1. Zum Thema der Arbeit



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Transkript:

Ute Niethammer, Zasiusstr. 53, 79102 Freiburg mail: ute.niethammer@web.de Dissertationsprojekt bei Prof. Dr. Thomas Kuhn: Der Johanniterorden als Teil der Inneren Mission (von seiner Gründung 1852 bis zur Weimarer Republik) 1 1. Zum Thema der Arbeit 1.1 Die Fragestellung der Arbeit: Dem Titel (s.o.) könnte sich sowohl ein Ausrufe- als auch ein Fragezeichen anschließen, denn der Evangelische Orden hält sich seit seiner Wiederbelebung im Jahr 1852/53 treu zur evangelischen Kirche, pflegt dabei jedoch Traditionen, die sich von Kirche als Volkskirche lange Zeit deutlich unterschieden haben und immer noch unterscheiden (die Voraussetzung des Adelsnachweises für Männer fiel erst nach dem Zweiten Weltkrieg; bis heute kann keine Frau als Ritter aufgenommen werden). Ein Ausrufezeichen verdiente jedoch das ureigenste Anliegen des Ordens, christliche Werke der Nächstenliebe und Barmherzigkeit zu fördern. Der Orden hat schon in den ersten Jahren seines Bestehens vielfältige eigene Einrichtungen gegründet, ließ Ordensschwestern 2 bei Diakonissen ausbilden, organisierte die Kriegsfürsorge usw. Heute steht der Johanniterorden mit seinen drei Werken Johanniter-Unfallhilfe, Johanniter-Hilfsgemeinschaft und Johanniter- Schwesternschaft als eigener sozialer Dienstleister neben anderen kirchlichen Werken wie zb den Diakonischen Werken oder dem Kaiserswerther Verband. Das Fragezeichen hätte dann genau dort seinen semantischen Platz, wo in der Geschichte des Ordens andere als genuin christliche bzw. kirchliche Interessen bei der Organisation der institutionalisierten Nächstenliebe leitend waren. Einerseits also lässt sich die Arbeit bzw. das Engagement der Johanniter im 19. Jahrhundert durchaus unter dem Stichwort Innere Mission fassen, indem es tatsächlich um eine geordnete 1 Der Text in Klammern soll die vorläufige - zeitliche Einschränkung deutlich machen, soll aber am Ende durch eine inhaltlich sinnvollere Unterschrift ergänzt werden. 2 Die Johanniterschwestern legen kein Gelübde ab, sondern erklärten sich im 19. Jahrhundert dazu bereit unentgeltlich so lange pflegerische Dienste in Krankenhäusern und Gemeinden zu leisten wie sie unverheiratet waren oder bis sie andere (familiäre) Verpflichtungen aufnahmen. Heute ist die Johanniterschwesternschaft eine freie Gemeinschaft von Frauen in pflegerischen Berufen, die ein christliches Leitbild teilen. 1

Arbeit der gläubigen Gemeinde in freien Vereinen 3 geht. Tatsächlich war die Gründergeneration der Ritter um die Jahrhundertmitte noch geprägt von Ausläufern der pietistischen Erweckungsbewegung. Dort war das Verantwortungsgefühl für eine Rechristianisierung des Volkes und seiner Institutionen (Familie, Staat, Kirche) beheimatet. Wicherns programmatische Definition von Innerer Mission als Organismus der Werke freier, rettender Liebe passte zur Motivation und der Zielsetzung des Ordens, der sich in diesem Sinn tatsächlich als Teil einer freien Diakonie sehen konnte. Gleichzeitig unterschieden die Johanniter nicht wie Wichern zwischen Innerer Mission als missionarische Rettungsarbeit und der freien Diakonie im Sinne einer christlichen Armenpflege. Die frühe Konzentration auf Krankenhäuser und Kriegssanitätsdienste, der Verzicht auf Geistliche in den ordenseigenen Institutionen, sowie die Verlagerung der Hausarmenpflege auf die Johanniterschwestern zeigen eine sehr selektive Wahrnehmung des Konzepts der Inneren Mission. Tatsächlich ist es fraglich, ob eine Gemeinschaft, in der sich das Priestertum aller Gläubigen auf eine Auswahl von Adeligen beschränkt, sich überhaupt auf dem Boden der lutherischen Idee bewegt. 1.2 Das forschungsgeschichtliche Desiderat: Ein Blick in die Geschichte sowohl des Johanniter-Ordens als auch unterschiedlicher Diakonissenhäuser zeigt, dass es bis ins 20. Jahrhundert hinein (und teilweise sogar bis in unser Jahrhundert) enge Verflechtungen zwischen Orden und Diakonissenhäusern gab. Die flächendeckenden Verbindungen und Abhängigkeiten zwischen Einrichtungen der Inneren Mission und den unterschiedlichen Genossenschaften des Ordens sind jedoch nirgendwo systematisch aufgelistet, geschweige denn aufgearbeitet. Neben den Kontakten zu den Diakonissenhäusern spielten auch Kontakte zum Rauen Haus eine Rolle, da Wichern einigen Einfluss auf den Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. gehabt hatte, bevor dieser den Johanniter-Orden, resp. Die Balley Brandenburg, wieder ins Leben rief und von Anfang an zum sozialen Dienst verpflichtete. 1.3 Von daher ergeben sich unterschiedliche Frageperspektiven: 1. Wie verhielt sich der (exklusive) adlige Johanniterorden zur bürgerlichen Bewegung der Inneren Mission? [soziologische Perspektive] 3 WICHERN (gesammelte Schriften), 3, 53 2

2. Welche Impulse erhielten die Einrichtungen der Inneren Mission bzw. der Freien Diakonie von den Johannitern und welche Vor- oder Nachteile ergaben sich daraus? [diakonische Perspektive] 3. Inwiefern half dem Orden bzw. dem protestantischen Adel sein Engagement innerhalb der Inneren Mission das eigene Adelsprestige zu festigen bzw. neu auszurichten? [historisch-soziologische Perspektive] 4. Lässt sich die Gründungsphase des Johanniterordens als Triumph der Restauration über die revolutionäre Bewegung schildern, und welche Rolle spielt dann die Kirche (viele Adlige nahmen als Patrone noch lange die Funktion von Vorgesetzten der örtlichen Pfarrern ein) bzw. die Bewegung der Inneren Mission? [kirchenhistorische Perspektive] 1.4 Forschungsgeschichte: In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind viele Untersuchungen publiziert worden, die sowohl einzelne Zeitabschnitte seit der industriellen Revolution unter einer speziellen Fragestellung in den Blick nehmen (vgl. die Publikationen von Kaiser, Strohm, Sachsse u.a.), wie auch die Geschichte einzelner Persönlichkeiten und Institutionen aufarbeiten (z.b. N.Friedrich, Zitt, Kaminsky, usw.). Gleichzeitig hat die Adelsforschung, insbesondere mit Blick auf die Adelskrise im 19. Jahrhundert einen gewissen Boom erlebt. Auch die Person Friedrich Wilhelm IV. ist noch einmal Gegenstand neuerer Untersuchungen geworden (Blasius, Bussmann, Schoeps, u.a.). Ebenfalls kamen in den letzten Jahren mehrere Publikationen zur Geschichte des Johanniterordens auf den Markt (Sarnowsky, Freller, Hasecker), doch konzentrieren sich diese Monografien auf die Zeit vor 1810. Über den evangelischen Johanniterorden ab 1852 gibt es dagegen lediglich eine große Anzahl Aufsätze, die Spezialfragen beantworten (Ausnahme: das Stauffenberg-Attentats im Juli 1944, bei dem auch etliche Johanniter beteiligt waren). Außerdem fällt auf, dass zwar schon seit den 80er Jahren das Thema Diakonissen in verschiedensten Schattierungen immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher Publikationen ist, dass es jedoch immer noch keine in die Tiefe und/oder Breite gehende zusammenhängende Darstellung gibt allerdings wird die geplante Arbeit dieses Desiderat auch nicht erfüllen. 3

Tatsächlich scheint es aus mehreren Perspektiven sinnvoll, die Auffächerung bzw. Differenzierung der christlichen Liebestätigkeit in der zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts am Beispiel des Johanniterordens zusammenhängend darzustellen. Aus der Perspektive der Diakoniegeschichte kann so sichtbar werden, inwiefern unterschiedliche Motivationen zu jeweils spezifischen Angeboten und Wirtschaftsformen führen. Außerdem lässt sich anhand der Geschichte der Johanniterschwestern wenigstens ein Kapitel der Gesamtgeschichte Schwesternschaften schreiben. Darüberhinaus bietet das Thema die kirchengeschichtliche Gelegenheit, die Frömmigkeitsgeschichte des 19. Jahrhunderts in ihren Auswirkungen auf unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen zu untersuchen und daraus Schlüsse für die Weiterentwicklung von Diakonie einerseits und geistigen Strömungen andererseits zu ziehen. Und nicht zuletzt verbinden sich mit dem Thema verschiedene politische Aspekte: die Wiederaufrichtung der Balley Brandenburg durch Friedrich Wilhelm IV. in jenem Moment, in der sich die Waagschale der Geschichte wieder zugunsten der Restauration neigt, hat eine deutliche politische Komponente. Der schnelle Erfolg des Ordens bezeugt ein neues Selbstbewusstsein des protestantischen Adels, der sich alte Privilegien mit neuen Begründungen sichern konnte. 1.5 Die Quellenlage: In den Festschriften einzelner Mutterhäuser finden sich Erinnerungen oder Hinweise auf alte Verbindungen zum Orden, manche haben auch noch alte Unterlagen (Briefe, Verträge, etc.) aufbewahrt. Aus Mutterhäusern, die im zweiten Weltkrieg aufgegeben wurden bzw. aus denen die Diakonissen flüchten mussten, konnten teilweise nur noch Festschriften mitgenommen werden, die jetzt entweder im neuen Haus liegen (Beispiel Frankenstein -> Wertheim, Bethanien Kreuzberg -> Spandau, ) oder in Düsseldorf Kaiserswerth archiviert sind. Im Kaiserswerther Archiv befinden sich etliche Schriftwechsel, die sich auf die Frühzeit des Ordens beziehen und seine Bemühungen um Einfluss und Zusammenarbeit auf und mit den Diakonissenhäusern bezeugen. Das Geheime Staatsarchiv in Berlin beherbergt wiederum Dokumente, die hilfreich sind bei der Klärung der Gründungsphase des Ordens vor 1852. Der Johanniter-Orden unterhält in Berlin selbst ein Archiv, wobei sehr viel Quellenmaterial im Zweiten Weltkrieg verbrannt ist. Tatsächlich gestaltet sich die Kooperation mit der 4

Ritterschaft unerwartet kompliziert, so dass von dort nicht viel Hilfe bzw. klärendes Material zu erwarten ist. V.a. jedoch müssten dort noch Mitgliederlisten vorhanden sein, die gerade für die ersten Jahre nach 1852 sehr wertvoll sind, da über viele Ritter dieser ersten neuen Generation in den ansonsten zugänglichen Publikationen nichts von einer Mitgliedschaft vermerkt ist. Noch ist nicht deutlich, inwiefern auch die Recherche in privaten Archiven notwendig werden wird. Evtl. ist auch ein Aufruf innerhalb des Ordens nach Tagebüchern oder Korrespondenz hilfreich. 2. Geplanter Aufbau der Arbeit mit Abstracts zu den jeweiligen Inhalten: O Einleitung und Methoden Führt in die Fragestellung ein, erläutert Forschungsstand, Quellenlage und Methoden I Die Wiederaufrichtung der Balley Brandenburg 1852/53 als restaurativer Akt Friedrich Wilhelms IV. I.1 Phönix aus der Asche die Restaurierung des Johanniterordens Begründet die These, dass die Wiederbelebung des Johanniterordens im Jahr 1852 auf dem Hintergrund der politischen Ereignisse des Vormärz und der Jahre seit der Revolution eine soziologische Bedeutung hat. Die Person Friedrich Wilhelm IV. verkörpert in besonderer Weise den Anachronismus einer ständischen Gesellschaft und die Krise des Adels in der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Die Gründung des Johanniterordens war ein vorläufiger Schlusspunkt hinter eine Erholung und Neuorientierung des Selbstbewusstseins des protestantischen Adels. Exkurs: Der Schwanenorden Wohltätigkeit und christliche Gesinnung Bereits 1844 hatte Friedrich Wilhelm IV. einen Versuch unternommen, einen vergessenen ehemaligen Orden wieder ins Leben zu rufen. Dieser Schwanenorden sollte seiner Idee eines evangelischen Diakonats zum Durchbruch verhelfen. Der Abschnitt schildert Idee und Scheitern des Projekts I.2 Christliche Liebestätigkeit die Visitenkarte des Ritters Der Johanniter-Orden ist von seinen Ursprüngen her im 11. bzw. 12. Jahrhundert mit den klassischen Tätigkeiten der Nächstenliebe und Kranken- und Armenpflege vertraut. Das Unterkapitel schildert die Karriere dieser Wurzeln in der Geschichte des Ordens und zeigt, dass jene Tätigkeiten, für die der Orden bzw. seine Vorläufergemeinschaft einer Bruderschaft im 12. Jahrhundert europaweit berühmt wurde, schon bald in den Hintergrund traten. I.2.1 Liebestätigkeit als Leitmotiv des Ordens von alters her a) Wurzeln der Liebestätigkeit in der Ordensgeschichte Erklärt die Genese des Ordens aus einer Hospitalierbruderschaft 5

heraus und geht auch auf unterschiedliche Bewertungen der Forschung ein. b) Die Deutsche Zunge und die Liebestätigkeit Stellt die Einrichtungen dar, die nachweislich auf deutschsprachigem Gebiet im Sinne der Nächstenliebe entstanden. Aufgrund der schlechten Überlieferung muss jedoch vieles hier offen bleiben. c) Die Ballei Brandenburg und die Liebestätigkeit Geht auf die Entstehungsgeschichte des evangelischen Zweigs des eigentlich katholischen Ordens ein, weil dieser der eigent-liche Vorläufer für Friedrich Wilhelms IV. Neugründung 1852 ist. Dabei wird auch insbesondere auf die Alleinstellungsmerk-male dieses Priorats eingegangen, weil diese wiederum die Grundlage für die starke Bindung der Ballei (und der Balley ab 1852) an den weltlichen Herrscher ist. Was die Liebestätigkeit betrifft, ist bei der Ballei, die 1811 aufgelöst wurde, kaum etwas zu finden. I.2.2 Der Kampf gegen den Unglauben als geistiges Movens des Ordens Das kämpferische Moment, das aus dem diakonisch tätigen Orden im 12. Jahrhundert schließlich einen genuinen Ritterorden machte, hatte sich anfangs vorsichtig durchgesetzt, überflügelte dann aber bald die ursprüngliche christlich-soziale Intention. Der Abschnitt schildert den Umgang mit dem christlich begründeten kämpferischen Element und zeigt auch dessen absurde Auswirkungen auf. a) In der Geschichte des Ordens bis 1798 b) Die Ausrichtung des Malteserordens im 19. Jahrhundert II Der Johanniter-Orden im Dienst der Nächstenliebe Dieses Kapitel betrachtet zunächst den evangelischen Adel (v.a. in Preußen) im Hinblick auf seine Bindung an und Funktion für die verfasste Kirche. Dabei fallen unterschiedliche Muster auf: zum einen die Selbstverständlichkeit bestimmter Adeliger im Umgang mit den ihnen anvertrauten Patronatskirchen und Delegationen auf Kirchensynoden. Zum anderen eine deutlich sichtbare Beeinflussung durch die Erweckungsbewegung, die manche Personen auch in Konflikt mit ihrer Landeskirche bringt. Der Abschnitt erklärt im Idealfall, inwiefern die Impulse aus der Erweckungsbewegung in Richtung soziales Engagement für den protestantischen Adel eine Möglichkeit geschaffen haben, den eigenen Stand gesellschaftlich plausibel zu machen und von daher auch alte Privilegien zu verteidigen bzw. wieder einzufordern. II.1 Evangelische Adelige als Protagonisten der verfassten Kirche im Spannungsfeld der Erweckungsbewegung a) Gutsadel und Kirchenverantwortung b) Impulse der Erweckungsbewegung II.2 Das Substrat der sozialen Verantwortung als identitätsschaffendes Adelsmerkmal 6

II.3 Die Aufstellung der Balley und ihrer Genossenschaften im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens Der preußische König hat bereits mit den ersten 8 Rittern, die allesamt bald starben, die neue Balley Brandenburg zu einem Aushängeschild seiner aristokratischen Vorstellungen gemacht, und auch die schnellstens neu vereidigten Ritter waren allesamt loyale, tat- und zahlungskräftige Männer. Entsprechend rasch entstanden eine Vielzahl von größeren und kleineren diakonischen Initiativen. Zu untersuchen ist in diesem Abschnitt auch, inwiefern die Effektivität z.b. der Krankenhausgründungen theologisch reflektiert wurden, bzw. welche inhaltlichen Aspekte bei den Gründungen und Beteiligungen an Unternehmen in anderer Hand leitend waren. II.3.1 Eigene Institutionen und Werke Bereits 1853 gab es 8 'Genossenschaften', also regional agierende Johanniterkommenden. Außer der Balley Brandenburg, die stets einen Sonderstatus behielt, gab es folgende Genossenschaften: in Schlesien, Pommern, Preußen, Posen, Westfalen mit Rheinprovinz und Sachsen. Wenige Jahre später gab es auch in Mecklenburg, Württemberg, Hannover, Bayern, Königreich Sachsen und Schleswig- Holstein weitere Genossenschaften. II.3.2 Kooperationen und Initiativen mit der Inneren Mission Ein Beispiel für Kooperation und Abkoppelung ist die Verbindung der Johanniter mit dem Krankenhaus Bethanien in Berlin. Ursprünglich wollte Friedrich Wilhelm IV. hier ein Musterkrankenhaus für den Schwanenorden einrichten (Wichern konnte ihm das ausreden). Als es dann den Johanniterorden wieder gab, bezahlte er sofort 6 Freibetten in diesem Krankenhaus. Allerdings nur bis ein eigenes Krankenhaus in Jüteborg eingerichtet war. Auch in Hannover und in Hessen lassen sich ähnliche Strukturen bzw. Entwicklungen entdecken. II.3.3 Kooperationen und Initiativen mit weiteren Institutionen und Personen In diesem Abschnitt können zum einen Einrichtungen Dritter untersucht werden, die vom Johanniterorden unterstützt wurden (Bsp. Spott-Ossekausche Krankenhäuser-Stiftung oder die zahlreichen privaten Einrichtungen). Zum andern ist hier die Darstellung des missionarischen Engagements des Ordens in Syrien und Israel am Platz, weil hier erstens an alte Traditionen angeknüpft wird und zweitens evtl. deutlich wird, wie der Orden den Begriff 'Innere Mission' für sich deutet. Außerdem müsste hier oder in einem weiteren Unterkapitel die Tätigkeit des Ordens auf dem Feld des Kriegssanitätsdienstes zur Sprache kommen und untersucht werden. 7

III Die Grenzen des tätigen Liebesdienstes Dieses Kapitel kann erst näher ausdifferenziert werden, wenn der Befund aus c. 2 Anhaltspunkte für ein Erklärungsmodell liefert. Erst dann kann auch eine endgültige zeitliche Abgrenzung vorgenommen werden. Die Planung, die Entwicklung in der Kaiserzeit näher zu betrachten und die Untersuchung mit dem Ende der Weimarer Republik abzuschließen, erklärt sich bisher aus dem Eindruck, dass der Johanniterorden von 1852 1918 dem evangelischen Adel eine optimale Plattform zur Selbstdarstellung bot, die nicht zuletzt auch politische Beteiligung ermöglichte. Mit dem Untergang der Monarchie musste dann aber eine Krise und Neubestimmung einhergehen, die m.e. eine eigene Untersuchung nötig machen würde. 3. Vorgehensweise 3.1 Bisheriges Vorgehen: Beim Durchforsten alter Unterlagen zum Thema Diakonissenmutterhäuser stellte ich 2012 fest, dass in beinahe allen Häusern der Kaiserswerther Diakonissen an irgendeinem Punkt in deren Geschichte ab 1852 der Johanniterorden in unterschiedlichen Rollen Erwähnung fand. Eine Recherche nach grundlegender Literatur über dieses diakonische Engagement des Ordens ergab, dass es hierzu keine übergreifende Publikation gab. Anfragen bei einzelnen Mutterhäusern lieferten jedoch Hinweise auf archivierte Quellen (zb Augsburg, Hannover, ) Nach Rücksprache mit Prof. Dr. Kuhn besuchte ich Ende 2012 das Johanniter-Ordenshaus in Berlin und hatte Gespräche mit A. Trenner (Oberin der Johanniterschwesternschaft) und A. von Dellinghausen, dem ehemaligen Archivar des Ordens. Ich konnte die wenigen Dokumente einsehen, die bei der Schwesternschaft archiviert sind; das Gespräch mit Frhr. Von Dellingshausen verlief jedoch aus verschiedenen Gründen schwierig. Zwar wurde mir damals freigestellt, jederzeit im Archiv zu arbeiten, doch im Laufe des Jahres 2013 wurde diese Bereitschaft stark relativiert. Im Moment versuchen mit persönlich bekannte Ritter, den Generalsekretär zu bewegen, mir unentgeltlich und unbeschränkt Zugang zum Archiv zu verschaffen. Um mir einen Überblick über Wesen und Charakter des Ordens zu verschaffen, habe ich mich zunächst mit der Forschungsgeschichte des Ordens als solchem beschäftigt und mich durch die ältere und neueste Literatur gearbeitet. 8

Ein zweiter Schritt war die Einarbeitung in den Themenkomplex Adel, insbesondere die Adelskrise im ausgehenden 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Parallel dazu studierte ich die Biographie Friedrich Wilhelm IV. Im Laufe des vergangenen Jahres war ich drei Mal im GStA in Berlin und habe unterschiedliche Dokumente auf deren Zusammenhang mit meinem Thema überprüft. So zum Beispiel den Briefwechsel Friedrich Wilhelm IV. mit Anton zu Stolberg-Wernigerode, der eine wichtige Rolle in der Gründerzeit des Ordens spielt. Auch die Akten zum Schwanenorden, sowie Listen über bezahlte Beiträge konnte ich einsehen und teilweise transkribieren. Ein Paläographiekurs im Herbst 2013 hat mir dabei sehr weiter geholfen. In Kaiserswerth war ich bisher nur ein Mal, traf jedoch in der Historikerin Annett Büttner und dem Leiter der Kulturstiftung Norbert Friedrich kompetente und hilfsbereite Gesprächspartner an. Die vergangenen Monate haben mich wegen privater Ereignisse in meinem Arbeitspensum sehr eingeschränkt. Doch konnte ich immerhin weitere Literaturrecherchen betreiben und Teile des ersten Kapitels in Schriftform bringen. 3.2 Weitere Planung Januar bis März 2014: Festlegung auf jene Institutionen, bei denen eine nähere Untersuchung lohnt; Anfragen an assoziierte Archive und Sichtung vorhandener Printliteratur. Außerdem: Literaturstudium zu den Themen Erweckungsbewegung im Adel des 19. Jahrhunderts und Adelige als Delegierte der landeskirchlichen Synoden bzw. Patrone regionaler Kirchengemeinden. April bis Dezember 2014: Quellenrecherche zu bzw. in den ausgesuchten Institutionen; Verschriftlichung von II.1 bis II.3.3 so weit möglich. 2015: Vertiefende Quellenund Literaturarbeit; evtl. mithilfe privater Quellen Darstellung der Johanniterschwesternschaft und/oder des Kriegssanitätsdienstes (oder auch Aufarbeitung der Verknüpfung mit der Gründung des Roten Kreuzes) 9

Arbeit 2016 Fertigstellung der 4. Arbeitssituation Ich arbeite z.zt. auf einer halben Stelle als theologische Referentin im Oberkirchenrat der Badischen Landeskirche. Mein Aufgabenzuschnitt gibt mir glücklicherweise relativ viele Freiheiten, d.h. ich kann meine Anwesenheitstage in Karlsruhe auch kurzfristig verlegen und kumulieren, so dass ich dann mehrere Tage am Stück auswärts sein kann ohne Urlaub nehmen zu müssen. Allerdings gibt es in unserer Abteilung diverse High-impact-Phasen, in denen ich mehr Zeit als gewöhnlich für die Arbeit in KA aufwenden muss. Für das Dissertationsprojekt arbeite ich i.d.r. an drei Vormittagen die Woche intensiv, nachmittags hätte ich theoretisch auch öfters die Möglichkeit, doch ist die Koordination mit den drei schulpflichtigen Kindern mitunter nicht wirklich arbeitsfördernd. Zunehmend gewöhne ich mich an Schreibtischschichten am späten Abend. 10