Fachhochschule Hannover bildet künftige Spezialisten für Milchwirtschaft und Verpackung aus!

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1 Stern-Wywiol: 30-jähriges Firmenjubiläum (siehe Seite 338 ff) Jahrgang 124. MKZ Gelsenkirchen 12. Mai Fachhochschule Hannover bildet künftige Spezialisten für Milchwirtschaft und Verpackung aus!

2 Eingangsbereich der Fachhochschule Hannover, Standort Ahlem (Foto: FH Hannover Ahlem) Ulrike HENNING, Berlin Schon im Studium reichlich Praxis Fachhochschule Hannover bildet künftige Spezialisten für Milchwirtschaft und Verpackung aus In mehreren ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen werden an der Fachhochschule Hannover jedes Jahr Spezialisten für drei Sparten der Bioverfahrenstechnik ausgebildet: milchwirtschaftliche Lebensmitteltechnologie, Technologie nachwachsender Rohstoffe und die Lebensmittelverpackungstechnologie. In kleinen Gruppen scharen sich die Studierenden um die Anlagen, beobachten Messwerte, prüfen die Konsistenz eines Zwischenproduktes, nehmen auch mal eine Kostprobe, füllen und verschließen Joghurtbecher und machen sich Notizen. Im Molkereitechnikum der Fachhochschule Hannover herrscht reges Leben und wenn es etwas gibt, was die jungen Leute hier besonders schätzen, dann ist es die Praxis-Orientierung ihrer Fakultät. Dazu gehören die Praktika im laufenden Studium, mehrere Stunden wöchentlich neben Britta Rademacher, Studiendekanin den üblichen Vorlesungen und Seminaren. Hier lernen die Studenten die Grundbegriffe des Molkereiwesens in direkter Anschauung. In kleinen Anlagen, die nur einige hundert Liter Milch verarbeiten, bekommen sie ein Gefühl für chemische und biologische Prozesse rund um die Milch und Einblicke in die Verfahrenstechnik. Sie können die Steuerung einer Milchbearbeitungslinie erproben, stellen selbst Joghurt, Hüttenkäse oder Camembert her und lernen Filtrations- und Verdampfungsanlagen sowie grundlegende Verpackungsvorgänge kennen. Die Praktikumsgruppen sind jeweils recht klein, damit eine intensive Betreuung gewährleistet ist. Zusammengestellt werden die Teams nach ihren Vorkenntnissen. Wer direkt nach dem Abitur das Studium aufnahm, arbeitet zusammen mit anderen, die schon einen Beruf erlernt haben. So ergänzen sich die Studierenden in ihren Fähigkeiten, freut sich Britta Rademacher, Studiendekanin und eine der Professorinnen in Hannover-Ahlem. Die einen sind theoretisch sicher und gründlich und genau beim Protokollieren, die anderen haben weniger Berührungsängste mit der Technik. Unter den Studienanfängern hat etwa die Hälfte bereits eine Berufsausbildung absolviert, einige auch in der Milchwirtschaft selbst. Die 24-jährige Julia Fichtner etwa lernte pharmazeutisch-kaufmännische Assistentin und wollte auf jeden Fall Lebensmitteltechnologie studieren. Denise Meyer ist chemisch-technische Assistentin und hat bereits in einem Le- 328 Deutsche Milchwirtschaft 10/2010 (61. Jg.)

3 Studentinnen im Technikum beim Abfüllen selbst hergestellten Joghurts (Fotos: Ulrike Henning) Denise Meyer Melanie Pieper der Numerus Clausus war zu hoch. Nun ist sie mit Begeisterung auf dem Weg zu Fachfrau für Milchwirtschaft und könnte sich schon vorstellen, einmal in der Produktentwicklung zu arbeiten. Für Helga Gertz war die eigene Laktoseintoleranz eines der Motive bei der Wahl des Studiums. Wie die anderen Genannten studiert sie im vierten Semester, möchte aber den Vorgängen bei der Herstellung von Milchprodukten noch viel genauer auf den Grund gehen. lung ist eher der Norden Deutschlands. Sie ist mit elf Professuren ausgestattet, es gibt neun Mitarbeiterstellen, die über Teilzeitlösungen mit 13 Personen besetzt sind. Damit verfügt die Abteilung über fünf Prozent des Personals der gesamten Fachhochschule Hannover. bensmittelinstitut gearbeitet. Sie begann ein Chemie-Studium, fand dieses aber zu abstrakt und wechselte zur milchwirtschaftlichen Lebensmitteltechnologie. Vor vielen Jahren hatte sie in Ahlem schon ein Schulpraktikum absolviert. Melanie Pieper wollte nach dem Abitur gerne Ökotrophologie studieren, aber Günstiger Betreuungsschlüssel für die Studierenden Reichlich die Hälfte der 250 Studierenden der Abteilung Bioverfahrenstechnik sind junge Frauen, und 60 Prozent kommen aus Niedersachsen. Der weitere Einzugsbereich der Abtei- Einsatz eines Scara-Verpackungsroboters beim Handling von Stückgut Helga Gertz Julia Fichtner Praktika sind aber auch in größerem Maßstab Bestandteil der Studiengänge, die in Hannover- Ahlem angeboten werden. Jeweils das fünfte und siebente Semester verbringen die angehenden Molkereifachleute in Betrieben, danach arbeiten sie einige Wochen ihre Erfahrungen in Abschlussarbeiten auf. Alternativ kann das fünfte Semester auch im Ausland absolviert werden, sowohl in einem Unternehmen als auch an einer Hochschule. Die Zusammenarbeit mit den Firmen erstreckt sich von der Themenauswahl für die Abschlussarbeiten bis hin zur gemeinsamen Betreuung der Studierenden. Nicht zuletzt wirkt sich auch die Praxiserfahrung der Lehrenden positiv auf das Klima an der Hochschulfakultät aus. Die kleinen Gruppen von etwa 30 Studierenden pro Jahrgang lassen einen engen Kontakt mit Mitarbeitern und Professoren sowie eine intensive Betreuung zu. Hinzu kommt eine einwöchige Exkursion durch Molkereien in ganz Deutschland im vierten Semester. Hierfür teilnehmende Betriebe zu fin- 330 Deutsche Milchwirtschaft 10/2010 (61. Jg.)

4 den, ist keine schwere Aufgabe: der Markt ist relativ übersichtlich und an vielen Orten sind schon Absolventen aus Hannover als geschätzte Fachleute beschäftigt. In diesem Jahr lernten 25 Studierende mit ihrem Professor Heinrich Wietbrauk acht Unternehmen aus den Bereichen Milchwirtschaft, Anlagenbau sowie Verpackungs- und Zulieferindustrie kennen. Milchwirtschaftliche Ausbildung seit 1965 Die Abteilung Bioverfahrenstechnik mit ihren heute insgesamt fünf Studiengängen gehört zur Fakultät II der Fachhochschule Hannover. Angefangen hat dort alles 1965 mit einer Ingenieurausbildung der Landwirtschaftskammer unter dem Signum Milch- und Molkereiwirtschaft für 24 Studenten. Sie wurde zu Beginn der 70er-Jahre in die Fachhochschule integriert. Ende der 90er-Jahre kam die Technologie nachwachsender Rohstoffe hinzu, der Fachbereich hieß nun Bioverfahrenstechnik. Um die Jahrtausendwende wurden neue Räume angemietet und ausgebaut begann die Umstellung auf die Bachelor-/Master-Studiengänge. Bereits der zweite Jahrgang an Absolventen wurde in diesem Frühjahr verabschiedet, die besten ausgezeichnet. Seit 2007 gehört die Lebensmittelverpackungstechnologie zur mittlerweile mit dem Maschinenbau fusionierten Fakultät. Im Sommersemester 2009 wurde erstmals der Master-Studiengang Milchwirtschaftliche Lebensmitteltechnologie angeboten. 3-D-Planungstool für Förder- und Transportvorgänge Im Ergebnis dieser Umstrukturierungen gibt es heute drei akkreditierte Bachelor-Studiengänge: Milchwirtschaftliche Lebensmitteltechnologie, Technologie nachwachsender Rohstoffe und die Lebensmittelverpackungstechnologie. Sie werden nach sieben Semestern mit dem Bachelor of Engineering (B. Eng.) abgeschlossen. Im Anschluss möglich sind die Master- Studiengänge Milch- und Verpackungswirtschaft sowie Nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien, Letzterer in Kooperation mit Hochschulen in Hildesheim, Holzminden und Göttingen. Diese Studiengänge dauern drei Semester und schließen mit einem Master of Engineering (M. Eng.) ab. Den Studiengang Milchwirtschaftliche Lebensmitteltechnologie gebe es in dieser spezifischen Ausrichtung an keiner anderen deutschen Hochschule, hebt Britta Rademacher hervor. Zu den im Bachelor-Studium vermittelten Inhalten gehören in den ersten Semestern die natur- und ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen, also jede Menge Stoff in Physik, Chemie, (Mikro-)Biologie und Mathematik, daneben auch Betriebswirtschaft und Soft Skills. Ab dem dritten Semester gilt die Aufmerksamkeit je nach Studiengang der Milchtechnologie, der chemischen und mikrobiologischen Analytik sowie der Verfahrenstechnik und Anlagenprojektierung, bei den künftigen Verpackungs- Wer hat s erfunden? Wir haben s erfunden! Erfolg ist uns wichtig. Ganz besonders der unserer Kunden. Deshalb setzen wir vielen frischen Milchprodukten mit unseren Fruchtzubereitungen die Krone auf. Und als echter Partner der Milchindustrie liefern wir darüber hinaus ständig Ideen und Impulse für innovative, neue Produkte. Dass uns Qualität ebenfalls sehr am Herzen liegt, wissen unsere Kunden, weil wir nur beste Früchte aus den weltbesten Anbaugebieten verarbeiten oder einfach deshalb, weil wir europaweiter Marktführer für Fruchtzubereitungen sind. Zentis GmbH & Co. KG Jülicher Straße 177 D Aachen Tel.: 02 41/ Fax: 02 41/ Deutsche Milchwirtschaft 10/2010 (61. Jg.) 331

5 der Analytik beschäftigen sich Wissenschaftler mit dem Einfluss von Caseinaten auf die Qualität und Reifung von Käse. Ein erfreulicher Einzelfall für die Fakultät ist die Übernahme einer Stiftungsprofessur durch SIG Combibloc, mit der der Bereich Verpackungstechnologie aufgebaut wurde. Herausforderungen für Forschungsaufgaben gibt es genug: Angesichts steigenden Kostendrucks sind sowohl neue Produkte aus dem Rohstoff Milch gefragt als auch optimierte Prodazu bunt bedruckbar und am besten auch noch kompostierbar. So ein Alleskönner sollte dann auch mit schnell umrüstbaren Anlagen zu kombinieren sein. Mit der materiellen Ausrüstung von Laboren, Technikum und Bibliothek ist man in Hannover- Ahlem unter anderem dank der Studiengebühren und des Hochschulpaktes 2020 ganz zufrieden. Zu den Wünschen für die nähere Zukunft gehören ein Messgerät für die Partikelgrößenanalytik, mehr Automatisierungstechnik und ein modernerer Sprühturm. Zudem ließe sich die UHT-Anlage variabler gestalten. Bachelor-Absolventen 2010 im Studiengang Milchwirtschaftliche Lebensmitteltechnologie mit Vizepräsidentin Xiaogang Gerns und Kollegium technologen stehen hingegen Verfahrenstechnik, Konstruktion und Design, Abfüllanlagen und Packstoffe im Fokus. Im möglicherweise anschließenden Masterstudium mit drei Semestern werden die vorhandenen Fähigkeiten auf den Gebieten der speziellen Verfahrenstechnik, innovativer Verpackungstechnologie, der Lebensmittelanalytik oder der Unternehmensführung vertieft. Beachtenswert unter den internationalen Kontakten der Abteilung Bioverfahrenstechnik ist die Kooperation mit China, vor allem mit der Hochschule in Hangzhou. Mit China besteht ein sogenanntes 2plus3-Abkommen, in dem Studierende zunächst zwei Jahre in China studieren und sich auf einen Aufenthalt in Deutschland vorbereiten, bevor sie danach in drei Jahren ihr Studium bei uns abschließen, erläutert Britta Rademacher. Forschungsaufgaben von praktischen Anforderungen bestimmt Bei der Drittmitteleinwerbung steht die Abteilung, gemessen an den Ergebnissen der gesamten Hochschule, geradezu vorbildlich da. Die Ursache hierfür ist wiederum in der engen Praxisanbindung zu suchen. Das bedeutet zum Beispiel, dass Forschungsgelder in der Regel nur dann fließen, wenn eine mindestens 20- prozentige Industriebeteiligung gesichert ist. Zu den aktuellen Aufgaben gehören etwa die Entwicklung eines infektionsbegrenzenden und gewebeschonenden Melksystems für Milchkühe oder die Optimierung der Prozesstechnik von Wärmeaustauschern und Pumpen für Rahm und Rührjoghurt. Geforscht wird auch zu immobilisierten Enzymen, die, auf Membranen aufgebracht, wiederholt verwendbar sind. In Studentinnen im mikrobiologischen Labor bei der Anfertigung ihrer Bachelor-Arbeit duktionsprozesse gewünscht. Immer häufiger kommen ernährungsphysiologische Aspekte ins Spiel. Themen wie Energie- und Rohstoffeffizienz oder internationales Marktgeschehen werden noch wichtiger. Aus der Sicht von Britta Rademacher bietet zum Beispiel Molke viele Möglichkeiten, weitere Produkte wie Proteinkonzentrate, pharmazeutische Laktose oder Futtermittel zu gewinnen. Hohe Ansprüche stellt auch die Verpackungsbranche: Moderne Verbundstoffe haben insbesondere bei Milchprodukten vielen Anforderungen zu genügen. Sie müssen dicht gegen Wasserdampf, Aromen und Licht sein, sehr fest, sterilisierbar, Gute Chancen für Absolventen und Bewerber Die beruflichen Chancen für die frischgebackenen Bachelor sehen gut aus, die meisten finden schnell eine Stelle in Produktionslenkung, Qualitätssicherung, Produktentwicklung, Controlling oder in der Anlagenplanung der Lebensmittelindustrie selbst oder aber auch als Anwendungsberater in der anlagenbauenden oder Zulieferindustrie. Etwa ein Drittel der Absolventen geht direkt in milchwirtschaftliche Unternehmen. Noch breiter gefächert sind die Einsatzmöglichkeiten für die Verpackungstechnologen: sie reichen von der Lebensmittelindustrie über die Pharma- und chemische Industrie bis in die Unternehmen der Packstoff-, Maschinen- und Anlagenhersteller. Hier bestehen in Hannover-Ahlem noch besonders gute Chancen für Interessierte. Etwa ein Drittel der Bachelor-Absolventen in Hannover-Ahlem setzt noch drei Semester drauf und kann dann mit dem Master Leitungsfunktionen in Milchwirtschaft oder Verpackungsindustrie übernehmen. Willkommen sind für diesen weiterführenden Studiengang auch Abgänger mit einem entsprechenden Bachelor-Abschluss anderer Hochschulen. Der Kontakt zu ehemaligen Studierenden bleibt über Fachtagungen und Messen erhalten. Außerdem führt der Verband der Ingenieure der Milchwirtschaft und Nachwachsenden Rohstoffe (VIM), der demnächst in Verband Ahlemer Ingenieure umbenannt werden soll, die ehemaligen Kommilitonen zum Erfahrungsaustausch zusammen. Junge Leute, die sich für ein Studium in Hannover interessieren, sollten sich nicht nur auf der Webseite der Fachhochschule informieren. Empfehlenswert ist eine Beratung vor Ort, für die eine Anmeldung nötig ist. Die Termine, in der Regel einmal monatlich, sind im Internet unter startseite/studieninteressierte/index.html veröffentlicht und schließen ein Gespräch sowie eine Führung durch die Fakultät ein. 332 Deutsche Milchwirtschaft 10/2010 (61. Jg.)