Hilfen für wohnungslose Frauen in Baden-Württemberg



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Transkript:

Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg Grundsätze - Anforderungen - Standards Liga der freien Wohfahrtspfege in Baden-Württemberg e.v.

I n h a t Vorwort 1. Warum ein frauenspezifischer Ansatz? 2. Armut ist weibich..., spezifische Armutsrisiken für Frauen 3. Wohnungsose Frauen 3.1 Wohnungsnot 3.2 Gewaterfahrungen 3.3 Physische und psychische Beeinträchtigungen 3.4 Soziae und famiiäre Bindungen 3.5 Junge wohnungsose Frauen 4. Ziee und Aufgaben 5. Anforderungen an ein frauenspezifisches Hifesystem 5.1 Grundhatung der Arbeit 5.2 Weibiches Fachpersona 5.3 Schutz und Autonomie 5.4 Arbeitshifen 5.5 Dokumentation und Konzeption 5.6 Netzwerkarbeit 5.7 Verbesserte Betreuungseistungen nach 67ff. SGB XII 6. Anforderungen an ein gemischtgeschechtiches Hifesystem 6.1 Geichberechtigung 6.2 Schutz und Autonomie 6.3 Frauenspezifische Angebote 7. Anforderungen an eine frauengerechte Sozia- und Wohnungspoitik 7.1 Keine Benachteiigung, Diskriminierung und Gewat 7.2 Rechtsanspruch auf frauenspezifische Hifen 7.3 Anspruch auf Einkommen, Wohnung und Arbeit Literatur, statistisches Materia

Vorwort Die Liga der freien Wohnungsosenhife bemüht sich seit ängerer Zeit um eine verstärkte Wahrnehmung der von Wohnungsosigkeit betroffenen oder bedrohten Frauen im Lande. Bei ihrer ajährich durchgeführten Stichtagserhebung zur Nachfrage wohnungsoser Menschen in den Diensten und Einrichtungen der Ligaverbände stet sie seit Jahren eine stetig wachsende Anzah fest. In Baden-Württemberg sind demnach gegenwärtig über 2.000 Frauen wohnungsos. Eine Arbeitsgruppe der Liga hat sich nunmehr mit der Situation und den Hifeangeboten für wohnungsose Frauen befasst und egt ein Arbeitspapier vor. Zie der Ligaverbände und der AG Wohnungsose Frauen ist es, sich verstärkt für die Beange wohnungsoser bzw. von Wohnungsosigkeit bedrohter Frauen einzusetzen und die Umsetzung eines fächendeckenden quaifizierten Angebots für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg zu erreichen. In einigen Großstädten, vor aem aber im ändichen Raum, fehen in Baden-Württemberg immer noch frauenspezifische Hifeangebote. Diese Broschüre so Facheute in ihrer atägichen Arbeit unterstützen Einrichtungs- und Kostenträger in ihrer Verantwortung für die Konzipierung und Umsetzung geschechterorientierter Angebote unterstützen eine frauengerechte Sozia- und Wohnungspoitik einfordern poitisch Verantwortichen in ihrer Auseinandersetzung mit der Thematik einen fachichen Orientierungsrahmen geben. Nicht zuetzt hoffen wir, die besondere Notage wohnungsoser Frauen für ae Leserinnen und Leser begreifbarer zu machen und damit soidarische Unterstützung zur Erreichung der Ziee für wohnungsose Frauen zu bewirken. Johannes Böcker Vorstandsvorsitzender Die Unterarbeitsgruppe Wohnungsose Frauen ist der Arbeitsgruppe Straffäigen- und Wohnungsosenhife des Ausschusses Arbeit und Existenzsicherung zugeordnet und damit in die Gremienstruktur der Liga der freien Wohfahrtspfege in Baden-Württemberg eingebunden. Die Wohfahrtsverbände sind in der UAG Wohnungsose Frauen in der Rege durch eine Mitarbeiterin vertreten. Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

1 Warum ein frauenspezifischer Ansatz? Angebote der Wohnungsosenhife waren viee Jahre ausschießich auf die Bedürfnisse und Notagen wohnungsoser Männer ausgerichtet. Wohnungsose Frauen waren ange nicht sichtbar, wei sie soange es geht die Öffentichkeit meiden, ihre Not verstecken, Unterschupf suchen und sich irgendwie sebst hefen. In den 80er Jahren ist in der Fachöffentichkeit das Bewusstsein entstanden, dass eine größere Zah von Frauen wohnungsos ist oder sich in Wohnungsnot befindet und frauengerechte Hifeangebote benötigen. Der Aufbau der Hife wird seitdem bundesweit vorangetrieben, wenn auch eher in großen Städten. Dagegen fehen meist in ändichen Bereichen passende Angebote für Frauen ohne Wohnung. So auch in Baden-Württemberg. Männer und Frauen haben in der Geseschaft as auch im Privaten unterschiediche Lebensbedingungen. Daher ist es notwendig, die Lebenssituationen von wohnungsosen Frauen und Männern aus einer geschechtssensiben Perspektive zu betrachten, um damit adäquate Anaysen und Schussfogerungen für die Hifepraxis sicher zu steen. (Gender Mainstreaming 1 ). Die Sichtweise des Gender Mainstreaming hat bisher in der Wohnungsosenhife nicht ausreichend Eingang gefunden. Aber, Gender Mainstreaming wäre auch kein Ersatz für spezifische Frauenförderung, denn diese setzt an den konkreten Benachteiungen von Frauen an. Frauenförderung ist deshab soange erforderich, bis Frauen und Männer tatsächich geichberechtigt sind 2. Was bedeutet Frauenförderung für die Wohnungsosenhife? Für den Umgang mit Frauen in Armut und Wohnungsnot und die Gestatung der Hifeangebote muss die Auseinandersetzung mit frauenspezifischen Soziaisationsbedingungen, ihren Lebens- und Berufsreaitäten und ihrer geseschaftichen Steung as Frau stattfinden. Diese Auseinandersetzung muss im Ergebnis dazu führen, dass frauengerechte Lösungen zur Behebung der aktueen Not gefunden werden, aber auch zur weiteren Verbesserung der Lebenssituation (siehe auch Kapite 5). 1 Der Europarat definiert Gender Mainstreaming fogendermaßen: 2 Gender Mainstreaming besteht in der (Re-)Organisation, Verbesserung, Entwickung und Evauierung der Entscheidungsprozesse, mit dem Zie, dass die an poitischer Gestatung beteiigten Akteure und Akteurinnen den Bickwinke der Geichsteung zwischen Frauen und Männern in aen Bereichen und auf aen Ebenen einnehmen. Übersetzt aus dem Französischen von Mückenberger/Tondorf in: Gender Mainstreaming-Informationen und Impuse, Broschüre des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen und Soziaes, Hannover 2000 Vg. Chancengeichheit as Leitprinzip, BW, Soziaministerium Stand März 2003 Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

Armut ist weibich, spezifische Armutsrisiken für Frauen 2 Armut in Deutschand ist weibich: Von Einkommensarmut sind in erster Linie Aeinerziehende, kinderreiche Famiien und Erwerbsose betroffen - in aen diesen Gruppen sind Frauen überproportiona anzutreffen. Genere iegt das Lohn- und Gehatsniveau von Frauen deutich unter dem von Männern. 3 Durch unbezahte Kindererziehung ergeben sich Lücken in der Erwerbstätigkeit, die Frauen bei Aufstiegsmögichkeiten, aber auch bei Soziaeistungen bis hin zur Rente benachteiigen. Aufgrund ihrer geringeren Erwerbsbeteiigung ist das Risiko von Frauen, besonders in Krisensituationen oder im Ater, mit sehr wenig Ged wirtschaften zu müssen, erhöht. 6 Das bedeutet, dass sich Frauen, nicht nur mit einem knappen finanzieen Budget, sondern auch mit schecht ausgestattetem Wohnraum zufrieden geben müssen. Sie eben teiweise in unzumutbarer Enge oder aber müssen einen Grosstei ihres Einkommens für Wohnkosten aufbringen. Leider setzt sich der dritte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 4 nicht konsequent mit frauenspezifischen Armutsfaen auseinander und rückt diese eher in den Bereich der individue verpassten Chancen as einer struktureen Ungeichheit. 5 So nutzen Frauen zwar aut Bericht ihre Chancen im Bidungsbereich, aerdings muss diese Aussage in Verbindung gebracht werden mit der Tatsache, dass die Erwerbstätigenquote bei Frauen zwischen 20 und 49 deutich sinkt, sobad Kinder da sind. Parae dazu steigt wiederum ihr Antei an der Anzah der Teizeitbeschäftigten. Dies ist eine Foge nicht ausreichender und angemessener Angebote der Kinderbetreuung. Fogen ständiger finanzieer Not sind häufig mangehafte Ernährung und höhere Krankheitsanfäigkeit. Hinzu kommt die psychische Beastung durch die ständige Sorge um die nötigsten Einkäufe. Bei Wohnungsverust sind Frauen in besonderer Weise den Fogen mangender Schutz- und Privatsphäre ausgesetzt. Diese geschiderten Umstände können sich as traumatisierende Erebnisse erweisen, da Frauen, bedingt durch Soziaisation und geseschaftiche Wertvorsteungen, nach wie vor dazu neigen, die Schud an gescheiterten Lebensentwürfen oder an psychisch beastenden Situation sich sebst zuzuordnen. 3 Nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft Kön iegt der Durchschnittsohn von Frauen in Deutschand rund 24 Prozent unter dem Lohn von Männern. Damit nimmt Deutschand bei der Lohngeichheit unter den EU-Mitgiedsstaaten den drittetzten Patz ein, teit das GenderKompetenzZentrum in Berin mit. 4 vg. Lebensagen in Deutschand Der 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Kön 2008. 5 vg. dazu eine Steungnahme des Deutschen Frauenrates: http://www.frauenrat.de/fies/080528_steungnahme_armutsbericht2008.pdf 6 Nach BT-Drucksache 16/6301 betrug die Durchschnittsrente in 2006 bei Männern 984 Euro, bei Frauen 509 Euro. Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

3 Wohnungsose Frauen Ausgangspunkt der Arbeit mit wohnungsosen Frauen ist die Kenntnis ihrer Lebenssituation, ihrer Probemagen, ihrer Bewätigungsstrategien sowie die Berücksichtigung spezifisch weibicher Biografien. Besondere Aspekte der Lebenssituation sind: 3.1. Wohnungsnot Wohnungsose Frauen verfügen über keine Wohnung bzw. eben in unzumutbaren Wohnverhätnissen oder sind unmittebar von Wohnungsosigkeit bedroht. Nach der Definition des Deutschen Städtetags 8 gibt es: Aktue von Wohnungsosigkeit betroffene Frauen, die ohne eigene mietrechtich abgesicherte Wohnung (oder Wohneigentum) und nicht institutione untergebracht sind, und z.b. gänzich ohne Unterkunft sind oder in Behefsunterkünften oder vorübergehend bei Freunden, Verwandten und Bekannten unterkommen und auf eigene Kosten im gewerbsmäßiger Behefsunterkunft eben. Häufigster formaer Grund des Wohnungsverustes ist Auszug ohne Kündigung. Der wichtigste Ausöser des Wohnungsverustes bei Frauen ist nach wie vor die Aufösung der Famiienstrukturen (Trennung/Scheidung/Auszug aus der eterichen Wohnung), oft gekoppet mit Gewat. 7 Häufigste Konsequenz ist eine fehende wirtschaftiche und finanziee Absicherung. Wohnungsosigkeit bei Frauen hat viefätige Formen und Erscheinungsbider und stet sich anders dar as bei Männern. Erfahrungsgemäß sind Frauen meist verdeckt oder atent wohnungsos. Sie suchen zunächst eigene Lösungen, z. B. bei Bekannten, Freunden oder am Arbeitspatz. Im Freien nächtigen sie nur in größter Not und meist mit Beschützern. Frauen setzen im Notfa spezifische Bewätigungsstrategien ein und suchen eigenständig nach Lösungen, ohne jedoch die Probeme sebst ösen zu können. Wohnungsosigkeit ist bei Frauen eng verknüpft mit extremer Armut. Sie versuchen, ihr Armsein nach Mögichkeit zu verstecken, wei sie aufgrund der geseschaftichen Zuschreibung davon ausgehen, dass ihre Armut as persöniches Versagen und Schande git. Ebenso versuchen sie, ihren Wohnungsverust zu verbergen, um die geseschaftiche Anerkennung nicht ganz zu verieren. Aktue von Wohnungsosigkeit betroffene und institutione untergebrachte Frauen, die ohne eigene mietrechtich abgesicherte Wohnung (oder Wohneigentum) sind, aber nach ordnungsrechtichen oder nach soziahiferechtichen Regeungen institutione untergebracht sind. Unmittebar von Wohnungsosigkeit bedroht sind Frauen, z.b. durch Kündigung, Räumung oder sonstigen Gründen wie bspw. eskaierenden soziaen Konfikten, gewatgeprägten Lebensverhätnissen oder Abbruch des Hauses. In unzumutbaren Wohnverhätnissen eben Frauen, die z. B. in Substandardwohnungen untergebracht sind, in außergewöhnich beengtem Wohnraum oder in Wohnungen ohne ausreichende oder mit gesundheitsgefährdender Ausstattung eben, untragbar hohe Mieten zu zahen haben oder unter gesundheitichen und soziaen Notagen oder in konfiktbeadenen und Gewat geprägten Lebensverhätnissen wohnen. 7 vg. Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsosenhife: Statistikbericht 2004-2006 8 vg. Sicherung der Wohnungsversorgung in Wohnungsnotfäen und Verbesserung der Lebensbedingungen in soziaen Brennpunkten, Dt. Städtetag, Reihe D, DST- Beiträge zur Soziapoitik, Heft 21, 1987 Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

3.2. Gewaterfahrungen Häusiche Gewat Eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen stet wetweit sexuaisierte Gewat und insbesondere häusiche Gewat dar. In seiner Dimension sind gewatbedingte Gesundheitsschäden nach einer Studie der Wetbank mit denen von HIV, Tuberkuose, Krebs und Herz- Kreisauferkrankungen vergeichbar. Untersuchungen, die auch durch die Praxis bestätigt werden, haben ergeben, dass ca. 90 Prozent der befragten wohnungsosen Frauen in ihrem bisherigen Leben sexueer Gewat ausgesetzt waren. 9 Die häusiche Gewat ist oft der Ausöser für die Wohnungsosigkeit. Die Frauen fiehen aus der gemeinsamen Wohnung mit dem Partner oder der Famiie, um ihre Würde, ihre Gesundheit, ihr Leben zu schützen. 10 Gewat auf der Straße/Übernachtungsprostitution Wohnungsosigkeit und das Leben auf der Straße sind der extremste Ausdruck geseschaftichen Eends, den eine Frau ereben kann und den sie bewätigen muss. Durch öffentiche Diskriminierung ist sie ständig verbaer und körpericher Gewat ausgesetzt. Sie ist schutzos und damit auch häufig Opfer sexueen Missbrauchs und sexueer Gewat. Durch einen Partner ist eine Frau auf der Straße meist auch nicht geschützt. Erfüt sie seine Erwartungen nicht oder kann sie diese z.b. durch Sucht- oder psychische Krankheit nicht erfüen, kommt es oft zu tätichen Angriffen des Mannes. Dabei kann es auch zu sexueer Gewat kommen. Sexuee Verfügbarkeit wird zumeist erwartet, wenn Frauen bei Männern unterkommen, as Gegeneistung dafür, dass die Frauen in der Wohnung der Männer übernachten dürfen (Übernachtungsprostitution). ausgesetzt. Sie haben seten einen Zugang zum herkömmichen Hifesystem und zur persönichen Hife. Vor der Soziaarbeit werden sie abgeschirmt, sie sind nicht sichtbar. 3.3. Physische und psychische Beeinträchtigungen Sowoh das Leben auf der Straße, as auch die verdeckte Form der Wohnungsosigkeit fördern Erkrankungen. Die psycho-physische Integrität der Persönichkeit ist durch die Lebensumstände, die den Frauen keine Sicherheit bieten, ständig bedroht. Die Bewätigung des Lebens in unsicheren Wohnverhätnissen oder im Straßenmiieu nimmt die Frauen so in Anspruch, dass nur wenigen die Mögichkeit für eine individuee Gesundheitsversorgung beibt. Verschärft wurde diese Situation durch die mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz entstandenen Behandungsbarrieren durch Praxisgebühren, Zuzahungen und Reduzierung der gesetzichen Leistungen. Notwendige Behandungen werden aufgeschoben oder erst gar nicht angefangen. Früh erebte oder immer wiederkehrende körperiche oder psychische Gewat und Demütigungen, die nicht entsprechend verarbeitet werden konnten, führen häufig zu posttraumatischen Beastungsstörungen, Angst- und Panikattacken, Depressionen, Schmerzsyndromen, Schafstörungen und Essstörungen. Sucht und die Einnahme von Psychopharmaka, Akoho -und Tabettenabhängigkeit sind as Bewätigungsstrategien häufige Foge. 3.4. Soziae und famiiäre Bindungen Wohnungsose Frauen verfügen häufig über ein reativ dichtes Beziehungsnetz. Die Häfte der Frauen hät Kontakt zu ihren Herkunftsfamiien, auch wenn sie dort schon as Kind physische und psychische Gewat erebten. Wohnungsose Frauen, die der Prostitution nachgehen, werden häufig durch ihre ebenfas wohnungsosen Partner zur Prostitution gezwungen bzw. eben in den Häusern ihrer Zuhäter. Sie sind extremer Unterdrückung, Gewat und Beschneidung ihrer Freiheit 9 wohnungsos Heft 3/98 Seite 94 10 2006 war häusiche Gewat bei 14,2% aer Frauen der Ausöser für den Wohnungsverust, vg. Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsosenhife: Statistikbericht 2004-2006 Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

Die Einrichtungen der Wohnungsosenhife für Frauen sind mit sehr unterschiedichen Lebensagen und Famiienkonsteationen konfrontiert: Schwangere Frauen, Frauen mit Säugingen sowie Frauen mit fast erwachsenen Kindern, Frauen mit einem oder auch mehreren Kindern suchen entsprechende Hife für sich und ihre Kinder. Frauen, deren Kinder fremd untergebracht sind, bekommen oft am Wochenende und in den Ferien Besuch von ihren Kindern, was jedoch in den Obdachosenunterkünften meist nicht reaisierbar ist. Eine weitere Schwierigkeit ist die Unterbringung und Beratung von Paaren und Paaren mit Kindern, da die Einrichtungen der Wohnungsosenhife auf diese besonderen Bedarfe (Wohnraum mit Partnern und/oder Kindern) bisang kaum eingerichtet sind. Wenn überhaupt die Mögichkeit besteht, ist die Betreuung der Kinder in den Einrichtungen, in denen Frauen mit ihren Kindern eben können, nicht gewähreistet. 3.5. Junge wohnungsose Frauen Aufgrund ihrer besonderen Bedürfnisse und Lebensperspektiven und der auffäig hohen Anzah junger wohnungsoser Frauen wird die Situation junger wohnungsoser Frauen in der vorgeegten Broschüre gesondert hervorgehoben. So wurden bei der Stichtagserhebung der Liga Baden-Württemberg 2007 erstmas mehr wohnungsose Frauen unter 18 gezäht as Männer, und auch in der Atergruppe der 18 bis 25-Jährigen waren Frauen mit knapp 35 Prozent überdurchschnittich stark vertreten. 11 Über die Häfte aer unter 25-jährigen wohnungsosen Frauen ebt gänzich ohne Unterkunft oder schäft bei (wechsenden) Bekannten oder Freunden. Die Hifeangebote der Wohnungsosenhife sind in der Rege nicht auf diesen Personenkreis eingerichtet, häufig besteht edigich ein Kontakt in niedrigschweigen Einrichtungen. Besonders erschwerend kommt hinzu, dass die wenigsten jungen Frauen, die sich an die Wohnungsosenhife wenden, eigenes ausreichendes Einkommen haben. Wenn sie sich obdachosenrechtich unterbringen assen oder eigenen Wohnraum anmieten woen, sind sie auf Soziaeistungen, zumeist Arbeitsosenged II, angewiesen. Dies wird ihnen jedoch meist nicht bewiigt, mit dem Verweis darauf, dass ihnen die Übernahme der Kosten der Unterkunft für ein eigenes Mietverhätnis nicht zustehe. Viemehr seien sie verpfichtet, bis zu ihrem 25. Lebensjahr bei den Etern zu eben. 12 Ein großer Tei der jungen Frauen hat ihr bisheriges Leben as eine einzige Krise erebt. Kennzeichnend für ihre Situation sind massive Differenzen in der Herkunftsfamiie, Gewaterfahrungen und Aufenthate in Jugendhifeeinrichtungen. Ihr Leben ist geprägt von Beziehungsbrüchen, Veretzungen und Enttäuschungen ohne stabie soziae Beziehungen. Viee junge Frauen eiden schon in jungen Jahren unter (unbehandeten) psychischen Auffäigkeiten oder psychischen Erkrankungen. Ein weiterer Verbeib in der Herkunftsfamiie ist oft nicht mehr mögich. Der Traum von einem sebstbestimmten und eigenständigen Leben, abgesichert durch Bidung und Ausbidung, scheitert, bevor eine Reaisierung mögich wurde. Hinzu kommt, dass finanziee Ansprüche häufig nicht ausreichend gekärt bzw. gesichert sind. So werden beispiesweise Zeiten ohne BAföG-Bezug (Schu- und Semesterferien) nicht überbrückt bzw. nur nach hohem bürokratischen Aufwand (manchma auch edigich darehensweise) übernommen. Wohnungsos und ohne tragende soziae Beziehungen entscheiden sich viee dieser jungen Frauen entgegen ihrer ursprüngichen Ziee früh für ein Kind oder werden ungewot schwanger und übernehmen die tradierten weibichen Roenmuster, ohne sich über die Konsequenzen im Karen zu sein. 11 vg Liga-Stichtagserhebung Baden- Württemberg 2007 12 siehe Auszugsverbot für unter-25-jährige in Hartz IV nach 22(2a) SGB II Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

Ziee und Aufgaben 4 Die Arbeit mit wohnungsosen Frauen zeichnet sich insbesondere durch fogende übergeordnete Ziee und Aufgaben aus: Schaffung und Erhat eines fächendeckenden Hifeangebots für wohnungsose Frauen in Baden- Württemberg Eine nachhatige Verbesserung der Lebenssituation und der Lebensbedingungen wohnungsoser Frauen Die Förderung der Integration wohnungsoser Frauen und die Erweiterung und Stärkung ihrer individueen Fähigkeiten Die Wahrnehmung eines soziapoitischen Mandates zur Sichersteung von Chancengeichheit, Sebstbestimmung, Menschenwürde und Geschechtergerechtigkeit Die Entwickung von Strategien zur Vermeidung von Ausgrenzung Die Bekämpfung der Diskriminierung und Benachteiigung von Frauen Partizipation as Grundprinzip auf aen Ebenen Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

5 Anforderungen an ein frauenspezifisches Hifesystem Bei wohnungsosen Frauen ist nach wie vor von einer hohen Dunkeziffer auszugehen. Das vorhandene Hifesystem erreicht sie vor aem dort, wo keine frauenspezifischen Angebote vorhanden sind, nicht. Erste Priorität hat deshab immer die Schaffung und Erhat eines fächendeckenden eigenständigen Hifeangebots für Frauen. Angebote, die dem Bedarf wohnungsoser Frauen gerecht werden, können nur sichergestet werden, wenn diese sich an bestimmten Standards orientieren. 5.1. Grundhatung der Arbeit Wichtige Handungsprinzipien der Arbeit sind Akzeptanz, Wertschätzung und Parteiichkeit. Parteiichkeit in der Arbeit mit von Armut und Wohnungsnot betroffenen Frauen bedeutet, konsequent frauenspezifische Standpunkte zu vertreten und strukturee Ungeichheiten und deren Auswirkungen auf die individueen Biografien der Frauen im Bick zu behaten. Dies setzt die Akzeptanz und das Ernstnehmen der Lebenssituation der hifesuchenden Frauen ebenso voraus, wie die Kenntnis geseschafticher Roenbider und Strukturen. Parteiichkeit bedeutet konkret, Frauen in der Entwickung sebstbestimmter weibicher Identität zu unterstützen. Wertschätzung bedeutet, die Frauen nicht über ihre Defizite zu definieren, sondern ihre Stärken wahrzunehmen und mit ihnen zu arbeiten. Die Hife ist geprägt von einer durchgehenden, ganzheitichen Beratung und Betreuung, die an den persönichen Stärken und individueen Lebensvorsteungen der Frauen ansetzt und ihre viefätigen Lösungs- und Bewätigungsstrategien mit einbezieht. 5.2. Weibiches Fachpersona Frauen brauchen die Option, von weibichem Fachpersona beraten und betreut zu werden. Deshab gehört es zum Standard, dass in Einrichtungen, die Hifen für wohnungsose Frauen anbieten, weibiches Fachpersona as Ansprechpartnerin und Bezugsperson zur Verfügung steht. Nur so wird es den betroffenen Frauen ereichtert, frauenspezifische Themen und Probeme wie Missbrauchs- und Gewaterfahrungen, Schwangerschaft und Empfängnisverhütung, weibiche Sexuaität und Mutterschaft oder Aspekte weibicher Gesundheit bei Bedarf ansprechen zu können. Voraussetzung dafür ist, dass die Fachkräfte über eine ausreichende Quaifikation verfügen und in der Lage sind, Geschechterroen und geseschaftiche Strukturen zu erkennen und zu refektieren. Es müssen Kenntnisse über die Lebenssituation wohnungsoser Frauen vorhanden sein und inhatiche Refektionen frauenspezifischer Arbeitsansätze stattfinden. Nur auf dieser Basis sind die Lebensagen und Probeme der Frauen zu erkennen und zu erfassen und sind adäquate Lösungen mit ihnen zu entwicken. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist es wichtig, dass sich die Fachkräfte fortbiden und regemäßig durch Supervision begeitet werden. 5.3. Schutz und Autonomie Ae Angebote müssen entsprechend den Bedürfnissen und Notagen wohnungsoser Frauen gestatet sein, damit die Hife angenommen werden kann. Sie brauchen eine zentrae Lage, die eicht und sicher zugängich ist. Wohnräume müssen verschießbar sein. Speziee (Wohn-)räume für Frauen mit Kindern müssen vorhanden sein. Dem Schutzbedürfnis muss bei Bedarf durch Nacht- und Pfortendienste Rechnung getragen werden. 10 Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

Besonders auch bei obdachosenrechticher Unterbringung ist darauf zu achten, dass Frauen keiner Gewat ausgesetzt sind. 5.4. Arbeitshifen Bei der Panung der Arbeitshifen ist an die Kompetenzen wohnungsoser Frauen anzuknüpfen. Separate Quaifizierungen soen auf den Bedarf von Frauen bezogen sein. Es ist darauf zu achten, dass ae Arbeitsbereiche auch für Frauen zugängich sind (nicht nur der hauswirtschaftiche Bereich). Geeignete Fördermaßnahmen für Ausbidung und Arbeitsintegration sind mit den zuständigen Leistungsträgern sicher zu steen. 5.5. Dokumentation und Konzeption Die Dokumentation der Einzefahifen und die Erhebung von Hifebedarfen muss geschechtsspezifisch erfogen. Frauenspezifische strukturee Angebote und Maßnahmen müssen ebenfas gesondert dokumentiert werden. Die spezifische Frauenarbeit muss in die schriftiche Konzeption der Einrichtung aufgenommen sein. 5.6. Netzwerkarbeit Ae Einrichtungen soen vor Ort soziae, poitische und kuturee Netzwerke für wohnungsose Frauen aufbauen. Informationen über mögiche andere aternative oder ergänzende Hifeangebote für Frauen im Umkreis müssen vorhanden sein, insbesondere wenn der Hifebedarf der einzenen Frauen nicht über die Einrichtung abgedeckt werden kann (z.b. Behandung von traumatisierten oder psychisch kranken Frauen). Es soen Kontakte zu Einrichtungen, Fachberatungssteen und anderen Hifeangeboten für Frauen hergestet, gepfegt und gefördert werden. Ein Arbeitskreis für bspw. Frauen in Not auf okaer Ebene ist empfehenswert. Zum fachichen Austausch, zur Weiterentwickung der frauenspezifischen Konzeptionen und der Vernetzung auf überregionaer Ebene soen ae Mögichkeiten genutzt werden. 5.7 Verbesserte Betreuungseistungen nach 67ff. SGB XII In der Beratung und persönichen Begeitung nach 67ff. SGB XII unterscheiden sich die frauenspezifischen Probemagen von denen der Männer. So müssen neben den Fragesteungen wie bspw. Wohnungsverust und fehende Arbeit, Schudenkärung, vor aem auch Probeme wie sexueen Missbrauch in der Kindheit und auch später, Gewaterfahrungen, (Zwangs-) Prostitution, das Probem der verorenen Kinder, gründich angegangen werden. Dies erfordert eine verbesserte Betreuungseistung. Viee der betroffenen Frauen eiden unter massiven Traumata aufgrund dieser Erebnisse und haben psychische Probeme. Die Betreuungsschüsse sind dieser besonderen Bedarfssituation anzupassen. Bei Hifeangeboten für Frauen unter 25 Jahren muss darüber hinaus dem intensiveren Betreuungsbedarf dieser Ziegruppe der unter 25-Jährigen Rechnung getragen werden. Das besondere Schutzbedürfnis muss durch Finanzierung quaifizierter Nachtbereitschaft, bzw. Pfortendienste Berücksichtigung finden. Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg 11

6 Anforderungen an ein gemischtgeschechtiches Hifesystem Werden im Rahmen gemischtgeschechticher Einrichtungen Angebote für Frauen gemacht, müssen neben den oben genannten Standards (siehe auch Kapite 5) fogende weitere Standards eingehaten werden: 6.1. Geichberechtigung Gemischtgeschechtiche Einrichtungen müssen geichberechtigt für Frauen und Männer konzipiert sein. Dies geschieht nur durch ein jeweis eigenständiges adäquates Hifeangebot in der Beratungs-, Wohn- und Arbeitssituation. Die Angebote müssen sich jeweis an den Bedürfnissen der Frauen und Männer orientieren, die Beegung muss in einem ausgewogenen Verhätnis von Männern zu Frauen sein. 6.2. Schutz und Autonomie Frauen müssen sebst bestimmen können, ob sie im gemischtgeschechtichen oder separaten Frauenbereich untergebracht werden. Gemischtgeschechtiche Tagesstätten und Beratungssteen müssen dem Sicherheits- und Autonomiebedürfnis der Frauen gerecht werden, besonders auch bezügich der Lage und des Standorts. Eigene geschützte Bereiche müssen für Frauen vorhanden sein. Frauen dürfen nicht mit Männern im geichen Zimmer untergebracht werden, es sei denn, es handet sich um ein Paar, und sie wünschen es, gemeinsam zu wohnen. Dabei ist zu beachten, dass bei der Unterbringung von Paaren Einzezimmer nicht zu Doppezimmern werden. Ein Wohnangebot für Paare muss ebenfas geschützt sein (z. B. durch keine Wohneinheiten). Da viee Frauen körperiche und sexuee Gewat erfahren mussten, ist aktiver Schutz vor und konsequente Sanktionierung von Gewat erforderich. Gewatanwender müssen die Einrichtung umgehend verassen. 6.3. Frauenspezifische Angebote Frauenspezifische Angebote müssen Bestandtei der soziaen Arbeit sein, auch wenn der Frauenantei in den Einrichtungen gering ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen die Lebenssituationen wohnungsoser Frauen kennen und sich mit frauenspezifischen Arbeitsansätzen beschäftigen und diese in ihrer Arbeit umsetzen. Weibiches Fachpersona muss in jedem Fa in notwendigem Umfang vorgehaten werden. Es muss ein separater Frauenbereich mit eigenem Sanitärbereich, in Einrichtungen mit Unterkunftsangeboten, außerdem ein eigener Wohnbereich mit eigener Küche und Aufenthatsbereich für Frauen (und Kinder) zur Verfügung stehen. 12 Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

Anforderungen an eine frauengerechte Sozia- und Wohnungspoitik 7 Das beste Hifesystem ist kein Ausgeich für eine mangehafte Sozia- und Wohnungspoitik. Deshab müssen sich Vertreterinnen und Vertreter der Soziaarbeit aktiv einbringen. Durch Öffentichkeitsarbeit muss Armut und Wohnungsnot von Frauen endich wahrgenommen werden. Dies kann dazu beitragen, dass Frauen ihre Notage nicht mehr nur individuaisieren und die Chance haben, zu erkennen, dass das Scheitern ihrer Lebensentwürfe auch strukturee Ursachen hat, die sie as Individuum nicht beeinfussen können. Die wichtigste Voraussetzung für den Aufbau eines frauengerechten Hifesystems ist die Vernetzung und Kooperation der vor Ort angesiedeten frauenspezifischen Angebote. Es müssen sich Frauennetzwerke biden, die sich um arme Frauen kümmern und sie in ihre Lobbyarbeit einbeziehen. Auf die Mitwirkung in den entsprechenden örtichen Entscheidungsgremien, wie auch auf Landes- und Bundesebene, kann nicht verzichtet werden. Der Forderung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsosenhife e.v., eine geschechtsspezifische Wohnungsnotfastatistik für die Bundesrepubik Deutschand einzuführen, muss endich entsprochen werden, damit die weibiche Wohnungsnot in Poitik und Öffentichkeit wahrgenommen wird. Die benannten Anforderungen an Hifen für Frauen müssen beachtet werden, damit die Hife angenommen werden kann. Wissenschaftiche Untersuchungen beegen die Forderungen der Praktikerinnen. Das Hifenetz ist aerdings noch zu grobmaschig, und es gibt immer noch zu viee wohnungsose Frauen, die in Krisen nicht rechtzeitig erreicht werden. Ein großes Probem ist eine fächendeckende Finanzierung der Hifen. Der Aufbau dieser Hifen kann nicht kostenneutra oder umsonst vonstatten gehen. Neben der direkten Hife für wohnungsose Frauen stehen auf der Basis von Chancengeichheit, Sebstbestimmung und Menschenwürde fogende soziapoitische Forderungen: 7.1. Keine Benachteiigung, Diskriminierung und Gewat Wohnungsose Frauen dürfen weder Benachteiigungen erfahren noch Diskriminierungen oder gar Gewat ausgesetzt sein. Das bedeutet: Der körperichen und sexueen Gewat gegen Frauen ist poitisch und rechtich offensiv und entschieden entgegenzuwirken. Maßnahmen der Prävention, des Schutzes und der Rechtsmitte sind konsequent einzueiten und auszubauen. Das Eintreten für die Rechte und die Integration der betroffenen Frauen ist Aufgabe aer geseschaftichen Gruppen, insbesondere der Poitik und der öffentichen Verwatung sowie der Träger und Einrichtungen des Hifesystems. Es sind Lösungen zu entwicken, um die bestehenden struktureen Benachteiigungen zu überwinden. Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg 13

7.2. Rechtsanspruch auf frauenspezifische Hifen Wohnungsose Frauen haben einen Rechtsanspruch auf Hife und Unterstützung und sind as eigenständige Ziegruppe im Hifesystem zu berücksichtigen. Das bedeutet: 7.3. Anspruch auf Einkommen, Wohnung und Arbeit Wohnungsose Frauen haben Anspruch auf eigenes Einkommen, eine eigene Wohnung sowie auf Integration in den Arbeitsmarkt. Dazu sind as Maßnahmen erforderich: Hifeangebote nur für Frauen, die den oben genannten Stan- Schaffung, Erhatung und Sichersteung von Wohnraum dards entsprechen, müssen fächendeckend umgesetzt und mit sozia verträgichen Mieten persone bedarfsgerecht ausgestattet werden. Umsetzung einer frauengerechten Wohnungspoitik Die Prävention muss verstärkt werden; die Hife muss frühzeitig einsetzen. Eine frauenspezifische Hife- und Unterstüt- Erhat der kommunaen Wohnungsbestände zungsstruktur muss fächendeckend aufgebaut werden. Förderung des soziaen Mietwohnungsbaus unter Berück- Auf neue Bedarfe muss fexibe reagiert werden. sichtigung der Lebensverhätnisse von Frauen. Insbesondere Aeinerziehende müssen expizit gefördert werden. Angebote für schwangere wohnungsose Frauen und Frauen mit Kindern müssen vorhanden sein. Verbesserung und Intensivierung von Ausbidungs-, Quaifizierungs- und Beschäftigungsmögichkeiten für Frauen unter Niedrigschweige, geschützte Notübernachtungsmögichkei- Berücksichtigung ihrer Lebensverhätnisse ten und Tagesaufenthate für Frauen müssen zur Verfügung stehen. Behindertengerechte Ausstattung muss zum Standard gehören. Wohnungsose Frauen müssen partnerschaftichen an aen Prozessen beteiigt werden. 14 Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg

Literatur Impressum Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsosenhife e.v.: Frauen in Wohnungsosigkeit und Wohnungsnot. Darsteung der Lebensagen und der Anforderungen an eine bedarfsgerechte Hife Positionspapier 2003. Bundesministerium für Famiie, Senioren, Frauen und Jugend, Frauen ohne Wohnung, Schriftenreihe Band 186. Bonn 2000. Deutscher Frauenrat: Steungnahme zum 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Deutscher Städtetag: Sicherung der Wohnungsversorgung in Wohnungsnotfäen und Verbesserung der Lebensbedingungen in soziaen Brennpunkten, Reihe D, DST-Beiträge zur Soziapoitik, Heft 21, 1987. Evangeischer Fachverband für Gefährdetenhife im Diakonischen Werk der Evangeischen Kirche im Rheinand, Hifen für wohnungsose Frauen, Düssedorf. Mückenberger/Tondorf in: Gender Mainstreaming - Informationen und Impuse, Broschüre des Niedersächs. Ministeriums für Frauen und Soziaes, Hannover 2000. Soziaministerium Baden-Württemberg, Chancengeichheit as Leitprinzip, März 2003. Herausgeberin Liga der freien Wohfahrtspfege in Baden- Württemberg e.v. Stauffenbergstraße 3 70173 Stuttgart Teefon 0711 61967-0 Teefax 0711 61967-67 info@iga-bw.de www.iga-bw.de Redaktion Eva Weiser M.A. Ausschuss Arbeit und Existenzsicherung der Liga Baden-Württemberg. Unterarbeitsgruppe wohnungsose Frauen: Karin Ambacher, Susanne Graf, Angeika Hägee, Maria Hassemer-Kraus, Meanie Kaff, Doris Mehren-Greuter. Statistisches Materia Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsosenhife e.v.: Statistikbericht 2004-2006. Der 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Lebensagen in Deutschand, Kön 2008. Frauen in Wohnungsnot und Wohnungsosigkeit, statistische Jahreserhebung 2005 wohnungsos 4/07. Liga-Stichtagserhebung Wohnungsose Frauen und Männer in Baden-Württemberg, 2007. Arbeitsgruppe Straffäigen- und Wohnungsosenhife. Gestatung Kreativ pus GmbH Stuttgart www.kreativpus.com Druck Offizin Scheufee GmbH + Co. KG, Stuttgart Mai 2009, Aufage: 1.000 Ex. Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg 15

Liga der freien Wohfahrtspfege in Baden-Württemberg e.v. Arbeiterwohfahrt Bezirksverband Württemberg e. V. Arbeiterwohfahrt Bezirksverband Baden e. V. Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e. V. Der Paritätische Wohfahrtsverband Landesverband Baden-Württemberg e. V. Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Baden-Württemberg e. V. Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Badisches Rotes Kreuz e. V. Diakonisches Werk der Evangeischen Kirche in Württemberg e. V. Diakonisches Werk der Evangeischen Landeskirche in Baden e. V. Israeitische Reigionsgemeinschaft Württemberg Israeitische Reigionsgemeinschaft Baden 16 Hifen für wohnungsose Frauen in Baden-Württemberg