Praxiserfahrung beim kooperativen Breitbandausbau ALR Informationsveranstaltung Digital in der Fläche Stuttgart/Freiburg, 16./29.4.2015,
Es wird postuliert, dass 1. der Breitbandbedarf in allen Bereichen des täglichen Lebens rasant anwächst 2. die Breitbandversorgung zu einem entscheidenden Standortfaktor und zur Daseinsvorsorge geworden ist 3. allein die Glasfasertechnologie langfristig die Breitbandversorgung sicherstellen kann 4. eine Investition in eine Breitband-Infrastruktur nur dann nachhaltig sein kann, wenn sie gezielt auf eine flächendeckende Glasfaserversorgung hinführt. 2
Das Unwort des kupferbasierten Breitbandausbaus: Bis zu Mbit/s 1. Mit jeder Weiterentwicklung der Kupfertechnologie wird der Abstand zwischen maximal möglicher und flächendeckend realistisch erreichbarer Versorgung größer 2. Dies gilt in besonderem Maße für den ländlichen Raum sowie den Einsatz von Vectoring 3. Vectoring ermöglicht bis zu 100 Mbit/s im downstream und 40 Mbit/s im upstream nur in der Umgebung der Kabelverzweiger 4. Der ländliche Raum wird über eine flächendeckende Versorgung von für lange Zeit nicht hinauskommen Frage: Warum soll eine Versorgung von für wesentliche Teile der Bevölkerung bedarfsgerecht sein, wenn bereits heute in Gebieten mit Koaxialkabelversorgung 100 Mbit/s nachgefragt werden? Empfehlungen: 1. Kommunale Anbindung der Kommunen sicherstellen (Breitband-Lebensversicherung) 2. Erhebung des tatsächlich erzielbaren Versorgungsgrades innerhalb der Kommune 3. Gezielter FTTB-Ausbau gewerblich genutzter Flächen 3
Die kupferbasierte Netzevolution am Beispiel Ist der Ausbau tatsächlich günstiger? G.fast oder FTTdp (Fiber To The Distribution Point): Bitraten von mehr als 100 Mbit/s über 100-200m Kabellänge Ausbaubeispiel: Heiligkreuzsteinach Hauptort Stufe 1: VDSL2 (Vectoring), 5 x VDSL2 Kabelverzweiger Stufe 2: G.fast, 100 Mbit/s, KEIN FTTB! > 40 x Distribution Points!??? 4
Kommunaler Netzausbau versus Investitionszulage Eine langfristige, strategische Entscheidung Kommunaler Ausbau Investitionszulage Offener Netzzugang sichert langfristig Wettbewerb Kommune entscheidet über Ausbau = Kommune ist Herr des Verfahrens Investition in zukunftssichere Glasfasernetze mit RoI Ressourcen und Kompetenz notwendig Infrastruktur im Besitz des Betreibers und Vectoring führen zu starker Monopolbildung Privatwirtschaft entscheidet über Ausbau = Kommune ist Bittsteller u. Zuschussgeber Investition in herkömmliche Kupfertechnik ohne RoI Verantwortung bei dem Betreiber 5
Breitbandstrategie Baden-Württemberg Gezielte Förderung des glasfaserbasierten Netzausbaus Stufe 1 Stufe 2: Gemeinden und Unternehmen unmittelbar ans Glas! Brennpunkte über FTTC als Zwischenschritt versorgen FTTB Ausbau entlang sämtlicher Neubautrassen Flächendeckenden Glasfaserausbau unmittelbar planen Ständige FTTB-Mitverlegung bei allen Tiefbau- und Sanierungsmaßnahmen Bedarfsgerechter innerörtlicher Ausbau mit FTTB (Gewerbe, Ortsteile, Neubaugebiete) Stufe 3: Flächendeckender FTTB-Ausbau Hochrüstung aller Zwischenlösungen (FTTC, Funk) 6
Ausgangssituation Ländlicher Raum: Kupferbasierte Versorgung mit < Keine Glasfaserzuführung Open Access (Entbündelung TAL) < KVz Gewerbefläche < < KVz Wohngebiet/Ortsteil < Neubaugebiet < 7
Stufe 1 Kommunaler Netzausbau Ländlicher Raum: Anbindung der Kommune und erste FTTB-Ausbaustufe* Durchgängig offener Netzzugang! Glasfaser- Backbone Point of Presence Übergabe punkte 100 Mbit/s symmetrisch Gewerbefläche FTTC FTTC Wohngebiet/Ortsteil 100 Mbit/s symmetrisch Neubaugebiet 100 Mbit/s symmetrisch 8 * Alle Bandbreitenangaben als garantierte Mindestbandbreite
Investitionszulage Betreiber: Zeitgleich zur Stufe 1 Kupferbasierter Netzausbau mit * Glasfaserzuführung im Eigentum des Netzbetreibers Kein offener Netzzugang auf Leitungsebene (Leitungsmonopol) Gewerbefläche FTTC Wohngebiet/Ortsteil FTTC Neubaugebiet 9 * Alle Bandbreitenangaben als garantierte Mindestbandbreite
Stufe 2 kommunaler Netzausbau Ländlicher Raum: Ständige Mitverlegung und zweite FTTB-Ausbaustufe* Die Ausbauentscheidung trifft die Kommune! Glasfaser- Backbone Gewerbefläche 100 Mbit/s symmetrisch Point of Presence Übergabe punkt FTTC Wohngebiet/Ortsteil Neubaugebiet 100 Mbit/s symmetrisch Mitverlegung 100 Mbit/s symmetrisch 10 * Alle Bandbreitenangaben als garantierte Mindestbandbreite
Investitionszulage Betreiber: Zeitgleich zur Stufe 2 keine wesentliche Änderung im kupferbasierten Ausbau mit * zu erwarten Ausbauentscheidungen trifft der Betreiber! Glasfaserzuführung im Eigentum des Netzbetreibers Kein offener Netzzugang auf Leitungsebene (Leitungsmonopol) Gewerbefläche FTTC FTTC Wohngebiet/Ortsteil FTTC Neubaugebiet 11 * Alle Bandbreitenangaben als garantierte Mindestbandbreite
Stufe 3 kommunaler Netzausbau Ländlicher Raum: Flächendeckend FTTB mit Gigabit/s* symmetrisch Glasfaser- Backbone 1.000 Mbit/s symmetrisch Gewerbefläche 1.000 Mbit/s symmetrisch Point of Presence Übergabe punkt Wohngebiet/Ortsteil Neubaugebiet 1.000 Mbit/s symmetrisch 1.000 Mbit/s symmetrisch 12 * Alle Bandbreitenangaben als garantierte Mindestbandbreite
Zeitgleich zur Stufe 3: weitere Investitionszulagen Einführung von FTTdp mit 100 Mbit/s * Gesamtes Netz im Eigentum des Netzbetreibers Vollständiges Leitungsmonopol bis zum Hausanschluss 100 Mbit/s Gewerbefläche FTTC 100 Mbit/s 100 Mbit/s Wohngebiet/Ortsteil 100 Mbit/s Neubaugebiet 100 Mbit/s 13 * Alle Bandbreitenangaben als garantierte Mindestbandbreite
Interkommunaler glasfaserbasierter Netzausbau Entwicklung und aktueller Stand Vor 2009 Einzelinitiativen der Kommunen Wirtschaftlichkeitslücke 2009 Kommunen starten eigenen Netzausbau im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit Beispiele: Ravensburg und Sigmaringen 2010 Studienprojekt Datenautobahn Schwarzwald Erste landkreisweite Ausbauplanung 2013 Modellprojekt Rhein-Neckar-Kreis: Erste kreisweite Gesamtplanung einschließlich Ortsnetze Heute Planung und Beginn der Baumaßnahmen in zahlreichen Landkreisen Aktuell im Fokus (Stand April 2015): 1. Versorgung des gewerblichen Bereichs mit Glasfaser 2. Koordination mit privatwirtschaftlichem Eigenausbau 3. Baumaßnahmen und Mitverlegungsplanung 4. Betreiberausschreibungen 14
Die Erfahrungskurve interkommunaler Zusammenarbeit im Breitbandausbau Bereitschaft zu interkommunaler Zusammenarbeit Der eigene Vorsprung wird oftmals überschätzt Der Umfang der Aufgabe wird häufig unterschätzt Erfahrung Planung Realisierung Betrieb 15 15.04.2015
Beispiel: Der Rhein-Neckar-Kreis Heterogen in Besiedlungsdichte und Topographie Der Rhein-Neckar-Kreis: 530.000 Einwohner 54 Städte und Gemeinden IT-Standort (12% der Beschäftigten) Mehr als 25.000 Unternehmen Attraktivität des Netzausbaus: Rheinebene Kraichgau Brunnenregion Odenwald 16
Kreisweite Vernetzung aller Kommunen Der Backbone in Stufe 1 Anbindung aller Kommunen im Landkreis Mindestens 2 Übergabepunkte je Gemarkung Zusätzliche Anschlusspunkte nach örtlichen Gegebenheiten Zahlreiche Synergien durch interkommunale Zusammenarbeit und Nutzung von vorhandener Infrastruktur Ringstrukturen für hohe Verfügbarkeit Vorhandene Infrastruktur Lückenschlüsse Der Backbone sichert die Handlungsfähigkeit der Kommune für den innerörtlichen Ausbau 17
Innerörtliche Ausbaustrategie Aufteilung der Gemarkung in Ausbaugebiete Innerörtlicher Ausbau erfolgt im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung Stufe 1: Stufe 2: Stufe 3: Festlegung der Ausbaugebiete und Zugangspunkte Feinplanung für mittelfristige Mitverlegung Erschließung der Gewerbeflächen und aktuell unterversorgten Wohngebiete FTTB Ausbau der weißen NGA-Flecken Mitverlegung bei Baumaßnahmen Flächendeckender FTTB-Ausbau Gemeinde Muster 18
Aktuell im Fokus (1): Baumaßnahmen für Backbone und Gewerbeflächen Definition von Baulosen/ Gewerbeflächen Ausführungsplanung Fertigstellung innerhalb von drei Jahren 19
Aktuell im Fokus (2): Ausschreibungen für Backbone- und innerörtliche Mitverlegungsplanung Mehrstufige Planungsphasen FTTC/FTTB Gesamtplanung Planungslose für Backbone und innerörtlichem Ausbau Backbone Innerörtlicher Ausbau Erste Leistungshase Strukturplanung: Abstimmung, Mitverlegung Trassen/Kabelkonzept Kosten/Synergien Mitverlegungsplanung Ausbaugebiete/Kosten Zweite Leistungsphase Genehmigungsplanung: Umsetzung der Baumaßnahme Ortsfeste Planung, Vermessung Genehmigungen Genaue Trassenplanung, Hausanschlüsse je Wohneinheit Genehmigungen 20
Aktuell im Fokus (3): Eigenausbau Vectoring Koordination mit privatwirtschaftlichem Ausbau Investitionen der Deutschen Telekom AG in den VDSL2/Vectoring Eigenausbau verbessert teilweise den Versorgungsgrad, jedoch vorwiegend in Kabel-BW versorgten Gebieten Weiterhin potentiell Unterversorgung von Gewerbegebieten Neudefinition der unterversorgten Gebiete nach Maßgabe der neuen Breitbandinitiative II mit einer Eingriffsschwelle von 50 Mbit/s (symm./asymm.) Aktualisierung der Betreiberabfrage einschließlich Vectoring erforderlich Keine Bedarfsabfrage mehr erforderlich (Fragebögen) Berücksichtigung des Eigenausbaus der Betreiber bei der innerörtlichen Ausbauplanung Backboneplanungen und Baumaßnahmen sind in der Regel nicht betroffen Bei fehlender flächendeckender Versorgung des Betreibers unterhalb 50 Mbit/s ist weiterhin kommunaler FTTB-Ausbau möglich Ausbauplanung blockiert die Kabelverzweiger für Vectoring, der offene Netzzugang bleibt gewahrt Nutzung von FTTB-Mitverlegung auch bei Ausbaumaßnahmen der Betreiber! 21
Aktuell im Fokus (4) Betreiberausschreibungen Großes Interesse seitens alternativer Netzbetreiber an interkommunalem Netzen Offener Netzzugang gewährleistet Frühzeitige Einbindung potentieller Betreiber während der Planungsphase ist von großem Vorteil Starke Rolle der Kommunen bei dem Netzausbau Verpflichtung zum Betrieb von erschlossenen Ausbaugebieten (kein Cherry-Picking) Gemeinsame Interessen bei der Wahrung der Wirtschaftlichkeit des Ausbaus Partnerschaftliche Verteilung der Risiken entscheidet über erzielbaren Mietzins Verschiedene Pachtmodelle möglich Bürgerbeteiligung wichtiger als Bevölkerungsdichte Baukostenzuschüsse von Grundstückseigentümern erzielbar Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit RoI in 20-25 Jahren valide 22
Herausforderungen für den interkommunalen Ausbau Erzielung einer ausreichend hohen Anschlussrate im Wettbewerb mit anderen Anbietern Teilnahme einer Mindestanzahl Gemeinden erforderlich Kompetenzaufbau und Bereitstellung von Ressourcen auf Landkreis- und Gemeindeebene Aufbau und Einbeziehung eines potentiellen alternativen Betreibers Organisationsform des interkommunalen Zusammenschlusses Gemeinschaftliche Finanzierung des Backbones Finanzierung des innerörtlichen Ausbaus durch die Kommune Rückführung der verbleibenden Investitionskosten über den Mietzins Einbindung der Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Gewerbetreibenden Konsequente Durchführung der Mitverlegung über mehrere Jahre 23
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 24 15.04.2015