Nah dran an den Menschen

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34 SPORTPHYSIO LIVE Nah dran an den Menschen ALS SPORTPHYSIO BEI DEN PARACYCLERN Was bewegt jemanden, nach einem folgenschweren Unfall trotz Handicap im Radrennsport an die eigenen Grenzen zu gehen? Das fragt sich Anna Woywodt, Sportphysiotherapeutin der Deutschen Paracycling- Nationalmannschaft, bis heute. Es sind die Geschichten von Menschen, die sich nach einem Schicksalsschlag neue Ziele gesetzt und dafür gekämpft haben, die sie bei ihrer täglichen Arbeit motivieren. Und eine Bewunderung für andere, die mit einer Behinderung geboren wurden und trotzdem oder gerade deshalb aus ihrem Körper das Beste herausholen. Auf die Frage Soll ich helfen?, hört Anna Woywodt ziemlich oft die Antwort Nein, das mach ich selbst. Egal, ob es darum geht, das Fahrrad zu reparieren, es in einen Transporter ein- oder auszuladen oder sich selbst trotz Querschnittslähmung eine Treppe hinaufzumanövrieren: Ihre Paracycler wollen möglichst viel alleine tun. Sie sind zwar behindert, doch auch Sportler und glauben fest an sich und ihre Ziele. Das ist ein großer Unterschied zu den Patienten in meiner Praxis, die ich oft noch animieren muss, sagt Anna, der man die Bewunderung für ihre Paracycler anhört. Deren Einstellung und ihr eigenes sportliches Interesse haben sie vor etwa einem Jahr dazu bewogen, das Angebot eines ihrer Chefs, Inhaber einer orthopädischen Physio-Praxis im Freiburger Stadtteil Rieselfeld anzunehmen, die deutsche Paracycling-Nationalmannschaft zu betreuen. Sportphysio 1/16 Oliver Kremer und Anna Woywodt

35 Sportphysio 1/16 Oliver Fotos: Kremer Oliver Kremer und Anna und Woywodt Anna Woywodt Von links nach rechts: Vico Merklein, Marius Frankowski und Max Weber in Südafrika Gold, Silber und Bronze in Südafrika Seither war sie, die sonst zu 75 Prozent in der Praxis arbeitet, bei den Highlights der Sportler mit dabei: im Juli 2015 im Trainingslager in St. Moritz, im August 2015 bei der Weltmeisterschaft im schweizerischen Nottwill und beim Weltcup 2015 im September in Südafrika. Etwas über 20 Sportlerinnen und Sportler hat sie für insgesamt mehr als drei Wochen als Physiotherapeutin betreut. Sie war vor Ort, als Hans-Peter Durst auf seinem Dreirad beim Weltcupfinale im südafrikanischen Pietermaritzburg für das deutsche Paracycling-Team Germany die Goldmedaille holte, genauso wie der C1-Fahrer Michael Teubner und der C3-Fahrer Steffen Warias vor ihm. Auch die Damen konnten Erfolge verbuchen: Mit Bronzemedaillen für ihre Anstrengungen belohnt wurden jeweils Kerstin Brachtendorf und Jana Majunke. Wichtig ist, das Defizit zu erkennen, zu akzeptieren und damit positiv umzugehen, schreibt Hans-Peter Durst in seinem Blog. Es geht immer was ist sein Motto. Dabei hat den ehemaligen Alleingeschäftsführer einer Brauerei 1994 ein unverschuldeter Verkehrsunfall mitten aus seinem bislang beschaulichen Leben gerissen. Trotz fast zwei Jahren Behandlung in norddeutschen Kliniken blieben Folgen zurück: Sein Gleichgewichtssinn ist gestört, sodass er nicht ohne Hilfsmittel gehen oder laufen kann. Das Reaktionsvermögen ist verlangsamt, die Koordination eingeschränkt und das Sehfeld

36 LIVE auf beiden Seiten unvollständig. Hinzu kommen Bewegungseinschränkungen am rechten Bein. Doch auf seinem Dreirad, das er ursprünglich zur familiären Wiedereingliederung erhielt, ist er der Champion einer der Goldmedaillengewinner von Südafrika. Positiv bleiben und weitermachen Das ist nur eine Geschichte von vielen, sagt Anna Woywodt. Für viele ist der Sport trotz oder gerade wegen der Behinderung alles geworden. Die Energie aufzubringen, zum Beispiel trotz wiederkehrender epileptischer Anfälle immer wieder aufs Rad zu steigen, positiv zu bleiben, weiterzumachen und sogar mit Spendenaktionen zu versuchen, anderen zu helfen diese Fähigkeit fasziniert sie. Hat sie ein Helfer-Syndrom? Das sicher nicht, denn helfen lassen möchten sich ihre Sportler ja nur dann, wenn es nicht anders geht. Anna geht es um den Sport. Mit einem Sportler zu arbeiten ist einfach etwas anderes als der normale Arbeitsalltag, sagt sie. Sie geht selbst gern mountainbiken, joggen und bergwandern und hat früher hobbymäßig eine Fußballmannschaft als Physiotherapeutin betreut. Trotzdem erfordert die Arbeit mit den Paracyclern auch von ihr viel Energie und Zeit, die sie durch Überstunden wieder hereinholen muss. Während der Wettkämpfe ist sie von morgens halb sechs bis nachts um elf oder zwölf Uhr auf den Beinen. Manchmal, nicht immer, ist ein Physiokollege oder eine -kollegin dabei. Dann bleibt einer im Hotel und betreut die Sportler, die erst später starten. Der andere lädt für die, die es nicht selbst können, die Räder ein, bringt die Paracycler zur Wettkampfstrecke, baut die Behandlungsbank auf, besorgt je nach Wetterlage kalte Getränke oder heißen Tee und bereitet alles andere für das Rennen vor. Und während die Ersten bereits starten, fährt Anna oft schon wieder los, um die nächste Gruppe im Hotel abzuholen. Nur hin und wieder hat sie Zeit, den Wettkampf von der Box oder vom Start aus zu verfolgen. Auch dann ist man aber nie am Rumstehen, sagt die 32-Jährige mit einem Schmunzeln. Bis spät in die Nacht werden die Sportler anschließend behandelt. Lohnt sich der Aufwand denn finanziell? Wegen des Geldes macht man das nicht, sagt Anna. Ein dickes Fell hilft, ruhig zu bleiben Teile des Teams sind auch der Bundestrainer, der betreuende Arzt und ein bis zwei Mechaniker schließlich kann es immer mal sein, dass jemand während des Rennens einen Platten oder einen anderen Defekt am Rad hat. Alle arbeiten zusammen. Trotzdem kann es passieren, dass sie beim Wettkampf in Stress gerät, erzählt Anna. Zum Beispiel damals bei der Weltmeisterschaft, als ein Dreiradfahrer nach dem Ziel stürzte und man zunächst dachte, er habe sich die Handgelenke gebrochen. Oder vor dem Start, als die Nerven blank lagen. Jeder reagiert bei Aufregung anders, sagt Anna, manche werden schnippisch. Dann braucht man als Therapeutin ein dickes Fell und muss Ruhe bewahren. Doch auch die andere Seite gibt es. Die Freude in Südafrika nach den Wettkämpfen war unbeschreiblich. Keiner flog ohne Medaille nach Hause. Dass das Team-Relay der Handbiker doch noch Bronze holen konnte, obwohl der jüngste Teilnehmer wegen einer Blasenentzündung das vorangegangene Rennen nicht mitfahren konnte, hat Anna am meisten bewegt. Das hatte keiner erwartet. Die Gesichter haben gestrahlt. Und mich hat das sehr glücklich gemacht. Dankbar waren die Sportler, als die Anspannung nachließ. Das war auch dein Verdienst, haben sie nach dem Wettkampf zu ihr gesagt. Zweiradfahrer: Sportler, die trotz ihrer Behinderung ein normales, an ihre Bedürfnisse angepasstes Rennrad steuern. Cristiane Reppe und Hans-Peter Durst in Südafrika Sportphysio X/16

LIVE 37 Sportphysio X/16 1/16 Fotos: Oliver Kremer und Anna Woywodt WEITERE INFOS Paracycling ein Überblick Beim Paracycling werden die Sportler aufgrund der Art und Schwere ihrer Behinderung in vier große Klassen eingeteilt, die wiederum weiter aufgefächert und nach Männern und Frauen getrennt werden. Wer in welcher Klasse starten darf, entscheiden die Klassifzierer der Union Cycliste Internationale (UCI) aufgrund festgelegter Richtlinien. Handbiker: Sportler mit einer Querschnittslähmung oder einer hohen Amputation weit oben am Bein, die keine Prothese tragen können, fahren mit einem Handbike, das sie mit den Armen steuern und antreiben. Je nach Schweregrad der Behinderung werden sie in die Klassen H1 bis H5 eingeteilt. Hinzu kommen die Kniebiker, die mit Schalen um ihre Knie und Hüften ausgestattet sind häufig im Einsatz bei Querschnittslähmungen und abhängig vom jeweiligen Sportler, ob er ein Hand- oder ein Kniebike fährt. Bei Tandemfahrern ist der Hintermann in der Regel blind. Der Vordermann, meist ein erfahrener nichtbehinderter Sportler, Start trotz Sprunggelenksfraktur Was aber ist anders als beim Radrennen im Nichtbehindertensport? Definitiv die Klassifizierungen, sagt die Physiotherapeutin. Es gibt viele verschiedene Varianten des Paracycling-Sports vom Zweirad- bis zum Dreiradoder Tandemfahrer (s. Kasten Paracycling ein Überblick ), und innerhalb der Varianten wiederum viele unterschiedliche Klassen je nach Art und Grad der Behinderung. Einzelne Sportler haben dadurch natürlich nicht so viel Konkurrenz wie im Nichtbehindertensport. Und auch ältere Sportler haben so eine gute Chance. Hans- Peter Durst etwa ist bereits Ende 50 kommt aber trotzdem so gut wie nie ohne eine Medaille nach Hause. Dass es weniger Konkurrenz gibt, heißt jedoch nicht, dass die Erfolge nicht hart erkämpft sind. Die meisten Sportler arbeiten nebenher noch. Manche sind berentet, dann ist oft das Geld knapp. Auch gesundheitlich nehmen die Sportler für eine Medaille manchmal viel in Kauf. In Südafrika bei der WM ging einer sogar mit einem angebrochenen Sprunggelenk an den Start, erinnert sich Anna. Durch seine inkomplette Querschnittslähmung spürte er wenig Schmerz, sodass er nach einigen Lymphdrainagen mit Unterschenkelschienen und Bandagen aufs Rad steigen konnte und wollte auch für die Physiotherapeutin eine ungewohnte Situation. steuert das Tandem. Hier wird in zwei Klassen jeweils für Männer und Frauen unterteilt. Zweiradfahrer: Sportler, die trotz ihrer Behinderung ein normales, an ihre Bedürfnisse angepasstes Rennrad steuern können, werden als Zweiradfahrer bezeichnet. Dazu zählen zum Beispiel Sportler mit einer inkompletten Querschnittslähmung, mit Klumpfüßen oder Menschen, die etwa nach einem Verkehrsunfall einen Arm oder ein Bein verloren haben. Manche fahren mit, andere ohne entsprechende Prothese. Auch hier gibt es fünf verschiedene Klassen (C1 bis C5). Dreiradfahrer: Paracycler, die zum Beispiel aufgrund eines Unfalls Probleme mit dem Gleichgewicht haben, unter epileptischen Anfällen leiden oder etwa aufgrund einer infantilen Zerebralparese von Geburt an Koordinationsprobleme haben, fahren ihre Rennen auf drei Rädern. Auch hier gibt es mit T1 und T2 verschiedene Klassen.

38 LIVE Passive Maßnahmen helfen Die Behandlungstechniken hingegen unterscheiden sich kaum: Unterschiede ergeben sich höchstens durch die anderen Krankheitsbilder, sagt Anna. Häufig sind passive Maßnahmen gefragt: Massagen, zum Beispiel das Lockern von Verspannungen gegen schmerzende Schultern, das Dehnen und Entspannen der Beine bei Rollstuhlfahrern nach einem langen Flug. Manuelle Therapie wendet Anna oft an. Tapes helfen, Gelenke zu stabilisieren, Wärmesalben, die Muskulatur zu erwärmen. Mit mehreren Fortbildungen, etwa zur propriozeptiven neuromuskulären Fazilitation (PNF) hat sie sich nach Abschluss ihrer Ausbildung 2004 fit für diesen Job gemacht. Und der macht ihr großen Spaß: Sie mag den Austausch mit Sportlern und Kollegen anderer Nationen in den Hotels und schätzt die Solidarität der Paracycler untereinander, die sich, bei aller sportlichen Konkurrenz, auch schon einmal gegenseitig einen Rollstuhl ausleihen, wenn einer kaputt geht. Das Reisen ist sowieso ihr großes Steckenpferd. Da sie familiär nicht gebunden ist, liebt sie es, durch die Welt zu fliegen. Auch wenn sie nicht mit den Paracyclern unterwegs ist. Letztes Jahr zum Beispiel radelte sie mit einer Freundin 1.500 Kilometer in einer Wohltätigkeitsaktion von Uganda nach Ruanda und sammelte dabei Geld für Kleinkredite, die afrikanischen Frauen zugutekommen (www.kwizera.de). Das war eine richtig schöne Zeit. Man war so nah an den Menschen dran, schwärmt Anna. Auch damals waren es die Geschichten der Menschen, die sie am meisten bewegten. AUTORIN Stephanie Hügler lebt und arbeitet als Medizinund Wissenschaftsjournalistin in München. Annas Faszination für die Geschichten der Sportler kann sie gut nachvollziehen. Dass die Physiotherapeutin bei ihrer Auslastung auch noch Zeit für wohltätige Aktionen in Afrika findet, bewundert sie. BIBLIOGRAFIE DOI 10.1055/s-0041-108163 Sportphysio 2016; 1: 34 38 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart New York ISSN 2196-5951 Sportphysio X/16 1/16 Fotos: Waldemar Konietzko