Bauen in Stahl. Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz 02/13. steeldoc. Mehr Raum Museumserweiterung

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1 Bauen in Stahl Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz 02/13 steeldoc Mehr Raum Museumserweiterung

2 Festung Franzensfeste, Franzensfeste (I) Behutsame Eingriffe Bauherrschaft Autonome Provinz Bozen (I) Architekten Markus Scherer, Meran mit Walter Dietl, Schlanders (I) Ingenieure Baubüro Klaus Plattner, Bozen (I) Baujahr 2009 Mit wenigen, klar ablesbaren Elementen und sorgfältig gewählten Materialien gelang es, neue Erschliessungswege durch die grösste Festungsanlage des Alpenraums herzustellen und das monumentale Bauwerk seiner neuen Nutzung als Ausstellungsgelände zuzuführen. «Begonnen unter Franz I. im Jahr 1833 vollendet durch Ferdinand I. im Jahr 1838», so lautet die lateinische Inschrift über dem Tor der Festung. In knapp fünf Jahren haben über 000 Arbeiter und Soldaten an einer der engsten Stellen des Eisacktales die beeindruckende Verteidigungsanlage mit einer Grundfläche von 20 Hektar errichtet. Aber bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert hatte die Festung der Habsburger an Bedeutung verloren und diente nur noch als Pulverdepot ging die Franzensfeste in italienischen Staatsbesitz über und wurde bis 2003 vom Heer genutzt. Von der Festung zum Ausstellungsort Nach der Übernahme durch das Land Südtirol er - öffneten sich neue Möglichkeiten für die Erhaltung des Kulturdenkmals. Die Anlage, die aus drei autonomen Einheiten dem oberen, dem mittleren und dem unteren Festungsniveau besteht, sollte zu einem Ort der Begegnung und des kulturellen Austausches werden. Bereits 2008 fand die europäische Kunstbiennale Manifesta 7 statt, mit mehr als 3 00 Quadratmetern Ausstellungsfläche auf der unteren Festungsebene. Aufgrund des gut erhalten ursprünglichen Zustands stand die Konservierung der Gebäude und die Er - haltung des Festungscharakters im Vordergrund. Die aus grossen Granitblöcken gefügten Mauern wurden saniert, die Dächer abgedichtet und die Fenster instand gesetzt. Das Besucherzentrum mit Kasse und Shop, Bar und Restaurant sowie ein Spielraum für Kinder befinden sich am Hauptplatz nahe des Eingangs. Im Inneren der Ausstellungsgebäude führt der Weg durch fast endlos wirkende Raumfluchten mit sanft restaurierten Gewölben aus Sichtziegelmauerwerk und verputzten, teilweise mit Malereien verzierten Wandflächen, welche die Aura vergangener Zeiten bewahrt haben. Aussen verbinden neu geschaffene Rampen, Treppen und Stege die monolithischen Baukörper, die auf unterschiedlichen Niveaus im Gelände liegen. Blick auf den Hauptplatz und den Tunneleingang in der Felswand, der unteres und mittleres Festungsniveau verbindet. 20 steeldoc 02/13

3 Situation, M 1: Vorplatz, Eingang zur Anlage 2 Hauptplatz (untere Festung) 3 Kasse, Garderobe, Shop 4 Verwaltung, Kinderräume 5 Bar, Bistro Ausstellung 7 Didaktikraum 8 Steg zum Verbindungsturm 9 Verbindungstürme (Treppen, Aufzüge) 10 Brücken 11 Tunnel 12 Neue Verbindung der unteren und mittleren Festung Klare, auf das Wesentliche reduzierte Formen zeichnen die neuen Verbindungselemente zwischen den Gebäuden aus. 21

4 Festung Franzensfeste, Franzensfeste (I) Auch auf der mittleren Ebene ergänzen Bauteile aus patiniertem Stahl und Beton den ruinenhaften Bestand. Alt und neu Die in den Bestand eingefügten neuen Bauteile stellen mit ihrer Materialität und Farbigkeit Bezüge zur bestehenden Architektur her, erlauben aber dennoch eine klare Lesbarkeit der Eingriffe. Zwei Betontürme mit Aufzügen und Treppenanlagen wurden als Verbindungselemente zwischen den Gebäuden platziert und durch die Beigabe von Granitsand dem Bestand farblich angeglichen. Alle anderen Elemente, wie Stege, Rampen, Geländer, Handläufe oder auch Türen sind aus verzinktem Stahl gefertigt. Eine spezielle Oberflächenbehandlung verleiht den Stahlteilen ihre unregelmässige schwarze Patina. Querschnitt, M 1: Bestand 2 Neubau mit Sanitärund Technikräumen 3 Treppen- und Aufzugsschacht 4 Tunnelzugang In dem mächtigen Felsschacht wirkt die Treppe mit ihren Stegen und Geländern aus schwarzem Streckmetall wie eine riesige Skulptur. Eine der spektakulärsten Ergänzungen der Festungsanlage stellen zwei über dem Wasser des Stausees auskragende, zueinander versetzte Brücken dar. Die beiden L-förmigen, mit Stahlblechen verkleideten Fachwerkkonstruktionen verbinden zwei rechtwinklig zueinander stehende Gebäude auf zwei Ebenen. Während die untere Brücke von Zugseilen gehalten wird, die in den meterdicken Wänden aus Granit - blöcken verankert sind, stützt sich die obere mittels zweier Stahlstützen auf der unteren ab. Das mittlere Festungsniveau wird über einen ver - längerten Tunnel und einen 22 Meter hohen Vertikalschacht durch den Fels erschlossen. Skulpturartig wendelt sich eine schwarze Treppe empor, die gemeinsam mit dem Aufzug in dem teilweise zerstörten Pulvermagazin endet. Dieses wurde zum neuen 22 steeldoc 02/13

5 «Ankunftsgebäude» umfunktioniert. Ein Gebäudeteil aus Stampfbeton nimmt die Aussenkanten des ursprünglichen Baus auf und beinhaltet sanitäre und technische Einrichtungen. Die Verbindung zwischen alt und neu stellt eine Überdachung aus Stahl her. Durch die mittleren Felder der an den Rändern verblechten Konstruktion fällt Tageslicht in den darunter liegenden Schacht. Die restlichen Gebäude wurden weitestgehend so belassen, wie sie vorgefunden wurden. Lediglich einige Gitter, Absturzsicherungen und Rampen, die wie in der unteren Festung aus brüniertem Stahl gefertigt sind, sichern die Wege der Besucher. Trotz der neuen Eingriffe zur Erschliessung und Nutzung blieb der Charakter der Franzensfeste, ihre Patina und Aura erhalten. Das Grundprinzip der Restaurierung «Altes ist alt Neues ist neu» wird im Sinne einer Dialogfähigkeit zwischen historischem Bestand und zeitgenössischer Architektur erweitert. Ort Franzensfeste, Provinz Bozen (I) Bauherrschaft Autonome Provinz Bozen (I) Architekt Markus Scherer, Meran, mit Walter Dietl, Schlanders (I), Mitarbeit Heike Kirnbauer, Elena Mezzanotte Ingenieure Baubüro Klaus Plattner, Bozen (I) Gesamtkoordination Josef March, Autonome Provinz Bozen (I) Projektsteuerung Hans Peter Santer, Autonome Provinz Bozen (I) und Hbpm Ingenieure, Brixen (I) Sicherheit Günther Rienzner, Bozen (I) Elektro- und Haustechnik Planconsulting, Burgstall (I) Stahlbau Lanz Metall GmbH, Toblach (I) Tonnage ca. 170 t Oberflächenschutz Verzinkt und patiniert Baukosten ca. 7 Mio Bauzeit Oktober 2005 bis Juni 2007 (1. Bauphase) September 2007 bis Mai 2009 (2. Bauphase) Die Verkleidung mit drei Millimeter starken Stahlblechen verleiht den Fachwerkbrücken das nötige Volumen, um sich trotz ihrer fast schwebenden Leichtigkeit gegenüber den massiven Baukörpern zu behaupten. 23

6 Impressum steeldoc 02/13, Juni 2013 Mehr Raum Museumserweiterung Herausgeber: SZS Stahlbau Zentrum Schweiz, Zürich Evelyn C. Frisch, Direktorin Redaktion: Evelyn C. Frisch (verantw.), Martina Helzel, circa drei, München Layout: Martina Helzel, circa drei, München Texte: Evelyn C. Frisch, Martina Helzel Projektbeschriebe aufgrund der Projektinformationen der Planer Fotos: Titel: Raffaele Cipolletta Editorial: Mecanoo architecten 21er Haus, Wien: Wolfgang Thaler (S. 4, S. 5, S. unten, S. 7, S. 8 oben, S. 9), Bundesdenkmalamt Wien (S. oben), Atelier Krischanitz (S. 8 unten); Abteilung für Islamische Kunst, Louvre, Paris: Musée du Louvre/Antoine Mongodin (S. 10, S. 12, S. 14 unten), Musée du Louvre/Philippe Ruault (S. 11), Lisa Ricciotti (S. 13), Waagner Biro (S. 14 oben), Raffaele Cipolletta (S. 15); Museum der Bayerischen Könige, Hohenschwangau: Marcus Ebener (S. 1 19); Festung Franzensfeste, Franzensfeste: R. Riller (S. 20 oben, S. 21, S. 23); A. Chemollo (S. 20 unten, S. 22); Kaap Skil, Oudeschild, Texel: Mecanoo architekten (S. 24, S. 2); Christian Richters (S. 25, S. 27 unten); Pietersbouwtechniek (S. 27 oben); Überdachung St. Antony, Oberhausen: Deimel und Wittmar Die Informationen und Pläne stammen von den Planungsbüros. Zeichnungen überarbeitet durch Stefan Zunhamer, circa drei, München. Designkonzept: Gabriele Fackler, Reflexivity AG, Zürich Administration, Versand: Giesshübel-Office, Zürich Druckvorstufe und Druck: Kalt-Zehnder-Druck AG, Zug ISSN Jahresabonnement Inland CHF 48. / Ausland CHF 0. Einzelexemplar CHF 15. / Doppelnummer CHF 25. Preisänderungen vorbehalten. Bestellung unter Bauen in Stahl/steeldoc ist die Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz und erscheint viermal jährlich in deutscher und französischer Sprache. Mitglieder des SZS erhalten das Jahresabonnement und die technischen Informationen des SZS gratis. Steeldoc abonnieren für CHF 48. im Jahr (Studierende gratis) auf Die Rechte der Veröffentlichung der Bauten bleiben den Architekten vorbehalten, das Copyright der Fotos liegt bei den Fotografen. Ein Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers und bei deutlicher Quellenangabe gestattet. 31