NEWSBOX Wirtschafts- und Steuerrecht Ausgabe 130, Datum
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- Reinhardt Fuhrmann
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1 Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach der Neuregelung in 3a EStG im Lichte des Europäischen Beihilferechts Verfasser Stefanie Neidhardt, B.A. Prof. Dr. Jens M. Schmittmann Leimkugelstr. 6, Essen Klassifizierung Europarecht; Europäisches Beihilferecht; Steuerrecht; Insolvenzrecht Stichworte Sanierungserträge/-gewinne; Sanierungsklausel; staatliche Beihilfe; Europäische Kommission Abstrakt Rund anderthalb Jahre nach seiner Verkündung ist 3a EStG n.f. nun in Kraft getreten, nachdem Bedenken gegen die beihilferechtliche Zulässigkeit nicht mehr bestehen. Dieser Umstand und das Urteil des EuGH vom 28. Juni 2018 zur Sanierungsklausel des 8c Abs. 1a KStG geben Anlass, die Bedeutung des Europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht näher zu untersuchen. Der nachfolgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die bisherige Entwicklung sowie die Neuregelung durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2018, BGBl I (14. Dezember 2018), S ff. Der Beitrag baut auf die Ausführungen von Neidhardt/Schmittmann, Aktuelles zum Einfluss des europäischen Beihilferechts auf das nationale Steuerrecht in Sanierungsfällen, FOM Newsbox Wirtschafts- und Steuerrecht, Ausgabe 120 vom 30. Juli 2018, auf. Seite 1
2 I. Einführung Die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen fußt auf eine langjährige Tradition in Deutschland (vgl. Seer, FR, 2014, 724 ff.; Kußmaul/Licht, DB, 2017, 1803) und hat sich im Hinblick auf die eng mit der Wirtschaftspolitik verbundenen Ziele zu einem etablierten Sanierungsinstrument entwickelt. Nachdem der Große Senat des BFH am (GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393) entschieden hat, dass der sog. Sanierungserlass (BMF v , IV A 6-S /03, BStBl I, 240; ergänzt durch BMF v , IV C 6-S 2140/07/10001, BStBl. I 2010, 18) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt, hat der Gesetzgeber schnell reagiert und einen entsprechenden Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht. Der Einfluss des Europäischen Beihilferechts auf das nationale Steuerrecht wurde spätestens im Jahr 2011 mit dem Beschluss der EU-Kommission (Beschluss 2011/527/EU der Kommission v , C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) KStG, Sanierungsklausel, ABl. EU 2011, Nr. L 235/26), in dem die Sanierungsklausel des 8c Abs. 1a KStG als rechtswidrige Beihilfe qualifiziert worden ist, deutlich (vgl. de Weerth, DStR, 2014, 2485). Die Konsequenzen waren weitreichend und es scheint, als hätte der Gesetzgeber daraus seine Lehren gezogen, in dem die Anwendung des 3a EStG unter dem Vorbehalt der Positiventscheidung der Europäischen Kommission gestellt worden ist. Unerwartet schnell äußerte sich die Europäische Kommission mit einem sog. Comfort Letter und erklärte in diesem die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen mit dem Europäischen Beihilferecht für vereinbar. Allerdings war in dem verabschiedeten Gesetz vom 27. Juni 2018 ein förmlicher Beschluss seitens der Europäischen Kommission für das Inkrafttreten der Neuregelung vorgesehen, so dass diese ursprüngliche Vorbehaltsregelung für das Inkrafttreten aufgehoben werden musste (BGBl. I vom 14. Dezember 2018, S. 2353). II. Inkrafttreten der Neuregelung durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11. Dezember Aufhebung des Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken Durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2018, BGBl I (14. Dezember 2018), S ff., wurde in Art. 19 die Regelung des Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) aufgehoben. Damit treten die Neuregelungen sofort in Kraft. Für Altfälle wurde in 52 Abs. 4a EStG folgende Regelung getroffen: Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist 3a auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden. Seite 2
3 Das Datum erklärt sich aus der Bekanntgabe der Entscheidung des Gemeinsamen Senats des BFH aus 2016 zur Unwirksamkeit des Sanierungserlasses von Zudem gilt nach 52 Abs. 5 EStG: 3c Absatz 4 ist auch in den Fällen anzuwenden, in denen dem Steuerpflichtigen die Steuerbefreiung des 3a auf Grund eines Antrags nach Absatz 4a Satz 3 gewährt wird. Der Gesetzgeber schafft damit auch für die Vergangenheit Rechtssicherheit. 2. Einkommensteuer Nunmehr gelten die durch das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I 2017, 2074 ff.) eingeführten Regelungen in EStG, KStG und GewStG. Nach 3a Abs. 1 Satz 1 EStG n.f. sind Sanierungserträge, also Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung, steuerfrei. Die Minderungsreihenfolge wird in 3a Abs. 3 EStG n.f. geregelt. Der Sanierungsertrag wird nach 3a Abs. 4 EStG n.f. gesondert festgestellt. Die Regelungen gelten gemäß 3a Abs. 5 EStG auch für Erträge aus Restschuldbefreiung. Die Sanierungskosten sind Gegenstand von 3a EStG n.f. 3. Gewerbesteuer Bei der Gewerbesteuer gilt folgende Neuregelung: 7b Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung (1) Die 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind vorbehaltlich der nachfolgenden Absätze bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden. (2) 1 Der nach Anwendung des 3a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes verbleibende geminderte Sanierungsertrag im Sinne des 3a Absatz 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes mindert nacheinander den negativen Gewerbeertrag des Sanierungsjahrs des zu sanierenden Unternehmens, Fehlbeträge im Sinne des 10a Satz 3 und im Sanierungsjahr ungeachtet des 10a Satz 2 die nach 10a Satz 6 zum Ende des vorangegangenen Erhebungszeitraums gesondert festgestellten Fehlbeträge; die in 10a Satz 1 und 2 genannten Beträge werden der Minderung entsprechend aufgebraucht. Seite 3
4 2 Ein nach Satz 1 verbleibender Sanierungsertrag mindert die Beträge nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 eines anderen Unternehmens, wenn dieses die erlassenen Schulden innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem Schuldenerlass auf das zu sanierende Unternehmen übertragen hat und soweit die entsprechenden Beträge zum Ablauf des Wirtschaftsjahrs der Übertragung bereits entstanden waren. 3 Der verbleibende Sanierungsertrag nach Satz 2 ist zunächst um den Minderungsbetrag nach 3a Absatz 3 Satz 2 Nummer 13 des Einkommensteuergesetzes verbleibende zu kürzen. 4 Bei der Minderung nach Satz 1 ist 10a Satz 4 und 5 entsprechend anzuwenden. 5 In Fällen des 10a Satz 9 ist 8 Absatz 9 Satz 9 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden. 6 An den Feststellungen der vortragsfähigen Fehlbeträge nehmen nur die nach Anwendung der Sätze 1 und 2 verbleibenden Beträge teil. (3) 1In den Fällen des 2 Absatz 2 Satz 2 ist 15 Satz 1 Nummer 1a des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden. 2Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Zum Inkrafttreten bestimmt 36 Abs. 2c GewStG: Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist 7b auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden. III. Fazit und Ausblick Es war ein langer Weg, die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen gesetzlich zu regeln. Von der Erkenntnis, dass die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach Abschaffung des 3 Nr. 66 EStG ab dem 1. Januar 1998 mit der InsO in einem Zielkonflikt steht, über die Verwaltungsanweisungen des BMF (Schreiben vom 27. März IV A 6-S /03, BStBl. I 2003, 240; ergänzt durch das BMF- Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/ , BStBl I 2010, 18 [vgl. dazu: Schmittmann, InsbürO 2010, 94]; sog. Sanierungserlass ) bis zu deren Aufhebung durch den BFH (Beschl. v. 28. November 2016 GrS 1/15, ZIP 2017, 338 ff. = EWiR 2017, 149 f. [Möhlenbeck] = NZI 2017, 163 ff. mit Anm. Willemsen = StuB 2017, 161 [Ls.] mit Anm. jh ; vgl. Hölzle/Kahlert, Der sog. Sanierungserlass ist tot Es lebe die Ausgliederung, ZIP 2017, 510 ff.; Kahlert/Schmidt, Der sog. Sanierungserlass ist tot Wie geht es weiter?, ZIP 2017, 503 ff.; Lenger, Sanierungserlass gekippt Praxisfolgen und aktuelle Lösungsansätze für Insolvenzplanverfahren, NZI 2017, 290 ff.; Schmittmann, BFH kassiert den Sanierungserlass was kommt nun?, NZI 5/2017, V f.) sind zahlreiche Sanierungen gar nicht erst versucht oder zumindest verzögert worden. Seite 4
5 Nachdem der EuGH (Urt. v. 28. Juni 2018 Rs. C-203/16) die Nrn. 2 und 3 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 4. Februar 2016, Heitkamp BauHolding/Kommission (T-287/11, EU:T:2016:60), aufgehoben und festgestellt hat, dass der Beschluss 2011/527/EU der Kommission vom 26. Januar 2011 über die staatliche Beihilfe Deutschlands C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) KStG, Sanierungsklausel nichtig ist, hat der deutsche Gesetzgeber die Neuregelungen über die steuerliche Behandlung des Sanierungsgewinns in Kraft gesetzt. Erst jetzt besteht endlich Rechtssicherheit und die steuerlichen Folgen von Sanierung und Restrukturierung sind planbar. Zumindest kann die Europäische Kommission keine beihilferechtlichen Schritte mehr mit Aussicht auf Erfolg einleiten. Ein gewisses Restrisiko bleibt jedoch bestehen, da trotz des Comfort Letter Beschwerden und auch Klagen gegen den neuen 3a EStG eingereicht werden können (vgl. Völkel, DB, 2018, 2080 f.). Dem Sanierungsstandort Deutschland hat es trotz der zu begrüßenden Entscheidungen geschadet, dass die bestehenden Rechtsunsicherheiten nicht früher beseitigt worden sind. Seite 5
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