- Auf den Spuren des Islam durch Budapest

Transkript

1 Reiseführer - Auf den Spuren des Islam durch Budapest Jonas G. Friesel, Anna-Josepha Kriesche, Valerie Albrecht

2 Wie kamen die Türken in das Magyarenland? - Eine kurze Geschichte Ungarns Die Geschichte des Staates Ungarn beginnt mit der Landnahme der Magyaren (Bezeichnung für das ungarische Volk). Die Magyaren waren ein nomadisch lebendes Steppenvolk, das raubend und plündernd die europäische Staatenwelt in Angst uns Schrecken versetzte. Im Jahre 955 kam es auf dem Lechfeld zur Schlacht zwischen dem deutschen König Otto I. und den Magyaren unter Fürst Árpád, in der letztere vernichtend geschlagen wurden. Die ersten Fürsten Ungarns auf dem Heldenplatz In den folgenden Jahren wurden die Magyaren sesshaft im Gebiet des heutigen Ungarns. Ein eigenständiges Königreich bildete sich schließlich mit der Krönung Stephan I. im Jahre In der Folgezeit dehnte das Königreich Ungarn seinen Machtbereich bis nach Bosnien und Siebenbürgen aus, die Städte Buda und Pest wurden zu den wichtigsten Niederlassungen des Landes. Mit der Wahl von Matthias I. Corvinus zum König erlebte der ungarische Staat noch einmal eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Es kam zu ökonomischer Konsolidierung, die Autorität des Königs wurde gefestigt, das Land war innen wie außen stabil und sicher. Und so ist es nicht verwunderlich, dass man bis heute die Zeugnisse der Herrschaft von König Matthias in Budapest entdecken kann. Allen voran natürlich die Stephan I. auf der Fischerbastei berühmte Matthiaskirche auf der Fischerbastei. Nach dem Tod Matthias' begann jedoch eine Zeit des Verfalls für Ungarn und der Widerstand gegen die Türken bröckelte, ein Zeitalter islamischer Fremdherrschaft brach an. Nach dem Fall von Nándorfehérvár (heutiges Belgrad) 1521 und der Niederlage bei Mohács 1526 fiel ein großer Teil des Landes an die Türken und machte eine ungarische Gegeninitiative unmöglich. Schließlich errichteten die Türken nach der Eroberung Budas (1543) unter Sultan Süleyman dem Großen Matthiaskirche eine eigene Administration im ungarischen Staatsgebiet. Die Übernahme war perfekt. Hohe türkische Militärs und Offiziere bekamen administrative Aufgaben und Rechte. All dies führte dazu, dass u.a. Kirchen zu Moscheen umfunktioniert wurden, Paläste an die Bedürfnisse ihrer neuen muslimischen Herrscher angeglichen wurden und so fort. Somit zeigt sich die Türkenherrschaft im Stadtbild Budapests unter anderem in den mittelalterlichen Bädern oder in der Gestaltung zahlreicher Gotteshäuser bis heute. Die Herrschaft der Türken sollte weitreichende Folgen für die Entwicklung der europäischen Staatenwelt haben. Im Jahre 1699 kam es zur Befreiung Ungarns durch die Habsburger aus Österreich, was zur Eingliederung Ungarns in die österreiche Monarchie führte, die Herrschaft der Türken beendete und zur Entstehung des Königreiches Österreich-Ungarn führte.

3 Gül Baba Türbe - wo Vater Rose ruht Das absolute Highlight auf den Spuren der muslimischen Kultur in Budapest ist der Besuch der Gül Baba Türbe, das Mausoleum des türkischen Derwischs Gül Baba. Versteckt liegt das Denkmal auf der Höhe der Margaretheninsel auf der Budaer Seite. Folgt man den auf den, fast überall kostenlos erhältlichen, Karten angegebenen Straßennamen auf die Mescet utca erreicht man den unscheinbaren Eingang zu einem an einer Hügelseite gelegenen Rosengarten. Auf der Kuppe kann man einen malerischen Säulengang erkennen. Am Ende des Gartens geht es noch ein kurzes Stück durch eine Allee an die eine blühende Wohngegend grenzt. Vor der Anlage kann man dann schon eine kleine Statue des Derwischs erkennen. Dahinter erstreckt sich der achteckige Kuppelbau, welcher von Rosengärten kleinen Springbrunnen und einem viereckigen Säulengang umgeben wird. Von dort hat man einen fantastischen Blick über die Donau und Teile von Pest. Wenn man sich in höflichen Englisch an die beiden Wachmänner wendet, darf man das kleine Mausoleum dann auch betreten und, während ein intensiver Weihrauchduft die Sinne vernebelt, einen Blick auf das mit teppichen bedeckte Grab Gül Babas werfen. Der gesamte Ort ist von malerischer Schönheit und andächtiger Stille geprägt. Der Poet und Derwisch Gül Baba lebte, zunächst noch unter dem Namen Cafer, in der zweiten Hälfte des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts kam er auf Bitte des Sultans Süleymann des Großen nach Buda. Dort gründete er eine Tekke, eine Art muslimisches Konvent. Sein Aufenthalt war jedoch nur von kurzer Dauer, denn am 2. September 1941 fiel er als Märtyrer im Budaer Krieg. Am nächsten Tag soll sogar der Sultan auf seiner Beerdigung erschienen sein. Gül Baba gilt als Schutzheiliger Budas. Etwas beschwerlich, aber malerisch und abenteuerlich ist der Abstieg durch die Gül Baba utca, ein steiles Gässchen neben dem Denkmal das die Schönheit der verborgenen Wege Budas zeigt. Der Derw isch Cafe r erhielt d en Name n Gül Baba, wa s überset z t so viel heißt wie Vate r Rose, du rch seine Gewohnh eit eine R ose am Hut z u tragen. Zwischen 1543 und 1548 wurde die Anlage auf Befehl des damaligen Gouverneurs von Buda, Mehmet Paşa, erbaut verwandelte man das zwischenzeitlich als Kirche benutzte Gebäude wieder in ein Mausoleum, woraufhin es 11 Jahre später sogar von Sultan Abdülaziz besucht wurde. Nach einer Restauration im Jahre 1916 wurde die Gruft im II. Weltkrieg schwer beschädigt bis sie 1963 zurück in ihre ursprüngliche Form gebracht wurde. Im Jahr 1997 durch eine Kooperation von türkischer und ungarischer Regierung aufwendig erneuert, wird die Gedenkstätte heute von Türken und Ungarn gleichermaßen besucht und gilt als eines der bedeutendsten Mausoleen in Mitteleuropa. htung bas Dic a B l ü G e hat Bis heut dene verschie f u r der a s s er, eine t Einflu h ic D d isten un Hans Kompon ist wohl n o v a d esten bekannt sen. n Ander ia t is r h C

4 Luxus des Orients Das Rudas-Heilbad Öffnungszeiten: Mo, Mi-Fr (nur Männer) Di: 6-20 (nur Frauen) Sa, So:6-20 (gemischt) Fr, Sa Nachtbaden: 22-4 (gemischt) Party im Pool: Cinetrip Sparty - monatliche Disconächte im türkischen Ambiente Sa ab 21 Uhr, Eintritt: HUF Am Fuße des Gellértberges, direkt an der Donau gelegen und über die Elisabethbrücke von Pest aus zu erreichen, gelangt man zur schummrigen Dunkelheit des Rudas-Heilbades (Rudas gyógyfürdö). Der türkische Badetempel blickt auf einen Badebetrieb von über 500 Jahren zurück, denn schon bald nach der Besatzung Budas 1541 begannen osmanische Paschas fernab des Bosporus ihre Badetempel zu errichten. Das türkische Bad, das Zentrum des heutigen Bades mit einer außergewöhnlichen Ausgestaltung eines Sternenkuppelgewölbes stammt noch aus dem 15. Jahrhundert. Seit 1936 durften entsprechend der türkischen Traditionen nur noch Männer das Thermalbad besuchen, doch mit dem Abschluss der Erneuerungsarbeiten 2005 wurden wieder Badetage nur für Frauen, aber auch gemischte Badetage eingeführt. Einzigartige Erlebnisse sind die türkische Dampfkammer, hohe Wassertemperaturen im Schwimmbad von 29 C und in den fünf Heilbecken von 28 C-42 C. Auch die angrenzende Bar ist einen Besuch wert. nächtliche Wochenendöffnungszeiten zum Entspannen für 3300 HUF Geschichte hautnah - Das Nationalmuseum Das ungarische Nationalmuseum, das im Stadtzentrum von Pest liegt, bietet eine einzigartige Möglichkeit die Geschichte Ungarns näher kennenzulernen. Neben Kunstwerken findet man eine einzigartige Auswahl alter Artefakte, die die Entwicklung Ungarns besonders unter türkischer Herrschaft zeigen. So kann man zahlreiche Waffen bewundern, zum Beispiel türkische Gewehre aus dem Mittelalter, Nachbildungen oder Originale damals typischer Kleidung entdecken und alte Schriften untersuchen. Alle Informationen sind auch auf Englisch zu finden. Für 500 Forint, also weniger als 2 Euro, ist auch eine Fotoerlaubnis dabei. Möchte man die Ausstellungen genauer untersuchen, sollte man allerdings etwas Zeit mitbringen. Öffnungszeiten: täglich Uhr montags geschlossen In Museen, Denkmälern usw. immer nach Rabatten für Schüler, Studenten oder sogar EU-Bürger fragen, so kann man oft schon durch Vorzeigen des Personalausweises eine Menge sparen.

5 Krönungskirche mit turbulenter Geschichte Die Matthiaskirche Die ursprünglich als Liebfrauenkirche bezeichnete und als geistlicher Mittelpunkt von der großen deutschen Gemeinde in Buda genutzte romanische Kirche gilt heute als bedeutendste Sehenswürdigkeit des Burgviertels. Durch seine beiden Vermählungen 1461 und 1476 konnte König Matthias die Stellung dieser Kirche hervorheben. Knapp 100 Jahre später, während der osmanischen Besatzung von Buda wurde sie als Moschee dem osmanischen Sultan Süleyman gewidmet. Danach ging sie in die Hände der Jesuiten und wurde von ihnen als Schulkirche genutzt. Erst im 18. Jahrhundert wurde sie Pfarrkirche und diente am 8. Juni 1867 als Krönungskirche von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth ( Sisi ) im Rahmen des österreichisch-ungarischen Ausgleiches beauftragte man den Architekten Frigyes Schulek zur Neugestaltung der Kirche, so wie wir sie heute sehen können. Trotz des heutigen neogotischen Gebäudes und der Fresken-und Wandmalerei im Inneren von Bertalan Székely, die sich an die mittelalterlichen Farbreste anpassen, kann man an einigen versteckten Orten kleine Details erkennen, die an morgenländische Ornamente und Zeichen erinnern. Wer sich auf eine Besichtigungstour zu Fuß einlassen möchte, kann auf der Budaer Seite an der Donau entlang vom Gellertberg bis zur Margaretheninsel eine wunderbare Aussicht und viele Sehenswürdigkeiten bewundern. Unterwegs findet man immer wieder kleine Parkanlagen mit Bänken, die zum Verweilen einladen.

6 Wo finde ich was? : Gül Baba Türbe 2: Rudas Bad 3: Nationalmuseum 4: Matthiaskirche Die Informationen beziehen sich auf Quellen vor Ort. Alle Fotos entstanden zu privaten Zwecken. 1