Predigt Karfreitag 2017 zu 1. Johannes 4, 9-10 Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben. Darin besteht die Liebe: Nicht dass wir Gott geliebt hätten, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühne für unsere Sünden. Liebe Gemeinde Liebe und Kreuz Berthold W. Haerter, Oberrieden 1. Weihnachten und Karfreitag in einem Satz Fasst man diese zwei Sätze aus dem 1. Johannesbrief zusammen, so hat man Karfreitag und Weihnachten in einem Satz: Sohn in die Welt gesandt hat, als Sühne für unsere Sünden. Der erste Teilsatz ist Weihnachten: Darin ist die Liebe Gottes unter uns erschienen, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat. Der zweite Teilsatz hat Karfreitag zum Thema: Als Sühne für unsere Sünden. Der 1. Johannesbrief ist ein Brief, indem es um Gottes Liebe geht. Er tut einem gut, wenn man ihn liest, gerade wenn man unsicher oder verzweifelt ist. Die fünf Kapitel sind eine angenehme Länge. Dieser 1. Johannesbrief erklärt uns, dass Weihnachten ohne Karfreitag eine längst vergessene Geburt eines kleinen Jungen wäre. Und Karfreitag ohne Weihnachten wäre ein sinnloser Tod. Ein scheinbar sinnloser Tod, wie ihn heute so viele noch sterben, auf der Überfahrt von Afrika nach Europa oder wie der sinnlose Tod der koptischen Christen, die friedlich Palmsonntag in ihrer Kirchen feierten, als die Bomben in ihren Kirchen los gingen. Hier starben und sterben Unschuldige, und wir alle fragen uns warum? 2. Durch Weihnachten wird der Tod sinnvoll Diese Warum-Frage kommt auch uns, logisch und nüchtern denkenden Christen, beim Tode Jesus. Und wir dürfen uns nicht so schnell mit frommen Worten abspeisen lassen. Gott hat uns einen Verstand gegeben, um zu denken und nachzuforschen. Und es ist der grosse Verdienst der Reformation, das Zwingli wie Luther nachforschten, Bibel lasen und auf das Leben bezogen, um zu klären: Warum starb Jesus da am Kreuz eigentlich? Theologen und Christen aller Konfessionen tun dies bis heute. War es ein Justizirrtum? Das war es sicher War es eine Intrige? Das war es auch. War Jesu Tod Gottes bzw. Jesu Tat aus Liebe zu uns? Die Bibel sagt: Genau das ist der eigentliche Grund! Jesu wollte es und Gott hat es bewusst nicht verhindert. Denn hier vollendet sich, was Gott mit Weihnachten begann: Seine Liebe zu uns.
Am ersten Weihnachten ist die Liebe Gottes unter uns erschienen, indem Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat. So verstehen wir Weihnachten bis heute, das ist logisch und verständlich. In der Bibel lesen wir, dass vorher Gott und Jesus eins waren. Es war ein inniges, ungetrübtes Verhältnis, wie wir als Mütter und Väter es in bestimmten Situationen zu unseren Kindern haben. Wir als Eltern müssen uns aus diesem innigen Verhältnis spätestens dann lösen, wenn bei unseren Kindern eine erste Freundin oder ein erster Freund am Horizont erscheint. Gott löste sich aus diesem engen Verhältnis am ersten Weihnachten, wegen uns. Gott entlässt diese seine Liebe, seinen einzigen Sohn in die Welt, um uns Menschen sichtbar und verständlich zu machen: Ich, Gott, liebe Euch. Ich liebe Euch, wie meinen Sohn Jesus Christus Ihr Menschen erfahrt durch Jesus, ja seht durch Jesus Leben meine Liebe. Ja, ihr könnt meine Liebe in Jesus anfassen und über sie berichten, was die Bibel getan haben. Und diese Liebe Gottes, in Jesus sichtbar gemacht, in dieser Liebe können wir leben. Denn Gottes Geist bzw. Jesu Geist hat die Menschen damals kurz nach Jesu Tod und Auferweckung erfasst und bewegt, und er tut dies noch heute unter uns und mit uns tut. Der Schweizer Theologe Karl Barth, der viele Jahre seine Ferien bei uns in Oberrieden verbrachte, sagt: Das ist das grösste Wunder, Menschen wurden und werden von Gottes Geist der Liebe, wie ihn Jesus in die Welt gebracht hat, erfasst, bewegt und verändert, trotz aller Unsicherheit und Zweifel, die wohl jeder von uns kennt. Gott zeigt uns durch Jesu Leben, von der Wiege bis zur Bahre, über Höhen und Tiefen, wie seine Liebe zu uns ist. Wir können nachvollziehen, wie Gott bei Jesus war, so ist Gott in guten Tagen bei uns, aber Gott lässt uns auch in schweren Tagen nicht los. Selbst wenn ich im Leben ausrufe und sage wie Jesus: Gott, wenn möglich, lass diesen Kelch an mir vorbei gehen, selbst dann ist Gott bei mir. Und wenn ich Gott anschuldige und anschreie und frage wie Jesus: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen. Selbst dann lässt Gott nicht von mir ab. Der Beweis ist Jesus und sein Leben, sein Tod und seine Auferweckung. Und Weihnachten feiern, dass ist nichts anderes, als wenn ein Freund oder eine Freundin ihre erste Liebesbegegnung jedes Jahr wieder neu feiert. Vielleicht ist dies nicht solche romantische Erinnerung wie in dem berühmten Sissi-Film. Aber im Sissi-Film trifft der jungen Kaiser Franz Joseph zufällig Elisabeth von Bayern. Ihre Erscheinung ist der Auslöser einer grossen Liebe. An Weihnachten feiern wir, dass uns Gottes grosse Liebe erschien. Und diese Liebe Gottes hat uns bis heute nicht losgelassen: Sohn in die Welt gesandt hat so beschreibt der 1. Johannesbrief Weihnachten. So kann es das Fest der Liebe, besser das Fest an dem Gott uns seine grosse Liebe offenbart, bis heute sein. Eigentlich ist und bleibt Weihnachten ein Fest, dass nur Christen inhaltlich so feiern können.
Alle anderen feiern bewusst oder unbewusst dies mit. 3. Sühne für unsere Sünden Karfreitag Warum aber nun Karfreitag? Warum Jesus Tod am Kreuz. Kurz und bündig sagt der 1. Johannesbrief: Jesu Tod als Sühne für unsere Sünden. Man kann es aber auch so sagen: Aus Liebe zu uns. Ein Tod aus Liebe! Jemand der sich opfert, aus Liebe zu einem guten Freund, zu einer guten Freundin! Das klingt nach einem tränenrührenden Liebesfilm von Rosemarie Pilcher, wobei das Opfern immer noch gerade so abgewendet wird und deshalb vergessen wir den Film schnell. Er hat mit unserem Alltag nichts zu tun. Jesu Tod hat aber etwas mit unserem Alltag zu tun. Jesu Tod, auch so, wie das Lukasevangelium es beschreibt, und wie wir es eben gehört haben, klingt zunächst sinnlos. Aber beim Sterben geschieht etwas: Der Hauptmann und alle die sich zu diesem Schauspiel zusammen gefunden haben, schlagen sich an die Brust, so erzählt das Lukasevangelium Sie erfassen, und die anderen Evangelisten berichten ähnliches, sie erfassen, wie viele: Hier geschieht mehr, als das nur ein Anführer einer kleinen Sekte auf Betreiben der Jerusalemer Führungsschicht hingerichtet wird. Und dieses Mehr kann man auch wieder nur mit Liebe umschreiben. Hat Gott uns Jesus aus Liebe geschenkt, damit wir durch Jesu Leben Gottes Liebe begreifen, so opfert sich jetzt Jesus aus Liebe zu uns. Für uns Menschen, die wir alles andere als Engel sind. 4. Jesus Christus freiwilliger Tod für uns Aber muss unsere Sünde in einem Tod gesühnt werden? Ja, haben wir so etwas, dass wir sündig sind. Liebe Gemeinde Darüber reden wir nicht gern. Das hören wir nicht gern und schon gar nicht in der Kirche. Aber ich habe zu viele Menschen beerdigt, ich habe zu viele Lebensberichte aus Sicht der Hinterbliebenen gehört und ich habe zu viel Seelsorge gemacht, und ich kennen mich selbst gut genug, um nicht zu wissen: Wir alle machen uns schuldig an Gott und an den Menschen. Die Bibel bezeichnet dies als Sünde. Ich muss ihnen kein schlechtes Gewissen einreden und ich will das auch nicht. Aber dieses wissen, ich mache mich schuldig holt mich ein, wenn ich frisches Obst oder Gemüse aus Billigproduktionen kaufen und nur ahne, wie schlecht die Erntehelfer bezahlt werden. Wir ahnen auch, wenn wir Kleider kaufen, die eigentlich viel zu billig sind, hier stimmt etwas nicht. Und wir wissen es selbst, was wir gegenüber anderen Menschen und damit gegenüber Gott falsch gemacht haben oder noch machen werden. Manchmal ist es uns schon beim Reden oder Handeln klar, hier mache ich etwas falsch, weil ich mich verletzt fühle oder egoistisch an mich denke, oder, oder.
Manches sehe ich erst im Nachhinein klar: Das war falsch. Das ist so und wir müssen damit leben lernen, wir machen uns schuldig. Im Leben können und sollen wir immer wieder versuchen, dass sich dieses schuldig werden nicht wieder bewusst wiederholt. Unsere Richtschnur ist dabei Jesu Leben Aber jeder, der sich mit sich selbst einmal beschäftigen muss, lernt spätestens dann seine Schattenseiten, auch sein Schuldig geworden sein kennen. Und wenn wir diese Schatten kaum mit dem biblischen Begriff Sünde bezeichnen würden, so müssen wir doch lernen, mit ihnen umzugehen. Der Glaube, der Glaube an Jesu Liebestat vom Karfreitag bietet eine Möglichkeit, uns von diesem uns oft belastenden und im dümmsten Moment uns einholenden Schatten zu lösen. Damit wir mit diesen Schatten leben können, damit wir wissen: Bei Gott ist das Schuldig geworden sein vergeben und erledigt, und es sind nur Schatten, die uns aber nichts mehr antun können, Darum gibt es Karfreitag! Gott kennt mich und liebt mich, auch und trotz dem Dunklen in meinem Leben. Jesu freiwilliges Opfern für das Dunkle in mir und von mir, ist Jesu sichtbares Zeichen an mich: Gott liebt Dich. Dir ist vergeben, was auch geschah und was auch geschehen wird. Jesu Tod... als Sühne für unsere Sünden. sagt die Bibel. 5. Die Liebe, die vergibt und im Glauben befreit Das ist Befreiung. Es ist noch mehr. Es ist der Glaube an die Liebe Gottes zu mir. Ja, es ist das Wissen: Gott liebt mich, uneingeschränkt. Ich bin ein befreiter glücklicher Mensch. Als denkender und glaubender Mensch verstehe ich das. Ja, hier ergänzen sich Denken und Glauben und Glauben und Denken. Das ist Befreiung! Wann immer die langen Schatten der Vergangenheit mich einholen, werden ihnen mit Jesu Kreuz ein Stopp gesetzt. Bis hier her und nicht weiter. Denn ich glaube. Ich glaube an die Liebe Gottes. Sie ist in Jesus Christus erschienen. In Jesu Kreuz als Vergebungs- und Liebestat manifestiert sie sich. Die Bibel erklärt uns. Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott und er bleibt in Gott. Und wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und ihr geglaubt. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm. (1. Johannes 4, 15-16) AMEN