Wider die Darlegungen des BJV in der Broschüre Inventur in Waldverjüngungen zur Beurteilung von Schäden durch Verbiss
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- Marielies Kappel
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1 Über Schadensersatz bei Wildverbiss. Wider die Darlegungen des BJV in der Broschüre Inventur in Waldverjüngungen zur Beurteilung von Schäden durch Verbiss Gerhard Oesten 1 Einführung: Kritikwürdige Broschüre des BJV Der Bayerische Jagdverband hat kürzlich eine Broschüre Inventur in Waldverjüngungen zur Beurteilung von Schäden durch Verbiss veröffentlicht. Der Untertitel verrät, dass es um weit mehr geht als nur um eine inventurtechnische Arbeitshilfe. Er lautet Konzeption, Durchführung, Auswertung und Hinweise zur finanziellen Bewertung. Diese Arbeitshilfe des BJV ist in mehrfacher Hinsicht als einseitig und unvollständig zu kritisieren. In vorliegender Form wird sie in vielen konkreten Schadensfällen nicht zu fairem und partnerschaftlichem Interessensausgleich zwischen Jagdpächtern und Waldeigentümern beitragen können. Eher ist das Gegenteil zu befürchten. Waldeigentümern wird empfohlen, diese Broschüre in konkreten Verhandlungen oder Auseinandersetzungen bezüglich Pachtvertrag oder Schadensregulierung nicht als Informationsgrundlage zu akzeptieren. Dem BJV sei grundlegende Überarbeitung nahegelegt. Die Kritik betrifft die Gliederung in sachlich nicht begründeter Argumentationskette mit Inventurvorschlag am Anfang und dann erst rechtliche Grundlagen und Vorschlag zur Bewertung die unvollständige Aufzählung und Darlegung von möglichen Schädigungen durch Wildverbiss in Verjüngungen die fehlerhaften und unvollständigen Erläuterungen zu den rechtlichen Grundlagen des Wildschadens und Wildschadenersatzes die Beschränkung der Darstellung auf eine einzige Inventurmethode mit fragwürdigen Annahmen bezüglich der Inventurauswertung die Nichtberücksichtigung wichtiger Gerichtsurteile und die einseitige Literaturauswahl Dies sei folgend näher erläutert. Verkehrte Gliederung Inventuren dienen der Informationsbeschaffung. Die Konzeption von zweckmäßigen Inventuren hängt dabei vom Informationsbedürfnis ab. Eine gute zweckadäquate Inventur von Schädigungen durch Wildverbiss kann nur konzipiert werden, wenn zunächst die rechtlichen Grundlagen des Wildschadensersatzes allen Beteiligten / Betroffenen einvernehmlich klar und im konkreten Fall die durch Wildverbiss verursachten waldbaulichen Schädigungen erkannt und bezüglich ihre 1 Professor Dr. Gerhard Oesten, bis 2013 Direktor des Instituts für Forstökonomie an der Albert Ludwig Universität Freiburg
2 Schädlichkeit gemäß Jagdrecht im Prinzip geklärt sind. Das Inventurdesign ist schließlich abhängig zu machen von der begründet zu wählenden Bewertungsmethode. Kein Schadensfall gleicht in der Praxis dem anderen zu unterschiedlich sind die naturräumlichen Verhältnisse, die waldbaulichen Konsequenzen der konkreten Schädigung und die konkreten forstbetrieblichen Gegebenheiten und Zielsetzungen. Eine einzige richtige Inventurmethode kann es deshalb nicht geben. Eine sachgerechte Gliederung für eine Arbeitshilfe zur Bewertung von Verbissschäden müsste also zunächst die rechtlichen Grundlagen des Wildschadensersatzes darlegen, dann eine (waldbauliche) Systematik von möglichen Schädigungen durch Verbiss und schließlich eine Systematik von Inventurverfahren, deren Auswertung und Bewertungsverfahren kritisch würdigend bieten. Zu einem Inventurvorschlag gehört schließlich eine Angabe, wo der Inventurvorschlag im Verfahren der Schadensregulierung zweckmäßigerweise eingesetzt werden kann. Die Gliederung der BJV-Broschüre verläuft dem entgegengesetzt: Zu Beginn und unvermittelt wird ausführlich eine einzige Inventurmethode samt Auswertung sehr ausführlich dargelegt gefolgt von 3 Seiten (der gut 30 Seiten) mit wenigen unvollständigen Angaben zu den rechtlichen Grundlagen sowie zur finanziellen Bewertung von Verbiss. Wie noch gezeigt werden soll, sind in diesem Vorgehender Herausstellung der Inventurtechnik fragwürdige Annahmen - über Waldwachstumsprozesse von Verjüngungen, - über waldbauliche Ziele des Forstbetriebes, - über die waldbaulichen Folgen von Wildverbiss und - über die rechtlichen Grundlagen des Wildschadensersatzes, mehr oder weniger versteckt enthalten. Zu den rechtlichen Grundlagen des Wildschadenersatzes Darstellung in der BJV-Broschüre Die Darstellung in der Broschüre ist für die folgende kritische Auseinandersetzung von grundlegender Bedeutung und wird deshalb folgend wörtlich und vollständig wiedergegeben: Eine finanzielle Bewertung von Verbiss in einem Konfliktfall erfordert die Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Es wird teilweise argumentiert, Beschädigungen von Bäumchen seien wie Sachbeschädigungen zu behandeln und mit Kostensätzen zu bewerten. Wissenschaftlich gut begründet ist jedoch die Meinung, der Anspruch auf den Ersatz von Wildschäden sei nicht ein Schadensersatzanspruch privatrechtlicher Natur, sondern ein Ausgleichsanspruch für entgangene Erträge in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis ( vgl. Konrad 2012, Moog 2011, Moog und Wittmann 2003). Folgt man dieser Auffassung, kommt ein Ersatz von Kosten nur in Betracht, wenn dadurch der höhere Ausgleich für den Ertragsausfall vermieden werden kann. In diesem Fall ist dies durch die Pflicht zur Schadensminderung sogar geboten. Für Beschädigungen, durch die keine Ertragsminderung zu erwarten ist, besteht folglich auch kein Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich (S. 26). Kritik Dieser Darstellung ist aus mehreren Gründen entschieden zu widersprechen:
3 1. Es ist nicht richtig, dass teilweise argumentiert wird, der Wildschadensersatz nach 29 Abs. 1 BJagdG sei ein Schadensersatzanspruch privatrechtlicher Natur. Vielmehr ist es herrschende Meinung von Rechtsliteratur und Rechtsprechung - zuletzt BGH Urteil von 2010 (vgl. im Literaturverzeichnis (5) und (4), dass sich Art und Umfang des Schadensersatzes mangels spezieller Regelungen nach den Vorschriften der 249 ff. BGB richten. 2 Nach Literaturstand bis 2012 waren es einzig Moog und Mitarbeiter (verschiedene Veröffentlichungen seit 2003), die den Wildschadensersatzanspruch öffentlich-rechtlich qualifiziert haben und daraus weitreichende Folgerungen für den Schadensbegriff und den Schadensersatz nach Jagdrecht gezogen haben (wie in der Broschüre wiederzufinden: Ablehnung des Anspruchs auf Naturalrestitution sowie Begrenzung der Ersatzpflicht auf den Netto- Ertragsverlust). 2. Zwischenzeitlich liegt eine ausgezeichnete, lesenswerte Dissertation von Konrad vor (3), mit der der Autor eine ausführliche rechtssystematische Einordnung des Wildschadensersatzes zur Diskussion stellt. Konrad kommt in der Tat zum Ergebnis, dass die systematische Einordnung des Wildschadensersatzes in die bestehenden Kategorien zivilrechtlicher außervertraglicher Haftung sich nach genauerer Untersuchung als fraglich zeigt ( 3, S. 102). Seine rechtlichen Begründungen sind allerdings andere als die von Moog und Mitarbeiter. Und auch die Folgerung in der Broschüre, dass Wildschadensersatz ausschließlich als Ausgleichsanspruch für entgangene Erträge in einem öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnis zu verstehen sei, kann sich nicht auf Konrad stützen. Es muss im Übrigen der weiteren Entwicklung in der Rechtsprechung überlassen bleiben, ob Konrads Argumentation übernommen oder aber unter Beibehaltung der bisherigen Auffassung verworfen wird. 3. Für die Praxis des Wildschadensausgleichs wichtiger ist allerdings der Schadensbegriff, der aus den unterschiedlichen Rechtsauffassungen abzuleiten ist. Mit Konrad ist der Definition der Broschüre - ausschließlich Netto- Ertragsverluste sind Schaden nach Jagdrecht - entschieden zu widersprechen. Schaden bedarf nach Konrad (S. 143) einer vermögenswerten Schädigung des Grundstückes als Ganzem, die eine Verkehrs- oder Nutzungswertminderung begründet. Daraus folgert er: Eine Beschränkung des Schutzzweckes von 29 Abs. 1 BJagdG auf land- und forstwirtschaftliche Ertragseinbußen erscheint zu eng. Zum einen wird auch der von Wildschweinen umgerissene Weidezaun oder der aufgewühlte Feldweg von der Ersatzpflicht erfasst sein müssen. Zum anderen fordert die heutige Vielfalt der Flächennutzungen eine großzügigere Handhabung. Schließlich sind auch solche Grundstückseigentümer Jagdgenossen, die aus ihren Flächen keinen land-und forstwirtschaftlichen Ertrag gewinnen (S. 146, dort und Folgeseiten weitere Erläuterungen). Über die Frage der zweckadäquaten Bewertung von Wildschaden kann demnach erst entschieden werden, wenn Klarheit besteht über mögliche vermögenswerte Schädigungen des Grundstückes als Ganzem, die eine Verkehrs- oder Nutzungswertminderung begründen. Welche Schädigungen können durch Wildverbiss in Waldverjüngungen auftreten? 2 Der BGH kommt im Urteil von 2010 (vgl. (5)) zu folgender Wertung: Zutreffend und von der Revision nicht beanstandet hat das Berufungsgericht für Art und Umfang des gemäß 29 Abs. 1 BJagdG zu leistenden Wildschadensersatz auf die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches ( 249 ffbgb) abgestellt
4 Auffassung in der BJV-Broschüre Mit im Einzelnen fragwürdigen waldwachstumskundlichen und waldbaulichen Argumentationen und begründet auf den zu engen Schadensbegriff der entgangenen Erträge werden in der Broschüre ausschließlich Einbußen am Höhenzuwachs des Bestandes als Begründung für Schadensersatz nach Wildverbiss akzeptiert. Kritik Diese Verengung auf den ausschließlichen Fall des Wildschadens durch Einbußen am Höhenzuwachs des Bestandes wird der Vielfalt häufig vorkommender schadensrelevanter Verbissschäden in Forstbetrieben in keiner Weise gerecht. Ersatzpflichtig sind darüber hinaus z.b. folgende häufiger vorkommende Schädigungen Verbissbedingte Zusatzkosten wegen zusätzlich erforderlicher Kulturreinigungsmaßnahmen Nachbesserung oder Wiederholung von Kulturen durch Pflanzungen Pflanzungen statt Naturverjüngung Verbissbedingte Ertragsminderungen Zuwachsverluste Minderung von Holzqualität direkt Minderung von Holzqualität indirekt durch Verdrängung dienender Baumarten Verbissbedingte Steigerung des Betriebsrisikos Destabilisierung von in Verjüngung genommener Althölzer bei verzögerter / ausbleibender Naturverjüngung Entmischung von Verjüngungen bei angestrebten Mischbeständen (z.b. Fi-Ta-Bu Mischbestand) Zur Schadensbewertung Der Bewertungsansatz In der Broschüre Aus der ausschließlichen Begrenzung auf Ertragsausfälle und der Fokussierung ausschließlich auf Einbußen am Höhenzuwachs des Bestandes entwickeln die Autoren der Broschüre folgerichtig einen Bewertungsansatz für Verzögerung eines Endnutzungserlöses: Der finanzielle Nachteil durch Verzögerung einer zukünftigen Zahlung wird berechnet als Differenz der Barwerte der verzögerten Zahlung und der unverzögerten Zahlung Die Differenzen nehmen mit zunehmendem Zinssatz und zunehmender Umtriebszeit ab; bei einem Zinssatz von 4 Prozent und einer für Laubholz durchaus üblichen Umtriebszeit von deutlich über 100 Jahren ergeben sich nur noch extrem geringe Beträge (S. 27). Kritik dieses BJV Ansatzes
5 Die Vielfalt von vermögenswerten Schädigungen durch Wildverbiss erfordert ein Mehrzahl von Methoden, um unter sorgfältiger Auslegung der Bestimmung des Jagdrechts sachgerechte Bewertungen von Wildschäden zu ermöglichen. Selbstverständlich und entgegen der Auffassung in der BJV Broschüre gehören dazu auch bei Vorliegen bestimmter Schädigungen die Methoden der Kostenbewertung. Von Interesse ist diesbezüglich die Entscheidung des kürzlich ergangenen BGH Urteils von 2010 (vgl. (5), ausführliche Kommentierung bei (4)): Die Vorinstanz, das Landgericht Rottweil, hatte für sein Urteil die Wahl zwischen den - vom Gutachter alternativ vorgelegten - Ergebnissen der Kostenwertund Ertragswertmethode. Mit Verweis auf die Unsicherheit der Prognosen über Zeiträume von über 100 Jahren entschied es sich für die ausschließliche Berücksichtigung der Herstellungskosten abzüglich eventuell erwirtschafteter Erträge. Diese Anwendung des Substanzwertverfahrens wurde vom BGH ausdrücklich bestätigt: Dem Gutachten des Sachverständigen Prof Dr.T. folgend hat das Berufungsgericht den Kostenwert der betroffenen Bäume bei ungestörter Entwicklung mit deren Kostenwert nach Eintritt des Wildschadens verglichen und die hieraus resultierende Differenz als Schaden angenommen. Hiergegen erhebt die Revision keine Einwände. Angesichts der dem Tatrichter eröffneten Methodenwahl sind hiergegen auch von Seiten des erkennenden Senats keine Bedenken zu erheben. Insbesondere kann diese Methode nicht deshalb als mit 31 Abs. 2 BJagdG unvereinbar angesehen werden, weil die zum voraussichtlichen Erntezeitpunkt zu erwartenden Holzpreise nicht in den Blick genommen werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der eigentliche Sinn der Vorschrift exakte Ermittlung der eingetretenen Ertragsminderung kurz vor oder bei der Ernte - bei Jagd-und Wildschäden an forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken ohnehin nur unvollkommen zum Tragen kommen kann, da sich hier das schädigende Ereignis typischerweise erst viele Jahre oder gar Jahrzehnte später finanziell auswirkt... (BGH 201, Seite 9). Es ist offensichtlich, dass mit nur einem Verfahren in der BJV Broschüre keinesfalls alle möglichen schadensrelevanten Schädigungen durch Wildverbiss bewertet werden können. Aber selbst wenn man das Verfahren im Prinzip akzeptieren würde, ist seine Anwendung auf besondere Fälle eng begrenzt und darüber hinaus als unvollständig zu kritisieren. Denn es enthält implizit eine Reihe von höchst fragwürdigen Annahmen, die schlagwortartig aufgezählt werden sollen: - schlagweiser statt schlagfreier Hochwald; - nur eine Baumart; - keine Erträge aus Vornutzungen; - Prognose von Waldwachstum und ökonomischer Situation (Kosten, Preise) über Zeiträume von mehreren Jahrzehnten (60 bis über 160 Jahren); - vom Anwender der Broschüre frei zu wählender Zinssatz. Mit diesen Annahmen wird Wildschaden systematisch unterschätzt. Größere Produktionsrisiken durch Verbiss verursacht kein Schaden?
6 Ohne jede weitere Begründung postuliert die Broschüre Abschließend sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass das Produktionsrisiko beim Wildschadenersatz grundsätzlich zu Lasten des Nutzungsberechtigten geht (S. 29). Dies ist aus Sicht von Geschädigten so pauschal formuliert nicht akzeptabel. Denn Verbiss kann risikomindernde Ziele des Waldeigentümers die Begründung von strukturreichen Mischbeständen - behindern / verhindern. Die große ökonomische Bedeutung der Risikokosten durch Entmischung ist beispielsweise von Knoke (in (1), dort Seiten 76 ff.) eindrucksvoll belegt. Ohne Zweifel verliert ein Waldgrundstück an Wert, wenn durch Entmischung Strukturreichtum verloren geht. Der BGH hat im Übrigen in seinem Urteil 2010 (vgl. (5)) den Schadenscharakter von Entmischung durch Wildverbiss ausdrücklich bestätigt. Exkurs: Was ist mit Naturalrestitution (mit Kostenbewertung) genau gemeint? Naturalrestitution (bzw. darauf aufbauende Kostenbewertung) darf nicht dahingehend falsch verstanden werden, als ginge es uneingeschränkt um Wiederherstellung des exakt gleichen Zustands, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Naturalrestitution zielt vielmehr auf die Herstellung des gleichen wirtschaftlichen Zustandes (ausführlich (3) Seiten 144 ff). Das bedeutet, dass nicht jede beschädigte Pflanze automatisch einen Schadenersatzanspruch begründet. Vielmehr kann der Geschädigte auch im Rahmen der Naturalrestitution nur das verlangen, was ein wirtschaftlich vernünftig Denkender in der Rolle des Geschädigten zur Behebung des Schadens aufwenden würde. Eine weitere Voraussetzung der Haftung nach Jagdrecht ist, dass es sich bei dem geltend gemachten Schaden um Folgen handelt, die in den Bereich der Gefahren fallen, derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde ((3) Seite 145). Zum Inventurvorschlag in der BJV Broschüre Eine eingehendere Befassung mit dem Inventurvorschlag des BJV scheint hier entbehrlich angesichts der vorher erläuterten Kritik an den impliziten Annahmen zu Rechtgrundlagen, zum Schadensbegriff, zum Waldwachstumsmodell, zur finanziellen Bewertung. Wegen der erläuterten Mängel kann der Praxis die Anwendung des Inventurvorschlags keinesfalls empfohlen werden. Zum Schluss: Empfehlungen für eine faire Partnerschaft von Jagdgenossen, Pächter, Förster und Jäger Inventuren auf Bundes-, Landes- und Revierebene, Kontrollzäune, fachmännischer Augenschein vor Ort belegen das nach wie vor weitverbreitet hohe Ausmaß der Verbissschäden in unseren Wäldern. Vom gesetzlich gewollten Grundsatz Wald vor Wild sind wir vielerorts nach wie vor weit entfernt. Neben Wachstumseinbußen und Mortalitätsverlusten ist der selektive Verbiss mit der Folge der Entmischung besonders bedenklich. Waldumbau hin zu gemischten und strukturreichen Beständen und naturnahe Bewirtschaftung stabiler Wälder kann nur bei deutlicher Reduktion der Verbissbelastung gelingen (ausführlich (1) Kapitel 4).
7 Regulierung durch Schadensersatz ist dabei das letzte Mittel. Jagd-, Forst- und Naturschutzrecht wollen eine Hege und eine Jagd, die vorrangig auf die Vermeidung von Wildschäden ausgerichtet ist. Der wildschadensarme Wald ist das Ziel. Dies kann nur gelingen in partnerschaftlicher und fairer Zusammenarbeit von Jagdgenossen, Jagdausübenden, Pächtern und Behörden. Und darum sollten sich alle Beteiligten immer wieder ehrlich und vertrauensbildend bemühen, z.b. bei Abschussplanung, beim Aushandeln des Pachtvertrags, beim konkreten alltäglichen Jagdmanagement und auch bei der Schadensregulierung. Nochmals abschließend zum Schadensersatz nach 29 Abs. 1 BJagdG: Wegen der hohen Transaktionskosten eines Konfliktes über Wildschäden (Zeit, Geld, Vertrauensverlust in Partner, Nerven usw.) scheint jeder Versuch einer gütlichen, außergerichtlichen Einigung vernünftig und wünschenswert. Dazu muss im Vorfeld allerdings Klarheit bestehen (bzw. geschaffen werden) über die rechtlichen Rahmenbedingungen, über das Verfahren zur Bestimmung des Umfangs der Schädigungen und über die Bewertung des Schadens. Eine von allen Parteien akzeptierte praxisnahe und leicht anwendbare Inventur- und Bewertungskonvention kann helfen, einvernehmliche und kostengünstige Lösungen zur Schadensregulierung trotz der Komplexität von Bewertungen von Wildschaden zu finden. Eine entsprechende qualitätsvolle Konvention hat der Deutsche Forstwirtschaftsrat kürzlich veröffentlicht (vgl. (2)). Sie sei allen Beteiligten zur kritischen Auswertung und konkreten Anwendung empfohlen. Möglicherweise war die Schaffung einer entsprechenden Konvention auch eine der Intentionen des BJV bei der Erstellung der leider mangelhaften Broschüre. Die Erstellung einer wirkungsvollen Konvention kann nur gemeinschaftlich erfolgreich sein. Dem BJV sei deshalb empfohlen, die Broschüre grundlegend zu überarbeiten und vor erneuter Veröffentlichung und erneutem Einsatz in Schulungen ausführlich mit Partnern zu erörtern mit dem Ziel einer partnerschaftlichen Einigung. Zitierte Literatur, Quellen, Gerichtsentscheidungen Die kritisierte BJV Broschüre Bayrischer Jagdverband e.v. (Hrsg.)2013: Inventur in Waldverjüngungen zur Beurteilung von Schäden durch Verbiss. Konzeption, Durchführung, Auswertung und Hinweise zur finanziellen Bewertung eine Arbeitshilfe des Landesjagdverbandes Bayern - Zu beziehen beim BJV, ramona.pohluebel@jagd-bayern.de Wichtige in der Broschüre nicht oder unzureichend berücksichtigte Literatur (1) Ammer, C.; Vor, T.; Knoke, T.; Wagner, S. 2010: Der Wald-Wild-Konflikt. Analyse und Lösungsansätze vor dem Hintergrund rechtlicher, ökologischer und ökonomischer Zusammenhänge. Göttinger Forstwissenschaften - Band 5. Universitätsverlag Göttingen. (siehe auch unter Wild-Konflikt_final%2021_04_2010.pdf) (2) Duhr, M. (Hrsg.) 2013: Konvention zur Bewertung von Wildschäden im Wald. Konzept einer Bewertungskonvention für Verbiss- und Schälschäden durch Schalenwild.
8 (3 )Konrad, H. 2013: Wildschadensersatz in gemeinschaftlichen Jagdbezirken nach 29 Abs. 1 BJagdG. Geschichte, Systematik und aktuelle Problemstellungen. Münster. (4) Müller, F. 2011: Über den Schadenersatz von Rehwildverbiss gemäß 29 BJagdG. Analyse der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom AZ III ZR 45/10. Arbeitsbericht des Instituts für Forstökonomie der Universität Freiburg. - (Kurzfassung in Öko-Jagd. Ausgabe 1-Februar S. 14 ff.) Gerichtsentscheidungen (5) Bundesgerichtshof, Entscheidung vom Aktenzeichen III ZR 45/10 in Verbindung mit Landgericht Rottweil, Entscheidung vom Aktenzeichen 1 S 158/06 -.
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