Sandra Heinz (DE) NOH NEE (DE) Annette Schröter (DE) Trine Søndergaard (DK) Mila Teshaieva (DE) Vivienne Westwood (GB) Künstler 19./20. Jahrhundert: Oluf Braren Otto Heinrich Engel Johan Julius Exner David Jacobsen Carl Ludwig Jessen Christian Carl Magnussen Johan Gudmann Rohde Valentin Wassner August Westphalen August Wilckens sowie AbsolventInnen der Studiengänge Modedesign und Fotografie der Hochschule Hannover (DE) Änderungen vorbehalten Otto Heinrich Engel Friesische Braut, 1904 Öl auf Holz, 92 x 69 cm Sammlung Kunst der Westküste Hendrik Kerstens Aluminium Foil, March 2012 Diasec, 100 x 80 cm
Allgemeine Informationen Medienpartner Kulturpartner Öffnungszeiten 5. März bis 31. Okt. 2017: Di bis So 10.00 bis 17.00 Uhr 1. Nov. 2017 bis 7. Jan. 2018: Di bis So 12.00 bis 17.00 Uhr Geschlossen vom 24. bis 26. Dez. 2017 Geöffnet am 31. Dez. 2017 und 1. Jan. 2018 Die Ausstellung wird gefördert von Freier Eintritt: 21. Mai: Internationaler Museumstag 27. Juli: 8. Geburtstag des MKdW 1. Dez.: Museumsnacht Kontakt Dr. Sabine Schlenker Kuratorin RELOAD! Tracht Kunst Mode Museum Kunst der Westküste Det Paulsen Legaat gemeinnützige GmbH Hauptstraße 7 D-25938 Alkersum Telefon +49 (0)4681 74740-18 Fax +49 (0)4681 74740-19 ssch@mkdw.de Pressekontakt Dr. Christiane Morsbach PR & Marketing / Communications Museum Kunst der Westküste Det Paulsen Legaat gemeinnützige GmbH Hauptstraße 7 D-25938 Alkersum Telefon +49 (0)4681 74740-15 Fax +49 (0)4681 74740-19 cm@mkdw.de Auf Facebook erfahren Sie weitere Neuigkeiten rund um das Museum Kunst der Westküste.