Markenrecht in der Verfahrenspraxis

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1 Markenrecht in der Verfahrenspraxis RA Dr. Egon Engin-Deniz Partner, Head of IP CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH Einheit

2 Strafbare Markenverletzung

3 Tat 3 Zumindest bedingt vorsätzlicher Markenrechtsverstoß gegen 10,10a MSchG im geschäftlichen Verkehr oder bei Gewerbsmäßigkeit im geschäftlichen Verkehr = jede selbständige, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, die wirtschaftlichen Zwecken dient und in der Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt (keine Gewinnabsicht nötig) Gewerbsmäßigkeit = wenn die Handlung in der Absicht vorgenommen wird, sich selbst durch die wiederholte Begehung dieser Taten eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen Objektiver Tatbestand entspricht zivilrechtl Markenverletzung Identitätsschutz Verwechslungsschutz Bekanntheitsschutz Besonderheit: kennzeichenrechtl Strafrechtsschutz des nicht reg Unternhmenskennzeichens nach 60 Abs 2 MSchG

4 Tat und Strafandrohung Strafbarkeit des unmittelbaren Täters ( wer im geschäftlichen verkehr eine Marke verletzt.. ) Strafbarkeit des Unternehmensinhabers/leiters (Abs 3)/organs (Abs 4): wenn er die Tat eines Bediensteten oder Beauftragten im Betrieb des Unternehmens nicht verhindert hat (Vernachlässigung von Ingerenzpflichten gem 60 Abs 3 MSchG, Garantenstellung nach 2 StGB für Unterlassung) 4 Strafbarkeit der juristischen Person nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (BGBl I 2005/151 idfbgbl I 2016/26), wenn tat zugunsten Verband begangen wurde, durch Verhängung einer Verbandsgeldbuße bis zu 70 TS Freistellung von wirtschaftl abhängigen Bediensteten oder Beauftragten bei Handlung auf Auftrag Auch Versuch ist strafbar Universität In der Wien Praxis: VO zb SS 2018 Produktpiraterie

5 Verfahren Privatanklageverfahren Antragsteller ist Rechteinhaber und wohl ausschließlicher Lizenznehmer, einfacher Lizenznehmer wohl nicht (analog Klagelegitimation im Zivilprozess) Sachliche und örtliche Zuständigkeit Ausschließlich LG für Strafsachen Wien ( 69d MSchG) Verjährung: sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört bei nicht gewerbsmäßiger Begehung: 1J bei Gewerbsmäßigkeit: 5J 5

6 Verfahren - Fortsetzung Verfahrensablauf: Einbringen der Privatanklage beim zuständigen Gericht Zustellung an Bekl durch Gericht, Äußerung binnen 14T mögl Anberaumung der Hauptverhandlung 6 Ausschluss der Öffentlichkeit mögl Anordnung von Beseitigung und Urteilsveröffentlichung möglich Unterbrechung bei Vorfrage mögl (zb bei Löschungsverfahren) Zwangsmaßnahmen: nur zur Sicherung von Beweisen oder vermögensrechtlichen Anordnungen Privatbeteiligung des Rechteinhabers möglich, theoretisch auch zivilrechtl Ansprüche nach 51ff, MschG, praktisch nicht Verfall möglich, Befriedigung des Privatanklägers zb bei Schadenersatzanspruch Einziehung möglich

7 Verfahren - Fortsetzung Selbständiger Antrag auf Erlassung vermögensrechtlicher Anordnungen ( 445 StPO): Vor Privatanklageerhebung mögl (zb Identität des Täters noch nicht bekannt) Für Zwangsmaßnahmen zur Sicherung von Beweisen oder vermögensrechtlichen Anordnungen zb zur Sicherstellung von Waren, die unter Verletzung von Markenrechten hergestellt und in den Verkehr gebracht wurden Führt zu Eröffnung des Hauptverfahrens wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Voraussetzungen der Abschöpfung der Bereicherung ( 20 StGB), des Verfalls ( 20b StGB) oder der Einziehung ( 26 StGB) gegeben sind, ohne dass darüber in einem Strafverfahren entschieden werden kann Mögliche Maßnahmen sind insb Sicherstellungen ( 110ff StPO) Beschlagnahmen ( 115ff StPO) Jedoch keine Beteiligung des Privatanklägers und Rechteinhabers (OGH ,15 Os 73/17z und 74/17x) Auskünfte über Bankkonten und Bankgeschäfte ( 116ff StPO) Durchsuchung von Orten, Gegenständen und Personen ( 119ff StPO) 7

8 Verfahren - Fortsetzung Anträge auf Erlassung von Maßnahmen zur Beweissicherung: zusammen mit oder nach der Privatanklageerhebung oder der Einbringung eines selbständigen Antrages wenn zwar Beweise für eine Markenrechtsverletzung vorliegen, deren genauer Umfang aber noch nicht bekannt ist Ende des Privatanklageverfahrens: mit Urteil Einstellung mit Beschluss: ausdrücklicher Verzicht oder Verzeihung oder angenommener Verzicht (zb bei Vergleich über privatrechtliche Ansprüche) Bei Nichterscheinen des Privatanklägers oder Fehlen der erforderlichen Anträge (zb keinen Schlussvortrag) wird Verzicht angenommen Kostenersatz 390ff StPO 8

9 Sonderfall: 110 Abs 3 Z 4 StPO Kriminalpolizei kann Gegenstände von sich aus sicherstellen, wenn bei Tätigwerden der Zollbehörden begründeter Verdacht entsteht, dass Waren ein Recht geistigen Eigentums verletzen auch bevor ein Antrag des Rechtsinhabers auf Tätigwerden der Zollbehörden gestellt oder zugelassen worden ist Näheres zum Zollverfahren in der nächsten Vorlesungseinheit! 9

10 Internationale Entwicklungen 10

11 RL 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des Geistigen Eigentums ( Enforcement Directive ) Vorbild des TRIPS Anlass: Besorgnis über organisierte Produktpiraterie auch für rein nationale Verletzungsprozesse Inhalt: umfassendes Auskunftsrecht des Verletzten Auftrag zur Beweismittelvorlage an AG Abhilfemaßnahmen: Rückruf, Entfernung aus dem Vertriebsweg und Vernichtung, stattdessen Abfindungszahlung mögl Zum Schutz des AG: Sicherheitsleistung, Recht auf nachträgliche Anhörung und Verpflichtung zu Schadenersatzleistung Ersatzfähigkeit der Rechtsverfolgungskosten 11

12 Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) soll in EU, Australien, Kanada, Japan, Korea, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Singapur, die Schweiz und USA umgesetzt werden bezieht sich auf alle möglichen Arten von Marken- und Urheberrechtsverstößen 3 primäre Schienen: 1. Internationale Kooperation zb bei Informationsaustausch, Exekution 2. Rechtsdurchsetzung zb Beratung, Konsumentenaufklärung 3. zivil- und strafrechtlicher Rahmen - Wurde 2012 vom Europäischen Parlament abgelehnt! 12

13 Wiederholungsfragen 1. Wann ist ein Markenrechtsverstoß strafbar? 2. Wer kann einen Markenrechtsverstoß strafrechtlich verfolgen? 3. Erklären Sie den Antrag auf Erlassung vermögensrechtlicher Anordnungen! 4. Was ist das sog ACTA? 13

14 Danke für Ihre Aufmerksamkeit 14

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