15. LANDTAG VON BADEN-WÜRTTEMBERG 129. Sitzung Donnerstag, 7. Mai 2015, 09.30 Uhr TOP 1 Aktuelle Debatte Schluss mit der Heimlichtuerei der Landesregierung um das Papier Gymnasiums 2020! Gerät nach der Hauptschule und der Realschule nun auch das Gymnasium ins grün-rote Visier. Rede von Karl-Wilhelm Röhm MdL stellv. Fraktionsvorsitzender der CDU-Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort.
Karl-Wilhelm Röhm MdL, CDU: Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Stoch, unter Ihrer ganz persönlichen Verantwortung wurde in dieser Woche ein weiteres Kapitel in der Pannenserie grün-roter Bildungspolitik aufgeschlagen. Ich möchte uns die Pannen der Vergangenheit anschaulich in Erinnerung rufen: Da war zum einen die geplante Abschaffung der Hauptschulabschlusses. Dank unserer Intervention und der Intervention des Handwerks konnte dies verhindert werden. Bei den ersten Grundschulempfehlungen unter Ihrer Ägide war der Hauptschulabschluss gar nicht mehr vorgesehen. Da war des Weiteren die Schaffung des Einheitslehrers nach Berliner Modell. Wir konnten es verhindern, dass Sie den Einheitslehrer durchsetzen. Dann gab es den Versuch, die sexuelle Vielfalt in den Bildungsplänen als Leitlinie zu verankern. Die Menschen, die dagegen protestiert haben, haben Sie als homophoben Mob verunglimpft. Dann haben Sie versucht, alle Pädagogen mit 25 % Sonderpädagogik zu Sonderpädagogen zu machen und die bewährten Einrichtungen abzuschaffen. Auch dies konnte verhindert werden. Ich kann ja verstehen, dass Sie das aufregt. Heute etwas Neues, nämlich jetzt die Geheimniskrämerei um das Arbeitspapier Gymnasium 2020. Herr Minister, ich bin schon der Meinung, dass Sie aus Ihrer Sicht gewissenhaft, dass Sie linientreu und auch auftragsgemäß gehandelt haben, was dieses Arbeitspapier betrifft. Der Ministerpräsident hat Sie an der langen Leine gelassen, und jetzt, ausgerechnet jetzt, da Ungemach droht, hat er Ihnen das Stachelhalsband umgelegt, hat er Sie ausgebremst und öffentlich vorgeführt.
Doch das bildungspolitische Ziel Kollege Kern hat es eben sehr anschaulich dargestellt bleibt. Werfen wir einmal einen Blick zurück, was Sie, seit ich diesem Parlament angehöre in den letzten 15 Jahren, bildungspolitisch von sich gegeben haben. Dann weiß man auch, wohin Sie wollen. Die Sozialdemokraten, Herr Drexler, kommen von der Regionalschule. Herr Zeller hat sie hier jahrzehntelang als eine Schule für alle propagiert. Die Grünen kommen von der Basisschule eine Schule für alle. Frau Rastätter hat hier jahrzehntelang diese Schule gepredigt. Eines hatten Sie gemeinsam: eine Schule für alle. Sie haben sich dann weil Regionalschule so bedrohlich klingt, weil es eine große Einheit war, und andererseits, weil Basisschule so fundamentalistisch klingt auf den Begriff Gemeinschaftsschule geeinigt. Bereits in der Entstehungsgeschichte hatten Sie prominenten Kritiker. Frau Moritz hat Ihnen damals schon vorgehalten, dass Gemeinschaftsschule nicht gelingen kann, solange es ein Gymnasium gibt. Professor Bohl hat sich ähnlich geäußert. Er hat gesagt: Die Mischung muss stimmen. Er hat übrigens in der Zwischenzeit ein klein wenig zurückgerudert. Das ist für uns interessant. Der MP hat dann als Rettungsanker funktioniert und hat das sogenannte Zweisäulenmodell kreiert. Allerdings haben Sie alles dafür getan, den Leistungsvergleich mit anderen Schulen von Anfang an zu verhindern. Sie haben die DVA nach Klasse 10 abgeschafft. Dann kommt der ganze Widerspruch Ihres Tuns. Wir loben Sie dafür, dass Sie an unseren gleichzeitig sorgen Sie dafür, dass Leistungsdifferenzierung an der Gemeinschaftsschule überhaupt nicht vorgenommen werden kann. Die Frage, die im Raum steht, lautet doch: Warum bedarf es so fundamentaler Veränderungen gemäß dem Arbeitspapier Gymnasium 2020, und warum mit dieser großen Eile?
Die Antwort ist klar Kollege Kern hat es indirekt schon angesprochen : Unsere Gymnasien sollen schlicht und einfach gemeinschaftsschulkonform gemacht werden. Sie schreiben das in Ihrem Papier ja selbst als wichtigste Leitlinie. Ich zitiere: Wie kann die Eingangsphase der Oberstufe des Gymnasiums... strukturell und pädagogisch so gestaltet werden, dass Schülerinnen und Schülern der Gemeinschaftsschule und der Realschule der Weg zum Abitur an einem allgemeinbildenden Gymnasium nicht nur formal offensteht..., sondern tatsächlich gelingt? Das ist die Aufgabenstellung, und darauf wollen Sie hinaus. Meine Damen und Herren, deswegen die Änderungen, deswegen die Einführung einer OS I, die unsere Gymnasien der zehnten Klasse beraubt, die ein unverzichtbares Lernjahr ist. Deswegen kürzere und vor allem anspruchslosere Lernzeiten in den Fremdsprachen unter völliger Ausschaltung der alten Sprachen in der Oberstufe; deswegen weniger schriftliche Prüfungsfächer und deswegen die daraus resultierende Schwächung logischerweise der Naturwissenschaften und der Technik und deswegen auch die absolut intendierte und billigend in Kauf genommene Schwächung unserer beruflichen Gymnasien. Meine Damen und Herren, das Ganze ist ja Herr Minister so völlig absurd. Die Gemeinschaftsschulen sind mit Masse in der siebten Klasse angekommen, einige wenige sind schon weiter. Sie beanspruchen für die Gemeinschaftsschulen ein sogenanntes E- Niveau, ein Gymnasialniveau. Heute müssen Sie mit dem Arbeitspapier Gymnasium 2020 Vorsorge dafür treffen, dass das Abiturversprechen, dass Sie für die Gemeinschaftsschulen hier abgegeben haben, eingelöst werden kann. Diese Vorgehensweise, meine Damen und Herren, kann man nur einen antizipierten oder vorweggenommenen Offenbarungseid nennen. Verzichten Sie darauf. Geben Sie das Geld den Gymnasien. Die werden dann dafür sorgen, dass die wenigen Schüler, die aus der Gemeinschaftsschule dort anlanden, individuell gefördert und zum Ziel geführt werden. Wir tragen dafür Sorge, dass alle Kinder ihrer Begabung entsprechend die Chance erhalten, dass sie den Abschluss erreichen, den sie anstreben.
Da kann ich Ihnen jetzt ein Beispiel sagen, wir sind beim Gymnasium 2020: Ich habe überhaupt nichts dagegen einzuwenden, dass Sie für die Kinder, die von der Realschule und von der Gemeinschaftsschule kommen, einen Weg öffnen, auch das Abitur an einem allgemeinbildenden Gymnasium zu machen. Aber: Sie sollten nicht die anderen, die bereits dort sind, bremsen, sondern machen Sie, stellen Sie Ressourcen bereit, dass diejenigen, die kommen, gefordert werden, und die dürfen gern auch ein Jahr länger brauchen. 2. Runde Karl-Wilhelm Röhm MdL, CDU: Herr Landtagspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Stoch, ich habe eine ganz konkrete Frage. Natürlich steht da manches Vernünftige drin. Das gestehe ich gern zu. Ja! Es sind nämlich all die Dinge, die an Schulen längst umgesetzt werden. Nur haben Sie den Schulen die Grundlagen entzogen, damit sie sie überhaupt umsetzen können. Ich nenne ein Beispiel: Schülermentoren, Hausaufgabenbetreuung, Ferienschule. Wir haben die Stunden hineingegeben, nämlich fünf bis zehn Deputatsstunden pro Schule, wir haben die Finanzmittel zur Verfügung gestellt, was ja auch ein Stärkungsbeitrag für das Gymnasium ist, doch das Erste, was Sie gemacht haben neben der Absenkung der Eingangsgehälter für die jungen Kolleginnen und Kollegen,, ist, dass Sie genau diese Deputatsstunden gekürzt haben. Hat das mit Qualitätsverbesserung zu tun?