Europäische Normung auf dem Gebiet der Schallemission

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1 Europäische Normung auf dem Gebiet der Schallemission Dipl.-Ing. Peter Tscheliesnig TÜV Österreich, Instituts für Technische Physik Wien 0. Einleitung Die ZfP-Verfahren im allgemeinen und die Schallemission im speziellen und insbesondere ihre Normung stellen sicherlich keine Erfindung der EU dar, sondern es wurden schon über viele Jahre seit Anfang dieses Jahrhundert die Zerstörungsfreie Materialprüfung in den einzelnen Ländern und auch weltweit immer weiterentwickelt. Diese Weiterentwicklung war aber auch mit einer permanenten Normungstätigkeit in den einzelnen Ländern verbunden, wobei diese auf dem Gebiet der Schallemission in Europa eher mäßig ausfiel. Da diese Normung aber leider sehr oft auch zum Schutz der eigenen Wirtschaft verwendet wurde, entwickelten sich verschiedene Prüfverfahren in den einzelnen Ländern auch in verschiedenster Weise. Diesem zweiten Turmbau zu Babel sollte mit der Gründung des CEN - Comité Européen de Normalisation (Europäisches Komitee für Normung) im Jahr 1975 als Zusammenschluß der Normungsinstitute der EG und EFTA (18 Europäische Staaten) entgegengewirkt werden. Sicherlich sollte damit aber auch ein europäisches Gegengewicht zur Normung im amerikanischen Raum (ASME und ASTM) geschaffen werden. Heute besteht das CEN aus den Normungsinstituten aus 19 Europäischen und 6 assoziierten Staaten. Von den im Rahmen des CEN geschaffenen Normen wird oder sollte heute, je nach Fachgebiet, das tägliche Geschehen in der ZfP und damit auch der Schallemissionsprüfung geregelt werden. 1. Normungstätigkeit im Rahmen der CEN Ich möchte sicherlich keinen Abgesang an die alten österreichischen, deutschen oder anderen nationalen Normen halten, möchte aber darauf hinweisen, daß sich das Normungsgeschehen, wie es sich für uns in der CEN darstellt, durch die Zweiteilung in 147

2 Grundlagennormen und Prüfnormen für Produkte sicherlich nicht vereinfacht hat und man als ZfP Fachmann leider oft die fachliche Kompetenz der Produktnormen in bezug auf die, die ZfP betreffenden Teile anzweifeln muß. Obwohl die Bedeutung der ZfP im ökonomischen Umfeld sicherlich schwierig zu bewerten ist, ist sie im Rahmen einer modernen QM geregelten Produktion aber auch einer wiederkehrenden Prüfung von im Betrieb befindlichen Produkten und Gebrauchsgüter nicht mehr wegzudenken. 2. CEN/TC 138 Grundlagennormen der Zerstörungsfreien Prüfungen Der Bereich aber auch der Spielraum, den das TC 138 abdeckt, d. h. die sogenannten Grundlagennormen, sind definiert durch die Normung sowohl der ZfP-Terminologie, der verwendeten Geräte und der allgemeinen Grundsätze der verschiedenen zerstörungsfreien Prüfmethoden als auch der Erstellung der Prinzipien für die Qualifizierung und Zertifizierung von ZfP Prüfpersonal. In den letzten Jahren ist durch die Bildung der AHG 8 auch die Festsetzung der Mindestlehrinhalte für die Zertfizierungsprüfungen hinzugekommen. Um die Qualifizierung bzw Zertifizierung zu regeln wurden im Rahmen des TC in erster Linie die Normen für eine einheitliche Anwendung der ZfP erarbeitet, die EN 473 Zerstörungsfreie Prüfung - Qualifizierung und Zertifizerung von Personal der zerstörungsfreien Prüfung Allgemeine Grundlagen, welche mit all ihren Schwächen bzw. deren Neuüberarbeitung aus den beiden letzten Jahren eine bedeutende Rolle auf dem Gebiet der Europäischen Normung im Rahmen der gesamten ZfP spielt. Mit dieser Norm wurde die Qualifizierung, Zertifizierung und indirekt damit auch die Ausbildung von zerstörungsfreien Prüfpersonal auf eine allgemeine europäische Basis gestellt. Aber ich möchte es sicherlich als problematisch für den Gedanken einer gemeinsamen europäischen Normung ansehen, wenn aus kleinlichen nationalen und noch mehr Firmeninteressen diese Norm durch andere wie z.b. die pren ZfP von Stahlrohren; Qualifizierung und Kompetenz von ZfP-Personal der Stufen 1 und 2 torpediert wird. Für die Erarbeitung der fachspezifischen Grundlagennormen wurden vom Technical Commitee TC 138 Zerstörungsfreie Prüfung folgende Arbeitsgruppen in allen anerkannten ZfP-Methoden aufgestellt, diese sind 148

3 Arbeitsgruppen Methode Symbole WG 1 Durchstrahlungsprüfung RT WG 2 Ultraschallprüfung UT WG 3 Wirbelstromprüfung ET WG 4 Eindring(mittel)prüfung PT WG 5 Magnetpulverprüfung MT WG 6 (Un)Dichtheitsprüfung LT WG 7 Schallemissionsprüfung AE (AT) WG 8 Visuelle Prüfung VT Nebenbei existieren noch mehrere Ad-Hoc Gruppen, welche entweder verfahrensübergreifende oder auch sehr spezifische Fachgebiete behandeln. Herausgreifen möchte ich dabei, die schon angesprochene AHG 8, welche die Mindestlehrinhalte für alle oben angesprochenen Prüfverfahren liefern soll. Die Arbeitsgruppen (WGs) haben nun als vordringliche Aufgaben in ihren Bereichen eine Terminologie zu erstellen, damit der einzelne Prüfer des einen Landes mit dem eines anderen einmal in die Lage versetzt wird, zu kommunizieren. Die ersten beiden Teile dieser EN 1330 und zwar den Teil 1: Liste der allgemeinen Begriffe, in der die Normen angegeben werden, wo die einzelnen Begriffe genormt wurden und welche dieser Normen gültig sind und den Teil 2: Begriffe, die von allen zerstörungsfreien Prüfverfahren benutzt werden wurde von der AHG 1 erstellt. Als Schwachpunkt sei aufzeigt, daß diese Norm den einzelnen Arbeitsgruppen bei der Erarbeitung der Teil 3-10: Die für die betreffenden Prüfverfahren speziellen Begriffe nicht immer bekannt waren und sich jetzt bei den Begutachtungen einige Veränderungen ergeben könnten. Die weiteren Arbeiten umfaßten oder umfassen noch immer die Allgemeine Grundsätze, in denen die Grundlagen des Verfahrens und seiner Anwendbarkeit beschrieben werden. Es dürfen aber leider keine speziellen Regelungen getroffen werden. Die Charakterisierung der verwendeten Prüfgeräte und deren Eigenschaften, wobei neben den einzelnen Geräten z. B. auch Kontrollkörper, Prüfmittel etc. behandelt werden, ist ein weiteres Mandat, daß die Arbeitsgruppen von der CEN haben. 149

4 3. CEN/TC138 WG7 Schallemissionsprüfung AT Die für die Schallemissionsprüfung zuständige Arbeitsgruppe hat seit ihrem Bestehen nun folgende Normen erstellt, bearbeitet und verabschiedet. EN Terminologie - Teil 9: Begriffsbestimmung für Schallemission Diese Norm sollte allen Schallemissionären bekannt und auch verwendet werden, damit auch untereinander ohne Irrtümer kommuniziert werden kann. Wenngleich hier nicht immer die besten Lösungen gefunden wurden, so erscheint mir der Grundaufbau in 4 Begriffsgruppen als sinnvoll und es wurden hier viele Anleihen bei den ursprünglichen Code 1 der EWGAE genommen EN ZFP Schallemission - Allgemeine Grundsätze Diese Norm soll die allgemeinen Grundlagen festlegen, welche für die Schallemissionsprüfung an industriellen Strukturen, Komponenten bei der Belastungsprüfung zu beachten sind. Diese Norm stellt im Rahmen der Druckgeräterichtlinie der EU (PED) eine Harmonisierte Norm dar und ist deshalb bei Prüfungen im Rahmen der PED verbindlich. Im Zusammenhang mit einer Ausbildung entsprechend EN 473 muß auf den 4 Qualifikation des Prüfpersonales hingewiesen werden, in dem qualifiziertes Personal gefordert wird und die Empfehlung ausgesprochen ist, diese Qualifizierung durch ein Zertifikat entsprechend EN 473 nachzuweisen. Eine Fußnote weist noch einmal explizit auf den Anhang 1 Punkt der PED hin. In dieser Norm werden die Grundlagen der Schallemission, ihre Vorteile und Grenzen beschrieben, sowie einige industrielle Anwendungsformen erwähnt. Es kommt anschließend zu einer grundsätzlichen Betrachtung der Geräte bzw. der Aufnahmekette und die Grundsätze der Schallemissionsprüfung werden eingeteilt in 5 Punkte Informationen in Vorfeld, Vorbereitungen in Vorfeld, Vorbereitung an der Struktur bzw. der Komponente, Datenaufnahme und Echtzeit Analyse und sich anschließende Tätigkeiten besprochen. Die weiteren Punkte beinhalten die Datenauswertung und Quellenklassifizierung aber in sehr allgemeiner Form. 150

5 Es wird auch gefordert, daß für jede Prüfung eine examination procedure erstellt werden muß, welche sehr spezifische behältertypische Angaben enthält. Am Ende wird ein Prüfbericht genau beschrieben. Was mir in dieser Norm fehlt, ist die Prüfdokumentation, über welche nicht gesprochen wird. EN ZFP Schallemission Gerätecharakterisierung Teil 1: Gerätebeschreibung und EN ZFP Schallemission - Gerätecharakterisierung Teil 2: Überprüfung der Betriebskenngrößen Diese beiden Normen werden von den Geräteherstellern und Gerätebedienern verwendet und stellen sicherlich eine Weiterentwicklung auf den Gebiet der AT dar. Es soll darauf hingewiesen werden, dass diese Normen sehr nahe an die entsprechenden DGZfP Richtlinien angelehnt sind und eigentlich ohne große Probleme akzeptiert wurden. Eine der wichtigsten Prüfnormen auf dem Gebiet der AT stellt die pren ZFP Schallemission Prüfung metallischer Druckgeräte während der Abnahmeprüfung dar. Auch diese Vornorm wurde als eine zur PED Harmonisierten Norm seitens der EK anerkannt und wird hoffentlich nach der 6 Monate Anfrage noch dieses Jahr in Kraft treten. Für alle jene, welche die Schallemissionsprüfung im Rahmen der Drückgeräteüberprüfung anwenden, stellt diese Norm sicherlich einen zentralen Bestandteil der gesamten Europäischen Normung dar. Ein zentraler Punkt dieser Norm sind die allgemeinen Anforderungen ( 5), die Prüfungsrichtlinien ( 7) und erstmals spezielle Klassifizierungskriterien, die auch eine Echtzeitkontrolle ( 8) darstellen. Die tatsächlichen Werte müssen derzeit auf Basis der Erfahrung der Prüffirma eingesetzt werden, sollten aber in Zukunft in Produktnormen Eingang finden. Besonders wichtig sind diese Werte bei Gasdruckproben, wobei die Hauptaufgabe der Schallemissionsprüfung in ihrer Vorwarnfähigkeit vor einem katastrophalen Versagen liegt. Weitere damit zusammenhängende Punkte sind der maximale Sensorabstand, bei dem es zur Einführung des Faktors K kommt, der sicherstellen soll, daß alle Schallemissionsquellen, welche eine um diesen Wert geringere Amplitude als die Hsu- Nielsen Quelle haben, ebenfalls detektiert und lokalisiert werden. Die Rückrechnung der 151

6 Amplitude der georteten Quellen auf den Ort ihrer Entstehung (im Anhang A) soll nun sicherstellen, daß die Quellen, welche in verschiedenen Entfernungen vom erstgetroffenen Sensor detektiert werden, zu mindestens untereinander richtig bewertet werden können. Dies ist nämlich bei der Zonenlokalisierung nicht möglich, weshalb diese Prüfart eigentlich nur für die Prüfung von Faserverbundwerkstoffen Verwendung finden sollte. Als neue Arbeitspapiere wurden von der Arbeitsgruppe folgende Normungsvorhaben an die TC 138 gemeldet, wobei es für die Arbeitspapiere NWI 259 und NWI 260 eine Zustimmung von 5 Staaten gab. Das Papier NWI 607 wird erst in den nächster Zeit zur Abstimmung kommen. Die Arbeitspapiere lauten: NWI 259: NDT Acoustic Emission Examination during proof testing Zone location of AE sources NWI 260: NDT Acoustic Emission General principles of AE testing for the detection of corrosion within the metallic surrounding filled with liquid NWI 607: NDT Acoustic Emission Testing of fibre-reinforced plastics Specific methodology and general evaluation criteria 4. Technical Commitees : Produktnormen Wie schon erwähnt, werden die Festlegungen der Prüfverfahren aber noch viel mehr die Annahmekriterien in den Produktnormen festgelegt. Beispielhaft für die Schallemission möchte ich das TC 54 Unbefeuerte Druckbehälter nennen. Dieses ließ im Rahmen der TC 54 WG E Prüfung und Überwachung ein Papier über die Schallemissionsprüfung durch eine Joint Working Group TC54/WG E und TC138/WG 7 vorbereiten. Hierbei ergab sich nach einer Unzahl von Überarbeitungen und der gleichzeitigen Arbeit an pren schlußendlich der Anhang E Schallemission in der EN : Unbefeuerte Druckgeräte Teil 5: Prüfung und Überwachung Dieser informative Anhang einer für die Erstprüfung von Druckgeräten zentralen Norm behandelt die Schallemissionsprüfung als Sicherheitsmaßnahme während einer Gasdruckprobe. Da es sich dabei um einen Produktstandard handelt, ist man in der Lage den K Faktor, zumindest für eine große Anzahl der üblichen Kesselstähle, auch quantitativ anzugeben. Des weiteren sind hier einige Punkte definiert, welche auf den Spezialfall der Gasdruckprobe eingehen und das damit einhergehende größere Gefahrenpotential abfangen 152

7 können. Es muß hier darauf hingewiesen werden, daß die Schallemissionsprüfung das einzige Verfahren ist, welches in der Lage ist aktive Fehlstellen zu entdecken und daß alle anderen sogenannten Sicherheitsmaßnahmen vor Durchführung der Gasdruckprobe Ersatzmaßnahmen sind, die keinen direkten Zugang zur Antwort der Struktur während der Druckprobe haben. Leider stehen diesem positiven Beispiel sehr viele negative Beispiele gegenüber, wobei hierbei auch Verfahrensbeschreibungen und Annahmekriterien entstehen, welche die angesprochenen Verfahren nicht leisten können. Leider greifen diese Komitees viel zu wenig auf die Erfahrung von ZfP Fachleuten, wie sie in den anderen Komitees, wie der TC 138 sitzen, zurück. Auf die Gründe dieser Ablehnung anderer Fachleute möchte ich hier nicht näher eingehen. Selbstverständlich werden die ZfP und hiermit direkt und/oder indirekt die Schallemission und die Anforderungen an diese nicht nur in Normen und Standards festgeschrieben, sondern auch in den verschiedensten Papieren der EU. Als Beispiel möchte ich nur ein Kapitel aus der Druckgeräte-Richtlinie der EU (PED) zitieren, wobei ich hier nicht näher darauf eingehen möchte. Andere weitere Normen, die sich zumindestens teilweise mit der Schallemission beschäftigen, sind die EN Inspection and requalification of LPG up to and including 13m³, overground EN EN overground EN underground Inspection and requalification of LPG up to and including 13m³, Inspection and requalification of LPG tanks greater than 13m³, Inspection and requalification of LPG tanks greater than 13m³, pren Gas Cylinders Refillable seamless gas cylinders - Acoustic Emission testing for periodic inspection wobei ich zumindest jetzt über diese Europäischen Normen lieber den Mantel des Schweigens hüllen möchte. 153

8 5. Zusammenfassung Es wurde versucht, einen möglichst breiten und umfassenden Überblick über den derzeitigen Stand der Europäischen Normung auf dem Gebiet der Schallemissionsprüfung zu geben. Dabei wurden auch die Probleme angesprochen, die sich einerseits durch eine multinationale Zusammenarbeit und andererseits durch einen kompletten Bruch der bisherigen Normungspraxis, kompletter Normen mit Mitarbeit der einzelnen Fachleute, ergeben. Insbesondere auf dem Gebiet der Schallemission, wo eben die Prüftechnologie mit der zu prüfenden Struktur eng verbunden ist, und nicht so getrennt werden kann, wie bei den meisten anderen ZfP Verfahren, können wir nur auf die Vernunft der Experten in den Produktnormungs-TCs hoffen und müssen im Interesse unseres Prüfverfahrens mit den Wölfen heulen. Denn eines ist klar - die Normungstätigkeit der CEN läuft nach den vorgegeben Regeln und es ist daher nur die Frage läuft die Normung mit oder ohne Schallemission? 154