Datum / Sonntag Text/Thema 2. Mose 33, 17b - 23 Besonderes Notizen Lieder EL: 305, 1-4 Singt das Lied PS: 757 Ps. 105 LL: 66, 1+8 Jesus ist kommen HL: 636, 1-3- +7 Ach lass mich weise werden PL: 379, 1-3 +5 Gott wohnt (Melodie EG 361!) SL: 436, Herr gib uns Autor Lesung: Joh. 2 1,-11 Pfr. Jörg Wegner Freiburg TEXT: Der HERR sprach zu Mose: Auch das, was du jetzt gesagt hast, will ich tun; denn du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen. 18 Und Mose sprach: Lass mich deine Herrlichkeit sehen! 19 Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des HERRN: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. 20 Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. 21 Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. 22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. 23 Dann will ich meine Hand von dir tun und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen. Liebe Gemeinde, Und Gott sprach: Wir müssen reden! Und dann redet Gott mit Jakob Jakobi. Die sitzen an einem Tisch, trinken was und reden über Gott und die Welt. Gott ist da in den Leib von Abel Baumann inkarniert, kam aber aus Sache nicht mehr raus. Darum konnte er Jakob vom Angesicht zu Angesicht begegnen. Da habe ich dann den Gott, den ich nicht anbeten muss. Mit dem kann ich in die Stammkneipe gehen und quatschen. So mal vom Mann zu Mann. Es gibt da eine Menge Frage zu klären. So ein Abend in der Kneipe mit Gott würde lang werden. 1
Ich würde Gott nicht schonen. Er soll mir mal die Welt erklären, die ich sooft nicht kapiere. Solche Geschichten gibt es aber nur als amüsante Erfindung eines Schriftstellers. Da find ich meinen Wunsch nach einem greifbaren und dann irgendwo begreifbaren Gott wieder. Wir stehen mit diesem Wunsch nicht allein. Mose möchte auch einen Gott, der seine Distanz aufgibt. Der soll doch einmal seine Herrlichkeit zeigen und sein wahres Gesicht. Immerhin stand Mose in weit intensiverem Kontakt zu Gott, als wir Christen heute. Er hörte Gottes Stimme im lodernden Dornbusch, im dünnhäutigen Stiftszelt und auf dem himmelhohen Berg Horeb. Da wären wir ja schon zufrieden. Die Beziehung gestaltet sich etwas zu einseitig für Mose. Gott kennt den Namen von Mose. Er sieht ihn an als unverwechselbaren Menschen. Aber von sich selbst gibt er nichts preis. Mose blitzt wieder ab. So wie er dem brennenden Dornbusch keinen verwertbaren Informationen zum Namen Gottes entlocken kann, darf er Gott nicht einmal sehen. Gott sehen, heißt nämlich sterben. Na, dann verzichtet man lieber und versucht, weiter so zu glauben. Die Bibel verbietet Bilder von Gott und anschauen darf man ihn auch nicht! Das wir auch hier konsequent durchgezogen. Das kann einen ärgern. Doch könnten wir nicht eigentlich dankbar dafür sein? Denn nicht nur Gott wird damit von menschengemachten Projektionen befreit. Auch wir müssen 2
nicht an vorgeformte Bilder, Folien, Muster von Gott glauben. In der letzten Konfistunde haben die Jugendlichen sofort verstanden, was ich meinte als ich zum Thema Gott nur ein weißes Blatt in die Mitte legte. Mehr habe ich nicht. Und alles, was ich auf dieses Blatt über Gott schriebe, wäre nur Tinte, aber nicht das Blatt selbst. Mose lebt voll und ganz im Gegenüber zu einem Gott, der wie eine Person handelt und spricht. Anders kriegen wir Menschen das auch nicht hin. Das sind eben die Rahmenbedingen, unter denen wir die Welt wahrnehmen und ausdrücken. Aber das ist bei weitem nicht Gottes Gestalt, was wir da sehen, denken und gar bekennen. Mose möchte, den der seinen Namen kennt, nun auch kennenlernen. Gott entzieht sich. Dieses Tabu wir nicht gebrochen, die Grenze, deren Überschreitung das Leben kosten würde. In heiligen Zelt der Stiftshütte da hieß es noch: Der Herr aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht wie ein Mann mit einem Freunde redet! Das klingt fast wie in dem Buch Und Gott sprach: Wir müssen reden. Doch das scheint flüchtig zu sein wie die Wolke, in der Gott sich verbirgt. Die menschliche Erfahrung ist: Kaum scheine ich von Gott etwas begriffen zu haben, entwindet er sich wieder. 3
Gott stellt sich mir immer wieder in Frage. Und in meiner Vorstellungswelt fehlen mir die Worte für ein schlüssige Antwort. Der Theologe D. Bonhoeffer sagt den ebenso wichtigen wie verwirrenden Satz: Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht! Auf dem mussten auch die Konfis herumkauen. Wir wollen sie damit vor dem Missverständnis bewahren, dass Gottes Existenz vergleichbar ist mit der Existenz von allem, was es gibt, was da ist, was ich anfassen, sehen, schmecken, riechen, hören kann. Gott mußte kurz vor dieser Begebenheit mit ansehen ( da sprechen wir so, als ob Gott Augen im Kopf hätte!) Er mußte also ansehen, wie das Volk Israel sich einen ganz konkreten Gott selbst herstellt, einen zum Anfassen und Drumherumtanzen: Das Goldene Kalb. Hier liefert die Bibel die Gegengeschichte dazu. Gott, der sich nicht anschauen lässt. Aber er ist da! Mose spürt seine Nähe, sein Vorübergehen. Er spürt Gottes Bewegung hautnah. Er spürt wie Gott seine Hand über ihn hält. Und das muss reichen. Denn das wirkt tiefer, als alle äußeren Gottesbilder. Das lässt uns darauf verzichten, Gottes Angesicht zu sehen, denn er hat keins! Wie auch immer. Hier präsentiert sich Gott als der Unverfügbare, der in seinem Willen und Handeln souverän ist, gnädig dem, dem er es sein will. Das ist manchmal schwer auszuhalten. 4
Aber wäre ein Gott plausibel, der sich reinreden läßt? Ginge es dann in den Vorhöfen seines Tempels nicht zu, wie in der Lobby des Bundestages? Lägen dann nicht die verschiedensten Interessenvertreter Gott mit Gebeten und Opfern in den Ohren, um ihn gnädig zu stimmen für ihre Sache. So ein Gott entpuppte sich bald als wankender Popanz. Da will ich lieber den Gott aushalten, der ganz anders ist und der bei sich selbst bleibt. Natürlich darf das nicht heißen, dass Gott nicht wahrnehmbar ist. Ohne seine Zeichen unter den Menschen, würde niemand über ihn einen Gedanken verlieren. Die Wahrnehmung Gottes in unserem Leben vollzieht sich aber so, wie Mose sie schildert: Gott spüren, wenn er vorübergegangen ist. Gott wird da quasi in der Rückschau erkannt: Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. 23 Dann will ich meine Hand von dir tun und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen. Ich kann mich kaum an einen Moment im Leben erinnern, in dem ich mir sicher war: Gott ist jetzt und handelt. Jeder von uns eher Beispiele dafür, wie Gott fern scheint, abwesend und unwirklich. Aber ich denke an die Momente, wo sich mir erst in der nachträglichen Betrachtung die Nähe Gottes erschlossen hat. Wie Mose Gott nur nachschauen darf, erschließt er sich auch uns oft nur in der Nachschau. 5
In der Rückschau erschließen sich plötzlich Dinge. Da spüre ich wie Mose die Hand Gottes: er war da, er hat gehandelt und hat mit mir gemeinsamen Boden betreten. Ich konnte es nur in dem Moment nicht sehen. Meist kann ich es genau deshalb nicht sehen, weil ich meine Bilder von Gott im Kopf habe, als hätte ich ihn von Angesicht zu Angesicht gesehen. Doch solche Bilder verhindern eine echte Begegnung, darum verhindern sie auch ein Stück echtes Leben. Darum stirbt etwas, wo ich Gott von Angesicht zu Angesicht zu sehen bekomme. Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst Du auf einem Fels stehen. Das ist mein Schlüsselsatz unter diesen Worten. Gott räumt mir einen Raum bei sich ein. Da kann ich ihm begegnen. Da spüre ich mit nackten Füßen, den Fels auf den er mein Leben stellt. Und um so felsenfester mein Vertrauen wird, um so mehr kann ich auf Gottesbilder verzichten. Mein Glaube wird dann ein Raum in dem Gott sich entfalten. Und am Ende zeigt er sein Gesicht. Es ist das eines Menschen auf dem Weg vom Kreuz zur Krippe. Amen 6
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