PROF. DR. BEATE HOFMANN Was ist diakonische Unternehmensführung? St. Elisabeth Verein 29.3.2014
Ist Diakonie anders? Spiritualität Professionalität Wirtschaftlichkeit
Imaginationsübung Halten Sie Ihre Eindrücke fest: Was haben Sie in Ihrer Einrichtung gesehen? Was war besonders eindrücklich? Was war einmalig? Was erleben Sie als typisch? Was haben Sie in einer diakonischen Einrichtung erwartet? Kurzer Austausch in Murmelgruppen
Definition Unternehmenskultur ist: die Summe der Überzeugungen, Regeln und Werte, die das Typische und Einmalige eines Unternehmens ausmachen. (Neuberger, Oswald/ Kompa, Ain: Wir, die Firma. Der Kult um die Unternehmenskultur, München 1986, S.62 )
Definition Edgar Schein Ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt; und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit Problemen weitergegeben wird. Edgar H. Schein (1985) Organizational Culture and Leadership. A Dynamic View, San Francisco etc. (Jossey-Bass) S. 9
Eigene Beobachtungen zur Kultur Welche Regeln gelten hier? Was darf ich auf keinen Fall tun, wenn ich dazu gehören will? Worüber wird hier gelacht? Welche Geschichten muss ich kennen, welche Späße verstehen? Wer hat hier das Sagen und wer nicht? Wie gehen die auf mich zu? Fühle ich mich hier wohl? Will ich hier arbeiten?
Beobachtungen von Außenstehenden zur Kultur Wie ist die Architektur angelegt? Wie sorgsam geht man mit der gebauten Umwelt um? (Sauberkeit, Pflege) Was scheint Symbolcharakter zu haben? Was hängt an den Wänden? Was steht herum an Schildern, Schriftstücken, Büchern, Bildern? Wie gehen Menschen miteinander um? Wie begrüßen sie sich? Wie stellt sich die Einrichtung am Telefon vor? Wie wird mit Externen umgegangen?
Diakonische Unternehmenskultur
Gestaltungsmöglichkeiten Paradesituationen Einführung neuer Mitarbeitender, Dienstjubiläum, Geburtstage, Verabschiedung Kommunikation Gremien, Meetings, Teams, Projektgruppen Heikles Bewerbungsgespräche, Kündigungen Zeiten Weihnachtsfeier, Betriebsausflug, Jahresfest, Sonntag Räume Umgang mit Grenzen Sterbebegleitung, Trauerbegleitung, Schwellensituationen Konflikte Qualitätsmanagementsysteme Umgang mit Geld Investitionen, Vergütungssystemen
4-Felder Schema zur Stärken-Schwächen-Analyse Mitarbeiter gemeinschaft Mitarbeiterbiographie Gebäude, Räume, Sitzungen, Zeiten Betreuungs verlauf von Patienten und Bewohnern 16.06.2009 10
Rolle von Führungskräften Führungskräfte sind Kultivierer: Gestalten Kommunikation im Unternehmen Gestalten Schwellensituationen im Leben eines Unternehmens und ihrer Mitarbeitenden Haben eine Schlüsselfunktion in der Pflege von Mitarbeitenden
Kulturbewusste Führung strahlt Engagement für das Unternehmen aus; setzt klare Erwartungen an ihre Mitarbeitenden; kommuniziert Wichtiges häufig und deutlich; denkt positiv im Sinne von Chancen, auch bei Fehlern oder in Krisen; erklärt Situationen und zeigen Zusammenhänge auf, z.b. um Strategien oder konkrete Entscheidungen verständlich zu machen;
Kulturbewusste Führung gibt Beispiele, setzt Zeichen und lebt die Kultur vor; nimmt sich Zeit für ihre Mitarbeitenden; beachtet Kleinigkeiten als Ausdruck von Empathie und Achtsamkeit; arbeitet an sich selbst z.b. im Sinne von Selbstreflexion, Supervision und ethischem Controlling. Sackmann, Sonja: Unternehmenskultur erkennen, entwickeln, verändern, Neuwied 2002, S.218
Diakonischer Kulturkern Umsetzung von Nächstenliebe Christliches Menschenbild Bewährung christlicher Ethik Werte- Orientierung
Nächstenliebe Beispiel Barmherziger Samariter: nicht nur grenzenlose Hingabe, sondern klare Kenntnis des Notwendigen und Machbaren Zentral: Sehen, Wahrnehmen, Offensein für die Hilfsbedürftigkeit des anderen. In der Diakonie zugleich spontaner Akt und in Strukturen gegossen
Menschenbild Umgang mit Grenzen, auch den eigenen Umgang mit Beziehungsfähigkeit und Beziehungsbedürftigkeit (Gebende und Nehmende sein). Wie gehen wir mit Schuld und Scheitern um?
Ethik Ethik ist das Nachdenken über Handeln, nicht einfach das gute Tun. Diakonie braucht Reflexionsschleifen, regelmäßige Gelegenheiten, um über das eigene Tun zu reflektieren Transparenz im Umgang mit schwierigen Situationen Wertschätzung als Schatz in der Mitarbeiterpflege
Werte? Typische Werte? Werte müssen verhandelt werden. Zentral: Dilemmasituationen, Abwägung von Werten in Entscheidungssituationen Wert-aneignung schwer beeinflussbar, besonders im religiösen Bereich.
Implementierung Evolutionär oder revolutionär über Personen und Strukturen Rituale Einarbeitung neuer Mitarbeitender Fortbildung
Gegenargumente Keine Zeit? : Jede/r hat Gestaltungsräume! Zu teuer? Gestörte Kultur ist viel teurer!
Diakonische Unternehmensführung Vorbild in der Umsetzung diakonischer Werte sein, Wertschätzung als Schatz in der Mitarbeiterpflege gestalten, Transparenz in schwierigen Situationen wahren, sinnstiftende Rituale und heilsame Unterbrechungen gestalten, achtsam für Zeiten und Orte sein, aus der Kraft jenseits unserer eigenen Kraft schöpfen.
Literatur Edgar H. Schein: Organisationskultur. The Ed Schein Corporate Culture Survival Guide, Bergisch Gladbach 2003 Sackmann, Sonja: Unternehmenskultur erkennen, entwickeln, verändern, Neuwied 2002 Beate Hofmann: Diakonische Unternehmenskultur, Stuttgart 2. Auflage 2010