Kleben in Industrie und Handwerk

Transkript

1 Dr. Hartwig Lohse Fügeverfahren Kleben

2 Inhalt Einleitung Grundlagen des Klebens Oberflächenvorbehandlung Klebstoffarten Einteilung der Klebstoffe -Klebstoffauswahl Verarbeitung von Klebstoffen Klebgerechte Konstruktion (Grundlagen) Prüfung von Klebstoffen und Klebverbunden Qualitätssicherung

3 Einleitung Kleben ist mit Sicherheit eine der ältesten bekannten Fügeverfahren

4 Einleitung Werkstoff: Kombinationen verschiedener Werkstoffe (z.b. Duroplast/Thermoplast, Kunststoff/Metall, ) Integration zusätzlicher Funktionen: z.b. Dichtigkeit, therm/elektr. Leitfähigkeit, Dämpfung, Dichtigkeit, ) Zukunftstechnologie Kleben Konstruktion: Verarbeitung: Verbesserte Bauteileigenschaften Erhalt der Werkstoffeigenschaften (z.b. Leichtbau, Steifigkeit, Design, ) (z.b. Oberfläche, Vermeidung therm. Schädigung )

5 Kleben Einordnung in die Systematik der Fügetechniken

6 Grundlagen - Definitionen Klebstoff (nach DIN EN 923) Ein Klebstoff ist ein nichtmetallischer Stoff, der Fügeteile durch Flächenhaftung (Adhäsion) und innere Festigkeit (Kohäsion) verbinden kann. Adhäsion: Haftkräfte, die zwischen den Kontaktflächen zweier gleicher oder verschiedener Stoffe (z.b. zwischen einem Fügeteil und einem Klebstoff) auftreten. Kohäsion: Anziehungskräften zwischen Atomen und Molekülen, die den Zusammenhalt der Masseteilchen innerhalb eines homogenen Materials (z.b. in einem Klebstoff) gewährleisten.

7 Grundlagen Aufbau einer Klebung Übergangszone Oberfläche des Fügeteils Adhäsionszone Grenzschichten Kohäsionszone

8 Grundlagen Adhäsions- und Kohäsionskräfte Adhäsion: Anhaften gleicher oder verschiedenartiger Stoffe aneinander Kohäsion: Die innere Festigkeit eines Werkstoffen, hier des Klebstoffes Adhäsionskräfte Art Chemische Bindungen: kovalente metallische ionische Zwischenmolekulare Wechselwirkungen van-der-waals-kräfte Wasserstoffbrückenbindungen Bindungslängen [nm] Bindungsenergien [kj/mol] 0,1 0,2 0,3 0,5 0,2 0, ,4 0,5 0,

9 Grundlagen Benetzung Eine gute Benetzung der Oberfläche durch den Klebstoff ist eine notwendige, allein jedoch nicht hinreichende Voraussetzung für eine dauerhafte gute Klebung

10 Grundlagen Benetzung Für eine gute Benetzung muss das Substrat eine höhere Oberflächenspannung aufweisen als der Klebstoffs Oberflächenenergien [mj/m²] einiger Werkstoffe: Nach: Habenicht, Kleben Springer Verlag 2002 Polyimid: Epoxidharz: Polyamid 6.6: PET PVC (hart) ABS PC PS PMMA PE PP Naturkautschuk Silicone PTFE Glas Stahl Aluminium

11 Oberflächenvorbehandlung Reinigen, Entfetten Lösungsmittel, wässrig mechanische, physikalische, chemische Methoden Konditionierung Primer Beschichten Haftvermittler Haftreiniger Ziel der Oberflächenvorbehandlung: Entfernen von Verunreinigungen Aufrauen Oberflächenvergrößerung Erhöhung der Oberflächenenergie Verbesserung der Benetzung

12 Einteilung der Klebstoffe Klebstoffe können nach verschiedenartigen Kriterien eingeteilt werden Abbindemechanismus physikalisch chemisch Rohstoffbasis Epoxid Polyurethan Silicon Festigkeitsniveau Strukturklebstoff Verarbeitung Sprühklebstoff Kontaktklebstoff Tiefziehklebstoff Anwendungsbereich Verpackungsklebstoff Automobilklebstoff Elektronikklebstoff Kaschierklebstoff

13 Klebstoffe Einteilung der Klebstoffe chemisch härtend physikalisch abbindend Polyaddition: Epoxidharze Polyurethane heißhärtende Kautschukklebstoffe Polykondensation: Silikone MS-Polymere Phenolharze Polyimide Polymerisation Methylmethacrylate Cyanacrylate anaerobe Klebstoffe ungesättigte Polyester Strahlenhärtbare Acrylate lichtaktivierbare Epoxide Haftklebstoffe Lösemittelhaltige Nassklebstoffe* Dispersionsklebstoffe* Kontaktklebstoffe* Schmelzklebstoffe* Haftklebstoffe* Plastisole *jeweilse verschiedene chemische Basis

14 Klebstoffauswahl

15 Klebstoffverarbeitung auch die richtige Applikations- und Aushärtetechnik ist für den Erfolg einer Klebung von ausschlaggebender Bedeutung manuelle Applikation vollautomatisch per Roboter aus Kartusche

16 Klebstoffverarbeitung Bereitstellung des Klebstoffs in der erforderlichen Menge Entnahme aus dem Liefergebinde Transport zum Bauteil ggf. Mischen im korrekten Verhältnis mit einer 2. Komponente Auftragen in der richtigen Menge und Form an den richtigen Ort des Bauteils ohne den Klebstoff z. B. durch thermische Schädigung Abbau der Standfestigkeit (Scherung) Verunreinigung negative zu beeinflussen

17 Klebstoffverarbeitung

18 Klebstoffverarbeitung Raupenauftrag Quelle: ViscoTec Pumpen- u. Dosiertechnik GmbH Wirbelsprühauftrag Quelle Robatech AG Linienförmiger Auftrag mit variablem Raubendurchmesser und querschnitt (Quelle SCA Schucker GmbH & Co) Quasi-flächenmäßiger Auftrag ohne Sprühnebel (Quelle SCA Schucker GmbH & Co)

19 Klebstoffverarbeitung Flächenauftrag Sprühauftrag Streifenauftrag Quelle: SCA Schucker GmbH & Co) Flächenauftrag mittels Walze oder Breitschlitzdüse Quelle Robatech AG Scharf begrenzte Klebflächen Quelle Robatech AG

20 Klebstoffverarbeitung Siebdruck Klebeband/-folie Mikropunkte Quelle: Tapeinfo.com Auftrag kleinster Klebpunkte Auftrag definierter Klebmuster Quelle Lohmann GmbH & Co KG Mengen bis hinunter zu 3 μg können bei Taktzeiten bis hinunter zu 2 ms und bis zu einem Abstand von 10 mm dosiert werden

21 Klebgerechte Konstruktion Das Kleben unterliegt wie auch andere Fügeverfahren eigenen, speziellen Gesetzmäßigkeiten, die eine entsprechende konstruktive Formgebung erforderlich machen. Die Klebtechnik erfordert ein Umdenken vom Anwender, der bisher evtl. ausschließlich mechanisch bzw. durch Löten oder Schweißen gefügt hat: Auseinandersetzung mit einem neuen Werkstoff mit einer Vielfalt von bisher vielleicht ungewohnten Eigenschaften: Reaktivität des unausgehärteten Klebstoffs mechanische Eigenschaften von Klebstoffen Verformungseigenschaften von Klebstoffen Beeinflussung der Eigenschaften durch Temperatur, Feuchtigkeit, UV,

22 Klebgerechte Konstruktion Ziel einer klebgerechten Konstruktion ist es eine ausreichende Klebfläche bereitzustellen eine ausreichende Klebschichtdicke vorzusehen Spannungsspitzen in der Klebung bei einer mechanischer Belastung des Bauteils zu vermeiden bzw. zu minimieren Klebschichten ggf. vor schädlichen Medien/Strahlung schützen eingeschlossene Hohlräume vermeiden ggf. eine mechanische Fixierung der Bauteile bis zum Aushärten des Klebstoffs oder aber eine Füge-Fixiervorrichtung vorzusehen

23 Klebgerechte Konstruktion Schäl- und Spaltbeanspruchung: linienförmige hohe Belastung des Klebstoffs, sollte vermieden werden. Schub-, Scher- und Torsionsbeanspruchungen: flächige, gleichmäßige Belastung des Klebstoffs parallel zur Klebfläche ohne Spannungsspitzen Zug- und Druckbeanspruchungen: flächige, gleichmäßige Belastung des Klebstoffs senkrecht zur Klebfläche ohne Spannungsspitzen

24 Klebgerechte Konstruktion Beispiele: X X Quelle: IFAM

25 Klebgerechte Konstruktion X Quelle: IFAM

26 Klebgerechte Konstruktion X X Quelle: IFAM

27 zerstörende Prüfverfahren statisch Zugscherversuch Cross-Peel-Versuch Schubspannungs- GleitungsVersuch Prüfung der Zeitstandfestigkeit Druckscherversuch Torsionsscherfestigkeit Losbrechmoment Cleavage Peel Winkelschälversuch Rollenschälversuch Klettertrommelschälversuch Folienschälversuch Biegeschälversuch 3-Punkt-Biegeversuch Keilspalttest etc. zyklisch - Prüfung der Schwingfestigkeit schlagartig - Prüfung bei schlagartiger Beanspruchung Prüfen von Klebstoffen und Klebungen zerstörungsfreie Prüfverfahren ggf. unter Einbeziehung von Umweltbedingungen, wie Temperatur oder nach Alterungen simuliert durch Klimaauslagerung, z.b.: - Schwitzwassertest - Salzsprühtest - Kataplasma-Test - BMW PR P-VW-1200-Test) - VDA-Wechseltest akustisch optisch thermisch

28 Prüfen von Klebstoffen und Klebungen Zugscherversuch nach DIN EN 1465 F b F l Die Berechnung der Zugscherfestigkeit erfolgt nach folgender Gleichung: B FB F B A lü b lü B= Zugscherfestigkeit FB= Bruchlast in N lü= Überlappungslänge in mm b = mittlere Probenbreite in mm A = Klebfläche

29 Zerstörende Prüfung: Prüfen von Klebstoffen und Klebungen Aussage über die Verbundfestigkeit einer Klebung, einschl. der Versagensart zum Zeitpunkt der Prüfung, ggf. nach einer bestimmten Alterung Zerstörungsfreie Prüfung: Qualität der Klebung Vorhandensein des Klebstoffs Lufteinschlüsse in der Klebraupe grobe Adhäsionsstörungen (Kissing Bonds) Dichtigkeit Da Klebverbindungen nicht vollständig zerstörungsfrei geprüft werden können, kommt der Qualitätssicherung beim Kleben eine besondere Bedeutung zu!

30 Qualitätssicherung Klebstoff -auswahl -transport -lagerung -dosierung und ggf. mischung -auftrag -härtung Qualität einer Klebverbindung Anlagentechnik Teilehandling (Fügen, Fixieren) Klebstofftransport, -dosierung, ggf. -mischung und -auftrag Klebstoffhärtung nachgeschaltete Fertigungsschritte Fügeteil -konstruktion -design -werkstoff -transport -lagerung -vorbehandlung -toleranzen -herstellungsbedingungen Mitarbeiter Qualifikation

31 Anlagenhersteller Werkstofflieferant Kunde Gesetzgeber Qualitätssicherung Klebstoffhersteller Lieferant der Rohteile Teilehersteller/ Anlagenhersteller (Extern. Berater) Klebstoffhersteller Kleber Werkstofflieferant Kunde Nur eine kompetente, erfahrene Projektleitung kann erreichen, dass am Ende nicht doch ein Gesetzgeber Puzzlestein vergessen wurde Lieferant von Rohteilen Teilehersteller/Kleber (Extern. Berater)

32 KLEBTECHNIK Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Fragen? Dr. Hartwig Lohse e.k. Fraunhoferstr. 3 D Itzehoe Tel. +49 (0) Fax +49 (0) hlohse@hdyg.de Quelle:AluMATTER.org