Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke

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Transkript:

Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke Addendum 3 HOLGER MAYER, BUND e.v. Regionalverband Elbe-Heide Der BUND hat die Frage der Abschichtung artesischer Bereiche im Bewilligungsantrag des Wasserrechtsverfahrens geprüft und kommt zu dem Schluss, dass diese Abschichtung nicht stattfinden darf, da diese Gebiete klar durch eine Grundwasserförderung beeinträchtigt werden können. Dies wirkt sich umso stärker aus, da diese Gebiete häufig in FFH-Gebieten liegen. Es fehlen somit grosse Bereiche in den FFH-Verträglichkeitsuntersuchungen. Am Beispiel Oberlauf Weseler Bach hat der BUND weiter einen von Hamburg Wasser als Bereich schwebender Grundwasserleiter identifiziertes und abgeschichtetes Gebiet im FFH-Gebiet Lüneburger Heide untersucht. Die Ergebnisse von Hamburg Wasser lassen sich nicht plausibel nachvollziehen. Vielmehr lagen im Nullzustand artesische Verhältnisse vor, die als durch eine Grundwasserförderung beeinflussbar gelten müssen. Dies entspricht der sichtbaren Situation vor Ort. Der BUND sieht keine rechtlich gesicherte Genehmigung im Wasserrechtverfahren ohne Behebung dieser Mängel, d.h. einer naturschutzfachlichen Untersuchung der artesischen Bereiche sowie des Oberlaufes des Weseler Baches. INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung 2 2. Abschichtung Artesischer Bereiche 2 3. "Schwebende Grundwasserleiter" Weseler Bach 5 4. Fazit 8 Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.v. (BUND) ist bundesweit mit mehr als 460.000 Mitgliedern, Spendern und Förderern der größte Umweltverband Deutschlands. In Niedersachsen zählt der Verein rund 33.000 Mitglieder und Förderer. Der Verein ist vom Staat als Umwelt-/Naturschutzverband anerkannt. Der BUND versteht sich als die treibende gesellschaftliche Kraft für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Die Vision: ein zukunftsfähiges Land in einer zukunftsfähigen und friedfertigen Welt. 2016 BUND e.v. Regionalverband Elbe-Heide im Internet unter http://www.bund-lueneburg-harburg.de Bei Rückfragen ist der Autor ist zu erreichen unter holger.mayer@bund.net V1.0 21.4.2016 Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke Addendum 3

Seite 2 BUND e.v. Regionalverband Elbe-Heide 1. EINLEITUNG Der BUND hat die Frage der Abschichtung artesischer Bereiche im Bewilligungsantrag des Wasserrechtsverfahrens geprüft und darauf aufbauend den Oberlauf des Weseler Baches im Hinblick auf einen schwebenden Grundwasserleiter und damit eine Nichtbeeinflussbarkeit durch eine Grundwasserförderung geprüft. 2. ABSCHICHTUNG ARTESISCHER BEREICHE In der Umweltverträglichkeitsstudie heißt es (Rüppel et al. 2015 Seiten 73f)): In Gebieten mit artesischen Grundwasserverhältnissen im Oberen Hauptaquifer führt eine Absenkung der Druckfläche nicht zu einer Absenkung der Grundwasserstände im oberflächennahen Grundwasser. So lange der vertikale hydraulische Druckgradient zwischen dem oberflächennahen und tiefen Grundwasserleiter ständig nach oben gerichtet bleibt, ist eine förderbedingte Absenkung im oberen Grundwasserleiter hydraulisch nicht möglich. Unter diesen Verhältnissen hat die Grundwasserentnahme keine Auswirkungen auf den Bodenwas- serhaushalt bzw. grundwasserabhängige Ökosysteme. Bei artesischen Druckverhältnissen im Oberen Hauptaquifer ist davon auszugehen, dass die Druckfläche im Oberen Hauptaquifer auf jeden Fall über der Druckfläche im oberflächennahen Grundwasser liegt und somit aufwärts gerichtete Druckgradienten vorliegen. Wir halten diese Abschichtung für falsch, da dadurch die Veränderung grundwasserabhängiger Ökosysteme durch Potentialänderungen im Oberen Hauptaquifer nicht betrachtet werden. Da im Landkreis Harburg viele FFH-Gebiete in artesischen Bereichen liegen, wurden dadurch wesentliche Untersuchungsbereiche abgeschichtet und nicht untersucht, obwohl Veränderungen durch eine Grundwasserförderung in den artesisch beeinflussten Bereichen auftreten werden. Sehen wir uns dazu folgendes Modell an (Abb. 1). Abb. 1. Beispielmodell artesische Bereiche Wir haben hier eine Ein-Quadratkilometer große Fläche modelliert. Es liegt eine leichte Hanglage (5m Differenz zwischen West- und Ostrand vor. Das Modell besitzt drei Layer. Der oberste Layer ist ein nach oben offener Bereich oberflächennahen Grundwassers. Der mittlere Layer ist ein Grundwasserhemmer, der zu gespannten Verhältnissen im unteren Layer, dem Hauptaquifer führt. Der Grundwasserhemmer besitzt eine Dicke von 3 Metern. Von West nach Ost fliesst ein Oberflächengewässer. Eine Grundwasserneubildung findet nicht statt. Wir beginnen im Hauptaquifer (unterster Layer) mit einer Druckfläche von 1 Meter über der Geländeoberfläche des Modells aus. Die Höhe der Druckfläche wird dann unter die Oberfläche des Modells gesenkt. Dies entspricht den Auswirkungen einer Grundwasserförderung im Hauptaquifer. Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke Addendum 3 V1.0 21.4.2016

BUND e.v. Regionalverband Elbe-Heide Seite 3 Variable Wert Einheit Neubildungsrate 0 m 3 / s Leitfähigkeit Grundwasserleiter horizontal 1E-5 m/s Leitfähigkeit Grundwasserleiter vertikal 1E-6 m/s Leitfähigkeit Grundwasserhemmer horizontal 1E-7 m/s Leitfähigkeit Grundwasserhemmer vertikal 1E-8 m/s Leitfähigkeit Kolaminationsschicht unter Gewässer 2E-6 m/s Dicke Kolaminationsschicht unter Gewässer 1 m Tabelle. I. Parameter der Modellrechnung Es wird ein Zeitraum von drei Jahren simuliert. Im ersten Jahr bleibt die Druckfläche konstant ein Meter über der Geländeoberkante; im zweiten Jahr wird die Druckfläche gleichmäßig von einem Meter über auf einen Meter unter der Geländeoberkante gesenkt. Im dritten Jahr bleibt die Druckfläche im unteren Grundwasserleiter auf der Höhe von ein Meter unter Geländeoberkante. Es ergeben sich sowohl deutliche Veränderungen in den Grundwasserständen im oberen Grundwasserleiter (Abb. 2) wie auch im Basisabfluss (Abb. 3). Beide Effekte wurden von Hamburg Wasser in den Antragsunterlagen negiert. Dies ist offensichtlich falsch. Abb. 2. Vergleich Grundwasserstand im oberen Grundwasserleiter vor und nach der Absenkung der Druckfläche im Hauptaquifer ( in Metern) Wir sehen in Abbildung 2 links den artesischen Ausgangszustand im oberen Grundwasserleiter. Deutlich ist an den gebogenen Isolinien der Grundwasserstände im Bereich des Oberflächengewässers zu sehen, dass Grundwasser aus dem oberen Grundwasserleiter in das Oberflächengewässer austritt. Es ist dabei zu bedenken, es findet im Modell keine Neubildung durch Regen oder Schnee statt. Die einzige Quelle für Wasser ist der gespannte Grundwasserleiter. Im rechten Bild sehen wir einerseits, wie sich nach erfolgter Absenkung der Druckfläche unter die Geländeoberfläche und unter den Boden des Oberflächengewässers einerseits auch im oberen Grundwaserleiter eine Veränderung des Grundwasserstandes zu sehen ist. Gleichzeitig hat das Gewässer den Kontakt zum oberen Grundwasserleiter verloren, wie deutlich an den nun geraden Isolinien des Grundwasserstandes zu sehen ist. V1.0 21.4.2016 Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke Addendum 3

Seite 4 BUND e.v. Regionalverband Elbe-Heide Abb. 3. Abflussmengenreduzierung im Oberflächengewässer ( Je höher der Wert, desto geringer ist der Basisabfluss) In Abbildung 3 sehen wir, wie mit dem Beginn der Absenkung der Druckfläche im unteren Grundwasserleiter (ab Tag 365) die Abflussmenge im Oberflächengewässer zunehmend reduziert wird. Diese Abnahme pendelt sich dann um einen Maximalwert ein, der durch die Abflussmenge im Gewässer zum Zeitpunkt Null bestimmt ist. NachAussage der Untersuchung der UVS dürfte sich in dem Oberflächengewässer keine Auswirkung ergeben. Auch dürften sich die Grundwasserstände im oberen Grundwasserleiter nicht verändern. Die Simulationsergebnisse widersprechen diesen Aussagen deutlich. Auch eine Betrachtung des Modells mit Grundwasserneubildung würde die Problematik nicht ändern, bedeuteten doch diese Ergebnisse, dass sich das Wasserbudget in Flächen mit artesischen Verhältnissen ändert und diese Änderung ist von Hamburg Wasser bezogen auf eine ökologische Auswirkung nicht untersucht worden, was, da viele artesische Bereich sich in FFH-Gebieten befinden, rechtlich nicht zuläßig ist. Als Fazit lässt sich schliessen: Eine Absenkung im oberen Hauptaquifer führt bei artesischen Verhältnissen zu Veränderungen im oberen Grundwasserleiter. Die Abschichtung der artesischen Bereiche ist im Bewilligungsverfahren naturschutzrechtlich unzulässig. Die FFH-Gebiete im Landkreis Harburg wurden in den artesischen Bereichen im Rahmen der Antragsunterlagen nicht ausreichend behandelt. Die aktuellen Antragsunterlagen sind nicht FFH-rechtlich nicht genehmigungsfähig. Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke Addendum 3 V1.0 21.4.2016

BUND e.v. Regionalverband Elbe-Heide Seite 5 3. "SCHWEBENDE GRUNDWASSERLEITER" WESELER BACH Im hydrologischen Gutachten heißt es (Hohlbein et al. 2014 Seite 6): Das für dieses Gutachten als Grundlage verwendete Gewässernetz, ist das amtliche Gewässernetz des DLM25 (Digitales Landschaftsmodell 1:25000). Der Datensatz wurde durch das NL- WKN Lüneburg bereitgestellt. Zusätzlich wurden die Oberläufe des Wehlener Moorbaches und des Weseler Baches aus älteren Kartenbeständen der TK25 digitalisiert und ergänzt. Weiter heißt es in Folge (Hohlbein et al. 2014 Seiten 22f): Die Quellbereiche der Hauptvorfluter und der meisten Zuflüsse liegen im Bereich von schwebenden Grundwasserstockwerken. Durch die hydraulische Entkoppelung vom Hauptgrundwasserleiter, kann eine förderbedingte Reduktion der Abflüsse ausgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere für folgende Gewässerabschnitte: Este bei Ehrhorn... Weseler Bach östlich der Straße Wesel-Schierhorn Sehen wir uns die Definition und Darstellung eines schwebenden Grundwasserleiters aus dem hydrologischen Gutachten (Hohlbein et al. 2014 Seite 8) an. Unter schwebenden Grundwasserleitern werden lokal verbreitete Grundwasserleiter verstanden, die von grundwasserhemmenden bzw. geringleiteten Schichten unterlagert sind und auf denen sich Wasser dauerhaft oder temporär stauen kann. Nach DIN 4049-3 [U 12] sind schwebende Grundwasserstockwerke von einer ungesättigten Zone unterlagert (vgl. Abbildung 2) und dadurch vom Hauptgrundwasserleiter hydraulisch entkoppelt. Dies wird ebenda wie folgt grafisch dargestellt: Abb. 4. Schematische Darstellung eines schwebenden Grundwasserleiters aus dem hydrologischen Gutachten Wir haben uns den von Hamburg Wasser in den Antragsuntelagen als vom schwebenden Grundwasserleiter beinflussten "Bereich östlich der Strasse Wesel-Schierhorn" einmal genauer angesehen. Dazu haben wir die Karte "Anlage 20.2.1 Plan gleicher Standrohrspiegelhöhen (modellberechnet) Nullzustand mit tatsächlichen Entnahmen Dritter L2 (Oberer Quartärgrundwasserleiter)" mit der TK25 1995 verschnitten und die berechneten Wasserstände in L2 an den Schnittpunkten Wasserstandslinie / Oberflächengewässer mit der jeweiligen Geländeoberkante der TK25 verglichen. Ein Problem dabei war, dass die Karten im aktuellen Antrag Hamburg Wasser extrem ungenau sind. Während im Antrag 2009 noch 2m-Abstände der Grundwasserstände visualisiert wurden, war dies im Antrag 2015 nur alle 5 Meter der Fall und in den PDF waren diese Linien vergleichsweise breit und damit im Abgleich sehr ungenau. V1.0 21.4.2016 Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke Addendum 3

Seite 6 BUND e.v. Regionalverband Elbe-Heide Abb. 5. Ausschnitt Oberlauf Weseler Bach L2-Standrohrhöhen Nullzustand Die aus der Untersuchung erhaltenen Ergebnisse widersprechen den Aussagen von Hamburg Wasser deutlich L2-Isolinie im Nullzustand (m) Geländeoberkante (m) Höhe Druckfläche über Geländeoberkante (m) 75 72,5 2,5 70 68 2 65 62,5 2,5 60 58 2 55 52 3 50 52-2 45 45 0 Die Zeilen mit den Werten 55 und 50 in der ersten Spalte sind mit Vorsicht zu betrachten, weil hier die TK25 im Bachtal vergleichsweise schwer zu lesen ist. Wir sehen in der Abbildung 4 auf Seite 5 die ungesättigte Zone unter dem GW-Nichtleiter. Diese liegt aber, wenn wir die in obiger Tabelle erfassten Grundwasserstände mit den ortsgleichen Geländeoberkanten vergleichen, nicht vor. Vielmehr handelte es sich im Nullzustand um eine GW-Nichtleiter, bei dem der Hauptgrundwasserleiter unter artesischen Bedingungen vorlag. Und wie wir zuvor nachgewiesen haben, führen in diesem Fall Potentialveränderungen durch eine Grundwasserförderung zu Veränderung der artesischen Verhältnisse. Statt das Wasser aus dem Hauptgrundwasserleiter aufsteigt würde, wenn der Grundwasserstand sinkt, erst weniger Wasser nach oben sickern und wenn der Pegel des Hauptgrundwasserleiters durch die Grundwsserförderung unter den Grundwasserneichtleiter sinkt, dann würde Wasser aus dem dann schwebenden Grundwasserleiter in den Hauptgrundwasserleiter versickern (Neubildung durch Versickerung!). Die Rate dabei wäre abhängig von der Dicke des Grundwassernichtleiters und des kf-wertes des Geringleiters 1. Wir sehen die reale Situation im Nullzustand in Abbildung 6. Die Druckfläche liegt deutlich über einen eventuell vorhandenen Grundwasser-Nichtleiter. 1. Wir halten den Begriff Nichtleiter für irreführend. Es handelt sich in der Regel, insbesondere im Landkreis Harburg wenn, dann um Geringleiter. Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke Addendum 3 V1.0 21.4.2016

BUND e.v. Regionalverband Elbe-Heide Seite 7 Abb. 6. Schematische Darstellung des realen Nullzustands Wenn man nun die Modellrechunng zwischen Null- und Istzustand der Grundwasserförderung betrachtet "Anhang 22.1 Absenkung der Standrohrspiegelhöhen Nullzustand gegen Istzustand (NULL - IST) mit durchschnittl. tatsächlichen Entnahmen Dritter L2 (Oberer Quartärgrundwasserleiter)", dann fällt im Oberlauf des Weseler Baches eines auf : Hier sinkt der Grundwasserspiegel im oberen Hauptaquifer nicht so stark ab (Abb. 7). Wir haben in dieser Abbildung den Text "Weseler Bach" entfernt, der diese Anomalie im Original der Karte (zufällig?) genau abgedeckt hat. Grund dürfte genau der Sickereffekt der Fischteiche sein, der andernorts z.b.gezielt zur Anhebung der Grundwasserneubildung verwendet wird(ministery of Environment 2010). Abb. 7. Absenkungsanomalie im Bereich Weseler Bach Problematisch ist die Genehmigung einer Grundwasserförderung auf Basis einer Beurteilung dieses Gebietes als Bereich eines schwebenden Grundwasserleiters aus mehreren Gründen. Zum einen ist im oberen Bereich der Teichkette im zweiten Teich bekannt, dass hier in den letzten Jahren sehr wenig bis kein stehendes Wasser vorliegt. Zum anderen ist für den Bereich, obwohl FFH-rechtlich relevant, aufgrund der fehlerhaften Abschichtung "schwebender Grundwasserleiter" keine weitere naturschutzfachliche Untersuchung erfolgt. Dies ist rechtlich nicht zulässig. V1.0 21.4.2016 Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke Addendum 3

Seite 8 BUND e.v. Regionalverband Elbe-Heide 4. FAZIT Der Antrag von Hamburg Wasser ist aus Sicht des FFH-Rechts nicht genehmigungsfähig, da wesentliche Untersuchungen in artesischen Bereichen sowie im Gebiet des Oberlaufs des Weseler Baches unterblieben sind. Diese sind für eine erfolgreiche Genehmigung nachzuholen. Dies sind keine geringen Mängel, da es sich bei den artesischen Bereichen um grosse Flächen innerhalb insbesondere der gewässerorientierten FFH-Gebiete handelt. Mit dem Oberlauf des Weseler Baches betrifft die fehlerhafte Abschichtung ein Kerngebiet innerhalb des FFH-Gebietes Lüneburger Heide. Eine wesentliche Forderung ist, dass Hamburg Wasser verpflichtet werden muss folgende Karten zur Prüfung! zur Verfügung zu stellen: Geländeoberfläche verschnitten mit Grundwasserstand im L2 bezogen auf die Geländeoberfläche. Es muss daraus also für jeden Ort im Untersuchungsraum erkenntlich sein, wie hoch in Metern die Druckfläche über oder unter der Geländeoberfläche liegt. Und dieses muss für drei Fälle aufgezeigt werden: den Nullzustand, den Istzustand und den Antragszustand. BILDQUELLEN Alle Photos : Holger Mayer 2016 Abbildung 1,2,3 Holger Mayer 2016 Abbildungen 4,5,6,7 Hamburg Wasser gemäß Quellenangabe z.t. geändert QUELLENVERZEICHNIS HOHLBEIN J., D. ORLIKOWSKI, K.-J. RADMANN, U. LANKENAU, CONSULAQUA, M. BATHKE & B.F.B.U. WASSERWIRTSCHAFT 2014. Hydrologisches Gutachten zur Erneuerung des Wasserrechtes für die Fassungen Nordheide Ost und West sowie die Fassungen Schierhorn der Hamburger Wasserwerke GmbH. Hamburg Wasser. MINISTERY OF ENVIRONMENT J. 2010. Conserving Water by Recharging Groundwater in Kumamoto. RÜPPEL C., M. BATHKE & G.I. GMBH 2015. Umweltverträglichkeitsstudie zur Erneuerung des Wasserrechts für die Fassungen Nordheide Ost und West sowie für die Fassung Schierhorn der Hamburger Wasserwerke GmbH. Hamburg Wasser. Stellungnahme Wasserrechtsverfahren - Hamburger Wasserwerke Addendum 3 V1.0 21.4.2016