NATUR UND VOLK. Bericht der Senckenbergischen Naturjorschenden Gesellschaf. Frankfurt a. M., > -7.

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Kevin Kalb
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1 NATUR UND VOLK Bericht der Senckenbergischen Naturjorschenden Gesellschaf t -. Natur und Volk 89 Heft 4 -> Frankfurt a. M.,

Der größte einheimische Weberknecht, ein südliches Faunen-Element in der Umgebung Frankfurts. Von Dr. OTTO KRAUS, Natur-Museum und Forschungs-Institut Senckenberg. Mit 3 Bildern.

2 Der größte einheimische Weberknecht, ein südliches Faunen-Element in der Umgebung Frankfurts. Von Dr. OTTO KRAUS, Natur-Museum und Forschungs-Institut Senckenberg. Mit 3 Bildern. Noch immer sind wir von einer vollständigen Kenntnis selbst unserer ein - heimischen Tierwelt weit entfernt. So mußten wir jetzt feststellen, daß ein noc h nicht einmal besonders kleines Tier unserer Fauna fast 90 Jahre lang völli g übersehen worden ist : der größte deutsche Weberknecht. Sicher ist diese erstaunliche Tatsache damit zu erklären, daß sich stets nur vereinzelte Spezialisten mi t diesen Spinnentieren befaßt haben, im Gegensatz etwa zu Schmetterlingen un d Käfern. Als der Verfasser vor wenigen Wochen von Herrn H. HESSE (Frankfurt- Höchst) als Geschenk für das Senckenberg-Museum neben vielen anderen Spin - Bild 1. Odiellus spinosus (Bosc) von oben. X 2,7. 125

3 Bild 2. Odiellus spinosus. Körper des Tieres von oben ; man erkennt die Bewehrung der Kopfbrust (Cephalothorax ) und der Grundgliede r der Beine. X 7. nen eine Anzahl Weberknechte (Opiliones) aus dem Rhein-Main-Gebie t erhielt, fand sich dabei auch eine Art der Familie Phalangiidae-Oligolophinae, die durch ihre ungewöhnliche Größe auffiel (Körperlänge der Y bis 11,0 mm). Die weitere Untersuchung ergab, daß die Stücke der Art Odiellus spinosus (Bosc 1792) angehören (Bild 1, 2). Dieses Ergebnis mußte zunächst sehr überraschen, denn aus Deutschland war von der Gattung Odiellus als bisher einzige Art nu r der viel kleinere und in wesentlichen Merkmalen verschiedene O. palpinali s (HERBST 1799) bekannt; in der wichtigsten neueren Literatur ist deshalb fü r unsere Fauna auch stets nur diese eine Art angeführt (ROEWER 1923, KAESTNE R [in DAHL] 1928, ROEWER [in BROHMER] 1929). Odiellus spinosus ist dagegen im Mittelmeer-Gebiet weit verbreitet. Er ist i n Spanien und Algerien, Korsika und Italien und sogar noch in Jugoslawien (Insel Krk) festgestellt worden; die Art kommt außerdem in Frankreich, vor allem i n der Umgebung von Paris, und sogar noch im südwestlichen England vor (Bild 3). Die Fundorte im Rhein-Main-Gebiet sind nach unserer gegenwärtigen Kenntni s vom Hauptverbreitungsgebiet abgesprengt und völlig isoliert. 126

4 Hier hat Herr HESSE die Art jetzt an folgenden Fundstellen gesammelt : Mombach (Mombacher Sand, in Kiefernwald) ; Schwanheim (in Kiefernwald mit Seggenwuchs ; in Keller) ; Hofheim (Steinbruch, unter Steinen). Bei genauer Durchsicht der Sammlungen des Senckenberg-Museums ergaben sich noch weitere Stücke, die in früheren Jahre n von den Frankfurter Zoologen Dr. L. NICK und Dr. A. MÜLLER gefunden worde n waren : Sachsenhäuser Berg, an Lattenzaun, und Schwindstraße in Frankfurt. Danach ist dieser größte deutsche Weberknecht im Stadtgebiet selbst wie auch in der Umgebun g Frankfurts nicht einmal besonders selten. Zum ersten Mal wurde er hier, wie sich be i Bild 3. Die Verbreitun g von Odiellus spinosu s (Bose). genauer Durchsicht des Schrifttums ergab, schon im Jahre 1870 von Dr. C. NoLL gefunden, einem Zoologen, der sich um die Erschließung der Fauna von Frankfurt besonder e Verdienste erworben hat. Der um die Erforschung der Spinnentiere des Rhein-Main - Gebietes gleichfalls verdiente Hessische Landesgeologe C. KocH hatte das Tier darauf - hin (1872) gleichfalls in vielen Stücken gesammelt, und zwar zwischen den Landhäusern im nordöstlichen Gebiete der Stadt. KocH hat jedoch nicht die Übereinstimmun g mit der längst bekannten Art spinosus aus dem Mittelmeer-Gebiet erkannt und darauf - hin eine besondere neue Art unter dem Namen Oligolophus nollii beschrieben. Aber schon wenig später (1879) stellte der französische Arachnologe E. SIMoN fest, daß Oligolophus nollii von Frankfurt mit Odiellus spinosus identisch ist. Wie bereits erwähnt, ist Odiellus spinosus danach zwar noch zweimal in und be i Frankfurt gefunden (MÜLLER, NICK), aber nicht erkannt worden. So konnte das Vor - kommen bis in die jüngste Zeit, also fast 90 Jahre lang, übersehen werden, und in de r 127

5 neueren Literatur ist diese bemerkenswerte Art nie wieder für Deutschland erwähn t worden, Odiellus spinosus war eine für unsere Fauna verschollene und vergessene Art. Obwohl dieser Weberknecht jetzt an anderen Stellen des Rhein-Main-Gebiete s wiedergefunden und richtig erkannt worden ist, wissen wir noch nichts übe r seine Verbreitung in Deutschland. Es muß in diesem Zusammenhang auch er - wogen werden, ob Odiellus spinosus vielleicht früher einmal, etwa mit Pflanzen, aus dem Mittelmeer-Gebiet eingeschleppt worden ist ; an diese Möglichkeit ha t schon C. KocH (1872) gedacht, denn er bemerkt zu dem Vorkommen : Oligolophus Nollii scheint ein ganz beschränktes Verbreitungsgebiet zu haben, oder is t in dieses aus dem Süden eingeschleppt worden, muß sich aber in diesem Fall e rasch und schnell vermehrt haben. Im Sommer sitzen die Tiere unter der Boden - decke von Gärten und an niedrigen Pflanzen und im Winter in den Kellern un d Gewächshäusern. Inzwischen ist Odiellus spinosus aber auch von Paris un d dem südöstlichen England bekannt, und die neuen Stücke aus dem Rhein-Main - Gebiet stammen zudem von Fundorten, die sicher keinerlei Beziehung zu Kulturland haben (Mombach, Schwanheim, Hofheim) ; deshalb möchten wir die Möglichkeit einer Einschleppung als höchst unwahrscheinlich ausscheiden. Odiellus spinosus ist unter diesen Umständen vielmehr als echtes südeuropäisches Faunen-Element zu werten, dessen Vorkommen gerade bei Frankfur t zweifellos auf die günstigen klimatischen Verhältnisse des Rhein-Main-Gebiete s zurückzuführen ist. Auch bei anderen Tiergruppen finden sich für das Gebie t ähnliche Beispiele, es sei hier nur an das Auftreten der Getreide-Ameise (Messo r barbarus) bei Lorch und Lorchhausen l), des Schmetterlingshaft (Ascalaphus libelluloides) an den gleichen Stellen oder an das Vorkommen der Aeskulapnatter (Ela phe 1. longissima) bei Schlangenbad (Taunus) und bei Hirschhorn im südlichen Odenwald erinnert. Zur Erweiterung unserer Kenntnis der Verbreitung von Odiellus spinosu s wäre es wünschenswert, wenn auch weitere Kreise auf diesen jetzt wiedergefundenen und größten deutschen Weberknecht achten wollten. Das Tier fällt durch seine für einen Kanker im Verhältnis zu dem großen, plumpen Körper ziemlic h kurzen Beine auf und ist bei Vergleich mit den hier gegebenen Abbildungen z u erkennen ; besonders bezeichnend sind die drei großen Dorne an der Vorderkante der Kopfbrust (Cephalothorax) zusammen mit der Dornen-Bewehrun g der basalen Beinglieder (Coxen, Trochanteren) ; der Augenhügel (Tuber oculorum) trägt nur ganz flache Höckerchen. Der Verfasser ist für die Zusendun g von verdächtigen Tieren (in Alkohol, 70 /o) dankbar und gibt gern darübe r Auskunft. Schriften. KRAUS, 0. : Eine bisher in Deutschland übersehene Odiellus-Art (Opiliones, Arach.). Senck. biol., 40 (1/3) : Frankfurt [Dort die weitere Literatur. ] 1 ) Vgl. Natur und Volk, 82 (9) : 295,

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