C.4.6 Glas. Viskosität nimmt beim Schmelzen zu hochviskose flüssige Masse stabiler als glasartig spröde Festmasse

Ähnliche Dokumente
Wie entstehen Gläser? Glasbildung ist verhinderte Kristallisation. Glas ist eine eingefrorene unterkühlte Schmelze. metastabil

Glas und seine Rohstoffe

Dipl.-Geol. Martin Sauder

unterschiedliche Gruppen technischer Gläser, unterkühlte Schmelzen, kein fester Schmelzpunkt, Glas- (Netzwerk-)bildner, Glaswandler, oxidische

Anorganische Glaschemie. Dennis Weber

Anorganische Glaschemie. Von Lennard Harling und Thomas Stahl

Weiterverarbeitung von Glas. S. Kroggel, H. Rädisch, M. Bornstädt

Wir bauen ein Thermometer

Glas Struktur und Eigenschaften

Magische Kristalle Prof. Dr. R. Glaum

C.4.7 (Silikat)keramik

Glasherstellung - Einsatz von Dolomit, Vor- und Nachteile

Strukturell ungeordnete Materialien

2 2 Werkstoff Glas 19

Technische Universität Chemnitz Chemisches Grundpraktikum

), Pottasche (Kaliumcarbonat K 2. ), Kalk (Calciumcarbonat CaCO 3. ) oder Baryt (BaCO 3

Vom Quarz zum hochreinen Silicium

Standard Optics Information

Optische Eigenschaften fester Stoffe. Licht im neuen Licht Dez 2015

VIOSIL SQ FUSED SILICA (SYNTHETISCHES QUARZGLAS)

Die chemische Reaktion

Viskosität und Formgebung von Glas

Rohstoffe der Glasindustrie

Alles was uns umgibt!

Vom Ton zum Porzellan

ABFALLWIRTSCHAFT UND ABFALLENTSORGUNG

Licht und Farbe mit Chemie

Weihnachtliche Experimentalvorlesung im Fachbereich Chemieingenieurwesen

LADME- Model und Hilfsstoffe:

Wasser Kaffeefilter ein Streifen Filterpapier als Docht Schere Tasse

Si-Solarzellen. Präsentation von: Frank Hokamp & Fabian Rüthing

Glasbau. Modul 11250: Wissenschaftliche Grundlagen im Bauwesen. Sicherheits- und Nachweiskonzepte

Abschlussklausur Allgemeine und Anorganische Chemie Teil 2 (Geologie, Geophysik und Mineralogie)

a.) Wie groß ist die Reaktionsenthalpie für die Diamantbildung aus Graphit? b.) Welche Kohlenstoffform ist unter Standardbedingungen die stabilere?

Aufgaben zum Umfeld: 7 Vergleichen Sie die Gitterenergien von NaF, NaCl und NaI bzw. MgO, CaO und BaO! Gitterenergien [kj/mol]

1.11 Welcher Stoff ist es?

B R E I T L Ä N D E R - E I C H P R O B E N Gläser, RFA-Monitorproben G 1 (Glasses, XRF-Monitor Samples)

BK 7 / H-K9L / B270. Beschreibung

DURAN. Röhren, Stäbe und Kapillaren aus Borosilikatglas 3.3

Säuren, Basen, Salze

Intermetallische Systeme, ( Legierungen ) Metalle

8.3 Seifenwirkung. Aufgabe. Wie lassen sich Eigenschaften der Seifen erklären? Naturwissenschaften - Chemie - Organische Chemie - 8 Seifen

Übungen zum Kapitel I, Grundlagen chemischer Gleichungen

Typische Eigenschaften von Metallen

VitraPOR Sinterfilter

K e r a m i k P o r z e l l a n G l a s

1.3 Chemische Reaktionen des Wassers - Bildung von Säuren und Basen

Chemieepoche Klasse 11. Aufbau der Stoffe und die Grundgesetze chemischer Reaktionen

GFS: Gewinnung von Aluminium durch Schmelzflusselektrolyse

7. Woche. Gesamtanalyse (Vollanalyse) einfacher Salze. Qualitative Analyse anorganischer Verbindungen

Licht und Farbe - Dank Chemie!

Wasserstoff. Helium. Bor. Kohlenstoff. Standort: Name: Ordnungszahl: Standort: Name: Ordnungszahl: 18. Gruppe. Standort: Ordnungszahl: Name:

Gibbssche Phasenregel und Einführung in Phasendiagramme F = C P + 2

DURAN. Röhren, Stäbe und Kapillaren aus Borosilikatglas 3.3

2 2 Werkstoff Glas 19

Chemie entdecken. Mikrolabor Hefezelle. Christoph Rüthing. Experimentalwettbewerb der Klassenstufen 5-10 in NRW. Zum Thema. von

Grundkenntnisse der Chemie und der Physik. Was ihr hier findet

Schriftliche Abschlussprüfung Chemie

Einheiten und Einheitenrechnungen

Chemie Fragenkatalog Jahrgang 8

Organisch-chemisches Praktikum Wintersemester 2005/06. o-chlortoluen. Stephan Steinmann

Übungsaufgaben zur Vorlesung Chemie der Materialien

4.3.2 System mit völliger Löslichkeit im festen Zustand System mit teilweiser Löslichkeit im festen Zustand

Reduktion und Oxidation Redoxreaktionen

Einführung in die optische Nachrichtentechnik. Herstellung von Lichtwellenleitern (TECH)

4.1 Vergleich von physikalischem Vorgang und chemischer Reaktion. Aufgabe. Woran lassen sich chemische Reaktionen erkennen? (1)

Edelstahl. Vortrag von Alexander Kracht

Stoffstrommanagement am Beispiel von Sondermetallen Der SCHOTT Konzern im Überblick

Vom Erz zum Stahl. Von Andre Hähnel & Tobias Bomkamp

Licht und Farbe mit Chemie

Kopiervorlage 1: Eisen und Aluminium

Naturwissenschaft Vermutungswissen Alles ist Chemie!!! Analyse Synthese

Produktübersicht - Kleber und Massen

Boden Versauerung Dynamik-Gefährdung

Lehrveranstaltung Experimentelle Archäologie 2006

UV-C LAMPS & QUARTZ SLEEVES FOR SURFACE DISINFECTION AND WATER PURIFICATION

Labor-Service Preisverzeichnis

Gesteinskunde. Bestimmung magmatischer Minerale. Christopher Giehl, Uni Tübingen

Phosphor bleibt spannend

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus:

Grundwissen Chemie 9. Klasse SG

Verwendung von Bismutgläsern in der Automobil-, Flachglas-, Hohlglasindustrie. Dr. Dieter Gödeke

Expertenwissen: DARSTELLUNG VON POTTASCHE (historischer Text)

Redoxreaktionen. Redoxreaktionen: Reaktionen bei denen Elektronen zwischen den Komponenten übertragen werden

Saurer Regen, was ist das?

Klausur 1: Werkstoffkunde Kunststoffe

Bachelorprüfung. Fakultät für Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften Institut für Werkstoffe des Bauwesens Univ.-Prof. Dr.-Ing. K.-Ch.

Alina Hörnschemeyer Kenneth Stuhr

T. Pollak, Oktober 2010

Handbuch für das Eisenhüttenlaboratorium, Band 3, Teil 1 5. Inhaltsübersicht

Periodensystem, elektromagnetische Spektren, Atombau, Orbitale

Qualitative Analyse. - Identifikation von Ionen (häufig in einem Gemisch) - Charakterisierung der Analyse nach Farbe, Morphologie, Geruch,

Hilfe 1. Das Blaue Wunder

AR-GLAS. Röhren und Stäbe aus Spezialglas

Chrom. Vortrag von Kerstin Schaller im Rahmen der "Übungen im Vortragen mit Demonstrationen - Anorganische Chemie", WS 2003/2004.

Die räumliche Struktur von Molekülen ein Kugellager

Periodensystem der Elemente - PSE

Transkript:

C.4.6 Glas Erstarrte Schmelzen ohne Kristallisation amorpher, nichtkristalliner Zustand: abgekühlt und erstarrt Plastische Stoffe: energetisch zwischen fest und flüssig unscharfer Erweichungsbereich kein scharfer Schmelzpunkt! Viskosität nimmt beim Schmelzen zu hochviskose flüssige Masse stabiler als glasartig spröde Festmasse Flüssigkeit: mit hoher Zähigkeit bei Raumtemperatur Glasschmelze: ca. 10 Pas (vergleichbar mit Olivenöl) Heißverarbeitungsbereich: ca. 10 3 bis 10 7 Pas (Honig) Glas verformt sich durch sein Eigengewicht sprödes Glas: 10 12 und 10 14 Pas Fähigkeit zur Glasbildung: Oxide von Silicium, Bor, Germanium, Phosphor, Arsen einige Schwefel- und Selenverbindungen Metalllegierungen und organische Stoffe Gläser sind instabiler als Kristalle und haben eine geringere Dichte Kristallisation wegen der hohen Zähigkeit nur bei sehr langsamer Abkühlung

C.4.6 Armorpher Zustand Zusammensetzung: Eigenschaften von Chemie abhängig 1. Netzwerkbildner (saure Bestandteile): Quarzsand SiO 2 Phosphor-h oder Arsenpentoxid, Bortrioxid id und Aluminiumoxid 2. Netzwerkstörer (basische Bestandteile): Oxide von Ca, Na, K und Pb: Na 2 O, K 2 O, MgO, CaO, BaO, ZnO Soda (Na 2 CO 3 ) als Flussmittel Kalk: CaCO 3 als Stabilisator Natriumsulfat, -chlorid: Läuterungsmittel (gegen Gasblasen) 3. Trennstellenschließer: Boroxid, Aluminiumoxid, Aluminiumsilicate (Kaolin, Feldspäte) ändern Eigenschaften des Glases: z.b. höhere Schmelzbereich als Na/Ca-Glases (-> Duran-Gläser)!

C.4.6 Formgebung g von Glas Eigenschaften von Glas: Zugfestigkeit: it 280 und 560 kg/cm², Spezialglas bis 7.000 kg/cm² Dichte: 2 bis 8 kg/l Gießen: in eine Form gegossen, bei Drahtglas wird ein Drahtgeflecht vor dem Abkühlen in die Schmelze eingelegt. Glasblasen: Hohlglas handgeformt und mundgeblasen Pneumatisches Pfeifen mit Druckluft (maschinengeblasen) Hohlköperblasverfahren Ziehen: Flüssiges Glas direkt vom Ofen zu Objekt gezogen, Röhren, Platten, Fasern und Stäbe, Flachglas Pressen und Walzen: Tafel- und Spiegelglas Kontrollierte Abkühlung der Produkte auf Raumtemperatur

C.4.6 Normalglas Normalglas (Gebrauchsglas für Fenster und Flaschen): Natronkalkglas: Na 2 O. CaO. 6 SiO 2 (ca. 90 % des Glases!) Chemie und Umwelt: 5 bis 30 MJ Energie / kg Glas großer Energieverbrauch! CO2! Landschaftsschäden häd durch Steinbrüche oder Sandgruben, Waldrodungen (Pottaschegewinnung), Schwermetallbäder bei der Flachglasherstellung Herstellung: Rohstoffe Quarzsand, Soda, Kalk - gemahlen, erhitzt (Wannenofen) Sinterung ab 600-800 C: Kalk, Soda etc. reagiert unter CO 2 -Freisetzung mit Quarz zu Silicaten (Säure/Basen-Reaktion): CaCO 3 + SiO 2 > CaSiO 3 + CO 2 Ausgangssubstanzen schmelzen bei 1600-1800 C Hafenöfen Schmelzgefäße aus Ton ( Glashäfen ) oder Wannenöfen schmelzen bei Temperaturen bis zu 1 000 C Beseitigung von Glaseinschlüssen oder Fehlern bei 1.450-1.550 C Kühlkammern: Bearbeitungstemperatur, Maschinen

C.4.6 Glasarten Überzüge: Glasuren enthalten viele Netzwerkstörer und schmelzen niedrig; bleihaltige Glasuren, empfindlich gegen Korrosion Lüsterfarben sind aufgedampfte Schwermetall(verbindungen) wie Cd. Diese waren besonders auf Jugendstilgläsern beliebt. Spiegelüberzüge (und Christbaumschmuck) werden durch Reduktion mit Glucose von Silbernitrat beschichtet (versilbert) Quarzglas: Erstarrte Schmelze von kristallinem Quarz (SiO 2 ) geringe Wärmeausdehnung Temperaturwechselbeständigkeit UV-Durchlässigkeit, hoher Erweichungspunkt (über 1400 C) chemisch sehr widerstandsfähig Laborgeräte Quarzglas ist sehr teuer (Schmelze bei über 2 000 C) Farbgläser: Schwermetalloxidspuren als Farbgeber: CoO (blau), Fe 2 O 3 (braun), Cr 2 O 3 (Smaragdgrün), MnO 2 (violett), CuO (blaugrün), U 3 O 8 /NiO (gelb), FeO (grün) Au,Se (rubinrot), Cu 2 O (rot) Wenig transparentes Mattglas durch Anätzen mit Flußsäure oder durch Einwirkung von Sandstrahlgebläsen. a Zugabe von Calciumfluorid, Calciumphosphat, Zinndioxid zur Glasschmelze liefert durchgehend milchiges Opalglas (Odol)

C.4.6 Spezialgläser Fototrope Gläser: Lichtdurchlässigkeit im sichtbaren Spektralbereich (400-700 nm) bei Bestrahlung mit Sonnenlicht (UV-Strahlung) Schwärzung: Bildung von Silberteilchen (5-30 nm) aus Silberhalogeniden AgCI (durchsichtig) Ag (undurchsichtig) + CI Vorgang umkehrbar, Chloratome reagieren mit Silber wieder zurück Transmission: ohne Sonne ca. 90%, bei Sonnenlicht ca. 25% Schwärzung bzw. Wiederaufhellung langsam (ca. 10 min)! Einscheibensicherheitsglas: Thermische Vorspannung: durch Erwärmen und rasches Abkühlen zerfällt bei Bruch in kleine Glasstücke ohne scharfe Kanten Chem. Vorspannung: Natrongläser in Kalisalzschmelze tauchen Natriumionen i in Oberflächenschicht hi ht durch größere Kaliumionen i Verbundglas (Mehrscheibensicherheitsglas): Scheiben durch zäh elastische Kunststoffschichten verbunden Kunststoffe reißen beim Bruch nicht!!! Windschutzscheiben, Bauglas, Fensterscheiben (Argonfüllung)

C.4.6 Glasarten Email: Schmelze von Natrium-, Siliciumoxid, i id Borate Trübungsmittel: Zinndioxid, Calciumphosphate, Farbstoffe Brei der Emailstoffe auf Metall Eintauchen / Aufsprühen Einbrennen im Emailleofen schmilzt Masse zu glänzendem, fest haftendem Überzug zusammen Vorteil: Email leicht zu reinigen Nachteil: stoßempfindlich, Temperaturwechsel, trockenes Erhitzen Glasfasern: 0,005 bis etwa 0,15 mm Durchmesser Isolierglasfasern (Glaswolle), Textilglasfasern und Lichtleitfasern Glasfaserkabel: Lichtleitung durch Totalreflexion,Nachrichtentechnik hoch reines Quarzglas (Ge für Brechungsindex), CVD und Kunststoffträger Glaskeramik (kristalline und glasartige Phasen nebeneinander): Zugabe hoch schmelzender Stoffe (Titan- oder Zirkoniumdioxid) 50-90 % Kristallphase (mikroskopisch feine Kristalle) Werkstoff fast ohne Wärmeausdehnung Temp.wechsel Herdplatten (Ceran), Knochenprothesen, Spiegelteleskop