Vergleichstest Ford Focus, Mazda 3, Opel Astra, Skoda Octavia, VW Golf Focus mit Tiefenschärfe Am Focus haben die Ford-Ingenieure mehr als nur ein paar Äußerlichkeiten geändert. Mit gestrafftem Infotainment, geschärften Triebwerken und angestacheltem Fahrwerk fordert er wieder Mazda 3, Opel Astra, Skoda Octavia und, klar, den VW Golf heraus. 32 1/2015
IM VERGLEICH FORD FOCUS 1.5 ECOBOOST: 150 PS, 0 100 km/h in 8,9 s, ab 23 110 Euro MAZDA 3 SKYACTIV-G 165: 165 PS, 0 100 km/h in 8,7 s, ab 22 490 Euro OPEL ASTRA 1.6 TURBO: 170 PS, 0 100 km/h in 8,5 s, ab 23 455 Euro SKODA OCTAVIA 1.4 TSI: 140 PS, 0 100 km/h in 8,5 s, ab 20 250 Euro VW GOLF 1.4 TSI ACT: 150 PS, 0 100 km/h in 8,4 s, ab 24 675 Euro 1/2015 33
Vergleichstest Udo Jürgens, so haben die Investigativ- Kollegen vom Spiegel jüngst enthüllt, trat in 15 der 215 Wetten, dass? -Folgen auf. Zudem war in 39 der insgesamt 1006 Wetten ein Bagger beteiligt, in 27 Fahrräder und in 22 Eier. Da steigen wir doch gleich ins Archiv, um eine ähnlich republikerschütternde Statistik zu erstellen: Seit 1999 trat der Focus 26-mal in unserem Testprogramm gegen den VW Golf an. Beim 27. Aufeinandertreffen will der modellgepflegte Ford mal wieder gewinnen. Auch gegen Mazda 3, Opel Astra und Skoda Octavia. Wir geben raus zur Außenwette. 5,6 s Zwischenbeschleunigung. Mit dem neuen 1,5-Liter-Turbobenziner spurtet der Focus durchgeschaltet am schnellsten von 80 auf 120 km/h 1 ams-messwerte auf Seite 37 Der Ford und ein neuer Focus Hüpfen wir nach 1999, als der Focus I die Escort-Dynastie beerbte. Der Focus änderte alles; ihn kaufte man nicht nur, weil er billiger war als ein Golf, sondern auch, weil er so brillant fuhr. Noch heute beschwören wir das grandiose Handling des Focus I, das sich in der zweiten Generation abmilderte und 2011 in der dritten noch etwas abschwächte. Nun schärft Ford den Focus wieder. Das neue Fahrwerks-Set-up steigere Komfort und Handling gleichermaßen, informiert Ford. Netter Versuch, aber, ähm, nein. Stattdessen rumpelt der Focus nun deutlicher über schwere Unebenheiten. Steckte er die vor der Modellpflege selbst bei voller Beladung besser weg als sogar ein adaptivgedämpfter Golf, gibt er sie nun merklicher an die Passagiere weiter. Aber, liebe Mitväter und -sportwagenhinterherträumer: Ford hat wieder einen Focus, mit dem wir unsere Familien samt Golden Retriever im schwindelig fahren können. Die E-Servolenkung hüpft regelrecht aus der Mittellage, meldet feinnervig zurück und ermöglicht es dem Focus zudem, sich nun allein in Parklücken zu rangieren. Aber wir wollen nicht parken mit diesem Focus, sondern fahren. Über Land, wenn er mit sachtem Lastwechseldrängen durch Kurven fegt und ihn der neue, fröhlich brünftelnde 1,5-Liter-Turbobenziner dann auf die nächste Gerade hinauszieht. Man könnte sein kleines Laderschwächeln bekritteln oder das sachte Hakeln der langwegigen Sechsgangbox. Aber keiner fährt vergnüglicher. Dazu bietet der Ford unverändert ausreichend Platz, gute Sitze, umfangreiche Assistenzoptionen und eine nun sorgsamere Verarbeitung, nettere Materialien, clevere Details (Türkanten- und Stoßfängerschutz) sowie das neue Infotainment. Sync 2 lindert den Tastenausschlag im Cockpit, erweist sich als besser, aber noch nicht überragend gut (Connectivity-Check rechts unten). Seit Ford die Idee aufgab, einen günstigeren Golf zu bauen, haben sie den besten Focus, den es je gab. Der setzt jetzt zum Überholen an. Der Mazda und leichte Schwere Wer meint, Hubraum sei durch nichts zu ersetzen, ist noch nie trotz Vollgas im großen Gang in einem Mazda 3 zurückgeblieben, während die turbogeplusterten Rivalen davonstürmten. Ja, mit 165 PS beschleunigt der leichte Mazda eifrig und zudem homogener als die anderen. Doch im echten Leben fährst du eben mit Drehmoment statt Leistung. Und so motiviert der 3 in der Stadt auch vorangeht, auf der Landstraße merkst du, dass er seine 210 Nm erst bei 4000 Touren zusammendreht. So tourt der hoch verdichtete (14 : 1) Zweiliter immer ein, zwei Gänge höher. Dabei erweist sich die viele Schalterei wegen des kurzen, präzisen Getriebes durchaus als kurzweilig, aber nicht gerade förderlich für die Effizienz. Ford Nach dem Facelift jetzt noch fokussierter aufs Handling Jetzt kurbelt sich der Focus allein in Parklücken, heizt zudem das Lenkrad Unverändertes Ladevolumen, nur hier klappen Sitzlehne und -fläche. Hohe Innenkante Kennen wir noch aus dem ersten Volvo V70: Stoßfängerschutzdecke, kostet 75 Euro 8,4 l S/100 km 363/1215 l 535 kg So ziemlich alles neu im Cockpit mit einem nicht so allerbesten Touchscreen-Infotainment, anderem Lenkrad und neuer Instrumentengrafik. Die Rückbank bleibt bequem, aber etwas schmal 34 1/2015
Mazda Saugt sich mit dem Zweilitermotor in den Windschatten Nur der 3 kontrolliert sein Infotainment per Drehdrücker. Klappt klasse In den Laderaum packt sich der Mazda fast exakt so viel wie der 10 cm kürzere Focus Es gibt intelligenten Leichtbau bei Mazda, die labberige Matte ist billiger Leichtbau 8,0 l S/100 km 364/1263 l 524 kg Tiefer als die anderen integriert der 3 den Fahrer ins Cockpit. Center-Line mit kleinem Drehzahlmesser. Gut ablesbarer Monitor, uninspirierte Materialauswahl, ausreichend Platz hinten GULDES CONNECTIVITY-CHECK Ford-Navigation Sync 2: Der Focus zeigt Größe Puh, das hat sich gezogen: Bereits 2010 berichtete auto motor und sport das erste Mal über ein Infotainment-System mit großem Acht-Zoll-Monitor und Touchscreen-Bedienung für den nächsten Focus. Die Einführung ließ dann jedoch bis zum Facelift auf sich warten. Das Sync 2 genannte Gerät stellt Navi-Karten deutlich übersichtlicher dar, auch die Anzeige von Medieninhalten hat spürbar gewonnen. Neben UKW und CD spielt das 1300 Euro teure Gerät Musik über USB, SD-Karten und Bluetooth ab, für 195 Euro extra kommt noch ein DAB-Tuner hinzu. Die vier Bereiche Entertainment, Telefon, Klima und Navigation werden auf Wunsch gleichzeitig auf dem großen Display dargestellt, sodass der Fahrer stets die wichtigsten Informationen im Blick hat. Angesichts der Monitor-Größe verwundert es aber, wie klein manche Bedienflächen gehalten sind. Immerhin lassen sich viele Funktionen per Sprache steuern: Neben Navigationseingaben klappt dies mit etwas Übung auch beim Telefon oder bei der Auswahl von Musikstücken ( Spiel David Bowie ). Online-Funktionen sind keine an Bord. Staudaten besorgt sich die Navigation über Navteq-Traffic, eine aufgebohrte TMC-Variante, die jedoch längst nicht an aktuelle Echtzeit-Dienste herankommt. Die Ford-eigene Applink-Funktion, mit der sich Smartphone- Apps wie Spotify oder Hörbuch-Reader per Sprache steuern lassen, unterstützt Sync 2 derzeit ebenfalls nicht, sie soll jedoch nachgerüstet werden. Wann genau, will Ford diesmal lieber nicht sagen. Splitscreen-Modus für die vier Hauptfunktionen Handys docken per Bluetooth oder USB-Kabel an Trotz großem Monitor fielen einige Menü-Felder klein aus FAZIT Endlich groß Üppiges Display, clevere Sprachsteuerung, viele Audio-Funktionen: Seine 1300 Euro Aufpreis ist Sync 2 in jedem Fall wert. Vermisst wird jedoch ein aktueller Staumelder. 1/2015 35
Vergleichstest Opel Auch im Alter noch ein Schwergewicht dieser Klasse Opel Eye heißt das Kamerasystem für Kollisionswarner und Spurhaltehelfer Was macht er nur mit den 4,42 Metern Länge? Kurze Fondtüren und beengter Einstieg Trotz des dreifach höhenverstellbaren Ladebodens gibt es nie eine komplette Ebene 8,7 l SP/100 km 370/1235 l 582 kg Seit genau fünf Jahren bekritteln wir die Tastenfülle bei der Bedienung, ebenso lange schreiben uns Leser, man gewöhne sich daran. Womöglich besser als an die harte Rückbank Skoda Eine Limousine und eine Stufe größer als die anderen Clevere Details sollen einen Skoda ausmachen. Die 220-V-Steckdose...... oder der kleine Abfallbehälter in der Ablage vorne links (90 und 50 Euro Aufpreis) Kein, eher ein Gepäckloft hängt am Octavia dran, samt enormer Heckklappe 7,3 l S/100 km 590/1580 l 506 kg Na, die Wellen des Frohsinns schlagen nicht gerade hoch im Interieur des Octavia. Aber alles solide und eingängig bedienbar. Im Fond schafft der Skoda so viel Platz wie ein Audi A6 36 1/2015
An der mangelt es bei der Raumausnutzung. 4,46 Meter Länge setzt der 3 nur in ein ausreichendes Ladevolumen um, auch die Fondpassagiere verwöhnt er auf der dürr gepolsterten Bank nicht mit Raum. Pilot und Co. sitzen bequemer, dazu integriert sie der 3 angenehm tief ins breite Cockpit. Als einziges nutzt es fürs Infotainment einen Drehdrücker, was die Bedienung erleichtert. Erleichtert soll sich der Mazda wegen des Leichtbaus auch beim Handling anfühlen. Doch wiegt er nur acht Kilo weniger als der Octavia, und mit dem straffen, nicht sehr komfortablen und auf Unebenheiten unterdämpften Fahrwerk fühlt er sich eher hart als agil an. Die Lenkung spricht präzise an, meldet solide zurück, doch vermag der 3 weder beim Handling noch in der Bremswertung wirklich zu brillieren. Das gelingt umso mehr bei Preis, Ausstattung und Garantie. Aber der Focus ist am 3 vorbei. Der Opel und alte Stärken Schaut nur, da hinten glimmt der Himmel schon rötlich auf, der Opel macht sich auf den Weg in den Sonnenuntergang: 2015 wird er abgelöst. Vor fünf Jahren startete der Astra J und hielt seither Anschluss. Über die Jahre bekam er Assistenzsysteme und jüngst den Turbo-Direkteinspritzer. Hier startet der 1600er ohne Ausgleichswelle zögerlich, zieht dann umso heftiger, um ab 4000/min in dröhnige Drehunlust zu verfallen. Mit 8,7 l/100 km zapft er sich zu viel teures Super Plus aus dem Tank. Ja, nur der Golf beschleunigt hier temperamentvoller, doch das mit 20 PS weniger. Den Astra bremsen die lange Übersetzung der hakeligen Sechserbox und sein Gewicht. Angenehm solide Schwere zeigen die sorgsame Verarbeitung und der satte Komfort. Mit Adaptivdämpfern (980 Euro) steckt der Opel selbst herbe Unebenheiten sacht weg. Dazu passen die vielfach verstellbaren AGR-Sitze vorn (685 Euro). Im engen Fond VERBRAUCHSMESSUNG Fahrzeug Verbrauch in l/100 km Focus 1.5 Ecoboost 8,4 6,2 8,1 3 Skyactiv-G 165 8,0 5,9 7,7 11,3 Astra 1.6 Turbo 8,7 6,8 8,6 11,1 Octavia 1.4 TSI 7,3 5,4 7,0 10,4 Golf 1.4 TS I ACT 7,1 5,2 6,8 10,6 Testverbrauch Zusammensetzung: 15 % Eco-Verbrauch, 15 % Sportfahrer, 70 % Pendler Eco Besonders sparsam gefahrene Runde (275 km) Pendler Typische Fahrt vom Wohnort zur Arbeit (ø 21 km) Sportfahrer Sportliche Fahrweise mit häufig hohen Geschwindigkeiten DATEN UND Fahrzeugtyp Ford Focus 1.5 Ecoboost Titanium Mazda 3 Skyactiv-G 165 Center-Line Opel Astra 1.6 Turbo Style Skoda Octavia 1.4 TSI Elegance VW Golf 1.4 TSI ACT Highline Antrieb Motorbauart/ZylinderzahlReihe /4 Reihe /4 Reihe /4 Reihe /4 Reihe /4 Hubraum cm 3 14991998 1598 1395 1395 Leistung kw (PS) bei 1/min 110 (150) 6000 121 (165) 6000 125 (170) 6000 103 (140) 4500 110 (150) 5000 max. Drehm. Nm bei 1/min240 bei 1600 210 bei 4000 280 bei 1650 250 bei 1500 250 bei 1500 KraftübertragungVorderradantrieb Vorderradantrieb Vorderradantrieb Vorderradantrieb Vorderradantrieb Testwagenbereifung 215/55 R 16 V Continental Sport Contact 5 205/60 R 16 V Continental Sport Contact 5 225/50 R 17 V Bridgestone Potenza RE050 225/45 R 17 V Dunlop Sport Maxx RT 225/45 R 17 W Dunlop Sport Maxx RT Maße/Gewichte Leergewicht/ kg1365 /535 1291 /524 1418 /582 1299 /506 1301 /499 Länge Breite mm 4358 1823 4460 1795 4419 1814 4659 1814 4255 1799 (mit Spiegeln) Höhe (2010) 1484 (2005) 1450 (2013) 1510 (2020) 1460 (2027) 1452 Radstand mm2648 2700 2685 2667 2637 Wendekreis links/rechts m10,8 /10,9 11,4 /11,5 / 11,1 /11,2 11,1 /11,0 Gepäckraum l/vda363 /1215 364 /1263 370 /1235 590 /1580 380 /1270 Anhängelast/gebremst kg 660 /1500 600 /1600 730 /1500 620 /1500 630 /1700 Innenbreite v./h. mm1455 /1445 1480 /1460 1460 /1430 1460 /1450 1485 /1445 Innenhöhe v./h. mm1020 /925 1020 /965 1010 /950 995 /970 1020 /975 Normsitzraum mm680 670 700 725 695 Verbrauch/Reichweite/CO 2 Testverbrauch l/100 km 8,4 8,0 8,7 7,3 7,1 ams-eco-drive ams-pendlerverbrauch ams-sportfahrer CO 2 -Ausstoß im Test g/km 6,2 8,1 195 5,9 7,7 11,3 186 6,8 8,6 11,1 202 5,4 7,0 10,4 170 5,2 6,8 10,6 165 NEFZ-Verbrauch l/100 km Super Super Super Plus Super Super Stadt/über Land/gesamt 7,0 /4,6/5,5 7,5 /4,8/5,8 7,8 /4,9/5,9 6,5 /4,6/5,3 5,8 /4,2/4,7 SchadstoffeinstufungEuro 6 Euro 5 Euro 5 Euro 5 Euro 6 CO 2 -Ausstoß (NEFZ) g/km127 135 139 121 112 Effizienzklasse C C B B B Tankinhalt l55 51 56 50 50 Reichweite km654 637 643 684 704 Beschleunigung/Höchstgeschwindigkeit Beschleunigung 0 80 km/h 0 100 km/h 0 120 km/h 0 130 km/h 0 140 km/h 0 160 km/h 0 400 m -MESSWERTE s 6,2 8,9 13,5 15,5 21,1 16,3 5,8 8,7 13,9 16,2 21,5 16,2 Zwischenspurt s 60 100 km/h 4,6 4,8 4,7 4,7 4,6 80 120 km/h 1 5,6 6,0 6,1 6,1 5,9 Höchstgeschw. km/h210 210 220 215 216 Bremswege aus 100 km/h kalt m 35,1 37,8 36,4 36,4 35,1 aus 130 km/h kalt/warm 57,2 /57,7 64,6/63,9 2 62,1/60,4 59,3/57,7 58,7 /58,2 aus 160 km/h kalt 90 97 90 91 90 Innengeräusche bei 80 km/h letzter Gang 64 64 64 63 63 bei 100 km/h db(a) 67 67 67 66 66 bei 130 km/h bei 160 km/h 70 72 70 74 69 73 68 70 68 71 Fahrversuche Slalom 18 m TC/ESP an/aus 64,6/65,6 63,4/63,8 63,8/64,7 63,0/63,7 65,1/66,0 doppelter Spurwechsel km/h 132,4/133,3 128,2/128,6 133,3/134,7 128,2/129,8 136,1/136,6 Fahrdynamikbewertung ø ø ø ø ø Lenkpräzision indirekt/direkt Balance unter-/übersteuernd ESP konservativ/sportlich Beherrschb. leicht/anspruchsv. Fahrzeugkonzept konservativ/sportl. Kosten Festkosten Euro Steuer Haftpfl icht Teilkasko 1) Vollkasko 2) 94, 319, 128, 438, 120, 331, 149, 523, 120, 381, 154, 501, 80, 338, 127, 414, 62, 291, 100, 438, Unterhaltskosten im Monat 3) bei 15 000 km/jahr Euro 204, 214, 228, 201, 189, bei 30 000 km/jahr Euro 364, 377, 402, 356, 331, Grundpreis Euro 24 210, 22 490, 23 655, 24 690, 26 325, 1) ohne SB; 2) mit 150 Euro SB; 3) ohne Wertverlust 5,7 8,5 13,9 16,6 23,3 16,1 5,7 8,5 13,8 16,2 23,3 16,1 5,7 8,4 11,6 13,7 16,6 23,1 16,1 1/2015 37
Vergleichstest hocken die Passagiere dagegen eng, hart und haltlos wie auf einer Parkbank. Park? Das Stichwort nutzen wir als Überleitung zum Handling. Trotz des ausgewogenen Fahrwerks versteht sich der Astra mit der rückmeldungsscheuen Lenkung mehr als Flaneur denn als Freibeuter der Landstraße. Zu Lastwechseldrängen lässt er sich so wenig verführen wie zu herbem Untersteuern. Vehementer verzögern sollte er aber, und wie bei vielen Opel-Testwagen in letzter Zeit sprach das Bremspedal unpräzise an. So bremst der Focus auch den Astra aus. Der Skoda und tiefer Raum Wer vom Focus auf einer Landstraßentour direkt in den Skoda umsteigt, wundert sich am großen Lenkrad, wie betulich untersteuernd Tante Octavia über die Strecke schubbert. An Präzision und Rückmeldung mangelt es der Lenkung nicht, erst recht nicht dem Fahrwerk an Sicherheit. Doch es könnte durchaus agiler vorangehen angesichts der strammen Fahrwerksabstimmung. Doch die erklärt sich weniger mit Dynamikambitionen als vielmehr mit dem hohen Ladepotenzial wobei 506 Kilo fast zu knapp sind für 590 Liter. Mit ein paar Zentnern Gepäck jedenfalls steckt der Skoda üble Schläge hier am besten weg und gleicht damit das hoppelige Ansprechen ohne Beladung aus. 63,9 m Bremsweg aus 130 km/h. Bei der zehnten Verzögerung steht der Mazda 3 erst 6,2 Meter später als Ford Focus und Skoda Octavia 2 ams-messwerte auf Seite 37 Am besten reist man also in Gesellschaft, für die der Octavia ein klassensprengendes Raumangebot bereithält. Auf der kuscheligen Rückbank bleibt den Passagieren so viel Knieraum wie in einem Audi A6. Fahrer und Beifahrer sitzen hoch, aber gleichermaßen bequem. Vor ihnen erstreckt sich im Prinzip die gleiche Cockpit-Architektur wie im Golf: Alles leicht bedienbar (im Fall von Lenkradtasten und Tempomat sogar besser als im VW), aber eben das kleine bisschen heruntergeschraubt bei der Materialanmutung. Nicht aber bei der Solidität und erst recht nicht bei netten Details wie Abfalleimer, Telefonhalter und Eiskratzer, für die sich Skoda ja besonderer Cleverness rühmt. Auf die clevere Zylinderabschaltung der neuesten TSI-Generation verzichtet der Octavia dagegen. Sein 140 PS starkes Triebwerk treibt den Octavia zu praktisch denselben Fahrleistungen wie der Motor des Golf, lässt seine vier Zylinder aber 0,2 l/100 km mehr verbrennen und deutlich kerniger klingen. Auch der Wind umbrandet den Octavia geräuschintensiver. So lässt der günstige Skoda eine Lücke zum Golf. Quetscht sich der Focus da rein oder gar am Golf vorbei? Der VW und innere Größe Nein, auch diesmal bleibt der VW vorn. Wer meint, es liege nur daran, dass er außer dem hohen Preis keine Schwächen habe, verkennt seine Stärken. Auf 4,25 Metern genügend Platz für fünf Erwachsene zu schaffen, ist eine Ingenieurskunst, die bei Mazda, Ford und Opel trotz zehn bis 20 Zentimetern mehr Außenlänge nicht gelang. Vorn gibt es hervorragende Ergonomie-Sitze, im Fond die bequeme, gut ausgeformte Bank. Dazu bleiben 380 Liter da übertrumpft er Focus, 3 und Astra knapp. Ganz erheblich gelingt dem VW das beim Komfort. Mit Adaptivdämpfern (1015 Euro) bügelt er selbst herbe Unebenheiten sauber und schunkelfrei weg klappt allerdings beladen nicht mehr ganz so beeindruckend. Richtig Druck macht der Turbobenziner, lässt sich das aber so wenig anmerken wie die häufigen und langen Momente, in denen er zwei der vier Zylinder ausknipst. So holt VW Er schaltet zwei Zylinder aus auch wieder die Konkurrenz? Als ACT knipst der Turbobenziner zwei der vier Zylinder bei sachter Last aus Boden gutgemacht: Serienmäßig ebnet der Zwischenboden den Laderaum ein Auch der Golf kurbelt sich mutig in enge Parklücken. Für 205 Euro (Highline) 7,1 l S/100 km 380/1270 l 499 kg Bis auf Kleinigkeiten wie die Lenkradtasten entspricht das Cockpit-Layout dem Octavia, wirkt aber hochwertiger. Erstaunlich viel Platz hat der kurze VW auf der kuschligen Rückbank 38 1/2015
sich der VW mit dem sehr kultivierten, temperamentvollen und dazu sparsamen Motor (7,1 l/100 km im Testschnitt) sowie der wie im Skoda passend gestuften und präzisen Sechsgangbox Platz eins im Antriebskapitel. Und den Gesamtsieg, weil er neben allen erwähnten Stärken auch hervorragend bremst (nur der Ford verzögert noch besser), am schnellsten und besonders sicher durch den Fahrdynamiktest saust, sich leicht bedienen lässt, bekannt sorgfältig und hochwertig verarbeitet ist. Doch auf dieser einsamen, verschlungenen Landstraße fährt er eben golfig-besonnen und nicht so begeisternd Handling-fokussiert wie der Ford. Der gewinnt diesmal nicht. Aber wir feiern ihn mit einem Song von Udo Jürgens: Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient. Fazit Text: Sebastian Renz Fotos: Dino Eisele 1 VW Der Golf im Haus ersetzt fast alles, was es sonst an Ant- worten auf Fragen nach dem rundum talentiertesten Auto gibt: viel Platz, schnell, sicher, komfortabel, sparsam und eben doch bezahlbar. Erster! SEigenschaftsieger 2 Skoda Mit dem enormen Raumangebot ersetzt er fast eine Mittelklasse-Limo. Unter den Kompakteren wirkt er besonnen, bietet guten Komfort, nette Details, hohe Solidität. Fährt sich sicher, aber etwas träge. 3 Ford Er ersetzt nicht den Golf, ist aber wieder mehr wie früher: Keiner fährt agiler, dazu vergnügt der kräftige Motor. Doch mindert das straffe Fahrwerk den Komfort. Bedienung? Besser, noch nicht bestens. 4 Mazda Hubraum ist eben doch zu ersetzen, gegenüber den Turbo-Rivalen schwächelt der sparsame Motor. Auch bei Komfort und Sicherheit spart der Mazda, fährt dafür agil, sicher und günstig. 5 Opel So langsam müsste er mal ersetzt werden, doch noch immer überzeugt der solide und angenehm komfortable Astra, bei der Sicherheitsausstattung etwa. Nicht so sehr beim Motor, den ermattet das Gewicht. ERGEBNISSE Fahrzeugtyp * Bester erhält volle Punktzahl (Maximalpunktzahl) VW Golf 1.4 TSI ACT Highline Skoda Octavia 1.4 TSI Elegance Ford Focus 1.5 Ecoboost Titanium Mazda 3 Skyactiv-G 165 Center-L. Opel Astra 1.6 Turbo Style Karosserie Raumangebot (20) 9 9 8 9 8 Außenabmessungen (10) 8 6 7 7 7 (15) 5 10 5 5 5 (10) 6 6 6 6 7 Variabilität/Funktionalität (10) 9 10 9 6 7 Instrumente/Anzeige (5) 5 5 4 3 3 Bedienung (10) 9 9 7 7 6 Rundumsicht (10) 8 7 6 6 6 Qualitätsanmutung (10) 9 8 7 5 7 Summe (100) 68 70 59 54 56 Sicherheit Sicherheitsausstatt./-assistenz (40) 11 8 10 7 5 Licht (10) 8 8 8 6 8 Bremsweg kalt (100 km/h) (10) 4 3 4 2 3 Bremsweg kalt (130 km/h) (5) 3 3 4 1 1 Bremsweg warm (130 km/h) (10) 7 7 7 1 5 Verzögerung 160 km/h (5) 5 5 5 4 5 Pedalgefühl (5) 5 5 5 5 4 Fahrsicherheit (15) 14 13 13 12 13 Summe (100) 57 52 56 38 44 Komfort Federungskomfort (25) 21 20 18 17 20 Sitze vorn (15) 14 11 11 9 12 Sitze hinten (10) 9 9 8 6 6 Multimedia (20) 17 17 14 15 11 Komfort-Assistenzsysteme (10) 6 5 5 3 3 Klimatisierung (10) 8 8 7 7 7 Innengeräusch-Messwerte (5) 4 4 3 3 3 Geräuscheindruck (5) 5 3 4 2 3 Summe (100) 84 77 70 62 65 Antrieb Laufkultur (10) 9 8 8 6 7 Durchzugskraft (10) 7 7 7 4 6 Leistungsentfaltung (5) 4 4 4 3 3 Schaltung/Getriebeabstufung (10) 8 8 7 9 6 Beschl./Höchstgeschwindigkeit (15) 7 7 6 6 8 Zwischenbeschleunigung (5) 3 2 3 2 2 Testverbrauch (20) 11 11 9 10 8 Lademöglichkeiten (10) 0 0 0 0 0 Reichweite Elektro km (10) 0 0 0 0 0 Reichweite (5) 4 4 3 3 3 Summe (100) 53 51 47 43 43 Fahrverhalten Fahrdynamik (20) 13 10 13 10 12 Handling/Fahrspaß (25) 20 16 22 18 17 Lenkung (20) 18 18 17 15 14 Wendekreis (10) 2 2 3 2 1 Traktion/Wintertauglichkeit (15) 10 9 11 10 10 Geradeausl./Windempf. (10) 8 9 9 9 10 Summe (100) 71 64 75 64 64 Umwelt Well-to-Wheel-CO2-Emission (30) 19 19 16 17 15 Emissionen nach NEFZ (15) 12 10 11 9 9 Stand- und Fahrgeräusch (5) 4 5 3 4 3 Summe (50) 35 34 30 30 27 Eigenschaftswertung (550) 368 348 337 291 299 Kosten Grundpreis * (25) 15 20 22 25 20 Ausstattung * (10) 10 9 9 9 8 Aufpreisgestaltung (5) 3 4 3 2 3 Wiederverkaufschancen (10) 8 7 7 6 7 Festkosten für 5 Jahre * (10) 10 9 9 8 8 Wart./Rep. 100 000 km * (15) 14 14 15 15 14 Kraftstoffkosten 100 000 km * (15) 15 15 12 13 10 Garantie (10) 5 5 5 7 5 Summe (100) 80 83 82 85 75 Gesamtwertung (650) 448 431 419 376 374 1 2 3 4 5 1/2015 39