Analyse der Bunkai in Seitei, Muso-Jikiden-Eishin und Shingitai-Iai

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1 Referat zur 3. DAN (Sandan) Prüfung im Iaido von beim Budokan Saal e.v. (Verband asiatischer Kampfkünste e.v.) Thema: Vorwort Je länger man sich in der Kampfkunst engagiert umso häufiger taucht der Begriff Bunkai auf. Bunkai setzt sich zusammen aus den japanischen Kanij Bun (分) - das Zeichen bedeutet Teil, Anteil und meint sinngemäß das Teilen einer Angelegenheit in ihre einzelnen Komponenten. Der Begriff bezeichnet das Zerlegen eines komplexen Systems in Einzelteile, um seine Vielschichtigkeit zu analysieren und zu verstehen. Wortkombinationen sind z.b. bunkatsu (Teilung, Zerlegung), bunseki (Analyse), u.a. Kai (解) das Kanij bedeutet Erklärung, Lösung und meint das Auflösen des Puzzles, das durch bun (teilen) entstanden ist. Die Erkenntnisse aus bun werden zu einem funktionieren Ganzen zusammengefügt. Das Zeichen kann auch als ge (Erklärung, Lösung), toku (auflösen, lösen), wakaru (verstehen) interpretiert werden. Der Begriff Bunkai bedeutet das Teilen und das Auflösen einer Sache. Somit also eine Auseinandersetzung mit einem bestimmten Themenkomplex. Das gilt in der japanischen Mentalität nicht nur für die Kampfkunst. Man muss demnach erst Dinge unterteilen in Einzelaspekte um das Gesamte zu verstehen. In Bezug auf die Kampfkunst heißt das, ich muss den Hintergrund der gelernten Handlung verstehen um die Bewegung richtig auszuführen. Hier trennt sich auch der Weg zwischen Kampfkunst und Kampfsport. Seite 1

2 Im Kampfsport werden nur gezielt Bewegungen eingeübt, die im Wettkampf Punkte bringen. Dies lässt jedoch die ursprüngliche Bedeutung der jeweiligen Kampfkunst außer Acht. Hier ging es darum sich auf einen eventuellen Kampf vorzubereiten, der sich nicht an Wettkampfregeln hält und bei dem ich eventuell nicht nur einem unbewaffneten Gegner gegenüberstehe. Da viele Handlungen nicht in ihrer Ursprungsbedeutung überliefert sind, ist man auf Interpretationen angewiesen. Hier ist jeder Budoka gefragt das eigenes Tun zu hinterfragen und die Erläuterungen seines Sensei aufzunehmen. In der Anwendung ist häufig der Unterschied zwischen einem Schüler zu erkennen, der sich mit dem Bunkai schon auseinandergesetzt hat und einem Schüler, der diesen Weg noch nicht beschritten hat. Im Grunde genommen kann man Bunkai als die Verschmelzung von Kata und Kumite verstehen. Sozusagen die Schnittmenge, denn eine Kata ohne Bunkai ist gleichfalls unerfüllt wie Kumite ohne Bunkai. In Bezug auf das Iaido gelten die gleichen Regeln wie für andere Kampfkünste. Auch hier sollte der Schüler sich mit der Interpretation und Ursache seiner Bewegungen beschäftigen. Seite 2

3 Gegenüberstellung der drei ausgewählten Stile. Seitei Iaido (制定 居合道) Im Grunde genommen kann man die Seitei Formen nicht als eigenen Stil bezeichnen. Hierbei handelt es sich um zwölf Formen die vom Zen Nihon Kendo Renmei (ZNKR = Alljapanischer Kendo Verband) vorgegeben wurden. Es ist eine Mischung aus mehreren Stilrichtungen und sollte als vergleichbares Grundprogramm für Alle dienen. Die ersten sieben Formen wurden 1968 entwickelt und 1980, sowie 2000 auf nunmehr 12 erweitert. Sie dienen in vielen Schulen, so auch bei uns, als Einstieg in das Iaido und sind somit wohl weltweit die weitverbreitetste Form. Sie sind zum Teil vereinfachte Formen aus den verschiedenen Stilrichtungen; man wollte damit wieder den Schülern das Verständnis für den Umgang mit dem Schwert vermitteln. Ziel dieser Kata s kann man aufgrund ihrer Entstehungszeit nicht mehr als die Einübung eines unbedingt todbringenden Schnittes zum Gegner erklären. Hier geht es schon vielmehr um die Bewahrung der Tradition des Umgangs mit dem Schwert, als gleichzeitig auch um den eigenen Weg im Budo zu finden. Das bedeutet die Beschäftigung mit einem imaginären Gegner und gleichzeitig mit sich selbst. Selbstverständlich muss man sich während der Ausübung der jeweiligen Kata im Klaren sein über die jeweilige angewandte Technik. Das wird jedem Ausübenden sofort bewusst, wenn er einmal mit einem scharfen Schwert (shin ken) trainiert. Denn hier ist schon alleine beim Herausziehen des Schwertes (nukizuke) als auch beim Zurückführen (noto) höchste Konzentration gefordert um sich selbst nicht zu verletzen. Seite 3

4 Die Ausübung der Seitei dient also der Schulung des Umganges mit dem Schwert und dem geistigen Einlassen mit dieser Kampfkunst. Die Ausführung der einzelnen Bewegung kann hier demnach ruhig bis langsam, aber gezielt verlaufen. Die Schnitte jedoch sind schnell. Die Augen sind immer auf den Gegner konzentriert und fokussiert. Musō Jikiden Eishin-Ryū (無双直伝英信流) Musō Jikiden Eishin-Ryū ist eine der meist verbreiteten Stilrichtungen des Iaido und wurde bereits vor zirka 450 Jahren gegründet. Sie ist in direkter Linie immer weitergegeben worden vom jeweiligen Meister (Soke) zu seinem Nachfolger und somit wohl die zweitälteste Kampfkunst. Hierbei ging es ursprünglich um die Ausbildung der Samurai im Umgang mit dem Schwert. Die Formen wurden im Laufe der Jahre noch der veränderten Form des Schwertes angeglichen. Ziel war es den Schüler soweit zu bringen, dass er imstande war mit einem einzigen Schnitt den Gegner zu besiegen. Dabei gibt es die unterschiedlichen Situationen die rein äußerlich trainiert werden, wie z.b. richtiges Verhalten innerhalb von beengten Räumen, oder Vorbereitung auf mehrere Gegner. Gleichzeitig war auch hier durch die Ausbildung verbunden den Geist zu schärfen und eine innere Ruhe zu finden, die einem Kämpfer ermöglicht, vergleichbar einem sechsten Sinn, jederzeit auf eine Konfrontation vorbereitet zu sein um als Sieger Überlebender hervorzugehen. Die Schule war Überlebenstraining, denn anders als heute bei uns, konnte man zur damaligen Zeit unverhofft in eine tödliche Auseinandersetzung geraten. Diese Grundvoraussetzung ist heute zum Glück nicht mehr gegeben, bedeutet aber umso mehr, dass der Iaidoka sich dieser überlieferten Tradition bewusst sein sollte. Zum einen als Bewahrer dieser Kunst als auch die gelernten Anteile in sein Leben zu integrieren wie z.b. entschlossenes Handeln, Aufrichtigkeit, Geduld, Disziplin, Selbstbeherrschung und Aufmerksamkeit. Seite 4

5 Grundsätzlich sind die Musō Jikiden Eishin Formen daher kämpferischer und dynamischerer auszuführen. Shingitai-Iai (心技体) Shin bedeutet Geist, Herz, oder guter Geist Wenn wir trainieren, sollen wir uns immer im Klaren sein was wir gerade tun. Unser Kampfgeist sollte nicht erlahmen, wir sollten immer unser Bestes geben. Gi meint Erfahrung Bewusstsein, Fähigkeit, Wissen Wir müssen hart arbeiten und unserer Technik verbessern um an Effektivität zu gewinnen. Jeder von uns kennt schwierige Techniken, an diesen muss hart gearbeitet werden um gut darin zu werden Tai verkörpert die physikalische Anstrengung, den Körper Das heißt wir müssen unseren Körper in eine gute Verfassung bringen durch Üben, damit wir im richtigen Moment in der Lage sind schnell und unverzüglich die richtigen Bewegungen auszuführen. Zusammengenommen bedeutet ShinGiTai die Verschmelzung von Geist, Technik und Körper zu einem Ganzen. Das Shingitai-Iai ist eine Entwicklung aus dem Aikido heraus zu einer Schwertform. Der Begründer des Aikido Morihei Ueshiba hat das Aikido aus einer Schwertform heraus entwickelt. Das Aikido-Prinzip: Das verborgene Prinzip des Aiki ist, einen Angriff ohne Kampf zu vereiteln, indem man sein Ki zur Anwendung bringt. Seite 5

6 Im Aikido gibt es keine Angriffstechniken, der Aikidoka reagiert auf die Aktion seines Gegenübers. Es stellt das Prinzip der gesamten Harmonie dar, welche im Menschen wohnt. Der Glaube also, dass jeder Mensch zwischen Gut und Böse unterscheiden kann. Für die westliche Philosophie ergibt dies genau den Unterschied zwischen menschlicher und tierischer Existenz. Der Bezug zum Iaido: Der Iaidoka leitet mit Tenkan- oder Irimi-Bewegungen den Angriff ab oder stoppt ihn schon im Ansatz. Unentwegt, bis der Angreifer seine Absicht einstellt. Nicht durch Gewalt wird hier also der Kampf vermieden, sondern durch eine aktive Passivität. Ueshiba verlagert sogar die Entscheidung auf den Angreifer, in ihm soll die Erkenntnis über richtig oder falsch reifen. Das bedeutet aber auch, wenn ich die Absicht des Gegenübers zum Angriff erkenne, so kann / muss ich dies durch eigene Maßnahmen im Keim unterbinden. Das setzt eine sehr fortgeschrittene Schule und einen wachsamen Geist voraus. Da im Schwertkampf Fehler tödlich waren, ist hier ebenfalls eine hohe Präzision in der Handhabung des Schwertes und der Ausführung der Bewegung erforderlich. Schon oft haben wir davon gehört, dass das Schwert die Verlängerung der Hand ist. Umgekehrt lässt sich aber auch das Katana mit der Hand direkt vergleichen. Die Schwertschneide (Ha) ist vergleichbar mit der Kleinfingerseite der Hand. Die stumpfe Seite des Schwertes (Mune) wäre die Daumenseite der Hand, die Schwertspitze (Kissaki) entspricht den Fingerspitzen und die Gratlinie (Shinogi) ist der Arm. Seite 6

7 Kissaki Mune Shinogi Ha Shinogi Mune Kissaki Ha Somit können viele Bewegungen in der Ausführung zwischen Schwert und Hand verglichen werden. Seite 7

8 Bei der Irimi Bewegung gehe ich seitlich aus dem geraden Angriff des Gegners heraus. Somit bringe ich mich in eine deutlich überlegene Position. Ich kann an dieser Stelle häufig den Kampf durch einen gezielten Schnitt von der Seite auf den Gegner beenden, oder ihm die Möglichkeit zur Aufgabe bieten. Diese seitliche Ausweichbewegung kommt in vielen Iaido Stilen (z.b. Ukenagashi) vor und ist gleichzeitig Grundelement des Aikido. Vergleichbar ist ebenso die Blocktechnik auf Shomen Uchi Angriffe. Das Schwert wird nicht mit der Klingenseite geblockt (dabei würde auch die Gefahr der Zerstörung bestehen), sondern mit der Rückseite des Schwertes aufgenommen. Die Kraft des Angriffs wird hier umgewandelt in eine Bewegung; der Angreifer läuft dabei ins Leere, wodurch der Verteidiger in eine optimale Angriffsposition gelangt. Hier findet sich genau das Aikido-Prinzip wieder, bei dem der Angriff mit der Daumenseite der Hand aufgenommen und umgeleitet wird. Es könnten noch viele dieser Gemeinsamkeiten im Verständnis des Shingitai-Iai in Verbindung zum Aikido aufgeführt werden. Dies würde jedoch den vorgegebenen Rahmen dieser Arbeit überschreiten. Ich möchte mich ausdrücklich bei meinen großartigen Lehrern Thomas Moser und Wolfgang Wimmer für die bisherigen Lehren bedanken. Abensberg den Quellenangabe: 1) Flashing Steel ISBN ) Wikipedia Beitrag über Musō Jikiden Eishin-Ryū 3) 4) Iaido von Peter Güthing Band 1 5) Aikido Toho Iai von Michael Russ Seite 8