Predigt (1.Kor 9,16-23): Kanzelgruß: Gnade sei mit uns und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen. Ich lese Worte aus dem 9. Kapitel des 1. Korintherbriefes: 16 Denn dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte! 17 Täte ich's aus eigenem Willen, so erhielte ich Lohn. Tue ich's aber nicht aus eigenem Willen, so ist mir doch das Amt anvertraut. 18 Was ist denn nun mein Lohn? Dass ich das Evangelium predige ohne Entgelt und von meinem Recht am Evangelium nicht Gebrauch mache. 19 Denn obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, damit ich möglichst viele gewinne. 20 Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin, damit ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne. 21 Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich wie einer ohne Gesetz geworden obwohl ich doch nicht ohne Gesetz bin vor Gott, sondern bin in dem Gesetz Christi, damit ich die, die ohne Gesetz sind, gewinne. 22 Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette. 23 Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an ihm teilzuhaben. Liebe Gemeinde, das ist mal wieder kein so leichter Bibeltext, der uns heute zugemutet wird. Kurz zum Hintergrund des Briefes, den der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth geschrieben hat: Die Gemeinde war ziemlich zerstritten. Es hatte sich Grüppchen, Anhängerschaften um besonders charismatische Persönlichkeiten
gebildet. Der eine hielt viel vom dem. Der nächste wiederum hielt von einem anderem mehr. Ja, viele Christen aus Korinth hoben dabei etwas vom Boden der Tatsachen ab. Sie hielten sich für was Besonderes und schätzten den anderen gering, verachteten ihn. Paulus selbst hatte das auf bittere Weise zu spüren bekommen. Die Christen in Korinth hatten ihn bei einem Besuch überhaupt nicht für voll genommen: Was, diese mickrige Figur mit seinen verrotzten Augen soll ein Apostel sein, diese Missgeburt? Ja, hochtheologische, wortgewaltige Briefe mag er ja schreiben. Aber sein Auftritt, so von Angesicht zu Angesicht, ist doch ziemlich kümmerlich, jämmerlich. Von dem lassen wir uns sicher nichts sagen. Das muss ziemlich schmerzlich, verletzend für Paulus gewesen sein. Das kann man sich gut vorstellen. Wer denkt da nicht an manche bitteren Niederlagen im eigenen Leben, wo man nicht gut weg gekommen ist und irgendwie sein Gesicht vor dem anderen verloren hat. Wie kann man nun auf so etwas Gemeines reagieren? Man kann es dem anderen mit gleicher Münze zurückgeben, so richtig heimzahlen. Paulus macht aber genau das nicht. Er bringt vielmehr das Evangelium, die frohe Botschaft von Jesus Christus ins Spiel! Das ist für ihn bei allem, was er an Gutem, aber auch an Schlechtem im Leben erfährt, das entscheidende Kriterium! Da bedeutet für ihn vor allem dreierlei, wie ich finde. Erstens: Freiheit! Zweitens: Verbindlichkeit! Drittens: Offen dem anderen begegnen! Ich komme zum ersten Punkt: Freiheit! Das Evangelium schenkt uns Freiheit!
Jesus Christus macht uns frei von allem, was uns gefangen nimmt und uns vor allem abhängig macht. Das ist die wohltuende und befreiende Botschaft, die Paulus nicht müde wird, laut von sich zu geben. Deswegen will er auch von den Christen in Korinth nicht für seinen Beruf als Prediger des Evangeliums bezahlt werden. Das mit der Kohle und dem Geld sagt Paulus in seine Situation hinein, um zu zeigen, wie frei er ist und sich nicht falschen Abhängigkeiten unterwerfen muss. Letzteres ist etwas, davon bin ich überzeugt, dass auch noch heute für mich gilt. Meine Lebenswirklichkeit sieht ja oft ähnlich aus. Wie oft stehe ich in Abhängigkeitsverhältnissen, die mich runterziehen, ja die mich krank, kaputt machen. Da hat mal wieder einer über mich hergezogen. Da hat mal wieder jemand an meiner Arbeit rumgenörgelt. Ja, da ist mir mal wieder eine so richtig blöd von der Seite gekommen. Da hat der Chef mir wieder mal so richtig eins rein gedrückt. Das war richtig mies und gemein! Und ich kann mich selbst daraus noch nicht mal befreien, bin da so richtig gefangen. Paulus sagt da: Schau da auf s Evangelium. Lass dich da in allem, was du durchmachst, von Jesus tragen! Lass dir seine Liebe zu sprechen, dass er dich annimmt, so wie du bist, dass er dich mag und liebt, so wie du bist und dass er auf dich zählt! Ja, es mag sein, dass die anderen auf dir rumhacken, und Ansprüche an dich stellen, denen du so nicht gerecht wirst. Das ist letztendlich egal, was die anderen von dir denken und wie sie mit dir umgehen, weil das, was zählt, nicht bei den anderen zu finden ist. Das ist vielmehr bei Gott, bei Jesus Christus zu finden, der dich in den Höhen und in den Tiefen deines Lebens trägt. Das ist es, was zählt! Lass dich also von Gott freimachen von all dem, was dich im Alltag runterzieht. Du wirst zwar dem nicht entfliehen können, wirst dich ihm stellen müssen. Und es wird auch bei allen Erfolgen manche Niederlagen weiterhin hageln. Aber du darfst fest im Herzen wissen: Gott ist jetzt da und trägt mich in allem. Ja er
macht mich frei von der Denke, dass das, was mir im Alltag begegnet, alles ist, was zählt. Vielmehr zählt Gott auf mich und steht zu mir! Und wer darauf vertraut, der hat tatsächlich die Freiheit Gottes, das Evangelium Jesu Christi begriffen. Das hat wirklich was Befreiendes, Wohltuendes, Wunderbares! Ich komme zum zweiten Punkt: Verbindlichkeit! Ich habe den Eindruck, dass da ein wunder Punkt bei uns Menschen heute in unserer Gesellschaft liegt. Freiheit, ja das höre ich gerne. Ich möchte meine Privatsphäre haben, wo mich mal keiner erreicht, keiner was von mir erwartet und verlangt. Und ich liebe meine individuelle Freiheit, wo ich mal tun und lassen kann, was ich will. Das ist ja auch viel Wahres dran. Das ist ein hohes Gut, das viele in der heutigen Zeit entdecken und so ihrem Arbeitsstress sei er beruflicher oder privater Natur auch mal entfliehen können. Aber falsch verstehe ich die Freiheit, wenn ich total unverbindlich lebe und nur mein eigenes Ego raushänge, als ob es nur darum geht, mich selbst zu leben und der andere ist mir schnurzegal. Paulus sagt da: Ne, liebe Leute, so läuft das nicht. Ihr seid nicht nur für euch selbst da. Ihr seid für Gott und für eure Mitmenschen da! Das hat was ganz Verbindliches! Und lebt bitteschön diese Verbindlichkeit in eurem Leben! Ja, es stimmt schon, macht euch nicht abhängig von Menschen und euren Lebenssituationen! Aber macht euer Leben bei Gott, bei Jesus Christus fest! Seid da verbindlich! Da sagt Gott tatsächlich jedem von uns, nicht nur dem Apostel Paulus, nicht nur mir als Pfarrer, sondern jedem, der hier sitzt: Nimm den Auftrag, den ich an dich habe, ernst. Stelle dich den Aufgaben, die dir im Alltag begegnen. Mach dein Amt, das du hast, nicht nur dann, wenn du
Lust und Freude, sondern auch dann, wenn du es mal ungerne tust, du dich mit manchem schwer tust. Bleib da dran und schmeiß nicht alles hin. Du tust es schließlich nicht nur für dich selbst. Du tust es letztendlich für Gott und für deine Mitmenschen, die du für den Glauben an Jesus Christus gewinnen willst. Damit komme ich zum dritten Punkt: Offen dem anderen begegnen! Klar dürfte sein: Ich lebe den christlichen Glauben nicht nur für mich. Ich lebe ihn für den anderen. Das ist ja gerade die Stärke des christlichen Glaubens: Für den anderen da zu sein und ihn für das Evangelium zu gewinnen. Wie kann das geschehen? Sicher nicht so, indem ich mich total anpasse und mal so und mal so rede. Ich vermute das ist schon eine Herausforderung in unserer Zeit. Da gibt es ja so viele Möglichkeiten, sein Leben zu leben. Da ist die Versuchung groß, nicht zum eigenen Glauben zu stehen und mit seiner Meinung hinter dem Berg zu halten. Manche unterstellen das auch Paulus, wenn er, hier im 1. Korintherbrief schreibt: Den Juden bin ich ein Jude geworden, also denen, die unter Moses Gesetz stehen und sich brav dran halten. Denen ohne Gesetz, also den Heiden bin ich ein Heide geworden. Passt sich da Paulus wirklich wie ein Chamäleon an und wechselt die Farbe, wie es ihm gerade passt? Mit Sicherheit nicht! Das würde zum Kämpfertyp Paulus auch gar nicht passen. Vielmehr ist gemeint: Durch den Glauben an Jesus habe ich einen klaren Standpunkt! Und dieser Standpunkt festigt mich so, dass ich dem anderen, der anders denkt und lebt, total offen begegnen kann. Ich kann mich auf ihn einlassen. Ich kann ihn verstehen. Ich muss mich nicht aus lauter Unsicherheit, Verunsicherung von ihm abgrenzen.
Nein, gerade durch den Glauben an Jesus darf ich ganz offen für den anderen sein, ein zuhörendes Ohr, ein liebendes Herz, eine helfende Hand für ihn haben! Genau das versucht Paulus! Da versucht er sich, in den anderen hineinzudenken, hineinzuknien. Er tut es für den anderen. Das gebietet ihm der Glaube an Jesus! Um es nochmals auf den Punkt zu bringen, zusammenzufassen: Christsein bedeutet Freiheit! Du bist frei von falschen Abhängigkeiten! Lass dich von Gemeinheiten der anderen da nicht runterziehen! Davon macht Gott dich frei! Christsein bedeutet Verbindlichkeit! Nimm das Amt, den Auftrag wahr, den Gott dir gibt! Das ist nicht nur ein Job! Das ist deine Berufung! In dieser Spannung steht dein Christsein, zwischen Zuspruch und Anspruch Gottes! Zwischen: Du bist frei von allem, was andere von dir erwarten. Du bist aber gebunden an Gott, an Jesus und die Menschen, die er dir anvertraut. Lebe das verbindlich! Von diesem klaren Glaubensstandpunkt darfst du befreit und verbindlich dich in deinen Alltag aufmachen und den Leuten, die dir begegnen, total offen und liebevoll begegnen. Nur so werden wir Menschen für Jesus, für seine Gemeinde, konkret für unsere Gemeinde gewinnen. Nochmals mit den Worten des Apostels Paulus aus dem 9. Kapitel des 1. Korintherbriefes: Denn dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte! Täte ich's aus eigenem Willen, so erhielte ich Lohn. Tue ich's aber nicht aus eigenem Willen, so ist mir doch das Amt anvertraut. Was ist denn nun mein Lohn? Dass ich das Evangelium predige ohne Entgelt und von meinem Recht am Evangelium nicht Gebrauch mache. Denn obwohl ich frei bin von
jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, damit ich möglichst viele gewinne. Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin, damit ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne. Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich wie einer ohne Gesetz geworden obwohl ich doch nicht ohne Gesetz bin vor Gott, sondern bin in dem Gesetz Christi, damit ich die, die ohne Gesetz sind, gewinne. Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette. Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an ihm teilzuhaben. Amen. Kanzelsegen: Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, er bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.