«Schlafmanagement» Christian Cajochen Zentrum für Chronobiologie Psychiatrische Universitätsklinik, Basel. Lunchveranstaltung

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1 «Schlafmanagement» Christian Cajochen Zentrum für Chronobiologie Psychiatrische Universitätsklinik, Basel Lunchveranstaltung , Basel

2 «Der moderne leistungsorientierte Mensch steht der epochalen Tendenz gegenüber, Schlaf immer weniger Zeit einzuräumen» «Niemand würde sich heutzutage eine medizinische Versorgung, elektrische Energie oder eine Polizei wünschen, die nicht rund um die Uhr bereitstünden» Dipl.-Sozialwiss. Edgar Zakaria Also wäre es am besten, den Schlaf möglichst kurz zu halten oder ganz abzuschaffen

3 Ende der ger Jahre (Sowjetunion) und auch 2015 (DARPA, Forschungsbehörde des Pentagons) gibt es Projekte mit dem Ziel den schlaflosen Soldaten zu kreieren. Als Vorbild der Natur, dient die Dachsammer, die 7 Tage ohne Schlaf durchfliegen kann Dachsammer (Zonotrichia leucophrys) Amerikanische Singvogelart Peter Tripp, The Radio DJ who was Awake For 8 Days (200 hours), January 1959, Wake-a-thons Können wir Schlaf überhaupt managen? - oder managet der Schlaf uns?

4 Funktion Schlaf- hygiene Schlaf typen Power Naps Schlaf Chrono typen Zu kurz Regulation Aufbau Störung

5 Funktion Schlaf ist die beste Erholung für den Körper Der Mensch schläft, weil er.. äh äh... äh?? Aufrechterhaltung des Gehirnstoffwechsels Aufrechterhaltung des Immunsystems Gedächtniskonsolidierung

6 Schlaf macht schlau! Funktion Prozent des Gelernten 40 Steigerung der Lernleistung nach dem Schlaf 0 Keine Lernsteigerung im Wachzustand Zeit

7 Schlaf typen Stunden

8 Schlaf typen Kurz- und Langschläfer Kurzschläfer Wochentag Langschläfer 5.5h 9.7h Wochenende 6.8h 10.0h Langschläfer gehen ca. 1.5 Stunden früher ins Bett und stehen ca. 2.5 Stunden später auf

9 Schlaf typen Bettgehzeit des(r) Durchschnittschweizer/in an Werktagen 95 % Wach 5 % Schlafen 23:00-06: Stunden 95 % Wach 5 % Schlafen 21:00 10:00 Repräsentative Umfrage in der Schweizer Bevölkerung 2011, BAFU, Tinguely, Landolt, Cajochen. Therapeutische Umschau, 2014

10 Schlaf typen Frauen schlafen länger als Männer ca. eine halbe Stunde mehr pro Tag Repräsentative Umfrage in der Schweizer Bevölkerung 2011, Jahre

11 NEWS FEATURE NATURE Vol March 2009 schedule affects behaviour and the synchronization of various local body clocks. In fact, peripheral oscillators have already proved to be a useful research tool. Last February, researchers from Steven Brown s lab at the University of Zurich and Achim Kramer s group at Charité Hospital in Berlin identified length but also from differences in how easily a person s rhythms can be synchronized to the night day cycle and that some larks and owls have clocks that are not reset normally each day. So perhaps these people s peripheral clocks stray from the central one easily. still much too naive to have pharmacological success without messing something else up in the system, he says. That means it could be up to individuals to consider their chronotype before choosing their schedule, or making other decisions that might affect their health. EUCLOCK researchers are developing ways to measure clock-gene expression from cheek swabs or other tissue that could provide a quick laboratory read-out of a person s chronotype. Timing (Roenneberg says that so far these results agree with self-reported chronotype based on questionnaires.) Chronotype might be taken into account when administering drugs or medi- des Schlafes cal tests: performing a blood test at 8 a.m. can yield completely different results on a morning person, who has been up for hours, than it will on an evening one. You can get very different clinical blood values based on their und Wachseins chronotypes without anything being meaningfully different, because in one person, the system is up, and in the other, it s still down, says Roenneberg. Working with EUCLOCK and another consortium called CLOCKWORK, Roenneberg and his colleagues are developing a computer model that works out a person s ideal schedule on the basis of his or her chronotype and sleep needs. The group is starting to test the model s predictions by asking people of each chronotype to try out a certain schedule in their daily lives, and measuring its effects in a range of physiological, behavioural and cognitive tests. They will then use their findings to refine the model. By repeating this process several times, Roenneberg says, we are confident that we will finally put some sense into how to do shiftwork properly that is, with the fewest side

12 Chrono typen Wir schlafen vorzüglich nachts, weil wir eine tagaktive Spezies sind Tagaktiv Dämmerungsaktiv Nachtaktiv

13 Chrono typen Wann schlafen wir? Normale Schlafphase vorverlagerte Schlafphase (19-3 Uhr) "Senile Bettflucht" rückverlagerte Schlafphase (3-11 Uhr) Teenagers Irreguläres Schlaf-Wachmuster Neugeborene Demenz Tageszeit

14 Regulation Gibt es eine «Schlaf/Wach Uhr»?

15 Tage in der Höhle Regulation 1 Timing der Schlafepisoden während eines Höhlenaufenthalts t = 24.5 Stunden Tageszeit (Stunden) Höhlenenthusiast Michel Siffre Tage in einer Höhle in den Französischen Alpen (0 C, 120 m tief) Kein Licht, ausser einer Stirnlampe Nach Siffre, 1964

16 Regulation Wo ist die «Innere Uhr»?

17 Regulation Der Sitz der Inneren Uhr Suprachiasmatischer Kern Epiphyse Dunkelhormon Melatonin

18 Plasma Melatonin (pmol/l) Plasma Melatonin (pmol/l) Regulation Jeder Mensch hat eine andere Taktfrequenz Stunden später 48 Stunden später 64 Stunden später Herr Müller Taktfrequenz: 24.5 Stunden Tageszeit (h) Stunden später 48 Stunden später 64 Stunden später Frau Maier Taktfrequenz: 23.5 Stunden Tageszeit (h)

19 Anzahl Versuchspersonen Regulation Die Taktfrequenz der inneren Uhr des Menschen Junge Erwachsene (20-41 yr) 52 Personen (46M,6F) Median = h tau (Stunden) Morgentypen (Lerchen) Abentypen (Eulen) Czeisler et al., Science 1999

20 Melatonin Regulation Der Licht-Dunkelwechsel als äusserer «Zeitgeber» für die Innere Uhr Suprachiasmatischer Kern Epiphyse Dunkelhormon Melatonin Licht Light Dunkel Dark Tageszeit (h)

21 Tage im Bunker Regulation 1 10 Timing der Schlafepisoden im Bunker t = 24.0 hrs Helles Licht 20 Schwaches Licht t = 25.3 hrs 50 Nach Aschoff, Tageszeit (Stunden)

22 Regulation Circadiane Schlaf-Wachrhythmen Synchronisiert Time of Day Desynchronisiert Time of Day Schlaf Wach Schlaf Wach Wach Schlaf Wach Schlaf Tagesmüdigkeit kognitive Leistungseinbussen Stimmungsverschlechterungen/Depressionen

23 Aufbau Wie wird Schlaf gemessen? Hirnstromwellen Augenbewegungen Muskelspannung (Kinn) Kreislauf Atmung, Schnarchen Beinbewegungen

24 Aufbau Hirnwellen im Schlaf (EEG) Wach Stadium 1 Stadium 2 Tiefschlaf REM Schlaf Augenbewegungen 20 Sekunden

25 Aufbau Das Schlafprofil Hypnogram Wach REM Stadium 1 Stadium 2 Stadium 3 Stadium Uhrzeit

26 Aufbau REM Schlaf beim Neugeborenen ("aktiver Schlaf") Typische Zeichen dieses "aktiven Schlafs" sind: Schnelle Augenbewegungen, manchmal mit offenen Augen Häufige Muskelzuckungen, Grimassen und Bewegungen Unregelmässiger Herzschlag und Atmung Unbeständiger Muskeltonus

27 Schlaf Störung Definition von Schlafstörungen A. Eines oder mehrere der folgenden Schlafbeschwerden: Einschlafschwierigkeiten Durchschlafschwierigkeiten Zu frühes Erwachen Nicht-erholsamer Schlaf, schlechte Schlafqualität B. Die Schlafprobleme sind auch vorhanden bei angemessenen Schlafbedingungen vorhanden C. Mindestens eines der folgenden Beeinträchtigungsformen während des Tages: Müdigkeit/Unwohlsein Aufmerksamkeits-, Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen Schlechte Leistung im Sozialen, Beruf oder in der Schule Stimmungsschwankungen / Reizbarkeit Tagesschläfrigkeit Motivations-, Energie und Initiativlosigkeit Fehleranfälligkeit erhöht /Unfälle beim Fahren oder bei der Arbeit Spannung, Kopfweh, und/oder gastrointestinale Symptome bei zu wenig Schlaf Sorgen oder Ärger mit dem Schlaf Edinger JD et al. (2004). Derivation of research diagnostic criteria for insomnia: report of an American Academy of Sleep Medicine Work Group. Sleep, 27,

28 Schlaf Störung Häufigkeit des Auftretens von Schlafproblemen (Einschlaf-, Durchschlafprobleme) in den vorangehenden 3 Montaten (N=3000, Prozent) Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) Quelle: DAK Gesundheitsreport 2010, basierend auf der Bevölkerungsumfrage 2009

29 Schlaf Störung Kategorisierung der Betroffenen nach dem Vorliegen bzw. der Ausprägung von Schlafproblemen Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) Quelle: DAK Gesundheitsreport 2010, basierend auf der Bevölkerungsumfrage 2009

30 Schlaf Störung Die 6 stärksten schlafbezogenen Störfaktoren Antwortkategorien stark, sehr stark zusammengefasst in Prozent, (n=1 407) Quelle: DAK Gesundheitsreport 2010, basierend auf der Bevölkerungsumfrage 2009

31 Patientenpopulation (Millionen) Schlaf Störung Insomnie ein globales Problem Prävalenz von Krankheitsbildern (Frankreich, Italien, Japan, Spanien, UK, US) * * 21.5 * * Stroke OCD Anxiety Diabetes Insomnia OCD=Obsessive compulsive disorder * Datamonitor 2000; + based on United Nations population statistics 1997

32 Schlaf zu kurz Zuwenig Schlaf körperliche und psychologische Beschwerden reduzierte Aufmerksamkeit & Reaktionsfähigkeit verlangsamtes Denkvermögen erhöhte Fehlerrate verminderte Lernfähigkeit erhöhte Müdigkeit (wird subjektiv meistens unterschätzt) erhöhte Unfallgefahr reduzierte Immunabwehr verminderte Glukosetoleranz erhöhte Appetit- Hungergefühle

33 Schlaf zu kurz Diese Beschwerden sind kumulierbar!!!! 4-6 Stunden Schlaf pro Nacht während 2 Wochen = 3 Tage ohne Schlaf Van Dongen et al (2003) SLEEP 26:

34 Anzahl Fehler Operationsdauer Schlaf zu kurz Chirurgen im OP machen 20% mehr Fehler und brauchen 14% länger nach einer durchgewachten Nacht Normal Rufbereitschaft ohne Schlaf Normal Rufbereitschaft ohne Schlaf NJ Taffinder et al, The Lancet (1998) 352: 1191

35 Schlaf zu kurz Drowsy driving in the US 30 millions drivers have nodded off or fallen asleep while driving during the past year = one every second throughout day and night 3 Mio. $ per year on education regarding the hazards of drinking & driving 3000 $ per year on education related to drowsy driving Czeisler, SRS Bulletin, 11, 2, 2005 and New England Journal of Medicine

36 Schlaf zu kurz Achtung Sekundenschlaf! Quelle: Youtube

37 Schlaf zu kurz 24-Stunden-Wachsein entspricht einem Blutalkoholspiegel von 1 Promille D. Dawson & K. Reid Nature (1997) 388: 235

38 Mean relative performance (%) Mean relative performance (%) Schlaf zu kurz Leistung in Bezug auf Wachdauer und Alkoholspiegel Hours of Wakefulness Blood Alcohol Concentration (%) Dawson & Reid, Nature (1997)

39 Power Naps Power Nap Bei Politikern und Managern Managerschlaf In Japan Inemuri

40 Power Naps Power Nap Dosis 20 Minuten wenn möglich kombiniert mit einem Kaffee vor dem Nap Wirkung Senkt Müdigkeit Steigert die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit für ca. 2-3 Stunden Vermindert das Herzinfarktrisiko (um ca. 37% bei Probanden) Nebenwirkung Keine Wenn zu lang: Schlaftrunkenheit, kurzeitige Verwirrtheit, Verstimmung Einschlafschwierigkeiten in der Nacht

41 Schlaf- hygiene Die 10 Regeln der Schlafhygiene 1. Halten Sie regelmässige Schlafenszeiten ein. Gehen Sie aber nur dann ins Bett, wenn Sie wirklich müde sind! 2. Stehen Sie regelmässig zur gleichen Zeit auf und behalten Sie den Rhythmus auch am Wochenende bei. 3. Schaffen Sie im Schlafzimmer eine gemütliche Atmosphäre und achten Sie insbesondere auf eine gute und Rücken schonende Matratze. 4. Bewegung am Tag oder Abend, beispielsweise ein gemächlicher Spaziergang, wirkt oft Wunder. Aber nicht mehr zu später Stunde! 5. Ein warmes Bad oder eine warme Dusche (nicht zu heiss) fördern wohlige Entspannung.

42 Schlaf- hygiene Die 10 Regeln der Schlafhygiene (Fortsetzung) 6. Das Abendessen sollte leicht sein und schon am frühen Abend eingenommen werden. 7. Trinken Sie abends nicht mehr zu viel und gehen Sie sparsam mit Alkohol, Kaffee und Tee um. 8. Rauchen Sie nicht vor dem Zu-Bett-Gehen. 9. Lassen Sie den Tag ausklingen mit dem Lesen eines nicht zu spannenden Buches oder mit Musikhören. 10. Lösen Sie Ihre Probleme vor dem Zu-Bett-Gehen. Falls dies nicht möglich ist, schreiben Sie sie auf. Dann kann der Geist besser abschalten.

43 Anteil Personen, die eine Verbesserung der Schlafstörung angaben (%) Schriftlich 2 Besprechungen & 2 Gespräche + 2 Telefonate 2 Telefongespräche Schlaf- hygiene Einfluss der Vermittlung der Schlafhygiene - Regeln auf Schlafstörungen % % schriftlich 0 Buysee et al. Arch Int Med, 2011

44 Zentrum für Chronobiologie Dr. Christina Schmidt, Psychologin Dr. Antoine Viola, Biologe Dr. Micheline Maire, Psychologin Dr. Carolin Reichert, Psychologin Virginie Gabel, Biol., Doktorandin Franziska Rudzik, Psychol. Doktorandin Laurie Thiesse, Biol., Doktorandin Verdankung Zentrum für Chronobiologie Swiss Federal Office for Public Health Daimler-Benz Foundation EU IP

45 Sind Sie eine Eule oder Lerche?