UNTERSUCHUNGEN ZUR OBERSCHWINGUNGSBELASTUNG IN NETZEN MIT HOHER PHOTOVOLTAIK-DURCHDRINGUNG

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Transkript:

UNTERSUCHUNGEN ZUR OBERSCHWINGUNGSBELASTUNG IN NETZEN MIT HOHER PHOTOVOLTAIK-DURCHDRINGUNG Robert Pardatscher(*) 1, Rolf Witzmann 1, Georg Wirth 2, Andreas Spring 2, Gerd Becker 2, Sebastian Schmidt 3, Johannes Brantl 3 1: Technische Universität München, Fachgebiet Elektrische Energieversorgungsnetze, Arcisstr. 21, 80290 München, Deutschland, Tel.: +49 89 289 25098, robert.pardatscher@tum.de, www.een.ei.tum.de 2: Hochschule München, Labor Solartechnik und Energietechnische Anlagen, München www-lse.ee.hm.edu 3: Bayernwerk AG, Assetmanagement, Regensburg, www.bayernwerk.de Kurzfassung: Der Beitrag befasst sich mit der Fragestellung, ob in Netzen mit hoher PV- Durchdringung ein Anstieg der Oberschwingungsbelastung durch die Einspeisung mittels Wechselrichter auszumachen ist. Dabei werden Lastgangzählerdaten von mehreren hundert Hausanschlüssen einer Region mit hoher PV-Durchdringung ausgewertet. Nebst einer statistischen Auswertung werden die THD-Werte diversen Aspekten gegenübergestellt und auf eine Abhängigkeit von der PV-Einspeisung überprüft. Keywords: Niederspannungsnetz, Photovoltaik, Wechselrichter, Oberschwingungen, THD 1 Einleitung Die Nutzung erneuerbarer Energien in Deutschland nimmt seit Inkrafttreten des Erneuerbare Energien Gesetzes im Jahr 2000 jährlich stark zu und leistete im Jahr 2012 mit einem Anteil von bereits 23,5 % einen wesentlichen Beitrag am deutschen elektrischen Bruttostromverbrauch [1]. Entsprechend dem Dargebot der unterschiedlichen Energiequellen haben sich starke regionale Unterschiede in der Zusammensetzung der regenerativen Erzeugung ergeben. Aufgrund stärkerer Globalstrahlung und damit verbundenen höheren möglichen Jahreserträgen hat sich die Nutzung der Sonnenenergie mittels Photovoltaik (PV) vor allem im Süden Deutschlands ausgebreitet und ist mit insgesamt 35,5 GW p installierter Modulleistung in Deutschland (Stand 30.11.2013) [2] stark vertreten. Dabei ist der zahlenmäßige Großteil der PV-Erzeuger aufgrund der geringen Leistung der Einzelanlagen in der Niederspannungsebene anzutreffen. Die von den PV-Modulen in elektrischen Gleichstrom umgewandelte Solarenergie wird mittels Wechselrichter in die Verteilnetze eingespeist. Dadurch kommt immer mehr Leistungselektronik in die Niederspannungsnetze. Inwiefern eine hohe Anzahl an PV-Wechselrichtern und deren Einspeisung einen Anstieg der Oberschwingungsbelastung in Ortsnetzen mit sich bringt, soll in dem folgenden Beitrag auf Basis von Messdatenauswertungen eines Untersuchungsgebiets geklärt und evtl. nötige Abhilfemaßnahmen aufgezeigt werden. Seite 1 von 10

2 Datenbasis und Methodik der Untersuchungen Grundlage der Untersuchungen stellen Messdaten aus dem Untersuchungsgebiet Seebach des Forschungsprojekts Netz der Zukunft dar. Das Projekt wurde von der Bayernwerk AG in Zusammenarbeit mit der Hochschule München und der Technischen Universität München ins Leben gerufen und befasst sich mit den Auswirkungen von hoher PV-Einspeisung in den Verteilnetzebenen. Ziele sind die Planung von Netzen mit hoher PV-Durchdringung zu optimieren, Ressourcen besser auszunutzen und bei weiterem Zubau an dezentraler Erzeugung die nötigen Netzverstärkungs- und Ausbaumaßnahmen zu minimieren. 2.1 Datenbasis In den Untersuchungen werden Messdaten aus dem Erdschlussgebiet Seebach (siehe Abbildung 1) herangezogen. Dieses befindet sich nahe der niederbayerischen Stadt Deggendorf und weist einen sehr hohen Durchdringungsgrad an PV von im Mittel rund 5 kw p je Hausanschluss (HA) auf. Der Großteil der in Summe 33,4 MW p (Stand März 2013) installierten Erzeugungsleistung speist in die Niederspannung ein. Um belastbare Aussagen über den Zustand des Netzes liefern zu können, wurden 150 Ortsnetzstationen sowie mehrere hundert Hausanschlüsse mit moderner Messtechnik ausgestattet. In den hier dargestellten Untersuchungen werden die Lastgangzähler mit Power-Quality-Modul herangezogen, die u.a. 10- Minuten-Mittelwerte der Oberschwingungsbelastung der drei Leiter-Erd(LE)-Spannungen aufzeichnen. Es wird im Rahmen der Analysen die Gesamtverzerrung bis zur 40. Oberschwingungsordnung betrachtet, die von den Lastgangzählern als THD-Wert (Total Harmonic Distortion) aufgezeichnet wird. Entsprechend DIN EN 50160 [3] muss der THD-Wert der Spannung in 95 % aller 10-Minuten-Mittelwerte eines beliebigen Wochenintervalls unterhalb 8 % liegen. Abbildung 1: PV-Dichte-Verteilung in Bayern, Lage des Untersuchungsgebiets und Topologie des Mittelspannungsnetzes Um die Netzstrukturen unterschiedlicher Siedlungskategorien nach [4] zu berücksichtigen, werden die Auswertungen für fünf Ortschaften differenziert durchgeführt. In Tabelle 1 sind für die fünf betrachteten Ortschaften die Anzahl der versorgten Hausanschlüsse, die in Summe installierte Modulleistung sowie die Zuordnung zu den Siedlungskategorien eingetragen. Seite 2 von 10

Tabelle 1: Untersuchte Ortschaften mit Anzahl versorgter HA, installierter Modulleistung und Siedlungskategorie Anzahl versorgter HA Installierte Modulleistung [kw p ] Kategorie nach Siedlungsdichte [4] 114 783 Land 1 114 1055 Land 2 247 1062 Dorf 1 789 1606 Dorf 2 2266 3550 Vorstadt 2.2 Methodik Die von den Lastgangzählern erfassten THD-Werte werden im ersten Schritt statistisch ausgewertet und für die untersuchten Ortschaften jeweils Mittelwerte sowie 95 %-Quantile ermittelt. Zusätzlich wird die Einhaltung des Grenzwerts von 8 % nach DIN EN 50160 [3] überprüft. In den weiteren Untersuchungspunkten werden die Messwerte diversen Aspekten gegenübergestellt und auf eine mögliche Abhängigkeit von der PV-Einspeisung hin untersucht. Dazu werden die Messdaten den folgenden Größen zugeordnet: der Jahres- und Tageszeit der Sonnenscheindauer am jeweiligen Tag der Messwertaufzeichnung der Höhe der Spannung am jeweiligen Hausanschluss zum Zeitpunkt der Messung der Einspeiseleistung der PV-Anlagen am jeweiligen Hausanschluss dem Leistungsfluss der Ortsnetztransformatoren im entsprechenden Ortsnetz 3 Ergebnisse Im Folgenden werden die Ergebnisse der Untersuchungen präsentiert. Aufgrund der umfangreichen Datengrundlage beschränkt sich die Darstellung aller Ergebnisse der untersuchten Ortschaften auf die statistische Auswertung. Für die restlichen der betrachteten Aspekte werden die Ergebnisse repräsentativ für das Dorfnetz 1 dargestellt. Die Verläufe und Werte der restlichen Ortschaften ähneln sich qualitativ und unterscheiden sich quantitativ entsprechend den in der folgenden statischen Auswertung präsentierten THD- Pegeln. 3.1 Statistische Auswertung der Messdaten Werden die Mittelwerte aller gemessener 10-Minuten-Mittelwerte für die fünf Ortschaften ermittelt, ergeben sich für die drei Außenleiter und deren mittleren Werte die Größen in Abbildung 2. Die Höhe der Werte zeigt einen moderaten Oberschwingungspegel in allen Ortschaften zwischen 1,7 % und 2,1 %. Die Unterschiede des THD zwischen den einzelnen Außenleitern fallen in allen Netzen gering aus, weshalb in den folgenden Untersuchungsaspekten lediglich die Mittelwerte aus den THDs der drei LE-Spannungen herangezogen werden. Deutlichere Unterschiede zeigen sich im Vergleich der Mittelwerte der betrachteten Ortschaften, wobei das Landnetz 1 (Netz der Siedlungskategorie Land Seite 3 von 10

zugeordnet) die geringsten Werte aufweist während das Vorstadtnetz von der höchsten Oberschwingungsbelastung betroffen ist. Abbildung 2: Mittelwerte der THD-Messwerte der untersuchten Ortschaften für die drei LE-Spannungen und deren Mittelwerte Werden die höchsten gemessenen Datensätze (um Ausreißer bereinigte 95 %-Quantile) ermittelt, so ergeben sich die Werte aus Abbildung 3. Die 95 %-Quantile liegen im Bereich zwischen 2,4 % und 2,9 % und somit noch weit entfernt vom normativen Grenzwert von 8 %. Auch bei den Quantilen sind die Differenzen zwischen den LE-Spannungen gering. Abbildung 3: 95 %-Quantile der THD-Werte für die drei LE-Spannungen und deren Mittelwerte für die fünf untersuchten Ortschaften Es zeigt sich ebenfalls die steigende Tendenz der Oberschwingungsbelastung von den Landnetzen über die Dorfnetze zum Vorstadtnetz. Dies zeigt ein gegenläufiges Verhalten zur Problematik, die in Netzen mit hoher PV-Durchdringung hinsichtlich Spannungshaltung und Betriebsmittelbelastung entstehen. Dabei erreichen Landnetze aufgrund der längeren Leitungslängen, des höheren Dachflächenpotentials und der dadurch höheren mittleren PV- Seite 4 von 10

Anlagenleistungen früher ihre Belastungsgrenzen als dörfliche oder vorstädtische Netze [4][5]. In einer getrennten Betrachtung wurde für jeden Hausanschluss die Einhaltung der DIN EN 50160 hinsichtlich der Gesamtverzerrung der Spannung geprüft. An keinem der betrachteten Anschlüsse konnte eine Normverletzung festgestellt werden. 3.2 Oberschwingungsbelastung im Laufe der Jahreszeit Bei dieser Betrachtungsweise wird der THD-Pegel im Laufe der Jahreszeiten untersucht. Am Beispiel des Dorfnetzes 1 ist in Abbildung 4 der jahreszeitliche Verlauf zweier Jahre ab Oktober 2010 dargestellt. Die dunkelblaue Kurve stellt dabei Mittelwerte aller Messdaten eines Tages dar. Die helleren Kurven bilden die 5 %/95 %- bzw. 1 %/99 %-Quantile der jeweiligen Tage ab. Die zwei dargestellten Jahre zeigen keinerlei Hinweis auf eine mögliche Abhängigkeit von der PV-Einspeisung. So ist in den sonnenreichen und entsprechend PVstarken Sommer- und Übergangsmonaten weder ein deutlicher Anstieg noch eine ersichtliche Absenkung der Oberschwingungsbelastung zu erkennen. Auch bleibt die Differenz zwischen den Quantilen und den Tagesmitteln einigermaßen konstant und wird in den Sommermonaten nicht größer. Wie die sichtbaren Schwankungen entstehen und inwieweit diese aus dem überlagerten Mittelspannungsnetz stammen, wurde nicht weitergehend analysiert. Abbildung 4: Zeitverlauf des THD mit Tagesmitteln und quantilen 3.3 Oberschwingungsbelastung im Laufe der Tageszeit In dieser Betrachtungsweise werden die THD-Werte über den Zeitpunkt ihrer Aufzeichnung der Tageszeit zugeordnet und in Abbildung 5 dargestellt. Aufgrund der hohen Anzahl an Messwerten wird die Wertedichte farblich differenziert. Es ist eine klare Absenkung des THD-Pegels tagsüber erkennbar. Diese Absenkung fällt genau in den Zeitbereich der PV-Einspeisung. Ob die Absenkung durch die PV-Einspeisung bedingt ist, kann aus dieser Darstellung nicht ermittelt werden. Es kann aber abgeleitet werden, dass die Oberschwingungsbelastung zu Zeiten von PV-Einspeisung geringer ausfällt als in den Nachtstunden. Seite 5 von 10

Abbildung 5: THD-Werte in Abhängigkeit der Tageszeit Die höhere Wertedichte um die Mittagsstunden ergibt sich aufgrund der geringeren Spreizung der Werte um den Mittelwert zum jeweiligen Zeitpunkt. Abends gegen 22:00 Uhr ist ein Einbruch zu sehen, der auf installierte Heizgeräte (z.b. Nachtspeicherheizungen) oder andere, durch Rundsteuersignale getriggerte Lasten zurückzuführen ist. Durch diese vorwiegend ohmschen Verbraucher steigt die Dämpfung im Netz an und senkt entsprechend die Oberschwingungsbelastung ab. 3.4 Oberschwingungsbelastung und Sonnenscheindauer Im Folgenden wird die Oberschwingungsbelastung den Wetterverhältnissen und im Speziellen der Sonnenscheindauer gegenübergestellt. Dazu werden im ersten Schritt alle THD-Werte eines Tages gemittelt und der Sonnenscheindauer an diesem Tag zugeordnet. Es ergibt sich dadurch die Punktewolke aus Abbildung 6. Abbildung 6: Oberschwingungsbelastung in Abhängigkeit der Sonnenscheindauer Seite 6 von 10

Zusätzlich sind für jeweils Stunden-Intervalle (bspw. für alle Tage die eine Sonnenscheindauer zwischen 4 und 5 Stunden aufweisen) die Mittelwerte der Tage dieses Intervalls als roter Kreis eingezeichnet. Die Trendlinie weist einen fallenden Verlauf auf, die Oberschwingungsbelastung ist an Tagen mit mehr Sonnenstunden geringer. Um die Einflüsse der Last und der PV-Einspeisung zumindest teilweise zu entkoppeln, werden im nächsten Schritt nur Messwerte betrachtet, die tagsüber aufgezeichnet wurden (zwischen 5:00 Uhr morgens und 21:00 Uhr abends). Es ergibt sich das linke Diagramm in Abbildung 7. Ersichtlich wird ein ebenfalls fallender Trend der THD-Werte mit steigender Sonnenscheindauer. Die Werte sind allerdings vom Pegel her abgesenkt und liegen im Vergleich zur Gesamtbetrachtung näher an der Trendlinie. Abbildung 7: Die Oberschwingungsbelastung in Abhängigkeit der Sonnenscheindauer, differenziert nach Tages- (links) und Nachtwerten (rechts) Diese ist im Vergleich zum rechten Diagramm in Abbildung 7 geringer, in dem nur Werte verwendet wurden, die zwischen 21:00 Uhr abends und 5:00 Uhr morgens aufgezeichnet wurden. Das breitere Band der Tagesmittelwerte um die Trendlinie spiegelt die höhere Spreizung der Wertedichten aus der tageszeitlichen Betrachtung in Abbildung 5 wider. Die Trendlinie weist ein leicht steigendes Verhalten hin zu Tagen mit mehr Sonnenstunden auf, was höhere Oberschwingungsbelastungen in Sommernächten impliziert. Als mögliche Ursache dafür kann der Einfluss der geringeren Dämpfung des Netzes aufgrund einer geringeren Anzahl an angeschlossenen ohmschen Verbrauchern in dieser Jahreszeit genannt werden. Der allgemeine THD-Pegel liegt deutlich höher als bei reiner Betrachtung der Tages-Werte (wie auch in der tageszeitlichen Betrachtung ersichtlich). Unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse lässt sich bei Betrachtung der THD- Werte in Abhängigkeit der Sonnenscheindauer kein Anstieg der Oberschwingungsbelastung aufgrund von PV-Einspeisung erkennen. Seite 7 von 10

3.5 Oberschwingungsbelastung in Abhängigkeit der Spannungshöhe In dieser Betrachtungsweise werden die THD-Werte der Spannung gegenübergestellt, die zum Zeitpunkt der Messwertaufzeichnung am jeweiligen Hausanschluss vorgeherrscht hat. Gleich dem THD werden auch hier die drei gemessenen Leiter-Erd-Spannungen für die Darstellung gemittelt. Abbildung 8 zeigt die Gegenüberstellung für die höchsten, aufgetretenen THD-Werte größer 2,5 %. Die dargestellten Werte stellen zwar nur 8,2 % aller Messwerte dar, zeigen aber für die höchsten Oberschwingungspegel, die zu diesen Zeitpunkten auftretenden Spannungen. Die Verteilung ergibt einen Schwerpunkt bei Spannungen zwischen 99 % und 100 % U r. Dies deutet auf Zeitpunkte hin, die weder Starklast- (deutlich unterhalb 100 %) noch starker Rückspeise-Situationen (deutlich oberhalb 100 %) entsprechen. Die Werteverteilung erstreckt sich näherungsweise symmetrisch um den Schwerpunkt und liegt im Spannungsbereich zwischen 97,5 % bis 101,5 % U r und zeigt daher weder eine starke Verschiebung hin zu Last- noch zu Einspeisefällen. Ein PV-bedingter Anstieg der Oberschwingungsbelastung ist auch in diesem Fall nicht erkenntlich. Abbildung 8: THD-Werte > 2,5 % in Abhängigkeit der Spannungshöhe 3.6 Oberschwingungsbelastung in Abhängigkeit der PV-Einspeisung In diesem Abschnitt wird die Oberschwingungsbelastung direkt der PV-Einspeiseleistung der Anlagen an den entsprechenden Hausanschlüssen gegenübergestellt. Aufgrund der geringen Anzahl an Zeitpunkten mit hoher PV-Einspeisung ist im linken Diagramm von Abbildung 9 nur der Wertebereich der Einspeiseleistung bis 20 % der STC-Leistung dargestellt. Die Verteilung stellt den THD-Pegel für Zeitpunkte schwacher Einspeisung dar, der bei knapp 2,5 % liegt. Um auch bei höheren Einspeiseleistungen sichtbare Wertebereiche darzustellen, werden im rechten Diagramm der Abbildung 9 nur Werte herangezogen, die zu Zeitpunkten einer Einspeiseleistung größer 50 % der Modulleistung aufgezeichnet wurden. Die Wertedichte wird hier wiederum normiert und ist nicht dieselbe wie im linken Diagramm. Seite 8 von 10

Abbildung 9: Der THD in Abhängigkeit der PV-Einspeiseleistung Es zeigt sich hier im Bereich der höheren Wertedichte (orange-rot) ein konstanter Verlauf hin zu höheren Einspeiseleistungen. Gegenüber dem linken Diagramm ist die Oberschwingungsbelastung um knapp 1 % abgesenkt. Für höhere Einspeiseleistungen gibt es weniger Werte mit hohen THD-Werten, erkenntlich durch die Betrachtung der niedrigeren Wertedichte. 3.7 Oberschwingungsbelastung in Abhängigkeit des Leistungsflusses an den Ortsnetztransformatoren Wird die Oberschwingungsbelastung dem Leistungsfluss an den Ortsnetztransformatoren gegenübergestellt, ergibt sich die Werteverteilung nach Abbildung 10. Abbildung 10: Der THD dem Leistungsfluss an den Ortsnetzstationen gegenübergestellt Dabei werden die Leistungs-Messwerte jeweils auf die Transformatorbemessungsscheinleistung S rt bezogen, die Werte kleiner Null entsprechen einer Rückspeisung ins Mittelspannungsnetz. Durch die deutlich höhere Anzahl an Last- Seite 9 von 10

Zeitpunkten liegt der Schwerpunkt der Werteverteilung bei positiven Auslastungswerten von rund 50 % S rt und bei einem THD-Wert von rund 2 %. Für Zustände geringerer Auslastung und sogar Rückspeisung ist ein deutlich geringerer THD-Pegel ersichtlich, der hin zu höherer Rückspeisung weiter leicht absinkt. Auch diese Betrachtungsweise zeigt keinen Anstieg der Oberschwingungsbelastung zu Zeitpunkten von starker PV-Rückspeisung. 4 Fazit Die Analyse der Messdaten zur Oberschwingungsbelastung der LE-Spannungen (bis zur 40. Ordnung) an den untersuchten Hausanschlüssen zeigt einen relativ moderaten Pegel, der in keinem Fall der zwei betrachteten Jahre zu Grenzwertverletzungen nach DIN EN 50160 geführt hat. Die Betrachtungen der THD-Werte in Abhängigkeit der Jahres- und Tageszeit, der Sonnenscheindauer, der Spannungshöhe, der PV-Einspeiseleistung und der Leistungsflüsse an den Ortsnetztransformatoren zeigen unabhängig voneinander, dass es zu keinem PV-bedingten Anstieg der Oberschwingungsbelastung kommt. Im Gegenteil ist eine Absenkung des Pegels zu Zeitpunkten starker PV-Einspeisung im Vergleich zu mittleren THD-Werten zu erkennen. Die Absenkung kann aufgrund der nicht möglichen Trennung von Einspeisung und Verbrauch nicht direkt der PV-Einspeisung zugeordnet werden. Aufgrund der Erkenntnisse und unter Beibehaltung aktueller Planungsprämissen ist bei einem weiteren Zubau von PV-Anlagen nicht von Problemen mit Oberschwingungen bis zur 40. Ordnung in den untersuchten Netzen auszugehen. 5 Literatur [1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Erneuerbare Energien in Zahlen, Juli 2013 [2] Bundesnetzagentur: Photovoltaikanlagen: Datenmeldungen sowie EEG- Vergütungssätze, www.bundesnetzagentur.de, abgerufen am 07.01.2014 [3] DIN EN 50160: Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen, Deutsche Fassung EN 50160:2010 + Cor.:2010, Februar 2011 [4] Kerber, G.: Aufnahmefähigkeit von Niederspannungsverteilnetzen für die Einspeisung aus Photovoltaikkleinanlagen, Dissertation Technische Universität München, Juli 2011 [5] Lödl, M. et al.: Abschätzung des Photovoltaik-Potentials auf Dachflächen in Deutschland, 11. Symposium Energieinnovation Alte Ziele Neue Wege, Graz, 2010 Seite 10 von 10