Gottes Ehre und das wahre Menschsein fi.ir alles, was gut ist und gli.icklich macht -heil macht -, und als Bekiimpfer des Chaos, des Bosen und des Unrechts: als den schopferischen Kampfer gegen das Tier Leviatan, unter welcher Gestalt sich dieses auch geschicht!ich zeigt. Was aus diesem Auftrag Christen hier und jetzt zu tun obliegt, wird dann seinen inspirierenden und orientierenden Impuls einerseits im Evangelium des Heils von-gott-her in Jesus finden mi.issen, anderseits aus dem bis jetzt schon er reichten ProblembewuRtsein i.iber das wahre und gute, gli.ickliche und freie Menschsein. Christus und die Christen. Die Geschichte einer neuen Lebenspraxis. Herder, Freiburg 1980 ZWEITES KAPITEL HOHE UND BREITE UND TIEFE MENSCHLICHEN HEILS 1. Was ist Menschsein? Was ist das wahre und gute, gli.ickliche und freie Menschsein, gesehen von dem ProblembewuRtsein aus, das die Menschheit bis heute ehtwickelt hat, wahrend sie Ausschau halt nach einer besseren Zukunft, mit welcher der Mensch seit seinem Ursprung konfrontiert ist? Was ist lebbare Menschlichkeit? Heute sind wir bescheidener geworden in der positiven Bestimmung <lessen, was Menschsein bedeutet. Ernst Bloch beschreibt es als,,dasjenige, was zwar noch nicht weir was es ist, <loch wissen kann was es, als sich entfremdet, sicher nicht ist und deshalb so falsch nicht bleiben will, wenigstens nicht soll" 71 Die Definition von Menschsein ist uns nicht vorgegeben -fi.ir Christen ist sie sogar eine nicht nur ki.inftige, sondern eschatologische Wirklichkeit. Doch gibt es Menschen, die den Eindruck erwecken, eine Blaupause des Menschseins zu besitzen. Sie haben ein vollstandig gezeichnetes Menschenbild und ein konkretes Bild der kommenden Gesellschaft, eine,ganze Heilslehre' - ein dogmatisches System, das, paradox genug, wichtiger zu sein scheint als die Menschen, um die es eigent!ich geht. Diese Totalitatsauffassung fi.ihrt innerlich zu einem totalitaren Handeln, das dann ja nur eine Frage der Anwendung, der Technologie und Strategie ist. AuRerdem werden dann jene, die dieses Konzept des wahren Menschseins weder akzeptieren noch anwenden, selbstverstandlich als Feinde wahrer Menschlichkeit angesehen. Auch Christen denken manchmal so. Unsere Zeit ist darin bescheidener geworden. Natur,,Schopfungsordnungen' und Evolution konnen uns keine Kriterien fi.ir das liefern was lebbare und wahre gute und gli.ickliche Menschlichkeit ist, und somit fi.ir das, was sinnvolles, ethisch verantwortetes Handeln bedeutet, welches dieses wahre Menschsein fi:irdert. Das kann ebensowenig eine sogenannte, universale menschliche Natur', die, wie Pflanze oder Tier, von innen her bestimmt und auf ein seinem Wesen nach vorausbestimmtes Ziel ausgerichtet ware, und somit ebensowenig die modernen Versionen desselben: das sogenannte Naturrecht. Unabhangig von Zeit 712 ' ' Hohe, Breite und Tiefe mensch/ichen Heils und Raum kann aurerdem keine Selbstreflexion zu einer Auskristallisierung einer Art allgemeinen Substrats von Verni.inftigkeit unter alien Menschen kommen. Strukturalisten haben konstante Tiefenstrukturen in den menschlichen Gesellschaften erkannt, aber diese sagen nichts i.iber die spezifische Besonderheit einer konkreten Gesellschaft. Diese Strukturen beziehen sich nicht unmittelbar auf die Wirklichkeit, sondern auf die Madelle, die der Mensch daraus gemacht hat. Dadurch hat der Strukturalismus zwar einen Aspekt der menschlichen Wirklichkeit offengelegt, namlich dar der Mensch ein Modelle entwerfendes Wesen ist, aber der Strukturalismus (der in sich selbst konsequent ist) sieht von der Frage ab, wie diese Modelle sich zur Wirklichkeit verhalten (allerdings gibt es hier viele inkonsequente philosophische Grenzi.iberschreitungen, z. B. wenn man, wie Levi-Strauss behauptet, sagt, die relative Wahrheit aller Modelle bestehe darin, dar sie mehr oder weniger gegli.ickt Versuche von Menschen sind, das graue, sinnlose Dasein zu verschleiern. Das ist einstweilen eine philasaphische Weltanschauung, welche die Grenze des Strukturalismus als Wissenschafti.iberschreitet). Der Strukturalismus schliert das menschliche Subjekt gerade aus und liefert daher keine Kriterien fi.ir eine menschenwi.irdige Gesellschaft. Der Existentialismus wiederum hat zwar,existentialia' analysiert, das heirt Grundstimmungen des menschlichen Lebens: Angst, Verzweiflung und Hoffnung, Leiden, Tod und Gli.ick, Verganglichkeit und Schuld. Und diese Aspekte sind aurerst wichtig im menschlichen Leben; sie haben mit der Frage nach dem endgi.iltig Menschenwi.irdigen zu tun, geben aber als solche keine Antwort darauf. Was ist der Grund der Hoffnung auf lebbare Menschlichkeit inmitten unserer Endlichkeit, unserer Schuld und unseres Leidens? Offensicht!ich wird damit nur gesagt, wavan wir befreit werden mi.issen und wazu: zum Gli.ick. Aber wie? Und was ist das wahre Gli.ick fi.ir alle und einen jeden? SchlieR!ich konnen wir ebensowenig der positivistischen Auffassung von Werten und Normen beipflichten. Bei ihr lart sich <lurch eine empirische Analyse zwar klaren, welche Normen und Werte faktisch in einer bestimmten Gruppe oder Gesellschaft gelten. Diese soziologische Einsicht ist wichtig und sogar aurerst relevant etwa fi.ir die positive Gesetzgebung; um lebensfahig zu sein, mur sie namlich von einem ziemlich groren Konsens aller Mitglieder dieser Gemeinschaft getragen werden. Aber wir konnen,das Faktische', das heirt die faktisch geltenden Normen, die bei einer statistischen Untersuchung die hochsten Zahlen bringen, unmoglich zur universalen Norm sittlichen und sinnvollen Handelns erheben. Gerade dadurch sind Kulturen mit einem anfanglich hohen Stand nach einer gewissen Zeit zugrunde gerichtet worden. Das kritische BewuRtsein des Menschen mur uns daher auf den re hten Weg bringen. Wenn die Vernunft das Spezifisch-Menschliche ist, dann ist die Urteilsfahigkeit des Menschen, die doppeldeutigen Erscheinungen in der menschlichen Geschichte aufgrund van Ma(sstaben zu beurteilen, der eigene kritische Auftrag 713