Think Tank zur Zukunft der Stadt im Rahmen der FNP-/LUP. /LUP-Fortschreibung. Hinweis: Dieses Ergebnis-Protokoll ist als Arbeitspa



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Transkript:

Think Tank zur Zukunft der Stadt im Rahmen der FNP-/LUP /LUP-Fortschreibung 20.05.2011 Ergebnis-Protokoll des Workshops Energie und Stadtstruktur am 15.04.2011 Hinweis: Dieses Ergebnis-Protokoll ist als Arbeitspa spapier pier zu verstehen. Inhalt ist die Zusammenfassung der wesentlichen Themen und Diskussionspunkte des Workshops. Welche Trends werden seitens der Experten gesehen? Klimasch schutz und Klimawandelfolgenanpassung als zentrale Themen in Politik, Gesellschaft und Verwaltung Schrumpfung der Ressourcen fossiler Energieträgern: Nach Prognosen des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung (Globale Umweltveränderungen) wird 2040 der Breakpoint erreicht sein. Ab diesem Zeitpunkt wird der jährliche Primärenergieeinsatz (EJ/a) fossiler Brennstoffe zurückgehen. Nach Einschätzung der teilnehmenden Experten wird ab diesem Moment insbesondere Solarstrom deutlich gewinnen. Entwicklung zur Elektro lektro-gesellschaft Gesellschaft: Bereits heute wird deutlich, dass der Energiebedarf für Wärme zurückgeht, während dieser für Strom ansteigt. Fossile Energieträger werden knapper, so dass für die Stromgewinnung andere Alternativen gefunden werden müssen (z. B. Solarstrom, Biomasse). Letztlich wird der Preis regeln, welche Energie für was verwendet wird: Gas und Öl werden vermutlich für die Mobilität (Fahrzeuge) noch länger eine Rolle spielen im Gegensatz zur Stromgewinnung für Wärme und Heizung. Technische Lösungen existieren bereits heute für viele Fragen im Energiebereich, die Herausforderung der Zukunft besteht jedoch insbesondere darin, diese in die Umsetzung zu bekommen (nicht nur punktuell, sondern auch in der Fläche). Die Auswirkungen des demographischen Wandels els, aber vor allem auch schwieriger werdende Haushaltssituationen im öffentlichen und privaten Bereich haben Auswirkungen insbesondere auf investive Maßnahmen für Klimaschutz, Energieeffizienz und Energieeinsparung (z.b. fehlt oftmals das Geld für energetische Sanierung). Viele Städte haben ihre maximale Ausdehnung in die Fläche erreicht. Es erfolgt eine zunehmende Konzentration auf die Innenentwicklung. Hier sind neue Denkansätze notwendig nicht nur im Bereich Klimaschutz und Energie. Auch durch gesellschaftliche Veränderungen, wie beispielsweise die zunehmende Erwerbstätigkeit der Frauen, ergeben sich gravierende Veränderungen mit Auswirkungen auf die Stadtstruktur (kurze Wege, Funktionsmischung, Lagegunst) und neue Anforderungen an Qualitäten in der Stadt. Das Handeln kommunaler Energieversorger wird von einer Vielzahl an Rahmenbedingungen bestimmt, die zu neuen Strategien zwingen: o starke Steuerung der Politik im Energiebereich (Regulierung und politische Intervention) o neue Marktteilnehmer verschärfen den Wettbewerb (Liberalisierung) o neue Anforderungen der Kunden (Servicequalität, innovative Angebote, Flexibilität) o hoher Kostendruck durch zunehmenden Wettbewerb o zunehmende Verlagerung der Wärmeversorgung privater Haushalte auf regenerative Energien (Geothermie, Pellets, Wärmepumpe, Photovoltaik) führt zu einer Substitution von Erdgas dem klassischen Produkt der Stadtwerke (Rückgang der Anschlussrate Gas in Neubaugebieten zwischen 1998 und 2008 von ca. 90 % auf ca. 50 %). o erhöhte Energieeffizienz und Energieeinsparungen bei den Abnehmern führen zu einer Verringerung der Einkünfte. 1

Nach Einschätzung der Experten werden gravierende Veränderungen auf uns zukommen. Auf diese Veränderungen muss sich die Gesellschaft einstellen und Umdenken lernen. Handlungsansätze und Strategien für die Zukunft: Wohin muss die Reise künftig gehen? An der TU Graz wurden für verschiedene Länder Analysen durchgeführt, welche die energetischen Strukturen eines Landes in einem Schema in groben Zügen abbilden. Anhand dieser Schemata wurde die Was-wärewenn-Frage gestellt: man ermittelte, welche Auswirkungen einzelne Maßnahmen auf das Gesamtsystem hätten (z.b. Ausstattung aller Dächer mit Photovoltaik oder Aufstellen von Windkraftanlagen in alle Gärten, Passivhausstandard bei allen Häusern). Diese Versuche führten zu sehr nüchternen Ergebnissen: weniger als 10 % Veränderung in der gesamten Energiebilanz konnten so erreicht werden. Die Konsequenz daraus ist für die Forschung, dass radikal umgedacht werden muss, wenn der durchschnittliche Primärenergieverbrauch pro Person deutlich reduziert werden soll (z.b. von 5.000-6.000 Watt kontinuierliche Leistung pro Person auf ca. 2.000). Will man künftig deutliche Veränderungen erreichen, reicht es nicht aus, von den aktuellen Strukturen auszugehen und diese weiter zu denken. Es gilt, sich von bestehenden Strukturen zu lösen und Räume, Gebäude, Stadt völlig neu zu denken. Unter dem Gesichtspunkt des energetischen Strukturwandels sind 20 Jahre in die Zukunft keine lange Zeitspanne. Gebäude - neue, hocheffiziente Formen Grundsätzlich sollten sich Architekten und Stadtplaner die Frage stellen, wie man heute Gebäude planen muss, damit sie den Anforderungen des Klimawandels und der Energieversorgung auch in 40 Jahren noch gerecht werden. Gebäude beanspruchen heute etwa 50 % des Weltenergieverbrauchs (der Transport dagegen nur 25 %). Zielrichtung sollte vor diesem Hintergrund sein, dass Gebäude künftig mehr Energie produzieren als sie verbrauchen. Um energetische Einsparpotenziale bei Gebäuden auszuschöpfen, Gebäude effizient zu nutzen und sogar Energie zu produzieren, müssen völlig neue Typologien von Wohn- und Gewerbegebäuden entwickelt werden. In diese Richtung forscht u.a. die Technische Universität Graz, IGE - Institut für Gebäude und Energie. Ein Forschungsansatz geht beispielsweise in Richtung energieeffizienter Hochhäuser. Diese Gebäude begreifen die natürlichen Kräfte in der Umgebung nicht als Feind ( Wärmeschutz, Schallschutz, etc.). Vielmehr machen sie sich diese zu Nutze (thermische Energie, Aufwinde, Energieeffizienz) und setzen diese für sich ein. So nutzt ein Gebäudeentwurf in Ägypten die Energie aus der Hitze der Sonneneinstrahlung zur Kühlung des Gebäudes. Auch Wasser (Speichermedium) und Licht (kontrollierter Lichteinfall ins Gebäude) können gezielt genutzt werden. Ziel dieses Forschungsansatzes ist es, hocheffiziente Strukturen zu entwickeln unabhängig von jeglichen Architekturkonzepten. Auf diese Weise entstehen völlig neue Grundrisse, Formen und Gebäudeschnitte ( Form follows Energie gie, Cody). Verknüpfung zu einem energy grid Der Ansatz hocheffiziente Gebäude lässt sich weiterdenken: Im Rahmen eines Modellprojektes wurde beispielsweise für ein 100 ha-gebiet in Montenegro ein geschlossenes System entwickelt, das Energie aus alle möglichen Quellen nutzt und miteinander vernetzt (Wärme, Wasser, Abfall, Transport, Strom etc. Ausnahme: Nahrungsmittel). Auf diese Weise entsteht ein so genanntes energy grid oder smart grid, in dem Kraftwerke, (Wohn-) Gebäude, Firmen, Verkehr etc. dynamisch und flexibel miteinander verknüpft sind: Gebäude, die der Primärenergieerzeugung dienen ( smart homes, Gebäude als Kraftwerk ) Fabriken, die Energie nutzen und produzieren ( smart buildings ) Verkehr, der dem Transport dient, aber auch als Energiespeicher fungiert (z.b. Elektro-Taxis). Diese Systeme/Netze zeichnen sich durch eine sehr flexible Nutzung von Energie und eine hohe Eigenstromnutzung innerhalb von Gebäuden aus (jedoch keine Autarkie im Gebäude) und unterscheiden sich damit deutlich von den heutigen Versorgungssystemen, die größtenteils noch immer von einigen wenigen zentralen Kraftwerken abhängen. 2

Stadt als System Unter energetischen Gesichtspunkten sind Kompaktheit und Urbanität die Schlüsselkomponenten der Zukunft für eine Stadt. Die zentrale Frage ist jedoch, wo das optimale Maß der Verdichtung liegt. Zwar reduziert sich mit zunehmender Kompaktheit zunächst sowohl der Verkehr als auch der Energiebedarf. Ab einer gewissen Dichte steigt jedoch der Energiebedarf wieder an und solare Nutzungen werden schwierig (und auch die Lebensqualität erfordert eine Ausgewogenheit von Dichte und Freiraum). Nach Ansicht der Experten stellen insbesondere vertikale Strukturen eine Schlüsseltechnologie für viele Städte der Welt dar. Ohne eine stärkere Orientierung in die Vertikalität so die Einschätzung können die künftigen (energetischen) Probleme weltweit nicht gelöst werden. Neben der Vertikalität erhält insbesondere die effiziente Nutzung der (knappen) Räume eine neue Bedeutung. Diese Betrachtungsweise führt u.a. zu neuen physikalischen Einheiten, wie z.b. Kubikmeterstunden (Produkt von Raum und Zeit). Grundsätzlich gilt es, die Stadt als Gesamtsystem von Abwasser, Wärme, Lebensmittel, Gesellschaft, Verkehr, Gebäude, Industrie, Landwirtschaft etc. zu begreifen (Hyperbuilding Hyperbuilding) und diese Struktur zu optimieren (inputs und outputs). Hierzu gibt es verschiedene Modelle und verschiedene Prinzipien werden untersucht, z.b. räumliche Verdichtung, integrierte Energieerzeugung oder Räumliche und zeitliche Verdichtung (neue Typologien, wie man Räume nutzt). Obwohl sich diese Forschungsansätze vorrangig auf Großstädte und Mega-Cities zu beziehen scheinen, sollte man sich auch in Klein- und Mittelstädten (der klassischen europäischen Stadt) mit dieser Thematik und dieser Herangehensweise auseinandersetzen. 2050 werden mehr als die Hälfte der Gebäude in Städten wie Stuttgart Häuser sein, die erst noch gebaut werden so eine Einschätzung in der Diskussion. Daher gilt es, schon heute Visionen zu entwickeln, wie die Stadt künftig aussehen soll. Denn alles, was ab heute saniert, konzipiert, strukturiert und gebaut wird, muss verstanden werden als ein Teil der Stadt der Zukunft. Welcher Anteil an Gebäuden bis 2050 erneuert sein wird, wird in der Runde kontrovers diskutiert. In Esslingen wurden in den letzten 20 Jahren lediglich 11,3 % der Gebäude erneuert und das, obwohl 60 % des Gebäudebestandes in Esslingen aus den Jahren 1945 bis 1975 stammen. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass dies dazu geführt hat, dass viele Gebäude heute einen Zustand erreicht haben, in dem es nicht mehr ausreicht, sie zu sanieren oder umzubauen. Oftmals sind außerdem die umgebenden Strukturen so veraltet, dass sie einer zukunftsgerichteten Stadtentwicklung entgegenstehen. Hier sollten keine kurzfristigen Lösungen angedacht werden ( Keine Pflaster auf unheilbare Wunden, Cody), sondern zukunftsfähige Strukturen angedacht und umgesetzt werden. Bei der Betrachtung des Gesamtsystems gilt es, sowohl Qualitäten als auch Quantitäten zu berücksichtigen: Lohnt es sich, ein Gebäude zu dämmen, oder übersteigt die hierfür notwendige Primärenergie die Wärmemenge, die durch die Dämmung eingespart wird? Wie lange dauert es, bis die Energie, die für den Abriss und Neubau eines Hauses (als Maßnahme zur Energieeinsparung) aufgewandt werden muss, wieder eingespart ist? Aktuelle Handlungsansätze und Strategien: Was läuft derzeit? Nachfolgend eine kurze Übersicht über die Themen und Ansätze, die die aktuelle Diskussion und die Praxis bestimmen: Erhöhung der lokalen und regionalen Wertschöpfung (Stoffstrommanagement) ganzheitliche, nachhaltige Sanierung von Stadtquartieren klimaneutrale Wohn- und Gewerbesiedlungen energetische Betriebsoptimierung (Gebäude auf dem Teststand: Dämmung, Effizienz, etc.) Netto-Plusenergie-Gebäude/ Energie-Plus-Gebäude Export: Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien Made in Germany. 3

Steigerung der lokalen und regionalen Wertschöpfung im Energiebereich und Stoffstrommanagement Ziel heutiger Konzepte und Planungen muss sein, mehr lokale und regionale Wertschöpfung zu erreichen. Bis in die 1990er wurde eine Energiepolitik verfolgt, bei der Kommunen als reine Netto-Energie-Importeure (v.a. aus fossilen Energieträgern) fungierten und kaum eigene Wertschöpfung stattfand. Heute ist man bei einer Klimapolitik angekommen, die noch immer Energie importiert, jedoch auch eine stärkere eigene Wertschöpfung und Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verfolgt. Künftige Nachhaltigkeitspolitik sollte gekennzeichnet sein durch möglichst wenig Energie-Import, geringe finanzielle Abflüsse aus der Region/Kommune und eine hohe eigene Wertschöpfung. Mit ihrem Modell des Null-Emissions-Campus zielt der Umwelt-Campus Birkenfeld (Fachhochschule Trier) darauf ab, diesen Gedanken Realität werden zu lassen, und Kommunen/ Regionen von der Umsetzbarkeit solcher System zu überzeugen ( Was auf dem Campus nicht funktioniert, funktioniert auch in der Stadt nicht!, vgl. auch Campus Braunschweig). Ziele des Campus-Modells sind 100 % Wärme aus Biogas, Holz, Solarthermie etc., 100 % Strom aus Photovoltaik und KWK sowie 100 % Effizienz (Wärmerückgewinnung, Klimatisierung über Erdwärme und Solar, Regenwassernutzung, etc.). Dabei ist der Terminus Null-Emission als politische Zielsetzung bzw. als Managementansatz zu verstehen und bezieht sich in diesem Zusammenhang lediglich auf CO 2 (keine Aussage z.b. über Abfälle oder Abwasser). Wesentlich für die Umsetzung solcher Systeme ist die Betrachtung regionaler Stoff- und Energieströme sowie ein gezieltes Stoffstrommanagement. Der Ablauf eines Stoffstrommanagements kann folgendermaßen aussehen: Systemfestlegung (Planungsregion, Landkreis, Kommune) Stoffstromanalyse (quant./ qual. Erfassung und Bewertung des Bestandes sowie des Potenzials) o Quantifizierung vorhandener Potenziale (erneuerbare Energien und Effizienz) o Erstellung einer Energie- und CO 2 -Bilanz (IST und SOLL) Akteursanalyse und -beteiligung Maßnahmenentwicklung zur integrierten Optimierung lokaler/regionaler Stoffströme, u.a. o Ausschöpfung von Potenzialen o Schließung von Stoffkreisläufen und o Optimierung lokaler Finanzströme Master- und Geschäftspläne. Zentrale Frage ist, wie weit eine Kommune mit ihren eigenen lokalen und regionalen Ressourcen kommen kann und wie über diese regionalen Ressourcen regionale Wertschöpfung entstehen kann. Wichtig ist dabei, das Kapital möglichst in der Region zu halten und Finanzströme in der Region zirkulieren zu lassen. Energieeinsparung als Beitrag zum Klimaschutz Ein großes Klimaschutzpotenzial liegt in der Energieeinsparung durch Dämmung (Bereits in der Bronzezeit vor 3.000 Jahren gab es effektive Wärmedämm-Systeme). Klimaschutz als Baustein der integrierten Stadtentwicklung basiert auf einer Zwei-Säulen Säulen-Strategie Strategie: 1) Klimafolgenanpassung an unvermeidliche Folgen des Klimawandels (Adaption), aber vor allem auch 2) Klimaschutzmaßnahmen durch langfristige Vermeidung von CO 2 -Emissionen (Mitigation). Was die energetischen Standards von Gebäuden anbelangt, hat man sich inzwischen von dem Ziel Null- Energie-Haus verabschiedet, was nach Ansicht der Experten sinnvoll ist. Ziel ist heute vielmehr, Niedrigst- Energie-Gebäude zu bauen (vgl. Anforderungen an KfW-Effzienzhäuser und EU-Richtlinie 2010/31/EU vom 19. Mai 2010). So wird künftig bei Neubauten und Bestandsgebäuden Nachhaltigkeit und CO ² -Neutralität angestrebt werden (müssen). 4

Graue Energie und Wirtschaftlichkeit - Dämmen/ Standards/ Passivhaus Bei der Dämmung von Gebäuden ist vor allem die Auswahl der Materialien wichtig insbesondere die Berücksichtigung des Energieinhalts der Dämmstoffe (Herstellung und Rückbau; je höher die Dämmdicke, desto höher auch der Herstellungs-Primärenergie-Aufwand). Betrachtet man jedoch beispielsweise die Gesamtbilanz eines Passivhauses, spielt die Materialität im Vergleich zum Energieverbrauch nur eine geringe Rolle (der Betrieb fällt stärker ins Gewicht als die Herstellung). Erst bei Dämmdicken über 105 cm würde der Herstellungsaufwand der letzten Zentimeter die von ihm erzielte Einsparung übersteigen. Hieraus wird deutlich, dass hohe Dämmstoffdicken unter energetischen Gesichtspunkten sinnvoll sind. Wirtschaftliche Grenzen der Wärmedämmung ergeben sich aus dem Verhältnis der Kosten für Energie und den Investitionskosten für Dämmmaterialien. Hieraus ergibt sich eine optimale Dämmstoffdicke zwischen 12 und 28 cm (ca. 5,10 bis 5,50 / (m²a)). Betrachtet man den Kumulierten-Energie-Aufwand (KEA) unterschiedlicher Gebäude-Standards über 80 Jahre, so zeigt sich, dass das Passivhaus im Vergleich zu einem Haus nach WschVO 84, zu einem Niedrig-Energie-Haus und sogar zu einem energieautarken Haus die deutlich günstigsten Werte aufweist (Hildebrandt). Das Passivhaus stellt vor diesem Hintergrund einen guten Standard dar, den eine Stadt für ihre Planungen und Konzeptionen ansetzen sollte. Ziel muss außerdem sein, den verbleibenden Energiebedarf der Passivhäuser zu einem hohen Anteil aus regenerativen Energien abzudecken und dabei also Gebäudehülle und Wärmeversorgung (wirtschaftlich) optimal zu verknüpfen. Energieeffizienz als zentraler Aspekt Für die Frage des Klimaschutzes und der künftigen Energieversorgung muss Energieeffizienz von allen Akteuren begriffen werden. Die Art und Weise, wie man Energieeffizienz bewertet bzw. wie Politik und Förderprogramme Energieeffizienz belohnen (oder fehlende bestrafen), hat Einfluss auf die Architektur und städtebauliche Konzepte. Derzeit stellt der Energieausweis für Gebäude den europäischen Ansatz zum Thema Energieeffizienz bei Gebäuden dar. Dieser stellt jedoch lediglich den Energieverbrauch und nicht die eigentliche Energieeffizienz dar. Eine alternative Bewertungsmethode hat das Institut für Gebäude und Energie der TU Graz entwickelt: beep building energy and environmental performance. Hierbei wird nicht nur der Energiebedarf, sondern auch die Qualität des Raumvolumens bewertet. Energie-Plus Plus-Gebäude Energetische Autarkie nach dem Motto Jeder ist sich selbst der nächste sollte nicht als grundsätzliche Lösung für Gebäude in einer Stadt oder für eine Stadt an sich gesehen werden. In den Städten existiert eine Energie- Infrastruktur, man befindet sich in einem Netzverbund und dieser sollte genutzt werden. Auch die so genannten Energie-Plus-Gebäude, die in den letzten Jahren realisiert wurden, sind nicht völlig netzunabhängig. Ihre positive energetische Bilanz definiert sich entweder über ihre Jahresbilanz (es wird über das ganze Jahr gesehen mehr Energie ins Netz eingespeist als diesem entzogen wird) oder aber über ihren gesamten Lebenszyklus (was seitens der Experten zu priorisieren ist). Energie-Plus-Gebäude produzieren demgemäß in den ersten 20 Jahren mehr Energie als für ihre Herstellung aufgewandt werden musste. Wichtig ist dabei insbesondere die Qualität einer hohen Eigenstromnutzung. Beispiel für ein Plus-Energie-Gebäude, das vom Institut für Gebäude- und Solartechnik der TU Braunschweig realisiert wurde: Gewinnung von Energie über Solaranlage 2/3 der Energie als Strom für Elektrik/Elektronik (Eigenstromnutzung), 1/3 für Wärme (keine Passivhaushülle) und Auto (E-Mobilität) Ansatz ist überall in Deutschland realisierbar Thema Passiv-Energie spielt keine große Rolle Die Energiegewinnungskosten über PV-Anlagen kommen heute bereits nahe an die Netzpreise heran. Weitere Beispiele: SolarAcademy SMA Kassel (Stomnetz unabhängig), SOLON Berlin (CO2-neutrale Konzepte für Nichtwohngebäude). 5

Strategie kommunaler Energieversorger am Beispiel der Stadtwerke Esslingen Die aktuellen Trends und der Wandel im Energiebereich stellen kommunale Energieversorger vor neue Herausforderungen und erfordern neue Strategien. Die Stadtwerke Esslingen haben eine Reihe von Strategien entwickelt, um diesen Entwicklungen zu begegnen: Der private und kommunale Sanierungsstau im Energiebereich wird als Chance verstanden. Durch Dienstleistungen, Beratung und Durchführung der Modernisierung und energetischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden, aber auch von privaten Wohnungen, entstehen win-win-situationen für SWE und private/öffentliche Träger. Die SWE wird zum Energie-Dienstleistungsunternehmen Dienstleistungsunternehmen: sie investieren Geld und Know-how, die Refinanzierung erfolgt über die Effizienzsteigerung. Förderprogramme wie swe:wechselgeld und Kooperationen wie die Zusammenarbeit mit dem Energiezentrum Esslingen unterstützen dies. Die Stadtwerke entwickeln neue Geschäftsmodelle wie die PPP der 2. Generation. Insbesondere bei öffentlichen Gebäuden kann so zum einen die Last des kommunalen Investitionsstaus auf viele Schultern verteilt werden, zum anderen können so große Projekte wie z.b. das LRA Esslingen realisiert werden (SWE sind hier für 30 Jahr zuständig für den reibungslosen Betrieb des Gebäudes, Facitity- Management). Wissen und Stärken aus öffentlicher und privater Hand können optimal genutzt werden. Während in der Vergangenheit Gas der Hauptenergieträger für die Stadtwerke war, wird das Versorgungsangebot heute auf alle Energieträger - und insbesondere Nischen - erweitert. Über Privatkunden-Contracting-Modelle werden die Menschen in Esslingen heute neben Gas auch mit Pellets, Solarenergie, Geothermie und Heizöl versorgt. Diese Erweiterung des Angebots verringert die Abhängigkeit von Energie-Importen und ermöglicht eine stärkere Kundenorientierung. Die Stadtwerke machen aus ihrer Not eine Tugend: Denn eigentlich bedeutet Energieeinsparung ein Rückgang von Absatz und Umsatz. Die SWE entwickeln jedoch Energieeinsparung als lohnendes Geschäftsmodell und bieten sich als seriösen, lokalen Partner in allen Energiefragen an (Contracting, Beratung, Energiedienstleistungen und Energieeffizienz). Gesellschaft und Energie: Energieeinsparung durch Bewusstseinbildung Theoretisch könnte der Mensch auf alles verzichten, was für ihn nicht lebensnotwendig ist. Lebensnotwendig ist die Deckung der Grundbedürfnisse (körperliche Grundbedürfnisse wie Schlaf, Essen und Wärme; Sicherheit wie Unterkunft und Schutz vor Gefahren; soziale Beziehungen wie Freunde, Partnerschaft und Kommunikation). Die Frage ist daher weniger, auf was wir verzichten können, sondern vielmehr, auf was wir verzichten wollen. Und dies wiederum ist eine Frage der Messlatte, die wir für unsere Zukunft anlegen: Reicht es uns künftig, die Grundbedürfnisse zu decken? Wollen wir global gerecht leben? Wollen wir unseren aktuellen Status quo erhalten? Oder streben wir sogar nach noch mehr? Grundsätzlich ist die Akzeptanz für einen Verzicht für einen Rückschritt von dem, was man bereits hatte nur sehr gering. Viel eher werden gewisse Einschränkungen oder etwas Neues/ Anderes akzeptiert. Jedoch erfordert dies einen Wandel des Lebensstils und des Bewusstseins in allen Lebensbereichen. Die Stadt Esslingen hat sich mit ihrem Klimaschutzkonzept zum Ziel gesetzt 2020 25 % weniger CO 2 auszustoßen. Damit ist zunächst keine Aussage zur Lebensqualität oder zur wirtschaftlichen Lage gemacht. Der Schwerpunkt liegt vielmehr auf den Aktivitäten, die unternommen werden müssen, und auf die Potenzialen, die vorhanden sind. Insbesondere im Energiebereich könnte auf vieles verzichtet werden, ohne einen konkreten Verzicht zu spüren: unnötigen Ressourcenverbrauch verringern: alte Geräte, Laufzeiten von Anlagen, unnötige Verpackung unnötige Strecken vermeiden: Transportwege verkürzen, neue Medien nutzen etc. etc. Gleichzeitig gibt es aber auch Bereiche, in denen Kompromisse gemacht werden könnten bzw. wo Einschränkungen gemacht werden könnten: 6

Reduzierung des Verkehrs (weniger Flugreisen, Fahrgemeinschaften, Verringerung des Mobilitätsradius) Anpassung der Wohnsituation (Reduzierung der Wohnfläche, stadtnahes Wohnen) Anpassung des Konsums (Qualität statt Quantität, regionale Produkte) etc. Letztlich gibt es Bereiche, in denen wir grundsätzlich umdenken müssten und anders handeln müssten: Nutzung unerschöpflicher, weil nachwachsender Ressourcen neue Formen der Mobilität (neue Antriebe, andere Verkehrsmittel) Stärkung der Regionalität etc. Kritisch hinterfragt wird, ob eine Stadt auf diese Themen überhaupt Einfluss nehmen kann. Auf der Ebene einer Stadt ist es schwer bzw. nahezu unmöglich, sich laufenden Trends entgegenzustellen (Ein Beispiel zur Verdeutlichung: der Stromverbrauch durch Google entspricht in etwa dem Energieverbrauch des Flugverkehrs). Ein Ansatzpunkt für eine Stadt ist jedoch, die Menschen für diese Themen zu sensibilisieren und ihnen zu verdeutlichen, wohin die Reise geht bzw. gehen muss, wenn wir langfristig denken. Die Menschen müssen mitgenommen werden, es muss ein Weg aufgezeigt werden, wie man den eigenen Lebensstil verändert, um bei gleicher Lebensqualität weniger Ressourcen zu verbrauchen. Die schwierige Aufgabe besteht darin, in den Köpfen der Menschen etwas zu verändern. Dazu kommt, dass vieles von finanziellen Aspekten bestimmt wird. Viele Menschen können sich das Niedrigenergiehaus oder den Energie sparenden Kühlschrank nicht leisten. Denn obwohl sich diese Geräte auf Dauer lohnen, sind die Anschaffungskosten für viele zu hoch. Situation in Esslingen Einige Informationen und Fakten zur Situation im Energiebereich: Betrachtet man die Endenergiepotenziale in Esslingen 2020, so stellt die Raumwärme sowohl bei den privaten Haushalten als auch bei Gewerbe, Handel und Dienstleistung das größte Potenzial dar: Das wirtschaftliche Potenzial Wärme bis 2020 liegt für Esslingen bei den privaten Haushalten bei ca. 139 GWh, wovon 82 GWh (das entspricht ca. 60 %) durch Wärmeschutz eingespart werden können. Betrachtet man wiederum die CO ² -Bilanz in Esslingen (Stand 2007), so stellt der Stromverbrauch sowohl bei den privaten Haushalten als auch bei Gewerbe und Industrie den größten Anteil der CO ² - Produktion dar. Die zentrale Frage ist daher, wie wir unseren Strom künftig sinnvoll und ökologisch produzieren. Bislang ist der Anteil an regenerativen Energien in Esslingen noch eher gering (12 % bei den Haushalten, ca. 2 % bei der Industrie, im Schnitt zwischen 3 und 4 %). Esslingen ist eine ausgewachsene Stadt: seit ca. 30 Jahren gibt es keine großen Ausdehnungen mehr in die Fläche. Dennoch hat sich die Stadt das politische Ziel gesetzt, ihre Einwohnerzahl zu halten. Der Schwerpunkt der künftigen Stadtentwicklung wird daher im Innenbereich liegen. Da die Möglichkeiten struktureller Veränderungen und Transformationen im energetischen Bereich im historischen Erbe der Esslinger Altstadt nur sehr begrenzt (und nicht unbedingt gewollt sind), sollten sich Maßnahmen des energetischen Strukturwandels auf die Siedlungen und Gebäude der Nachkriegszeit konzentrieren (60 % des Gebäudebestandes in Esslingen). Denkt man weiter in diese Richtung z.b. auch in der neuen Einheit Kubikmeterstunden, ergeben sich für die effektive Nutzung des Raumes in diesen Quartieren neue Möglichkeiten. Auf diese Weise könnte auch Esslingen noch wachsen! Die Frage, ob bzw. ab wann sich Abriss und Neubau gegenüber einer Sanierung von Gebäuden lohnt, wird in Esslingen insbesondere bei Quartieren aus den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts relevant. Einerseits müssten die Gebäude energetisch aufgerüstet werden, andererseits entsprechen weder Wohnungszuschnitte noch Quartiersstruktur insgesamt den heutigen Ansprüchen. Die Wohnungswirtschaft in vielen Nachbarstädten hat dies bereits erkannt und baut ihre Quartiere um bzw. schafft neue Substanz (Stuttgart, Plieningen, Ulm, Tübingen). Hierüber muss auch in Esslingen nachgedacht werden, wobei Abriss und Neubau wohl nur die Gebäude bis zu den 80er Jahren betrifft. 7

Bei später erbauten Gebäuden (Bsp. Zollberg) ist eine Umstrukturierung nur mit immensem Aufwand möglich. Kleines Zahlenspiel Kann sich Esslingen autark über Photovoltaik versorgen? (nur Esslinger Privathaushalte werden berücksichtigt, Fisch): o Jahresstromverbrauch Privathaushalte 156,4 GWh/a (1700 kwh/a/capita) o Notwendige PV-Fläche 160 ha (Einstrahlung 1000 kwh/m²/a, Wirk. 10 %) (bilanzmäßig) o Entspricht ca. 10 % der bebauten Grundstücksfläche in Esslingen (1662 ha) o Leistung 160 ha PV-Fläche: 240 MW (1000 W/m², Wirk. 15 %) o Spitzenlast Haushalte Sonntag 12 Uhr: 34 MW (skaliert auf 1700 kwh:370 W/capita). Energie und Industrie: : Potenziale und Risiken in Esslingen In Esslingen entfallen ca. 50 % der CO ² -Emissionen auf Industrie und Gewerbe (Zahlen des ifeu 2007 für die CO 2 -Emission in ES 2007: 23 % private Haushalte, 12 % Gewerbe/Handel/Dienstleistungen, 50 % Industrie, 13 % Verkehr, 1 % städtische Gebäude). 43 % der Gesamtenergiebilanz der Stadt Esslingen machen Industrie und Gewerbe aus davon ist ca. die Hälfte Strom. Eine Betrachtung des Gesamtsystems kann hier den Schlüssel für Esslingen darstellen. Es gilt, Synergien zwischen Industrie und anderen Verbraucher herzustellen. Ein Ansatzpunkt ist beispielsweise das aktuelle Klimaschutzprojekt Wärmenutzungsatlas Wärmenutzungsatlas (vgl. auch Energienutzungsplan von J. Aminde als ein Baustein). Ein erstes großes Potenzial in Esslingen wird in der Nutzung industrieller Abwärme gesehen. Diese Energie könnte insbesondere auch für wenig effiziente Gebäude genutzt werden. Technisch gesehen ist es heute möglich, dieses Potenzial zu nutzen. Problematisch ist vielmehr die Kostenseite sowie die Unsicherheit hinsichtlich der Gewinnung einer kontinuierlichen und gleich bleibenden Energiemenge (z.b. durch Betriebsstillstand in Krisen). Die Bürgerschaft, aber auch die Politik sind derzeit (noch) nicht bereit, die bei solchen Systemen ggf. anfallenden Mehrkosten für die Bereitstellung von Energie in Kauf zu nehmen ( Geizist-geil-Mentalität ). Die aktuell verfolgte Energie(preis)politik wird seitens der Experten kritisch gesehen, da der Bürger keinen Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse hat und oft nicht/falsch informiert wird. Vor diesem Hintergrund sehen insbesondere die Stadtwerke Esslingen die Abwärmenutzung kritisch. Auch bei der Firma Daimler in Mettingen wurde die Nutzung ihres Abwärmepotenzials diskutiert. Eine Abwärmenutzungsuntersuchung wurde erarbeitet mit dem Ergebnis, dass eine Nutzung als nicht wirtschaftlich eingestuft und ein Problem der Versorgungssicherheit ermittelt wurde (Firma kann nicht gewährleisten, dass immer die benötigte Menge an Wärme auch geliefert wird Beispiel Weihnachtsferien). Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie die Wirtschaftlichkeit in diesem Zusammenhang berechnet wird. Gleichzeitig muss aber auch beachtet werden, dass große Mengen an Abwärme oftmals dann zur Verfügung stehen, wenn Systeme nicht effektiv sind. Ein zweites Potenzial stellt das Solar-Potenzial auf den Dächern der Industriebetriebe in Esslingen dar. Beispiele aus anderen Städten zeigen auf, welche Möglichkeiten sich hier ergeben können: Audi Neckarsulm betreibt eine 6 MW-Anlage auf seinem Dach als Bürgerbeteiligungsmodell. Bei VW gibt es eine Mitarbeiterbeteiligung für PV-Anlagen (Stadt tritt als Vermittler auf). Beispiele in Esslingen: o Das Daimler-Werk in Mettingen hat eine PV-Anlage auf dem Dach. o Festo nutzt eine Solarthermie-Anlage zur Kühlung der Gebäude. o Mit dem Ziel, neue PV-Anlagen zu realisieren, haben sich die Standortinitiative Neue Neckarwiesen (SINN), die Stadt Esslingen und die Mitgliedsfirmen von SINN zu den Sonnenwerken Neue Neckarwiesen zusammengeschlossen. Wesentliche Voraussetzung für derartige Projekte ist eine Kooperation zwischen Stadt, Stadtwerken und Unternehmen (z.b. bezüglich Sicherheiten/Absicherung, Dienstbarkeiten etc.). Die Stadt muss hier unterstützen und zwischen kommunalen Energieversorgern und Unternehmen vermitteln. 8

Ob Solaranlagen auf Dächern gewerblicher Betriebe tatsächlich ein Potenzial darstellen, wird im Rahmen des Workshops kritisch diskutiert. Es wird darauf hingewiesen, dass beispielsweise BMW eine riesige PV-Anlage betreibt, die gerade mal 250 KW Strom produziert (Dies entspricht dem Energiebedarf für 2-3 Autos). Alleine dieser Ansatz ist daher für eine Stadt wie Esslingen nicht ausreichend. Kritisch wird auch die Wirtschaftlichkeit der Einspeisung des Solarstroms in das Netz gesehen (bei den Preisen, die aktuell dafür gezahlt werden), insbesondere vor dem Hintergrund, dass durch Verträge u.a. Kapital über 20 Jahre ohne Zugriffsmöglichkeit gebunden ist. Die Aussage, dass sich die Preise für die Einspeisung in der Größenordnung der Stromkosten bewegen, gilt nur für Privatpersonen und nicht für Energiedienstleistungsunternehmen. Betrachtet man also komplexe Energiesysteme, müssen die Kosten immer integraler Bestandteil dieser Systeme sein. Aspekte wie Netznutzungsgebühren, Entgelte und Reststromversorgung müssen dabei berücksichtigt werden Ansätze für die Neue Weststadt Esslingen Folgende Ansätze werden als Zielrichtung für die Neue Weststadt Esslingen diskutiert: Ziel: CO 2 neutrale Energieversorgung (nur erneuerbare Energien) blockweiser Ausbau als einzelne Module o Niedrig-Energie-Baustandard (EneV-30 %) o Flexibilität vor Auflagen o Energieversorgung auf Basis regen. Energien (PV, Wärmepumpe, Geothermie, Biogas-BHKW) mittelfristig Vernetzung der Module keine Autarkie der Blöcke, sondern CO 2 -Neutralität und Zusammenwachsen der Module (Vernetzung) Achtung: es sollten keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, die die Attraktivität des Gebietes reduzieren (eher Flexibilität als Auflagen). Die Blöcke sollten so entwickelt werden, dass diese in der Gesamtbilanz mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. Diesen Ansatz könnte man als bislang einzigartiges städtebauliches Modellprojekt zur Image- Bildung der Stadt nutzen ( Tourismus-Status ). Dabei darf es nicht nur um die Wirtschaftlichkeit des Projektes gehen, der Modell-Charakter des Quartiers sollte im Mittelpunkt stehen (Überlegung: 12.000 /Wohnung kostet eine Solaranlage das ist weniger als ein Stellplatz). Empfehlungen an die Stadt Leitbild für die Gesamtstadt Bild der Stadt für die Zukunft Aus Sicht der Experten kann über den (freiwilligen) Verzicht nur wenig erreicht werden. Vielmehr können positive Veränderungen über Anreize oder auch Bestrafungen erreicht werden. Als Stadt kann man hier ansetzen und neben Bewusstseinsbildung und Information auch gerade diese Anreize schaffen. Seitens der Experten wird außerdem darauf hingewiesen, dass es nicht nur um das Thema Verzicht und eine Bewusstseinsänderung für eine gute Sache geht. Vielmehr werden gravierende Veränderungen auf die Gesellschaft zukommen, bei denen es ums Überleben geht. Für eine Stadt wie Esslingen stellt sich die Frage, was sich gerade verändert bzw. künftig verändern wird (Energieversorgung, Arbeitswelt, Stadtstruktur, Milieus, Demographie, Klimawandel) und wie sie darauf reagieren und diese Veränderungen aktiv als Chance für sich nutzen kann. Welche Konsequenzen ergeben sich für die Stadt aus dem Trend der Rückkehr in die Stadt, aus dem Älterwerden der Menschen, aus neuen Formen der Arbeit, aus der neuen Cyber-Generation? Und welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für das Thema Energie (z.b. Motiv-Allianzen)? Daher gilt es, Pläne und Konzepte für eine Stadt zu entwickeln, wie das Überleben gesichert, dabei aber auch die Qualität erhalten und erhöht werden kann (nicht nur Energieversorgung, sondern auch die Frage: Was hat man von der Energie?). Die Stadt muss von der reaktiven auf die aktive Seite wechseln (Hildebrandt) und ein 9

Leitbild für die Gesamtstadt entwickeln ( Bild der Stadt für die Zukunft ). Hierbei muss die Stadt in alle Richtungen denken (Natur, Urbanität, Wasser, Energie, Vertikalität, Dreidimensionalität) und neue Qualitäten entwickeln: Warum z.b. nicht öffentliche Räume in die Vertikalität verlegen? Auch die Politik und die Bürger müssen durch gut durchdachte Konzepte überzeugt werden, und diese Konzepte müssen in neuen Quartieren oder Sanierungsgebieten modellhaft umgesetzt werden (z.b. Neue Weststadt). Sinn machen hier insbesondere städtische Leuchtturmprojekte, die sich nicht nur auf einzelne Gebäude, sondern ganze Quartiere beziehen (und dies nicht nur in neuen Quartieren, sondern auch in Bestandsquartieren). Wichtig ist, dass bei neuen Konzepten und Ansätzen die Menschen bewusst mitgenommen werden und das Bild der Stadt in positiver Art und Weise transportiert wird. Denn die Menschen haben oftmals Angst vor Neuem und denken und handeln daher eher konservativ. Erst wenn Visionen erläutert und verstanden werden, können sie mitgetragen werden. Wie könnte ein solches Bild, eine solche Vision für Esslingen aussehen? Es gibt kein allgemeingültiges Patentrezept, welche Vision, welche Bild eine Stadt für sich unter energetischen Gesichtspunkten entwickeln sollte. Jede Stadt muss hier ihr eigenes Modell entwickeln und dabei u.a. auch berücksichtigen, wie sich z.b. die Bewohnerzahl der Stadt künftig entwickeln wird. Für eine Stadt wie Esslingen wird die Vision zwar keine Gebäude mit 20 Stockwerken beinhalten (können), wie z.b. in asiatischen Städten (Vertikalität und Dichte). Allerdings muss klar sein, dass die Zukunft auch nicht mehr in den Einfamilienhäuser zu finden ist. Wir leben heute noch in einer Art Exzess was Flächen- und Energieverbrauch angeht dies wird sich unsere Gesellschaft nicht mehr lange leisten können ( Die aktuelle Situation ist nicht so positiv, wie viele denken., Cody). Eine Stadt lebt von ihrem Umland. Daher muss das Umland erhalten werden, indem man klare Grenzen zieht, den Flächenverbrauch eindämmt. Die Zielrichtung der Stadt Esslingen, sich nicht weiter in die Fläche auszudehnen, sondern sich auf die Innenentwicklung zu konzentrieren, ist vor diesem Hintergrund der richtige Weg. In Esslingen wird der Gebäudebestand derzeit gerade mal zu 20 % genutzt. Ziel für die Zukunft muss sein, den Nutzungsgrad des Bestandes zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund wird der Besitz nicht mehr das non plus ultra sein die flexible, mehrfache Nutzung von Gebäuden, Räumen, Fahrzeugen wird gefordert sein. Dass neue Formen der flexiblen Nutzung funktionieren, zeigt das Beispiel Car Sharing: Zunächst haben die Menschen Hemmungen, ein neues System (ohne Besitz) zu nutzen. Wenn sie es jedoch einmal getestet haben und sich das System durch Einfachheit, Zuverlässigkeit und Benutzerfreundlichkeit bewährt hat, wird dieses auch gerne genutzt und erkannt, dass dies eine echte, bequeme Alternative zum (Pkw-) Besitz darstellt. Es gilt, alle Ressourcen in der Stadt (Energie, Fläche etc.) mehrfach zu nutzen und (sofern möglich) in der Region / Stadt zu halten (Abwärmenutzung, höhere Auslastung von Räumen etc.). Ziel für die Zukunft muss sein, ein Gleichgewicht zwischen Verdichtung, Qualität und energetischen Aspekten zu finden. In deutschen Städten so die Einschätzung der Experten liegt dieses Gleichgewicht zwischen 3 und 6 Geschossen (Potenziale für Solar, Stromverbrauch etc.). Ein Bild der Stadt für die Zukunft (z.b. auf der Grundlage des Bildes der dichten europäischen Stadt) muss auch Qualitäten definieren und aufzeigen, wie diese geschaffen werden (können): Lagequalität/ Zentralität, Infrastruktur und Erreichbarkeit, Grün in der Stadt, kurze Wege, Funktionsmischung, Qualität in den Gebäuden (z.b. flexible Grundrisse) und öffentlichen Räumen, Schutz vor Emissionen etc. Beachtet werden muss dabei, dass unterschiedliche Bevölkerungsgruppen (Milieus) unterschiedlich auf Einflüsse von außen reagieren und unterschiedliche Siedlungsstrukturen, Gebäudetypen und Qualitäten nachfragen. Eine Stadt hat die Aufgabe, für alle Zielgruppen Angebote vorzuhalten. Dabei gibt es auch Bevölkerungsteile, denen beispielsweise die Kosten für Energie (oder Mobilität) egal sind. In der Tübinger Südstadt hat man innenstadtnahen Wohnraum für Bevölkerungsgruppen geschaffen, die sich diese Lage eigentlich finanziell nicht leisten könnten. Die dort gemachten Angebote hohe Dichte, Car Sharing, Bauen in Baugruppen haben aber nur ein bestimmtes Milieu angesprochen. Auch in Esslingen stellt sich die Frage, wie im innenstadtnahen Bereich erschwinglicher Wohnraum für verschiedene 10

Bevölkerungsgruppe geschaffen werden kann, um beispielsweise die spürbare Stadt-Umland-Flucht als Reaktion auf die hohen Immobilienpreise einzudämmen. Angepasste Energiekonzepte für die Stadt Zwar werden die Versorgungsnetze trotz einer wachsenden Zahl an individuellen Energieversorgungs-Lösungen wohl auch künftig nicht zusammenbrechen. Allerdings ist die leitungsgebundene Energieversorgung nicht überall ökonomisch bzw. sinnvoll. So ist es wenig sinnvoll in (neuen) Passivhausgebieten oder in abgelegenen, locker bebauten Bestandsgebieten leitungsgebundene Energieversorgung vorzusehen, da diese dort kaum ausgelastet sein werden. Hier ist vielmehr eine dezentrale Versorgung mit Solaranlagen, Geothermie oder Biomasse denkbar: PV-/Solaranlagen sind nur dort sinnvoll, wo Gebäude und Bauweisen eine optimale Ausbeute an Wärme und Strom gewährleisten. Solaranlagen auf Denkmalgeschützten Gebäuden werden in Esslingen kritisch gesehen. Geothermie ist insbesondere geeignet, um bei gut gedämmten Gebäuden den geringen Restwärmebedarf zu decken. Sinnvoll ist z.b. die Kombination mit Solar. In Esslingen problematisch ist jedoch, dass aufgrund der Gipskeuperlagen die geothermische Nutzung nicht überall möglich ist. Biomasseanlagen (Strom und Wärme) sollten als zentrale Anlagen komplette Blöcke oder Quartiere versorgen (Flächen müssen vorgehalten werden). Voraussetzung für diese Form der Energienutzung ist eine kompakte Bauweise mit gut gedämmten Gebäuden. Problematisch ist die Biomassenutzung jedoch in Bereichen für die Frischluftzufuhr und empfindliche Bereiche im Talgrund. Dies bedeutet, dass für jeden Stadtteil, jedes Quartier genau analysiert werden muss, welche Form der Energieversorgung die beste Lösung für diesen Standort darstellt. Bestehende Gebäude und städtebauliche Strukturen beeinflussen damit also die Wahl sinnvoller Formen der Energieversorgung; gleichzeitig erfordert aber auch eine bestimmte Form der Energieversorgung bestimmte Stadtstrukturen und Gebäude. Daher muss das Thema der Energieversorgung in städtebaulichen Planungen frühzeitig mitberücksichtigt werden. Weitere Empfehlung an die Stadt Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien sind die zentralen technischen Bausteine zum Klimaschutz. Deren Instrumente sollten innerhalb der Stadt (-verwaltung) in alle Planungsebenen verzahnt werden. Gleichzeitig sollten Klimaschutz und Energie als kommunikative Aufgabe verstanden werden. Nur so kann Verbindlichkeit und Akzeptanz seitens aller Akteure und insbesondere auch der Bürgerschaft erreicht werden. Die Stadt muss mit Hilfe von Planungen und Konzepten überlegen, wo sie gezielt ansetzen kann. Ein Ansatzpunkt ist der geplante Wärmenutzungsplan für die Gesamtstadt (Förderzusage liegt vor). Er kann das Bindeglied zwischen Integriertem Klimaschutzkonzept und Flächennutzungsplan darstellen: o Das Klimaschutzkonzept formuliert Maßnahmen, jedoch ohne Verräumlichung. o Überlagerung vorhandener Potenziale mit der bereits vorhandenen Infrastruktur (z.b. Nah- /Fernwärmenetz). o Ermittlung und Verräumlichung von Bedarfen und Nachfragen o durch Überlagerung: Hot Spots des Handlungsbedarfs mit unterschiedlichen Prioritäten o Idee: Masterplan Energie o Schweiz: Integration solche Konzepte in den FNP für eine höhere Verbindlichkeit. Deutschland: bislang eher empfehlender Charakter solcher Pläne. Seitens der Experten wird empfohlen, einen solchen Plan möglichst schnell aufzustellen. Alle denkbaren Ansätze und Potenziale sollten von der Stadt als einzelne Bausteine auf dem Weg zu einer energetisch nachhaltigen Stadt sein. Auch wenn das Potenzial für Biomasse in Esslingen und der Region aufgrund des hohen Flächendrucks nicht riesig ist, sollte es Berücksichtigung finden. Aus energetischer Sicht sollten auch landschaftspflegerische Aspekte neu gedacht werden und die Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit solcher Ideen geprüft werden (Integration in Energie-Masterplan): 11

Streuobst zur Biomassenutzung (Re-Ökonomisierung von Streuobstwiesen, vgl. EULE-Projekt im Albvorland), Landwirtschaft zu Energieproduktion, Agroforst/ Straßenbegleitgrün als Energielieferant, etc. Ein Ansatzpunkt für die Stadt bzw. die Region stellt die Steigerung der regionalen und lokalen Wertschöpfung durch kommunale und private Investitionen in Erneuerbare Energien dar. o Quantifizierung und kommunaler Ausbau von Erneuerbaren Energien (Ausschöpfen lokaler Potenziale): Ausschöpfen des Energieeinsparpotenzials im Wärme- und Strombereich Einsatz von hocheffizienten Umwandlungstechnologien Einsatz CO ² -armer Energieträger Nutzung erneuerbarer Energiequellen o Erhöhung der Effizienz (optimale Nutzung der getätigten Investitionen) o Quantifizierung der ausgelösten regionalen Wertschöpfung o Wirtschaftsförderung durch Einbinden des regionalen Handwerks o Sensibilisierung, Aktivierung und Teilhabe der Bürger (weniger externe Infrastrukturinvestitionen) o Offensive Öffentlichkeitsarbeit und Positionierung der Kommunen/Stadt o Klima- und Ressourcenschutz Nachhaltigkeitspolitik Insbesondere in Bestandsgebieten werden die hohen energetischen Gebäudestandards nicht kurzfristig umzusetzen sein. Außerdem können diese Standards nicht von allen Eigentümern finanziert werden. Daher sollte die Stadt bestrebt sein, über die kommunalen Energieversorger CO 2 -arme und für alle Bevölkerungsschichten bezahlbare Energie bereitstellen. Die Stadt Esslingen wird sich nicht zu 100 % aus eigenen erneuerbaren eigenen Energien versorgen können. Daher muss die Stadt über die eigenen Grenzen hinaus (den Verschiebebahnhof sehen) und in Richtung virtuellen Strom denken, z.b. über Off-Shore-Beteiligungen etc. Die SWE strebt dies an. Die Themen Nutzung erneuerbarer Energie und Energieeffizienz haben auch eine emotionale Seite: man kann heute grünen Strom aus erneuerbaren Energien kaufen und gleichzeitig bei der Auswahl eines neuen Kühlschranks vergessen, dass man auch einen Hocheffizienz-Kühlschrank kaufen könnte. Es reicht daher als Zielrichtung nicht aus, nur Strom aus erneuerbaren Energien zu nutzen, man muss auch bei der Effizienz weiterkommen (aber auch hier Rebound-Effekt : je effektiver die Systeme, desto mehr Strom wird dennoch verbraucht). Seitens der Stadt müssen daher beide Handlungsstränge kommuniziert und transportiert werden. Im Rahmen der Bewusstseinsbildung muss den Menschen auch vermittelt werden, dass das Ziel nicht nur sein darf, Kosten zu sparen. Es gilt nicht nur, denn günstigsten Stromanbieter zu wählen, sondern über Beratung, Information und neue technische Möglichkeiten (vgl. Energiezentrum Esslingen) ein Umdenken zu erreichen, effektiver zu werden und hierdurch tatsächlich Energie zu sparen. Die hohen energetischen Standards haben Auswirkungen auf die Stadtentwicklung, denn sie stellen gewissen Anforderungen an die Stadtstruktur und die Gebäude (Dichte, Gebäudeausrichtung, Gebäudeform, Architektur etc.). Daher gilt es künftig noch stärker die Bürger in die Planung miteinzubeziehen nur so hat man die Chance, dass die Menschen energetisch sinnvolle, neue Gebäudeformen und Quartiersstrukturen akzeptieren und umsetzen. Es gilt, den Zielkonflikt im Auge behalten: low energy versus Wärmenet (Passivhaus versus leitungsgebundene Energieversorgung). 12

Teilnehmer: Prof. Brian Cody, TU Graz Prof. Dr. M. Norbert Fisch, TU Braunschweig Olaf Hildebrandt, ebök Planung und Entwicklung GmbH Tobias Gruben, ifas Wolfgang Lotz, Stadtwerke Esslingen am Neckar GmbH & Co. KG Renate Daurer, Sachgebiet Nachhaltigkeit Uta Westerich, Stabstelle Klimaschutz EBM Wilfried Wallbrecht Daniel Fluhrer, Stadtplanungs- und Stadtmessungsamt Wolfgang Ratzer, Stadtplanungs- und Stadtmessungsamt Kristina Breuninger, Stadtplanungs- und Stadtmessungsamt Thomas Sippel, Netzwerk für Planung und Kommunikation gez. Br 13