Viva México Ein Bericht aus Guadalajara, Mexiko -Studium an dem Tecnológico de Monterrey- Mandy Wosch mandy.wosch@gmail.com WS 09/10 SS 10
Einleitung Als ich im November 2006 auf dem Zocalo in Mexiko Stadt stand, beschloss ich, dass ich eines Tages in diesem tollen Land studieren werde. Nach 2 längeren Aufenthalten in Sprachschulen in Cancun und Guadalajara stand der Entschluss fest. Ich bewerbe mich für ein Auslandsstudium an der Partneruniversität von Marburg. Vorbereitung Wahl des Campus Die Wahl des Campus ist sehr wichtig. Viele wissen nicht, dass das Tec de Monterrey nicht nur in Monterrey einen Campus hat, sondern auch in Guadalajara, Queretaro, Mexiko Stadt und vielen anderen Städten Mexikos. Ich entschied mich für den Campus Guadalajara. Eine wichtige Sache, die mir nicht vor der Abreise erzählt wurde ist, dass man an meinem Campus eine von der Uni ausgewählte nicht billige Auslandskrankenversicherung abschließen muss. Ich würde dennoch empfehlen eine Versicherung zusätzlich in Deutschland abzuschließen, da die Versicherung, die von einer us-amerikanischen Firma stammt, nicht ausreichend ist (beispielsweise hat man keinen Versicherungsschutz, wenn man nach Kuba reisen möchte). Man sollte sich vorher erkundigen auf welchem Campus diese Versicherung obligatorisch ist (z.b. in Queretaro nicht). Visum Das Visum sollte unbedingt vor Studiumsbeginn bewilligt sein, da es in Mexiko zu großen Schwierigkeiten führen kann. Ich persönlich hatte vor Ort keine großen Probleme bei der Anmeldung auf dem Einwohnermeldeamt, andere blieben aufgrund eines fehlenden Visas 10 oder mehr Besuche auf dem Amt nicht erspart. Leider war die Hilfe durch das International Office an meinem Campus oft nicht sehr hilfreich und die Studierenden waren oft auf sich selbst gestellt, was bei mangelnden Spanisch-Kenntnissen oft ein großes Problem darstellte. Vor Ort Zimmersuche Ein Zimmer zu finden ist in Guadalajara erstmal mit einigen Vorentscheidungen verbunden. Will man nah an der Uni wohnen und dafür weit weg vom Zentrum oder will man zentraler wohnen und dafür eine bis zu 1,5-stündige Busfahrt in Kauf nehmen. Der Campus liegt am anderen Ende des Stadtteils Zapopan, also en el fin del mundo. Beliebte Wohngegenden in Guadalajara sind Chapultepec (ca. 1h Busfahrt), Nähe
Plaza Galerias (ca. 30min) oder Providencia (wohl eine der wohlhabensten Gegenden und ca. 45min mit einmal umsteigen von der Uni entfernt). Ich selbst habe in der Colonie Jardines del Country gewohnt (Dauer mit verlassen des Hauses+Busfahrt+Ankunft im Unterrichtsraum=1h). Einige studierende wohnten auch in der Nähe des Zentrums von Zapopan. Das Zentrum von Guadaljara ist nicht das sicherste. Hält man sich aber an Grundregeln (nicht nachts allein auf den Straßen gehen), dann kann auch da nichts passieren. Die Zimmer auf dem Campus oder in der Nähe würde ich nicht empfehlen, da man wirklich sehr weit weg von allem wohnt und auch die Preise überteuert sind. Bei Ankunft wohnen viele Studierende erstmal ein paar Tage im Hostel und begeben sich dann auf Wohnungssuche. Das International Office bietet Wohnungen an, auch Gastfamilien. Eine weitere Option ist beispielsweise die Internetseite www.compartodepa.com/mx Passt bei der Wohnungssuche immer auf, denn die Vermieter ziehen einen mal ganz gern über den Tisch. Also am besten die Verträge von einer spanisch-sprechenden Person prüfen lassen. Universität Der Campus Der Campus der Uni ist schon sehr beeindruckend. Auf dem Campus befinden sich ein Starbucks, ein Buchladen, ein Merchandise-Store und bald soll auch Apple einen eigenen Laden dort eröffnen. Desweiteren gibt es mehrere Fussballfelder, einen Basketballplatz, einen Pool, ein Fitnessstudio, ein Football-field und noch vieles mehr. In regelmäßigen Abständen finden interessante Konferenzen über alle erdenklichen Themen statt (z.b. Umwelt oder Politik). Ausstellungen und Veranstaltungen der verschiedenen Studiengänge verschönern auch regelmäßig den Campus und viele Fragen sich, welchen Sinn und Nutzen beispielsweise Ausstellungsstücke der Architektur haben sollen. Sehr amüsant. Sport- und Freizeit Das Sport- und Freizeitangebot der Uni ist unglaublich vielseitig und kostenlos. Ich habe im ersten Semester einen Perkussions-Kurs gemacht und bin auch mit meinem Kurs auf dem Campus aufgetreten. Was ein wenig gestört hat, ist dass man bei den Kursen nur 4mal fehlen durfte und man ansonsten Gefahr lief eine Strafe zu zahlen. Oft waren die Lehrer den internationalen Studenten über sehr kulant und man durfte auch öfter fehlen.
Kurse Vor der Abreise wählt man in Deutschland bereits seine Kurse, es bleibt allerdings bis zur Wahl vor Ort die Frage, ob die vorher gewählten Kurse auch wirklich belegt werden können/dürfen. Mir wurde beispielsweise im ersten Semester aufgrund meiner angeblich nicht ausreichenden Spanisch- Kenntnisse die Teilnahme an Kursen mit Mexikanern verweigert. Leider trübte dies meine Stimmung ein wenig und die Spanisch-Kurse für Internationals haben nur teilweise zum weiteren Lernerfolg beigetragen. Im zweiten Semester habe ich dann alle Kurse auf Spanisch belegt und nach anfänglichen Schwierigkeiten gut gemeistert. Desweiteren habe ich ein Praktikum bei der Tourismusbehörde für Jalisco gemacht. Generell kann man sagen, dass die Uni bei weitem nicht mit dem deutschen System mithalten kann. Das Niveau ist um einiges niedriger als in Deutschland. Ob die Universität den Ruf eine der besten Unis in Lateinamerika zu sein verdient hat, bezweifle ich leider. Sie mag besser sein als staatliche Unis, jedoch merkt man schnell, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Die groß angepriesene Gruppenarbeit zur Stärkung des Teambewusstseins ist ein Witz. Die Kommunikation fand fast ausschließlich per E-Mail oder Messenger statt. Themen wurden aufgeteilt, irgendeiner stellt am Abend vorher (manchmal auch 1 Stunde vor Unterrichtsbeginn) noch schnell die Präsentation zusammen und keiner weiß, was der andere getan hat. Zum Glück arbeitete ich meistens mit Internationals zusammen und wurde daher oft vor dieser nervenaufreibenden Gruppenarbeit mit Mexikanern gerettet. Hausaufgaben Hausaufgaben nehmen einen Großteil des Arbeitsaufwandes für die Uni ein. Nicht selten sitzt man stundenlang vor einer Arbeit, die am Ende doch nur einen kleinen Teil der Endnote ausmacht. Zumindest für das Erlernen der Sprache sind die Hausaufgaben sehr hilfreich. Prüfungen Zwischenprüfungen finden ca. alle 4 Wochen statt. Natürlich war es oft nervig alle 4 Wochen zu lernen, trotzdem denke ich, dass dies vor allem bei Kursen auf Spanisch schon wichtig war, da es am Ende des Semesters doch zu viel zu lernen hätte sein können. Dennoch hat man sich nicht nur einmal gefragt, ob die Zwischenprüfungen aufgrund ihres niedrigen Niveaus überhaupt sinnvoll waren. Am Ende des Semesters gibt es eine Endprüfung, die meist ca. 50% der Note ausmacht. Faltas
...eines der wohl am meisten benutzten Wörter der Internationals in Bezug an der Uni. Fehltage hatte man nämlich nur 2 bzw. 4 pro Semester. Normalerweise würde es einen nicht sehr stören, aber da man sogar Fehltage bekam, wenn man bewegungsunfähig krank im Bett lag, nervt doch sehr, zumal man als International natürlich auch Land und Leute kennenlernen will und die Fehltag meist für längere Reisen nutzen wollte. Nicht angerechnet wurden Fehltage, wenn man mit Schweinegrippe (hier gab es allerdings nur sehr wenige Fälle) im Krankenhaus lag. Fehltage erhielt man trotzdem, wenn man mit Dengue-Fieber im Krankenhaus lag. Ein System, dass ich bis heute nicht verstehe. Neuerdings gibt es eine Regelung, dass man ein Falta mehr haben kann, wenn man in der studentischen Initiative der Internationals aktiv ist. Dies gilt allerdings nur für den Campus Guadalajara. Sicherheit In der letzten Zeit gibt es immer öfter Meldungen über Tote bei Drogenkriegen. In Guadalajara bekommt man davon nicht viel mit. Solange man sich in sicheren Wohngegenden bewegt und sich bei Nacht nicht allein auf den Straßen aufhält, lebt man sicher. Wenn man ein Taxi allein nimmt, sollte immer ein anderer die Taxinummer aufschreiben. Ich kann sagen, dass ich gar nichts von diesen Drogenkriegen und den Problemen gemerkt habe. Ich fühlte mich eigentlich immer sicher, vor allem in der Gegenwart meiner Freunde aus Mexiko. Freunde und Verwandte können also beruhigt sein. Trotzdem empfehle ich sich genau zu erkundigen zu der Situation speziell in der gewählten Stadt. Ein Tipp: studiert nicht unbedingt in Monterrey. Dort kam es in den letzten 2 Semestern zu einigen Zwischenfällen gekommen, von denen auch Internationals betroffen waren. Die Polizei weiß, wo die Internationals wohnen und geht dort gezielt auf Suche nach Bestechungsgeldern. Außerdem gibt es weitaus schönere Städte als Monterrey, beispielsweise Guadalajara oder Queretaro. Leben in Guadalajara Vielseitig, spannend, aufregend und groß so kann man Guadalajara bezeichnen. Das Kulturangebot ist riesig. Konzerte bekannter Bands und DJs finden das ganze Jahr über statt. Es gibt unzählige Clubs und Bars mit Live Musik. Von Electro, über Rock bis zu Banda-Musik ist alles dabei. Auch Ausstellungen und Messen finden regelmäßig statt. Ein besonderes Erlebnis bietet ein monatlich stattfindendes Event bei dem sich hunderte fahrradbegeisterter Menschen treffen und abends zusammen für 2-3h auf verschiedenen Routen die Stadt erkunden. Auch
jeden Sonntag bleibt die Hauptverkehrsstraße für Autos gesperrt und man sieht Fahrräder, Inliner, Jogger. Auch das Umland von Guadalajara bietet viel Natur, Extremsports und Kultur. Mazamitla, Tapalpa, Ahualulco und Tequila sind hier beliebte Ausflugsziele. Nur vor den Touren auf Pferden sollte man sich in Acht nehmen, da diese nicht immer vertrauenswürdig aussehen. Reisen in Mexiko Wenn einen der Uni-Alltag wurmt, dann gibt es nichts Schöneres als dem Trott zu entkommen und dieses wunderschöne Land zu erkunden. Ob man in der näheren Umgebung bleibt oder doch nach Puerto Vallarta an den Strand fährt oder mal einen Ausflug nach Mexiko Stadt oder Guanajuato macht, alles ist sehenswert. Man kann diese Eindrücke einfach nicht beschreiben, Die Menschen so herzensfroh, heißen einen immer willkommen und freuen sich darüber etwas über dein Land zu lernen. Meine persönlichen Highlights sind natürlich Mexiko Stadt, eine Stadt wie keine andere, in die ich mich schon bei meinem ersten Besuch vor 3 Jahren verliebt habe. Guanajuato, die Studentenstadt erinnert sehr an Marburg mit ihren kleinen Gassen. Hier ist auf jeden Fall empfehlenswert im September/Oktober auf das sogenannte Cervantino-Festival zu gehen. Bands verschiedener Musikrichtungen spielen an jeder Ecke und die Stadt scheint für ein paar Wochen nicht stillzustehen. Mehr will ich gar nicht verraten, erlebt es selbst =). Fazit Mexiko ist definitiv eines meiner Traumländer, solange ich reisen kann und nicht arbeiten oder dort studieren muss. Mit seiner Vielfalt und Gastfreundlichkeit bietet es ein unglaublich schönes Flair. Und wenn man den immer stärker werdenden Einfluss der Amerikaner ignoriert, findet man dieses schöne Mexiko an jeder Straßenecke. Ich habe in meine Jahr so viel gelernt, vor allem über mich selbst: beispielsweise einen Gang zurückzuschalten und das Leben genießen und nicht nur in der Schnelllebigkeit leben. Schon bald werde ich zurück sein und mit meinen Freunden singen und Banda tanzen (übrigens das wohl beste Workout für den ganzen Körper)!