Sauerstoffisotope und thermometrische Anwendungen. Einführung in die Isotopengeochemie

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Transkript:

Sauerstoffisotope und thermometrische Anwendungen Einführung in die Isotopengeochemie

O-Isotope als Temperaturproxy Fällungsreaktion: Ca 2+ (aq) + 2HCO 3 - (aq) = CaCO 3 (s) + H 2 O + CO 2 (aq) Grundlage: temperaturabhängige Fraktionierung von 18 O und 16 O zwischen Karbonat und Wasser temperaturabhängige Fraktionierung von 18 O und 16 O zwischen Silikaten bzw. zwischen Silikaten und Oxiden!

O-Isotope als Temperaturproxy Karbonate Fällungsreaktion: Ca 2+ (aq) + 2HCO 3 - (aq) = CaCO 3 (s) + H 2 O + CO 2 (aq) Messwert: δ 18 O = 1000 ( 18 O/ 16 O Probe 18 O/ 16 O Primärstandard )/ 18 O/ 16 O Primärstandard Δ 18 O(calc-H 2 O) = δ 18 O (CaCO 3 ) δ 18 O (H 2 O) Harold Urey Paul Niggli Samuel Epstein Epstein et al., 1950, 1953

O-Isotope als Temperaturproxy Die T-Abhängigkeit von α CaCO 3-H2O Theoretische und empirische Bestimmung des Fraktionierungsfaktors zwischen Kalzit und Wasser liefern identische T-δ 18 O-Beziehungen (O Neil, 1969; Epstein, 1953): Muscheln bilden ihre Schalen im Gleichgewicht mit dem umgebenden Meerwasser!! Aber: Unterschied zwischen Aragonit und Kalzit!! Kalzit-Wasser Gleichgewichtsfraktionierung (O-Isotope): Aragonit-Wasser Gleichgewichtsfraktionierung (O-Isotope): In beiden Gleichungen wird δ 18 O des Karbonats gegenüber VPDB angegeben, der δ 18 O des Wassers aber gegenüber VSMOW!!!

O-Isotope als Temperaturproxy Kinetische Effekte (Vitaleffekte) bei biogenen Karbonaten Einige marine Organismen scheiden Karbonat im Sauerstoffisotopengleichgewicht mit dem umgebenden Meerwasser ab und eignen sich daher besonders zur Rekonstruktion von Paläo- Ozeantemperaturen. Abweichungen vom Gleichgewicht sind auf Vitaleffekte während der Kristallisation des Karbonates zurückzuführen. Falls kinetische Effekte von Bedeutung sind, muss für jede Art gesondert untersucht werden, wie sich die Sauerstoffisotopenfraktionierung in Abhängigkeit von der Temperatur ändert.

Sauerstoffisotope an marinen Karbonaten Temperaturentwicklung der Ozeane im Känozoikum 25 C? Zachos et al. (2008)

Sauerstoffisotope an marinen Karbonaten Eisvolumeneffekt und globale δ 18 O SW -Variationen Evaporation bevorzugt H 2 16 O δ 18 O = -13 Präzipitation bevorzugt H 2 18 O Wolken werden polwärts progressiv mehr und mehr abgereichert an H 2 18 O und Schnee und Eis sind letztlich stark abgereichert an H 2 18 O relativ zu Meerwasser δ 18 O = -3 Eis δ 18 O = -30 H 2 16 O, H 2 18 O δ 18 O = 0 CaCO 3

Sauerstoffisotope an marinen Karbonaten Salinitätseffekt und lokale δ 18 O SW -Variationen Je höher die Salinität, desto mehr ist das Meerwasser (und dementsprechend darin gefälltes Karbonat) an 18 O angereichert (lokale Verdunstungseffekte, lokale Zufuhr von meteorischen Wässern)

Sauerstoffisotope an benthischen Foraminiferen Temperaturentwicklung der Tiefsee im Känozoikum 25 C? Zachos et al. (2008)

Mg/Ca-Verhältnisse von Foraminiferen als Temperaturproxy Dirk Nürnberg Reaktion: Mg 2+ + CaCO 3 = Ca 2+ + MgCO 3 K = D Mg = (Mg/Ca) Calcite /(Mg/Ca) Seawater (Mg/Ca) cc = (Mg/Ca) SW *const*exp(m*t) Lea (2003) Unterschiedliche Arten zeigen unterschiedliche Temperaturabhängigkeiten Artspezifische Kalibrierung nötig

Sauerstoffisotope und Mg/Ca-Verhältnisse an benthischen Foraminiferen Eisvolumenbereinigte Tiefseetemperaturen im Känozoikum Lear et al. (2000) Innerhalb der letzten 50Ma kühlte die Tiefsee vermutlich um ca. 12 C ab Erste große Vereisung der Antarktis vor 34Ma Intensive Vereisung der nördlichen Polargebiete setzte vor ca. 4Ma ein

Mg/Ca Verhältnisse von Meerwasser Entwicklung im Phanerozoikum (Mg/Ca) cc = (Mg/Ca) SW b exp(m T) Quellen und Senken: Hydrothermalalteration ozeanischer Kruste kontinentale Verwitterung Sedimentation von Karbonaten Horita et al. (2002)

O-Isotope als Temperaturproxy Die T-Abhängigkeit von α Silikat/Oxid1-Silikat/Oxid2 1000*lnα 1-2 = a*10 6 /T 2 + b Phase 1: gelistetes Mineral Phase 2: Quarz

O-Isotope als Temperaturproxy Kristallisationstemperaturen von Silikaten und Oxiden Eine gemessene Sauerstoffisotopenfraktionierung von 2 zwischen qtz und grt entspricht einer Kristallisationstemperatur von 840 C. Der Granat ist zum Teil schon alteriert, d.h. an manchen Stellen hat er seine pristine Sauerstoffisotopenzusammensetzung bereits verloren

Geothermometrie an Mineralen Bestimmung von Kristallisationstemperaturen

Sauerstoffisotope an Eisbohrkernen Temperaturentwicklung der polaren Regionen Zeitliche Auflösung (Grönland): 1m Kern (Oberfläche) 2 Jahre; 1m Kern in 2750m Tiefe 200 Jahre

Sauerstoffisotope an Eisbohrkernen Temperaturentwicklung der polaren Regionen Evaporation bevorzugt H 2 16 O δ 18 O = -13 Präzipitation bevorzugt H 2 18 O Wolken werden polwärts progressiv mehr und mehr abgereichert an H 2 18 O und Schnee und Eis sind letztlich stark abgereichert an H 2 18 O relativ zu Meerwasser δ 18 O = -3 Eis δ 18 O = -30 H 2 16 O, H 2 18 O δ 18 O = 0 CaCO 3

Sauerstoffisotope an Eisbohrkernen Grundlagen: die meteorische Wassergleichung

Sauerstoffisotope an Eisbohrkernen Grundlagen: T-Abhängigkeit von Niederschlags-δ 18 O δ f = δ i + 1000 ( ( α 1 v ) f l 1) mit: f: Fraktion Wasserdampf α L-V : Fraktionierungsfaktor zwischen Kondensat und Dampf

Sauerstoffisotope an Eisbohrkernen Grundlagen: T-Abhängigkeit von Niederschlags-δ 18 O Dansgaard (1964): δ 18 O = 0.695 t a - 13.6 und δd = 5.6 t a 100 Gültig für Küstenstationen hoher Breiten und Grönland t a = Jahresdurchschnittstemperatur in C; δ 18 O und δd = Jahresdurchschnittswerte des Niederschlags

Sauerstoffisotope an Eisbohrkernen Datierung von Eisbohrkernen Junge Kerne (20000-50000 Jahre) Messung von saisonal variierenden Parametern -Wachstumsinkremente -elektrische Leitfähigkeit -Staubkonzentration -isotopische Zusammensetzung Ältere Kerne Altersmodellierung unter Zuhilfenahme von Referenzhorizonten

Sauerstoffisotope an Eisbohrkernen Isotopenprofil eines Grönland-Eisbohrkerns 24 Glazial-Interglazial Übergänge (Dansgaard-Oeschger Ereignisse) innerhalb der letzten 110000 Jahre GRIP: Greenland Ice Core Project 2750m Kernlänge entspricht einem Alter von ca. 110000 Jahren

Sauerstoffisotope an Eisbohrkernen Isotopenprofil eines Grönland-Eisbohrkerns +5, 7 C Die Handlung in The day after tomorrow ist quatsch 400-4000yrs 10-50yrs

Sauerstoffisotopenzusammensetzung von Gesteinen und Wässern From: Hoefs (1997) meteorische Wässer sind in der Regel abgereichert an 18 O gegenüber Meerwasser Gesteine/Sedimente sind in der Regel angereichert in 18 O gegenüber Wässern; Voraussetzung zur quali- und quantitativen Erfassung von Wasser-Gesteins-Wechselwirkungen je höher die Temperatur eines lithospärischen Reservoirs, desto geringer ist die darin auftretende Variation in δ 18 O