Königs Erläuterungen und Materialien Band 467 Erläuterungen zu Ödön von Horváth Geschichten aus dem Wiener Wald von Volker Krischel
Über den Autor der Erläuterung: Volker Krischel, geb. 1954, arbeitete nach dem Studium der Germanistik, Geschichte, Katholischen Theologie, Erziehungswissenschaften, Klassischen Archäologie, Kunstgeschichte und Geografie mehrere Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter besonders im Bereich der Museumspädagogik am Württembergischen Landesmuseum Stuttgart. Heute ist er als Studienrat in Gerolstein, Eifel, tätig. Er hat mehrere Arbeiten zu Autoren der Neueren deutschen Literatur sowie zur Museums- und Unterrichtsdidaktik veröffentlicht. Hinweis: Die Rechtschreibung wurde der amtlichen Neuregelung angepasst. Zitate von Ödön von Horváth müssen aufgrund eines Ein - spruches in der alten Rechtschreibung beibehalten werden. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu 52 a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Unterrichtszwecke! 3. Auflage 2009 ISBN 978-3-8044-1869-1 2007 by Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung: Ödön von Horváth 1929, Foto von Alice Domker Druck und Weiterverarbeitung: Tiskárna Akcent, Vimperk 2
Inhalt Vorwort... 5 1. Ödön von Horváth: Leben und Werk... 6 1.1 Biografie... 6 1.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund... 13 1.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken... 17 2. Textanalyse und -interpretation... 21 2.1 Entstehung und Quellen... 21 2.2 Inhaltsangabe... 27 2.3 Aufbau... 44 2.4 Personenkonstellation und Charakteristiken... 49 2.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen... 71 2.6 Stil und Sprache... 75 2.7 Interpretationsansätze... 78 3. Themen und Aufgaben... 88 4. Rezeptionsgeschichte... 91 5. Materialien... 97 Literatur... 101 3
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Vorwort Vorwort Geschichten aus dem Wiener Wald Horváths Stück erweckt durch die Namensgleichheit mit dem bekannten Walzer von Johann Strauß Assoziationen an Walzerseligkeit, Operettencharme und Wiener Gemütlichkeit. Auch die Handlungsorte Wien und Wachau scheinen in dieselbe Richtung zu deuten. Aber Horváth zerschlägt dieses Klischeebild brutal. Nicht Wiener Operettenseligkeit erfüllt die Bühne, sondern der rücksichtslose Kampf aller gegen alle. Statt Charme und walzerhafter Leichtigkeit wird der Alltag der Figuren von Verlogenheit, Egoismus und Scheinheiligkeit bestimmt. Wer aus dieser Welt in naiver Selbstüberschätzung auszubrechen versucht, wird von ihr zerbrochen. Auch wenn Horváths Stück zu Beginn der 1930er Jahre spielt und die (damalige) Kleinbürgermentalität überspitzt darstellt und entlarvt, besitzt es doch gerade in unserer heutigen oberflächlich-egoistischen Spaßgesellschaft wieder Aktualität. Bewusst hat Horváth die Regieanweisung aber auch schon ambivalent formuliert: Das Stück spielt in unseren Tagen. Damit ist eine jeweils neue Annäherung schon assoziiert. Diese Erläuterungen wollen Hilfestellung zur (neuen) Annäherung an Horváths Geschichten aus dem Wiener Wald geben, indem sie Grundlagen und Hintergrundinformationen zur Erarbeitung des Stücks bieten. Als Textgrundlage dient die in der Suhrkamp Basisbibliothek erschienene Ausgabe der Geschichten aus dem Wiener Wald. Die im Text und in den Anmerkungen verkürzt zitierten Quellenangaben finden sich vollständig bibliografiert am Ende der Erläuterungen. Vorwort 5
1.1 Biografie 1. Ödön von Horváth: Leben und Werk 1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis Alter 1901 Susak bei Fiume Edmund (= Ödön) Josef (=Jusip) (Rijeka, von Horváth wird als Sohn von heute Kroatien) Maria Hermine und Dr. Ed mund Josef von Horváth am 9. Dezember geboren. 1902 Belgrad Übersiedlung nach Belgrad. 1 1903 Belgrad Geburt des Bruders Lajos. 2 1908 Budapest Übersiedlung nach Budapest, 7 Ödön erhält ersten Unterricht in ungarischer Sprache. 1909 München Versetzung des Vaters und Umzug der Eltern nach München. 8 1909 1913 Budapest Ödön bleibt vorerst in Budapest und besucht das erzbischöfliche Internat und Gymnasium Rákóczia num. 8 12 1913 München Umzug Ödöns nach München 12 zu seinen Eltern. 1913 München Besuch zwei verschiedener Gymnasien 12 15 1916 mit mäßigem Erfolg. 1916 Preßburg Übersiedlung nach Preßburg. 15 1916 1918 Preßburg Besuch der Oberrealschule in 15 17 Preßburg; früheste erhaltene literarische Versuche. 6 1. Ödön von Horváth: Leben und Werk
1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis Alter 1918 Budapest Umzug nach Budapest. 17 1919 Wien Matura (Abitur) am Realgymnasium 18 in Wien. 1919 München Studium an der Ludwig-Maxi - 18 20 1921 milians-universität in München, u. a. Germanistik und The aterwissenschaften, das Studium schließt er nicht ab. Erste ernstzunehmende literarische Versuche. 1920 Bekanntschaft mit dem Kom - 19 po nisten Siegfried Kallenberg, der ihn einlädt, die Ballettpantomime Das Buch der Tänze zu schreiben. 1922 München Konzertante Aufführung von 21 Das Buch der Tänze, es erscheint anschließend als erste Publikation Horváths im Münchener Schahin Verlag. Horváth versucht später die Auflage aufzukaufen und vernichtet sie. 1923 Murnau Umzug der Eltern nach Murnau (Oberbayern). Beginn intensiver schriftstellerischer Arbeit, Horváth vernichtet später die meisten dieser frühen Arbeiten. 22 1. Ödön von Horváth: Leben und Werk 7
1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis Alter 1924 Paris Mehrwöchige Parisreise, Umzug 23 Berlin nach Berlin. 1926 Osnabrück Aufführung erster Stücke in 25 28 1929 Hamburg Berlin Osnabrück (Das Buch der Tänze), Hamburg (Revolte auf Côte 3018) und Berlin (Die Bergbahn), Entstehung des Stückes Sladek oder die schwarze Armee (in der überarbeiteten zweiten Fassung erhält es den Titel Sladek, der schwarze Reichswehrmann), literarischer Durchbruch. Der Ullstein-Verlag bietet Horváth einen Vertrag an, der ihm freie schriftstellerische Arbeit ermöglicht. 1930 Berlin Horváths erster Roman Der ewige Spießer erscheint. Abschluss der Arbeiten an den Volksstücken Italienische Nacht und Geschichten aus dem Wiener Wald. 29 8 1. Ödön von Horváth: Leben und Werk
1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis Alter 1931 Berlin Uraufführung des Stückes Die italienische Nacht in Berlin. Horváth wird als Zeuge zu einer von den Nationalsozialisten provozierten Saalschlacht in seinem Wohnort Murnau vernommen und wegen seiner Aussage von NSDAP-Zeitungen heftig angegriffen. Kleist-Preis (zusammen mit Erich Reger) auf Vorschlag von Carl Zuckmayer, Beginn der Freundschaft zwischen Zuckmayer und Horváth. Uraufführung der Geschichten aus dem Wiener Wald am Deutschen Theater in Berlin (2. November). Erstausgabe der Geschichten aus dem Wiener Wald erscheint im Berliner Propyläen-Verlag (Ullsteins Unterverlag für anspruchsvolle Texte). 1932 Leipzig Uraufführung des Volksstückes Kasimir und Karoline in Leipzig, Arbeit an Glaube, Liebe, Hoffnung. 30 31 1. Ödön von Horváth: Leben und Werk 9
1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis Alter 1933 Wien Budapest Murnau München Umzug nach Wien. Beendigung der Arbeit an Die Unbekannte auf der Seine und Hin und her. Umzug nach Budapest, um die ungarische Staatsbürgerschaft behalten zu können. Heirat mit der jüdischen Sängerin Maria Elsner. Das Haus der Eltern in Murnau wird von der SA durchsucht. Horváths Bücher werden in München verbrannt, seine Stücke dürfen nicht mehr in Deutschland aufgeführt werden. 1934 Berlin Rückkehr nach Berlin. Veröffentlichung des Stücks Himmelwärts, Uraufführung von Hin Zürich und her in Zürich, Entstehung des Dramenfragments Der Lenz ist da. Scheidung von Maria Elsner. 1935 Wien Umzug nach Wien, Verschlechterung der finanziellen Situation. Mit dem Kopf durch die Wand (Auftragsarbeit), Uraufführung von Mit dem Kopf durch die Wand in Wien, unter dem Pseudonym H. W. Becker Arbeit als Coautor und Autor für Filmdrehbücher. 32 33 34 10 1. Ödön von Horváth: Leben und Werk