computereinsatz zur sprachförderung therapeutischer Situationen



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computereinsatz zur sprachförderung im schulalltag - ausserhalb SAL-Tagung vom 12.11.1999 "computerelnsatz In der Logopädie" Referat von Herr Dr. Rlccardo Bonfranchl Seite 1 Dr. Rlccardo Bonfranchl Fachlehrer tür Psychiatrie und Heilpädagogik, Fribourg InformationstechnologIsche GrundbIldung (ltg) bel Menschen mit geistiger Behinderung zum ZWecke der sprachförderung Ich bin von Hause aus Sonderschullehrer und promovierter Heilpädagoge und kein Logopäde. Trotzdem ist und war mir natürlich die Sprachförderung im Unterricht immer auch ein Anliegen und ich möchte Ihnen im folgenden einige theoretische und praktische Ideen näher bringen. Ich werde erst ein paar Worte verlieren über meine didaktische Konzeption über den Einsatz des Computers bei lernschwächeren Menschen. Damit sind nach wissenschaftlicher Klassifizierung Menschen mit lern- und geistiger Behinderung gemeint. Im Anschluss daran möchte ich Ihnen aufzeigen, mit Hilfe welcher Unterrichtskonzeptionen ich Sprachförderung betrieben habe. Die Beispiele beziehen sich auf meine Zeit als Sonderschullehrer in Baselland_sowie auf die von mir durchgeführten Computer-Kurse für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung (1998/99) in Bern. Im dritten und letzten Teil werde ich versuchen, die spezifischen Elemente der Sprachförderung bei diesen Projekten zu beleuchten. Bei meiner Form der Sprachförderung geht es nicht - und auf diese Bemerkung lege ich Wert - um Software, mittels derer Sprachförderung betrieben werden soll, sondern es geht um Inhalte, die einen lebensrelevanten Bezug haben und mit Hilfe eines Computers oder weil der Computer selber zum Gegenstand wird, bearbeitet werden. Die Sprachförderung ist so, wenn man so will, ein willkommenes Abfallprodukt des gewählten Unterrichtsprojektes. Ich hoffe, Sie werden dies gleich besser verstehen. 1. Mit dem Computer lernen, spielen und arbeiten Gemäss meinem didaktischen Konzept für den Einsatz des Computers in der Sonderpädagogik (BONFRANCHI 1994, 31ff), ist die Informationstechnische Grundbildung (ITG) ein Teil des Inhaltes, den der Computer im Unterricht einnehmen kann. Im wesentlichen unterteile ich die Inhalte in die Bereiche: - mit dem Computer arbeiten ( = ITG) - mit dem Computer lernen (CUU) und - mit dem Computer spielen.

computereinsatz zur Sprachförderung im Schulalltag. ausserhalb Seite 2 computereinsatz zur SpraChförderung Im Schulalltag. ausserhalb Seite 3 therapeutischer situationen Mit dem Computer lernen bedeutet, dass die Schüler und Schülerinnen sich mit Hilfe des Computers einen Lerngegenstand aneignen. Sie bewegen sich dann zum Beispiel im Fach Rechnen, Deutsch, Musik oder Geographie. Aber es kann sich auch um das Kennenlernen der Zahlen, Buchstaben oder um Aufgaben aus dem pränumerischen Bereich handeln. Der Computer bzw. die eingesetzte Software verhilft ihnen so zu einem konzentrierten und damit effizienteren Lernen. Diverse Forschungsprojekte haben diese Form des Lernens untersucht und bewiesen, dass sie insbesondere im sonderpädagogischen Bereich eine sehr wertvolle, d.h. entlastende Hilfe für die Hand des/der Lehrers/Lehrerin sein können. Auch die Auseinandersetzung mit pädagogisch sinnvollen und weniger zu empfehlenden Spielen, wie ich sie bereits an anderer Stelle unternommen habe (ders. 1994), soll ein Unterrichtsinhalt im Rahmen des Einsatzes des Computers in der Schule für Geistigbehinderte sein. Im folgenden sollen aber nicht die Bereiche 'lernen' (CUU) oder 'spielen' zum Gegenstand der Betrachtungen gemacht werden, sondern der Bereich 'Mit dem Computer arbeiten' (ITG). 2. Was versteht man unter ITG? Wenn die Schüler und Schülerinnen mit dem Computer arbeiten, setzt man voraus, dass sie sich mit standardisierter, in der Hauptsache für die Industrie und Verwaltung hergestellter Software auseinandersetzen. Darunter versteht man u.a. Textverarbeitungs-, Zeichnungs-, Konstruktionsprogramme und einfache Datenbanken sowie Tabellenkalkulationen. Es geht hierbei darum, dass bestimmte ThemensteIlungen, meistens in Form von Projekten, durchgeführt werden. Bevor ich einige ITG-Beispiele skizziere, will ich - in aller Kürze - auf den Projektunterricht eingehen, der das methodische Grundmuster dieses Inhaltes bildet. Projektunterricht gab es ja bereits bevor der Computer Einzug in die Schule gehalten hat. Eine Verbindung des Inhaltes 'mit dem Computer arbeiten' und Projektunterricht erscheint mir aber im höchsten Masse sinnvoll zu sein. Die unterrichtsmethodische Form des Projektunterrichts scheint mir auch die sinnvollste Form in bezug auf die Sprachförderung zu sein. Die Kriterien, die für den Projektunterricht Gültigkeit haben, lassen sich auch auf die ITG anwenden. Es handelt sich um die folgenden Kriterien: Situationsbezug Die Schüler und Schülerinnen sollen zu den in der ITG behandelten Themen unmittelbare Bezüge herstellen können. Es dürfen nicht ThemensteIlungen "über ihre Köpfe" hinweg bestimmt werden. Orientierung Dabei gilt es abzuklären, welche Themenstellungen berühren die Schüler und Schülerinnen unmittelbar. Welches sind ihre Interessen, ihre Bedürfnisse? Selbstorganisation und Selbstverantwortung Je nach Alter und intellektueller Leistungsfähigkeit sollen die Schüler und Schülerinnen soweit wie möglich in den Planungsprozess eines ITG-Projektes miteinbezogen werden. Gesellschaftliche Praxisrelevanz ITG~Projekte reflektieren den Computer bzw. moderne Technologien in seinen gesellschaftlichen Bezügen oder sie helfen mit, solche Bezüge herzustellen. Zielgerichtete Projektplanung Mit einem ITG-Projekt soll ein Ziel verfolgt werden. Die Zielsetzung kann sich aber im Verlauf des Projektprozesses verändern. Auch darüber soll gemeinsam diskutiert werden. Produktorientierung Die Durchführung eines Projektes macht mehr Spass, wenn am Ende etwas Sichtbares herausgeschaut hat. Dabei muss es sich nicht immer um Gegenstände (Ausstellung etc.) handeln. Ein Produkt kann auch eine neue Erkenntnis oder eine veränderte Einstellung sein. Einbeziehung vieler Sinne Gerade im Umgang mit dem Computer erscheint es wichtig, dass die Schüler und Schülerinnen auch in anderen Bereichen tätig werden als nur im Informatikraum der Schule bzw. im Schulzimmer am Computer. Typisch für die ITG ist aber, dass diese " Ausflüge" im Zusammenhang mit dem Computer oder moderner Technologie stehen sollen. Soziales Lernen Weil ein ITG-Projekt wohl kaum von einem einzigen Schüler oder einer Schülerin allein durchgeführt wird, erscheint es einsichtig, dass ein solches Projekt im wesentlichen von den sozialen Austauschprozessen der Beteiligten lebt.

computereinsatz zur sprachförderung im schulalltag - ausserhalb Seite 4 computereinsatz zur Sprachförderung im schulalltag - ausserhalb Seite 5 I nterdiszip linarität Diese bedeutet, dass in einem solchen Projekt Inhalte aus unterschiedlichen Bereichen (rechnerische, sprachliche, motorische, gesellschaftspolitische usw.) angesprochen werden. Das bedeutet, das innerhalb eines ITG-Projektes ohne weiteres auch eine systematische Vermittlung eines Lerngegenstandes (CUU) erfolgen kann. Integration Besonders innerhalb von ITG-Projekten erscheint es bei sinnvoller Arbeitsteilung möglich zu sein, Schüler und Schülerinnen mit unterschiedlichen Leistungsvermögen an der gleichen Sache gleichberechtigt zu beteiligen. 3. ITG-Unterrichtsskizzen Bei der Darstellung der folgenden Unterrichtsskizzen ist es nicht möglich, auf die unterschiedlichen intellektuellen Niveaus der Schüler- und Schülerinnen-Population der Schule für Geistigbehinderte einzugehen. Es bleibt dem Leser/der Leserin überlassen, diesbezügliche Transfers auf seine/ihre Lerngruppe selber herzustellen. Ein ausführliches, didaktisch aufbereitetes Lektionenbeispiel aus einem Erwachsenenbildungskurs für den Einsatz des Computers bei Menschen mit geistiger Behinderung habe ich dargestellt (BONFRAN CHI 1995, 125ff ). Die meisten der im folgenden dargestellten Inhalte habe ich während meiner Zeit als Sonderschullehrer in Baselland selber durchgeführt. Vorbereitende Inhalte sind u.a. das Erstellen einer Geburtstagseinladung, das Anfertigen von persönlichen Visitenkarten, das Erstellen von Phantasie-Steckbriefen mit real eingescannten Bildern von Schülern und Schülerinnen oder das Gestalten von einzelnen Seiten, die dann z. B. zu einer Schul- oder Klassenzeitung zusammengefügt werden (mögliche Inhalte: Adressen der Lehrer und Lehrerinnen, Adressen der Mitschüler und Mitschülerinnen, Witze, eingefügte Bilder aus dem Album des Computers, kleine Lagerberichte und andere Vorkommnisse der Schule usw.). Die erste Unterrichtseinheit soll im folgenden nach knappen didaktischen Grundzügen dargestellt werden. Die daran anschliessenden Unterrichtsprojekte stelle ich nur noch knapp nach Inhalten gegliedert vor. Weitere vom Autor an der SAL-Tagung 1999 besprochene, hier aber nicht abgedruckte Unterrichtsprojekte sind: Wetterbeobachtung I wanderlager I Rauchen I Berufsentwicklung I Brot I Gemeindewappen 3.1 Vom Tauschhandel zum Bancomat - 4 Leitziele a) Lebenskundlicher Aspekt Der Schüler/die Schülerin soll die sich anbahnenden Veränderungen bewusst wahrnehmen und teilweise auch antizipierend erfahren können. Dies soll zu einer bewussten Haltung gegenüber der Informationstechnik verhelfen, um Chancen zu nutzen und Risiken von sich und der Gesellschaft abzuwenden. b) Berufswahlkundlicher Aspekt Der Schüler/die Schülerin soll Einblick in die veränderte Arbeitsund Berufswelt erhalten, um eine bewusste Berufswahl treffen und die mögliche Veränderung für den weiteren Lebensweg einschätzen zu können. c) Anthropologischer Aspekt Der Schüler/die Schülerin soll sich von den scheinbar intelligenten Maschinen abgrenzen lernen und sich dadurch als denkende, handelnde und zur Entwicklung fähige Person einschätzen lernen. Die Grenzen der Maschinen sollen bewusst erfahren werden. d) Funktionaler Aspekt Der Schüler/die Schülerin soll die Grundlagen des Computers und der Informationstechnik von verschiedenen Gesichtswinkeln her, wie z. B. Geschichte, Anwendungen, Funktion und Funktionieren, verstehen lernen. Lernziel Die Schüler und Schülerinnen sollen sich mit der Entwicklung des Geldes, seiner Geschichte, seiner veränderten Erscheinungsweise vertraut machen. 8 Lernschritte 1. Tauschhandel entsteht über Arbeitsteilung. 2. Arbeitsteilung lässt unterschiedliche Berufe entstehen.

Computereinsatz zur Sprachförderung Im Schulalltag - ausserhalb Seite 6 Computereinsatz zur Sprachförderung Im Schulalltag - ausserhalb Seite 7 O ~.. 3. Unterschiedliche Berufe decken unterschiedliche Bedürfnisse ab; Tauschhandel ist nicht mehr möglich. Geld entsteht, das in sei ner Wertigkeit aber noch der real erbrachten Tätigkeit entspricht. 4. Geld verliert seinen eigentlichen Wert und erhält Symbolcharakter. Weil alle Menschen diesen Symbolwert anerkennen, funktioniert dieses System. Banken entstehen. S. Durch Automation entsteht der bargeldlose Zahlungsverkehr. Es wird nur noch über Geld geschrieben, man sieht es aber selber nicht mehr (Lohnkonto). 6. Banken sind nur noch mittels Computer funktionsfähig. Es entsteht die elektronische Scheckkarte. 7. Es entsteht der Bancomat als ein Geld-Roboter. Eine Maschine führt auf menschliche Anweisung hin Befehle aus. 8. Geld ist verfügbar, ohne dass ich unmittelbar eine reale Gegenleistung ~rbringen muss (Kreditwesen, Kreditunwesen). Praktische Handlungsvollzüge der SchülerInnen 1. Anhand praktischer Beispiele aus Vergangenheit und Gegenwart sollen sich die Schüler und Schülerinnen den Tauschhandel vergegenwärtigen. 2. Die Schüler und Schülerinnen sollen Tauschaktionen mit Symbolwerten in Beziehung bringen. 3. Die Schüler und Schülerinnen erstellen auf dem Computer Geldscheine und handeln damit. 4. Bargeldloser Zahlungsverkehr soll mittels Textverarbeitung realisiert werden. Geld verschwindet. Es werden kurze Zahlungsaufträge an die Bank geschrieben, die dem Empfänger dann mitteilt, dass er Geld erhalten hat usw. S. Die Schüler und Schülerinnen sollen sich mit der Scheckkarte vertraut machen und diese ebenfalls auf dem Computer zeichnen. Die Problematik des persönlichen Zahlencodes muss angesprochen werden. 6. Praktische Vorführung an einem Bancomaten. Wo überall in der Gemeinde steht ein Bancomat? Standorte auf einer Karte aufzeichnen. 7. Die Problematik des überzogenen Kontos soll thematisiert werden. e 3.2 Graffiti Die Schüler und Schülerinnen zeichnen in der Stadt vorgefundene Graffiti ab und übertragen sie mit einem Zeichnungsprogramm in den Computer, drucken sie aus, hängen sie auf und besprechen sie. Danach kreieren sie eigene Graffitis und veranstalten z. B. eine Ausstellung in den Gängen der Schule. Ausgehend von dieser praktischen Arbeit ergeben sich weitere Lektionen, die sich mit Sinn und Zweck (strafbare Handlung, Protestaktion, Kunst, verschiedene Techniken, Inhalte usw.) der Graffitis beschäftigen, womit zur Handlungsebene auch der gesellschaftspolitische Anteil hinzukommt. 3.3 Spielen Für viele Schüler und Schüler innen stellt der Computer ein Spielgerät dar. In d!esem Unterrichtsprojekt sollen sie - ihr eigenes Spielverhalten hinterfragen - die Spiele aufzählen, die sie kennen bzw. spielen (mit dem Computer und ohne) - dasselbe Spiel auf dem Computer spielen und ohne (z. B. Schiffe versenken) - dasselbe Spiel gegen den Computer und dann gegen einen Mitspieler oder eine Mitspielerin spielen (z. B. Reversi) - sich darüber Gedanken machen, was ein Spiel für sie interessant, reizvoll macht (mit und ohne Computer). Eine höhere Anforderung stellt das Anfertigen von Spielbrettern auf dem Computer mittels eines Konstruktionsprogrammes dar. Eine spezielle Unterrichtseinheit, die sich über mehrere Wochen hinziehen kann, setzt sich gezielt mit der Entwicklung von Spielzeug im Laufe der historischen Entwicklung auseinander. Z. B.: vom Zinnsoldaten zum Gameboy. Hierbei wird erarbeitet, mit welchen Spielzeugen Kinder früher gespielt haben. Hierbei kann auch noch auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Spielen eingegangen werden. 3.4 Grundriss-Skizze Die Schüler und Schülerinnen vermessen zu Hause oder gemeinsam in der Schule ihr (Klassen-)Zimmer und erstellen von Hand eine Skizze ihrer Einrichtung (Stühle, Bänke, Tafel, Bett, Waschbecken, Tür usw.). Anschliessend übertragen sie - mehr oder weniger mass-

computerelnsatz zur Sprachförderung Im Schulalltag - ausserhalb Seite 8 computerelnsatz zur sprachförderung Im Schulalltag - ausserhalb Seite 9 o stabsgetreu - diese Skizze in ein Konstruktionsprogramm und können wiederum anschliessend ihre Zimmereinrichtung auf dem Computer neu gestalten bzw. ihre Einrichtungsgegenstände verschieben bzw. neue erfinden usw. 3.5 Von der Sonnenuhr zur Digitaluhr Zuerst wird eine Uhr aus Holz oder Karton mit beweglichen Zeigern hergestellt. Dazu gehören auch die körperliche Darstellung von verschiedenen Uhrzeiten mit den Armen. Zur Schulung des Zeitgefühls laufen die Schüler und Schülerinnen eine bestimmte Strecke und es werden die Zeiten gestoppt. Daran folgen Lektionen, die sich mit der ungenauen, Wetter- bzw. Tageszeit abhängigen Zeitmessung von früher beschäftigen, bis hin zur hundertstelsekundengenauen Zerlegung der Zeit durch die Digitaluhren. Die Schüler und Schülerinnen können einen Zeitraster auf dem Computer erstellen, der die Tagespläne wn ihnen selber bzw. von Familienmitgliedern wiedergibt. Es kann auch auf die Problematik von Winter- bzw. Sommerzeit eingegangen werden. Es kann der Faktor Zeit mit der Arbeitswelt z. B. der eines Bauern oder eines Fliessbandarbeiters in Verbindung gebracht werden. Es kann eine Stempeluhr besichtigt und ihr Zweck diskutiert werden. Man kann mit den Schülern und Schülerinnen über objektive Zeitmessung und individuelles Zeitempfinden (bei Freude, bei Langeweile) sprechen. Ich hoffe, mit diesen Beispielen hinreichend aufgezeigt zu haben, dass es beim Einsatz des Computer in der heilpädagogischen Sonderschule nicht nur um den Einsatz von spezifischer Lernsoftware oder Spielsoftware geht. Darum geht es natürlich auch, aber nicht nur. Die drei Bereiche: arbeiten, spielen und lernen sollten gemäss einer ganzheitlichen Sichtweise alle Berücksichtigung finden. Meine Beobachtungen in der Praxis zeigen, dass insbesondere der Bereich, der sich mit den gesellschaftlichen Bedingungen des Einsatzes des Computers beschäftigt, in der Bildung bei geistig behinderten Menschen zu kurz kommt. Dies halte ich aus unterschiedlichen Gründen für nicht statthaft. Der Bereich 'mit dem Computer arbeiten - ITG' verdient in der Sonderschule genau so viel Aufmerksamkeit wie z. B. das Arbeiten an einem Rechnungsprogramm. Man kann die Bereiche 'ITG' und 'CUU' und Spielen nicht gegeneinander aufrechnen. o 4. Der Aspekt der Sprachförderung Bei der pädagogischen Umsetzung der o. e. Unterrichtsprojekte steht der Aspekt der Sprachförderung nicht im Vordergrund und wirkt gerade deshalb als Entwicklung der sozial-kommunikativen Kompetenz umso mehr. Peter (in Zollinger 1998) beschreibt dies als Skripts. Skripts sind intern repräsentierte Erfahrungsmuster, die durch Handlungssequenzen (Piaget: Schemata) erlernt und gefestigt werden. Skripts sind zusammengesetzt aus einer Folge von Handlungen, die auf ein Ziel gerichtet sind, und Rollen, Gegenstände und Spiel szene festlegen (dies., 57). Skripts bilden somit einen roten Faden im Projekt. In den von mir beschriebenen Unterrichtsprojekte stellt der Computer, jeweils in einer völlig anderen Sichtweise, das Grundgerüst des Skripts dar. Dabei spjelt der soziale Aspekt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mit Hilfe des Computers kommt es in unseren Beispielen zur Fähigkeit der Perspektivenübernahme. Als Folge hiervon kann der eigene Standpunkt immer leichter relativiert und als veränderbar empfunden werden. Eigene Gesichtspunkte werden ausgetauscht, eben miteinander besprochen. Ein wichtiges Element bei der Sprachförderung ist die Kompezenz des Sprachverständnisses. Dieses steht in einem engen Verhältnis mit der Gesamtentwicklung des betreffenden Menschen. Sprachverständnis ist ein mehrdimensionaler Prozess, der Aspekte der Ich Entwicklung, sozial-kommunikative und kognitive Fähigkeiten umfasst (Mathieu in Zollinger 1998, 83ff). Ich habe häufig die Feststellung machen können, dass ich während der Durchführung eines Projektes immer wieder überrascht wurde, was das Sprachverständnis anbelangte. War ich der Meinung, dass bei einer Person ein gewisses Verständnis vorhanden war, merkte ich später, dass dies nicht oder in erheblich grösserem Umfang der Fall war, als wie ich erst vermutet hatte. Dies führt natürlich in beiden Fällen zu Missverständnissen bzw. zu Unter- bzw. Überforderung. Dabei geht es nicht nur um das reine Verständnis, sondern auch darum, zu wissen, was man mit dem Gesagten anfangen kann. Es ist mir deshalb wichtig zu betonen, dass es bei der Sprachförderung nicht nur um Sprachproduktion bzw. das Erhöhen des Wortschatzes geht, sondern auch um die Entwicklung des Verständnisses. Dieses kann an den Handlungen der betreffenden Person, die an eine Äusserung folgen, abgelesen werden, weil das Sprachverständnis im Gegensatz zur Sprachproduktion nicht direkt beobachtet werden kann.

computereinsatz zur sprachförderung Im Schulalltag. ausserhalb SAL Bulietin Nr. 96 Seite 10 Natürlich ist es ohne wissenschaftliche Begleitung nicht erwiesen, aber ich bin doch auf Grund meiner langjährigen Erfahrung der Meinung, dass o.e. Unterrichtsprojekte die sozial-kommunikative Kompetenz zu erhöhen vermögen. 5. Literatur - Bastian, J. & Gudjons, H. (Hrsg.): Das Projektbuch. Hamburg 1988 (2. Auf!.) - Bonfranchi, R.: Computer-Didaktik in der Sonderpädagogik. Luzern 1994 (2. Auf!.) - Bonfranchi, R.: Wir können mehr als nur Schrauben verpacken... Der Einsatz des Computers bei Menschen mit geistiger Behinderung. Bern 1995 - Frischmann, B.: ITG und Sonderpädagogik Nr. 3/1996, BundesministeriuITl für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Abt. 1/8, Wien 1996 - Mathieu, S.: Entwicklung und Abklärung des Sprachverständnisses. In: Zollinger, B. (Hrsg.): Kinder im Vorschulalter. Bern 1998 - Pauls, G.: Geistigbehinderte am Computer. In: Lernen konkret, August 1991, 3ff - Peter, U.: Entwicklung sozial-kommunikativer Kompetenzen. In: Zollinger, B. (Hrsg.): Kinder im Vorschulalter. Bern 1998