Informationen rund um den Bodensee

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Gemäß der Hochwassermeldeordnung /7/, /8/ sind folgende Alarmstufen und zugehörige Maßnahmen für den Pegel Erfurt-Möbisburg festgelegt.

Transkript:

Informationen rund um den Bodensee Seespiegel Nr. 24 12/06 Mehr Schutz für die Ufer Die länderübergreifende Uferbewer - tung der IGKB vom Oktober 2006 zeigt für weite Strecken des Boden see - ufers Defizite auf. Das soll sich in den kommenden Jah ren ändern: Die Ge - wäs ser schutz kom mis sion will den Kom munen Leitlinien an die Hand geben, wie sie ihre Ufer am besten renaturieren können. Die Bestandsaufnahme der Inter - nationalen Gewässerschutz kommis - sion für den Bodensee (IGKB) zeigt Licht und Schatten. Rund 40 Prozent des 273 Kilometer langen Boden see - ufers sind als natürlich oder naturnah anzusehen. Demgegenüber fallen die restlichen 60 Prozent in die Kate go - rien beeinträchtigt, naturfern oder naturfremd. Dabei schneidet der kleinere Untersee besser ab als der große Obersee. Die Bestandsaufnahme ist der erste Teil eines Aktions programms der IGKB, mit dem schrittweise wieder möglichst natürliche Bedingungen in den Uferund Flach wasserzonen des Sees hergestellt werden sollen. Immerhin 31 Kilometer Uferstrecke sind in den vergangenen Jahren rund um den See mit einem Millionen - aufwand renaturiert worden. Doch das kann angesichts der weiten Berei che, die verbesserungswürdig sind, nur ein Anfang sein. Daher wird die IGKB in Fortführung ihres Aktions programms den Kommunen rund um den See Leitlinien an die Hand geben, wie die notwendige Uferrenaturierung am besten zu bewerkstelligen ist. Der Lohn für Investitionen der Ge - meinden rund um den See zusammen mit den Ländern und Kantonen: Die Ufer werden natürlicher und gleichzeitig attraktiver. So können sie ihre Funktion als wichtiger Lebens raum für Tiere und Pflanzen besser er fül len. Das wiederum bringt sowohl für die dort lebenden Menschen als auch für die zahlreichen Touristen einen erheblichen Gewinn. Mauern zu entfernen und die Ufer naturnah zu gestalten, das ist das Ziel der Bodensee-Gewässerschutzkommission. Foto: Blattner 1

Es wird wärmer mit Folgen für den See Das Klima erwärmt sich, daran besteht kein Zweifel mehr. Wie wird sich dies auf das Ökosystem Boden - see auswirken? Sinkende Pegelstände im Sommer, starke Hochwasser er eig - nisse und neue Arten im und am See gehören zu den möglichen Folgen. Massive fünf Grad war der Juli 2006 im bundesweiten Durchschnitt zu warm. In der Flachwasserzone des Bodensees wurden teilweise mehr als 30 Grad gemessen. Der gesamte Herbst lag temperaturmäßig ebenfalls weit über den langjährigen Durch - schnit ten. Nur der stark verregnete August war zu kühl allerdings nur um etwa ein Grad. Die Klima er - wärmung, daran ist nicht mehr zu zweifeln, schreitet unerwartet rasch voran. Und ihr heißer Hauch kann auch für den Boden see vielfältige Auswirkungen haben, die sich zum Teil jetzt schon zeigen. So fiel im trockenen und heißen Juli der Pegel des Sees stetig, bis er am 31. Juli 2006 in Konstanz auf 3,09 Meter gefallen war. Dies bedeutete ein neues historisches Rekordtief für diese Jahreszeit. Bisher lag der Rekord bei 3,10 Meter. Er wurde 1949 gemessen. Damit setzte sich ein seit Jahren zu beobachtender Trend fort: Die Was serstände am See fallen in den vergangenen Jahren kontinuierlich, und zwar besonders deutlich im Som - mer. Die Entnahme von Trink was ser aus dem See, das sei ausdrücklich be - tont, hat damit nichts zu tun. Diese fällt angesichts der großen Wasser - Zukunftsvision: Blick auf Flamingos vor Konstanz men ge im See kaum ins Ge wicht: Im Mittel beträgt sie nur ein Prozent des natürlichen Abflusses in den Rhein. Im Winter dagegen sind die Pegel - stände in den vergangenen Jahren weit gehend gleich geblieben oder tendenziell leicht gestiegen. Wobei es Aus nah men gibt: Im Win ter 2005/06 lagen weite Uferteile trocken, der Konstanzer Pegelstand fiel im Februar 2006 auf nur noch 2,33 Meter. Die Erwärmung des Klimas hat eine Zunahme von extrem niedrigen Was serständen, aber auch von sehr hohen Pegeln nach Hochwasserereig - nis sen zur Folge, daran besteht für die Klimaforscher kein Zweifel. Tiere und Pflanzen müssen sich auf diese neuen Gegebenheiten einstellen. Noch sind Fotomontage: Blattner/Durst keine Flamingos am See heimisch. Wärmeliebende Kleinkrebse wie die Garnele Limnomysis (siehe Kasten) beginnen sich jedoch schon im See breit zu machen. Manche Fischarten haben es bei Niedrigwasser schwer, an geeignete Laichplätze im Uferbereich zu kommen. Auch für manche Wasservögel wird es schwerer, wenn sich das Wasser im Som - merhalbjahr zurückzieht. Stark betroffen ist auch ein bedeutendes Kulturgut des Menschen: Die Überreste der Pfahlbauten aus der Stein- und Bronzezeit werden bei niedrigen Wasserständen freigespült und verfallen unwiederbringlich, wenn sie ihrer schützenden Schlickschicht beraubt sind. Limnomysis benedeni Foto: Rey Neuankömmlinge im See Limnomysis benedeni: so heißt der jüngste Bodenseebewohner. Genauer gesagt ist es eine Bewohnerin, denn dabei handelt es sich um eine Süß - wassergarnele aus dem Schwarz - meergebiet. Erstmals wurde sie jetzt in der Flachwasserzone des österreichischen Ufers bei Hard nachgewiesen. Wie Limnomysis und andere Neu - ankömmlinge in den See gelangen, ist unklar. Eine Möglichkeit ist, dass sie mit Restwasser in Freizeit booten herantransportiert wurde. Mit großem Interesse haben die Experten des For schungsprojekts ANEBO (aquatische Neozonen im Bodensee) diesen Neuankömmling registriert. Sie erwarten, dass sich im Zuge der Klimaveränderung die Lebensbe ding ungen im See so verändern werden, dass mit weiteren Neuankömmlingen zu rechnen ist, die sich dann auch auf Dauer hier halten können. 2

Lebenshilfe für die Fische Fischfreundliche Renaturierungen am Bodensee, kurz FIREBO: so heißt ein Projekt, das die Bedürfnisse der Fische an ihre Uferlebensräume erforscht. Ziel ist es, im Zuge der naturnahen Umgestaltung der Ufer optimale Lebensbedingungen für die Fische zu schaffen. Hechte bevorzugen Pflanzenstängel, Barsche suchen sich neben Pflanzen und großen Steinen auch mal versunkene Äste, Lauben mögen s gerne kiesig die Ansprüche der Fische an ihre Laichsubstrate sind durchaus unterschiedlich. Die Eier der Trüschen treiben dank Ölkugel-Auftrieb sogar frei im Wasser. Dafür verstecken sich die jungen Trüschen wie andere Jung - fische auch gerne unter Steinen. Die Bei spiele zeigen: Für den Erhalt einer vielfältigen Fischpopulation sind unterschiedlich beschaffene Ufer re - gio nen sehr wichtig. Von Natur aus könnte der Bodensee mit einer reichen Ufer - vielfalt aufwarten. Doch durch die Tätigkeit des Menschen ist das Ufer heute über weite Strecken verbaut, wie die Ingenieure sagen. Wenn nun aber, wie es sich die Internationale Gewässer schutz kom mission für den Bodensee (IGKB) auf die Fahnen geschrieben hat, die Ufer wieder naturnaher gestaltet werden sollen, stellt sich die Frage, wie dies im Hinblick auf die Fischfauna optimal geschehen kann. Hier soll das Verbund-For schungs - projekt FIREBO wichtige Fingerzeige Elektrobefischung an ausgewählten Stellen am Bodenseeufer liefern. An zwei renaturierten Probe - stellen vor Hard in Österreich sowie Fischbach bei Friedrichshafen werden seit diesem Frühjahr unterschiedlich strukturierte Uferbereiche auf ihre Attraktivität für Fische und bodenbesiedelnde Tiere untersucht: Wer liebt Grobkies, wer Mittelkies, wer Geröll, wer Blöcke und wer bevorzugt eine Mischung? Hintergrund informa tio nen und aktuelle Neuigkeiten zu dieser Fisch untersuchung finden sich unter www.firebo.eu. Foto: Wittkugel Messungen am Bodensee werden direkt in das Informationssystem eingespeist. Foto: ISF Informationssystem Bodensee-Online Was passiert, wenn trotz aller Vor - sichts maßnahmen doch einmal Ge - fahr stoffe wie beispielsweise Öl in den Bodensee gelangen sollten? Bei etwa drei Millionen Tonnen solcher wassergefährdender Substanzen, die Jahr für Jahr rund um den Bodensee auf Straße und Schiene transportiert werden, ist ein solches Szenario leider durchaus vorstellbar. Nun, die Bekämpfung von Un fällen dieser Art wird seit Jahren von den Einsatz kräften unter Leitung der IGKB geübt und zwar in internationaler Zusammen ar beit. Jetzt soll die Gefahrenabwehr weiter verbessert werden: mit dem In for mationssystem Bodensee-Online, von dem bereits eine Pilotversion zur Verfügung steht. Mit diesem System kann die Ausbreitung von Flüssig keiten im See berechnet werden. Aber auch die Verdriftung etwa von Treib holz nach Hochwasserereig nissen im Alpenraum lässt sich prognostizieren. 3 Gefüttert wird das Computer - modell mit aktuellen Wetter- und Strömungsdaten sowie mit weiteren Messwerten. Eine wichtige Basis für die Berechnungen sind zudem die Erfahrungen aus der Vergangenheit. Das Ergebnis der Berechnungen liefert den verantwortlichen Behörden wichtige Prognosen, was nach einem Störfall oder Naturereignis in den darauffolgenden drei Tagen voraussichtlich passieren wird. Somit können die Abwehrmaßnahmen viel gezielter geplant und durchgeführt werden als dies bisher möglich war. Das Forschungsprojekt wurde im Jahr 2005 gestartet und ist auf drei Jahre angelegt. Beteiligt sind die Uni - versitäten Stuttgart und Konstanz sowie das zur Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz gehörende Institut für Seenforschung in Langenargen. Von den Kosten in Höhe von 2,5 Millionen Euro wird ein großer Teil vom Bundesfor schungs - ministerium und der Deutschen Forschungsgemeinschaft getragen.

Die Geheimnisse der Sedimente Den aktuellen Zustand des Seebodens zu erfassen, das war das wichtigste Ziel des Sedimentforschungsprojekts BUS. Es zeigt, dass die intensiven Bemü hun gen zum Gewässerschutz auch am Seeboden erfolgreich sind. Die Geschichtsbücher eines Sees so nennen die Limnologen, die Süß was - serkundler, gerne die Sediment ab la - gerungen am Grund eines Ge wäs sers. Und sie wissen, wie sie die Ge schich - ten in den Sediment büchern lesen können. Diese berichten über die natürlichen Ablagerungen im See selbst, die bodenlebenden Organis - men, die von außen eingetragenen Nährstoffe und über die von Menschen stammenden Schadstoffe im Sediment. Sozusagen in unsere Sprache übersetzt wurden diese Sedi - mentarchive in den vergangenen drei Jahren von For schern am Langen - argener Seenfor schungs institut: Im Rahmen des Pro jekts BUS (Bodensee- Untersuchung-See boden) haben sie eine seeweite Bestandsaufnahme des See bodens durchgeführt. Herausgekommen ist die bisher unerreicht detaillierte Beschreibung der dort vorkommenden Lebens ge - mein schaften, die vor allem aus Würmern und Insekten larven bestehen. Überraschenderweise zeigten sich im Vergleich zu früheren Unter - suchungen ähnliche Besiedelungs - muster. Sollte sich die Entlastung des Sees von Nährstoffen, die so genannte Oligo trophierung, bisher noch gar nicht auf die Lebens gemeinschaften am See boden ausgewirkt haben? Doch, sagen die For scher: Betrachtet man die Gruppe der Würmer (genauer die der so genannten Oligochaeten, der Wenigborster) auf Artebene was sehr aufwendig ist und nur von wenigen Spezialisten beherrscht wird, zeigen sich durchaus Unterschiede: Dann sind diejenigen Arten häufiger geworden, die mittlere bis geringe Belastungen anzeigen. Doch die insgesamt relativ geringen Veränderungen in den Lebens - gemeinschaften stützt die These der BUS-Forscher, dass die Zufuhr von Phos phor in den See für die am Boden Geräte zur Messung der Sedimentation werden im See versenkt. lebenden Tiere weniger wichtig ist als die Zu fuhr von organischem Koh len - stoff, wie er etwa mit gereinigtem Ab - was ser, vor allem aber auch natürlich mit den Schwebstoffen eingetragen wird. Diese Zufuhr menge hat sich in den vergangenen Jahrzehnten weit weniger stark verringert als die Nähr - stoff zufuhr. Weitaus deutlicher werden die positiven Auswirkungen der Maßnah - men, den See wieder sauberer zu machen, bei den chemischen Unter - Die Schichten in einem Sedimentkern Untersuchungsprogramm BUS Fotos: Wessels suchungen der Sedimente. Sie zeigen, dass die Konzentrationen fast aller Schadstoffe deutlich zurückgegangen sind ein eindrucksvoller Beweis, wie gut die vielfältigen Schutzmaßnahmen gegriffen haben. Lediglich die Flamm - schutzmittel haben sich verstärkt in den obersten Se di ment schichten an - ge reichert. Da sie sich in der Nah - rungs kette anreichern können, sollte man diesen Schadstoffen in Zukunft verstärkt Beachtung schenken, empfehlen die Forscher. BUS diese Abkürzung steht für das von der Internationalen Gewässer - schutzkommission IGKB in Auftrag gegebene Projekt Bodensee- Untersuchung-Seeboden. Das von der Europäischen Union geförderte dreijährige Forschungsvorhaben ist jetzt abgeschlossen. Ein Haupt ziel der Studie war eine Be stands - aufnahme des Lebens raums See - boden. Eine wichtige Frage war, ob sich die beachtlichen Erfolge, die in den letzten Jahren bei der Gewäs - serreinhaltung erzielt wurden, im Seeboden widerspiegeln. Allerdings hatte das Projekt nicht nur die Dokumentation des derzeitigen Zustandes zur Aufgabe; es sollte auch Prognosen für die Zukunft abgeben und so einen Beitrag leisten bei der Fort schrei bung der Gewässer schutz konze p tionen am See. Die Ergebnisse sollen im kommenden Jahr als Blauer Bericht 58 der IGKB veröffentlicht werden. 4

Editorial Die Internationale Gewässerschutz - kommission für den Bodensee (IGKB) widmet der Ufer- und Flach - wasserzone aufgrund ihrer überragenden ökologischen Bedeutung besondere Aufmerk samkeit. Die Bilanz Der Bodensee, Zustand Fakten Perspektiven (IGKB, 2004) zeigt, dass das entscheidende Pro - blem der Eutrophie rung inzwischen behoben werden konnte, die Defizi - te im Ufer bereich dagegen umso klarer hervortreten. Aus diesem Grund hat die IGKB das Aktionsprogramm Bodensee 2004 bis 2009 mit dem Schwer - punkt Ufer- und Flachwasserzone ins Leben gerufen. Dank des großen Engagements der Arbeits gruppe des Fach be reichs See wird dieses umfangreiche Projekt bewältigt. Die Ziel setzung der Gruppe war, ein geeignetes Verfahren für die Uferbewertung zu schaffen. Auf - bauend auf dem schweizer Ansatz eines Litoral-Moduls wurde ein neues Be wer tungssystem für das Boden see ufer erarbeitet. In diese Bewertung fließen 15 re - le vante Struktur und Lebensraum - kri terien ein, welche für die Ökologie des Ufers bedeutsam sind. Dabei wurde für jedes Kriterium entsprechend den Ufertypen Flach, Mittel und Steil ein Referenz - zustand definiert und vier verschiedene Grade der Abweichung. Das Bewer tungssystem sollte ohne vertieftes Spezialistenwissen und mit Fritz Bauer, Vorsitzender des Sachver stän digen - kreises der IGKB, Mitglied der Arbeits gruppe Uferbewertung, Gewässer biologe am Was - ser wirt schafts amt Kempten. einem optimalen Verhältnis von Kosten und Nutzen praxisnah anzuwenden sein. Das etwa 273 Kilometer lange Ufer ist in Ab schnit ten von jeweils 50 Metern anhand der verschiedenen Einzel kri terien erfasst worden. Da rüber hinaus wurden fünf Zusatz - kriterien, beispielsweise Freizeit wert und Kulturwert (Denk mal schutz) berücksichtigt. Im Rahmen eines internationalen Symposiums am 24. Okto ber in Frie drichshafen wurde die neue Boden see-uferbewertung der IGKB der Öf fent lichkeit vorgestellt. Diese bietet die Möglichkeit einer Erfolgskontrolle im Hinblick auf künftige und bereits durchgeführte Renaturierungen. Neben dem Auf - zeigen der Defizite ist es auch die Intention der IGKB, den Anrainern einen Anreiz zu geben, geeignete Ufer abschnitte zu renaturieren. Dies dient dazu, die Ökologie des Sees zu verbessern und gleichzeitig die Attraktivität für Freizeit und Erholung zu steigern. Die IGKB sieht in der Uferre natu - rierung einen wichtigen Beitrag zum Gewässerschutz, ist sich aber durchaus bewusst, dass die Wieder her - stellung eines Uferzustandes wie vor 100 Jahren heute nicht realistisch ist. Durch den starken Siedlungs druck, die Vielzahl an Hafenanlagen sowie durch den Denkmalschutz sind einer Renaturierung Grenzen ge setzt. Dennoch zeigten die Positiv bei spiele des Symposiums, dass noch genügend Potenziale für Ver besserungs - maßnahmen vorhanden sind. Da - rüber hinaus setzt sich die IGKB dafür ein, noch intakte natürliche Uferbe rei che unter besonderen Schutz zu stellen und die angrenzenden Abschnit te möglichst gut zu sichern. Ein weiterer Meilenstein im Aktionsprogramm ist daher die Ent - wicklung eines Renaturierungs leit fa - dens zur kostengünstigen und effizienten Durchführung von Maß nah - men. Eine Verbesserung der Uferund Flachwasserzone als bedeutender aquatisch-terrestrischer Übergangslebensraum dient nicht nur der ästhetischen Aufwertung, sondern ist wichtiger Beitrag zum Erhalt des Bodensees als intaktes Ökosystem. Internationales Symposium Bodenseeufer in Friedrichshafen am 24. Oktober 2006 Fotos: Rieg/Engstle 5

Bodensee-Daten Seebecken: bestehend aus Obersee und Untersee Meereshöhe ü. NN: 395 m Oberfläche gesamt: 536 km 2 Obersee: 473 km 2 Untersee: 63 km 2 tiefste Stelle: 254 m Rauminhalt: 48 km 3 Uferlänge: 273 km größte Länge: 63 km größte Breite: 14 km Der Bodensee ist nach Plattensee und Genfer See der drittgrößte See in Mitteleuropa. SCHWEIZ Uferlängen: in km in % insgesamt 273 100 Baden-Württemberg 155 57 Bayern 18 7 Österreich 28 10 Schweiz 72 26 Seelexikon Zuflüsse: Einzugsgebiet des Bodensees: 11 500 km 2 mittlere jährliche Wasserführung: insgesamt ca. 370 m 3 /Sekunde u Alpenrhein v Dornbirnerach w Bregenzerach x Leiblach y Argen z Schussen { Rotach Seefelder Aach } Stockacher Aach ~ Radolfzeller Aach 11 Salmsach 12 Steinach 13 Goldach 14 Alter Rhein DEUTSCHLAND ÖSTERREICH Riedflächen Ried, Röhricht, Schilf sind im Bodenseegebiet gleichbedeutende Bezeich - nungen für mehr oder weniger große Bestände an Schilfrohr (Phragmites australis). Hierher gehören auch die großwüchsigen Rohr kolben oder Schneidried, ebenso wachsen hier niedrigere Pflanzen wie Schwert lilie oder Froschlöffel. Bekannte Schilf gebiete am See sind das Woll matinger Ried oder das Eriskircher Ried. Eine sprachliche An mer kung: in Süd deutschland kann ein Ried auch ein Moorgebiet sein, so etwa das Wurzacher Ried. Schilfgebiete sind ideale Lebensräume für viele Tiere, vor allem Insekten, aber auch für zahlreiche Vogelarten wie etwa der Name sagt es schon die Rohrsänger. Bis zu vier Meter hoch wachsen die Schilfhalme und bieten so wunderbar Deckung. Allerdings sind die Riedflächen vielfältigen Bedro - hungen ausgesetzt wie Hochwasser, Treibholz, Wellenschlag und Uferver - bauungen. Nach dem massiven Hochwasser 1965 dauerte es Jahrzehnte, bis sich die Flächen wieder weitgehend erholt hatten um dann durch das Pfingsthochwasser 1999 erneut schwer geschädigt zu werden. Impressum Herausgeber: Internationale Gewässer schutzkommission für den Bodensee (IGKB) www.igkb.org Redaktion: Bruno Blattner Umweltministerium Baden-Württemberg D-70182 Stuttgart Tel.: 0049711 / 126 15 33 Marco Sacchetti Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau CH-8510 Frauenfeld Tel.: 004152 / 724 24 32 Gesamtherstellung: e. kurz + co., Stuttgart Auflage 13 000 ISSN 1025-5044 Zu beziehen: Deutschland: Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg Institut für Seenforschung Argenweg 50/1, D-88085 Langenargen Tel.: 0049+7543 / 304 0 Fax: 0049+7543 / 304 299 www.lubw.baden-wuerttemberg.de Bayerisches Landesamt für Umwelt Bürgermeister-Ulrich-Straße 160 D-86179 Augsburg Tel.: 0049+821 / 9071-5733 Fax: 0049+821 / 9071-5556 Österreich: Amt der Vorarlberger Landesregierung Römerstrasse 15, A-6901 Bregenz Tel.: 0043+5574 / 511 27 405 Fax: 0043+5574 / 511 27 495 www.vorarlberg.at Schweiz: Amt für Umweltschutz des Kantons St. Gallen Lämmlisbrunnenstrasse 54 CH-9001 St. Gallen Tel.: 0041+71 / 229 30 88 Fax: 0041+71 / 229 39 64 www.afu.sg.ch Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau Verwaltungsgebäude CH 8501 Frauenfeld Tel.: 0041+52 / 724 24 32 Fax: 0041+52 / 724 28 48 www.afutg.ch Fürstentum Liechtenstein: Amt für Umweltschutz Postgebäude FL-9490 Vaduz Tel.: 00423 / 236 61 90 Fax: 00423 / 236 61 99 www.seespiegel.de 6