Kinder und Familien auf der Flucht Vortrag von Friederike Leidreiter, Referentin Humanitäre Hilfe und Kofinanzierung
Kinder und Familien auf der Flucht Wer ist ein Flüchtling? Flüchtlinge und intern Vertriebene weltweit (Fokus Syrienkrise) Herkunftsländer Fluchtursachen Fluchtwege Auswirkungen von Flucht und Vertreibung auf Kinder und Familien
terre des hommes Deutschland e.v ein international tätiges entwicklungspolitisches Kinderhilfswerk gemeinnützig, politisch unabhängig und konfessionell ungebunden Mitglied der internationalen Föderation terre des hommes richtet seine Arbeit an der UN-Kinderrechtskonvention aus plant und setzt Projekte über lokale Partnerorganisationen um und zeichnet sich durch hohe Partizipation aus.
terre des hommes Deutschland e.v In Zahlen: In 35 Ländern werden 356 Projekte gefördert Programm wird koordiniert und begleitet aus der Geschäftsstelle in Osnabrück, 5 Regionalbüros, 16 Länderbüros und 140 ehrenamtlichen Arbeitsgruppen 73% der Einnahmen werden über Spenden generiert Projektaufwand 2014: 24,3 Mio.
Wer ist ein Flüchtling? eine Person, die sich außerhalb des eigenen Heimatstaates befindet und aufgrund von Nationalität, Religion, Rasse, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird, und deren Heimatstaat sie nicht beschützen kann oder will. Die Genfer Flüchtlingskonvention definiert Flüchtlinge also erst dann als solche, wenn sie eine Staatsgrenze übertreten haben. Menschen, die innerhalb ihres eigenen Landes auf der Flucht sind, werden als»internally Displaced Persons«(IDP) oder Binnenvertriebene bezeichnet. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) sind unter 18-jährige, die ohne ihr Eltern oder Personensorgeberechtigte außerhalb ihres Herkunftslandes Schutz vor Verfolgung suchen.
Flüchtlinge weltweit über 60 Millionen Menschen sind auf der Flucht (knapp 40 Mio. sind intern Vertriebene) Täglich fliehen 42.500 Menschen (2014) 50% sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren 90% der Flüchtlinge bleiben in der Nachbarregion Über eine Million Flüchtlinge kamen 2015 über das Mittelmeer nach Europa.
Fluchtursachen Allgemein Krieg und Instabilität der Sicherheitslage im Herkunftsland Verfolgung/Diskriminierung (politisch, religiös etc.) Armut und Perspektivlosigkeit Naturkatastrophen
Fluchtursachen und -bedingungen Spezifisch für unbegleitete Minderjährige Drohender Einzug zum Militär bzw. durch Milizen Heranziehung zur aktiven Beteiligung an oppositionellen Aktivitäten (z.b. Verteilen von Flugblättern, Überbringen von Nachrichten) Genitalverstümmelung, Prostitution, Sklaverei Kinder und Jugendliche werden von Eltern ins Exil geschickt Kinder und Jugendliche wollen sich vor ihren Familien in Sicherheit bringen
Herkunftsländer Syrien: 4,6 Millionen Afghanistan: 2,6 Millionen Somalia: 1,1 Millionen Süd-Sudan: 744.000 Sudan: 641.000 DR Kongo: 535.000 Myanmar: 500.000 Quelle: UNHCR, Januar 2016
Flüchtlingszahlen der Syrienkrise 7,6 Millionen intern Vertriebene in Syrien über 4 Millionen sind in Nachbarländer geflohen 117.658 1.069.111 635.324 2.503.549 Türkei Irak Jordanien Libanon Ägypten 249.726
Flucht nach Europa 2015: über 1 Mio. Menschen erreichten Europa über den Seeweg (+34.000 Menschen über den Landweg - Türkei). 2016: 82.636 Menschen über Griechenland: 76.607 (800.000 in 2015); über Italien: 6.029 (150.000 in 2015) 54% sind Frauen und Kinder Über 4.000 Menschen sind bei der Flucht gestorben Quelle: UNHCR, Januar 2016
Flucht nach Europa - Fluchtwege
Flüchtlingsroute Mittelmeer Top 10 Nationen, aus denen die Flüchtlinge kommen Marokko Senegal Guinea Gambia Nigeria 1% 1% 1% 1% 1% Pakistan Iran 3% 4% Irak 16% Afghanistan 26% Syrien 41%
Flüchtlinge in Deutschland Asylanträge in Deutschland 2015: 441.899 Erstanträge Januar 2016: 50.532 Erstanträge (Syrien, Irak, Afghanistan) Registriert sind knapp 1 Mio. Menschen, von denen nicht alle in Deutschland bleiben Geschätzt liegt die Flüchtlingszahl bei 800.000 Menschen (2015). Etwa 30% der in Deutschland eingereisten Flüchtlinge sind Kinder und Jugendliche, davon über 65.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF). Quelle: BAMF/BMI 2016
Die besondere Situation für Kinder und Jugendliche Jeder zweite Flüchtling ist ein Kind. Insgesamt sind im Nahen Osten Millionen Kinder durch die Syrienkrise vertrieben und wachsen in einem Umfeld aus Krieg und Gewalt auf. Kinder sind in Konflikten besonders gefährdet, Opfer von Gewalt und Ausbeutung zu werden (Zwangsheirat, sexuelle Ausbeutung (SGBV), Kinderarbeit, Menschenhandel) Krieg, Verfolgung und Flucht können traumatisierend wirken (jeder zweite Flüchtling im Nordirak ist traumatisiert) 16% des Bedarfs an sicheren Räumen und psychosozialen Angeboten für Kinder sind gedeckt (UNICEF, Mai 2015)
Die besondere Situation für Kinder und Jugendliche fehlende (Aus-) Bildungsmöglichkeiten führen zu Perspektivlosigkeit, knapp 3 Mio. Kinder haben keinen Zugang zu Bildung (UNICEF, Mai 2015) Es droht eine verlorene Generation heranzuwachsen. Kinder leiden besonders unter der katastrophalen Gesundheitsversorgung Kindesschutz ist in vielen Organisationen sowie Behörden nicht verankert, Bewusstsein hierfür fehlt
Auswirkungen von Flucht und Vertreibung auf Kinder und Familien Familien - Sozialer und gesellschaftlicher Abstieg in der Aufnahmegesellschaft - Vorher klar definierte Rollen der Eltern untereinander verschieben sich und führen häufig zu massiven Spannungen (z.b. Vater arbeitslos, Mutter nimmt erstmals eine Tätigkeit auf) Kinder - Verlust des vertrauten Umfelds/ Isolation - Wenig Aufmerksamkeit und emotionale Zuwendung durch die Eltern - Kinder als gesellschaftliche Schnittstelle für ihre Eltern (z.b. dolmetschen bei Behörden und Ärzten - Kinder erleben ihre Eltern oft als hilflos
Der Ansatz für Kindesschutz von terre des hommes terre des hommes setzt sich dafür ein, dass das Wohl eines Kindes Vorrang vor allen anderen Gesichtspunkten hat und Kinder vor Gewalt und Ausbeutung geschützt werden Die Ansätze von tdh sind stets im Einklang mit regionalen Strategieplänen der internationalen Gemeinschaft
Projektbausteine Schaffung von sicheren Räumen (safe spaces) für Kinder - psychosoziale Betreuung, Traumatherapie Kinder benötigen äußere (physische) und innere (psychische) sichere Räume, um sich entwickeln zu können psychosoziale Lern- und Freizeitangebote Fallmanagement Ausbildung der ersten Kinder- TraumatherapeutInnen in KR-I Traumabehandlungen
Zugang zu Bildung und Integrationsförderung Zugang zu Sprachförderung und Schulbildung zur Vermeidung einer lost generation Bildungsangebote angepasst an verschiedene Curricula in arabischer englischer und kurdischer Sprache Hygieneschulungen, zur Verbesserung des Wissens über Hygienepraktiken und Gesundheit
Aufbau von Kapazitäten im Kindesschutz bei Behörden und lokalen Organisationen, Stärkung lokaler Strukturen Weiterbildung und Sensibilisierung von lokalen Organisationen, Regierungsstellen, Freiwilligen und Fachpersonal (SozialarbeiterInnen, LehrerInnen etc.), um den Kindern ein angemessenes Angebot an Unterstützung bieten zu können. Gemeindeentwicklung, Integrationsarbeit Einbezug aller relevanten Stakeholder Angebote für irakische IDPs, syrische Flüchtlinge und Familien der Aufnahmegemeinden in Kurdistan Abbau sozialer Spannungen zwischen Flüchtlingsfamilien und Aufnahmegemeinden, Förderung der Integration
terre des hommes im Nordirak Beginn der Aktivitäten im August 2014, aktiv im Gouvernement Erbil und Sulemaniya Projektpartner: tdh Italien und lokale Organisationen Bisher 4 Projekte, finanziert über eigene Spenden und Drittmittel (u.a. BMZ) Bisher erreichte Zielgruppe: 4.600 Kinder; 2.250 Familien, lokale Behörden und lokales Fachpersonal, 25 TraumatherapeutInnen
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