Normen für die Sichtprüfung

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1 2. Fachseminar Optische Prüf- und Messverfahren - Vortrag 06 Normen für die Sichtprüfung Begriffe, Definitionen In der ZfP wird eine Vielzahl von Vorschriften, insbesondere für die Durchführung und Bewertung von Prüfungen, zitiert. Dabei sind folgende Begrifflichkeiten zu unterscheiden: - Regelwerk - Norm - Spezifikation - Richtlinie - Verfahrensbeschreibung - Prüfanweisung Regelwerke werden für die Herstellung und Prüfung von Anlagen eingesetzt. Sie stellen eine Vereinheitlichung für die Auslegung von Komponenten/Bauteilen mit meist gesetzlich verbindlicher Struktur dar. Oft sind vorhandene Normen zur Umsetzung eingebunden bzw. mindestens zitiert. Beispiele sind der ASME-Code (Dampfkessel und Druckbehälter), die KTA- Regeln (Kerntechnische Anlagen), das AD-Regelwerk (Druckbehälter) usw. Normen (Standards) sind verfahrens- oder produktbezogene Vorschriften, welche den Stand der Technik zu einem bestimmten Fachgebiet widerspiegelt. Sie werden von einer Normungsorganisation, wie z.b. dem Deutschen Institut für Normung (DIN) oder der International Organization for Standardization (ISO) veröffentlicht. Für die Sichtprüfung sind einige Normen im Abschnitt 2 und 3 mit den wichtigsten Informationen näher behandelt. Eine Spezifikation ist meist ein technisches Dokument, welches zur Absicherung kaufmännischer (Zahlungsversprechen) oder juristischer Belange (Haftung, Gewährleistung) erstellt wird. Sie wird auch im Rahmen der Angebotsanfrage vom Auftraggeber verteilt, um dem Anbieter eine Kalkulation des Angebotes zu ermöglichen. Eine Spezifikation ist eine formale Beschreibung eines Produktes, eines Systems oder einer Dienstleistung. Ziel der Spezifikation ist es, Merkmale zu definieren und zu quantifizieren, mit denen das Werk oder die Dienstleistung des Auftragnehmers bei der Übergabe an den Auftraggeber geprüft und durch den Auftraggeber abgenommen werden kann, bzw. nach der der Auftragnehmer die Bezahlung fordern kann, wenn die Merkmale der Spezifikation erreicht wurden. Ein Beispiel für eine Spezifikation sind die SEP-Blätter (Stahl-Eisen-Prüfblätter), welche produktbezogene Vorgaben zur Prüfung und Abnahme machen. Eine Richtlinie wird von einer Organisation ausgegeben, und ist eine Empfehlung mit nicht bindendem Charakter. Wenn sie aber in einer Spezifikation aufgeführt wird, müssen dessen Inhalte genauso berücksichtigt werden wie eine Norm. Verfahrensbeschreibung und Prüfanweisung sind abgeleitet aus technischen Vorschriften um die notwendigen Arbeitsprozesse innerbetrieblich zu erleichtern und transparent zu machen. 1

2 Verfahrensbezogene Normen Die verfahrensbezogenen Normen beschreiben die normgerechte Anwendung des Prüfverfahrens und legen dafür Mindestanforderungen fest. Die Normeninhalte können in 3 Gruppen wie folgt eingeteilt werden und sind für die Sichtprüfung mit folgenden Normen besetzt: - Terminologie/Begriffe (DIN EN ) - Allgemeine Grundlagen der Prüftechnik (DIN EN 13018) - Geräte (DIN EN 13927) Terminologie/Begriffe In der DIN EN sind 53 Begriffe zur Sichtprüfung im dreisprachigen Aufbau (deutsch, englisch u. französisch) vorgegeben und kurz erklärt. Davon sind aus der Unterrichtserfahrung folgende Begriffe besonders wichtig: - Blickwinkel, Blickfeld - Starres, flexibles oder Video-Endoskop - Direkte und indirekte Sichtprüfung - Allgemeine Sichtprüfung (nicht definiert ist die spezielle, gezielte bzw. detaillierte Sichtprüfung) Allgemeine Grundlagen der Prüftechnik Wer in der DIN EN konkrete Angaben zur Durchführung einer Sichtprüfung erwartet, wird enttäuscht sein. Dies ist aber bei der Fülle der verschiedenen Anwendungen auch sicherlich nicht möglich. In den meisten Abschnitten wird nur eine sehr allgemeine Hilfestellung gegeben, die mehr als Checkliste zu verstehen ist, um keine wichtigen Informationen bei der Erstellung von Anweisungen oder des Prüfberichtes zu vergessen. Im Abschnitt 4.5 wird auf einen Testkörper hingewiesen, der zum Erproben des Verfahrens verwendet werden soll. Der Testkörper sollte dem Bauteil hinsichtlich relativen Reflexionsvermögens, Oberflächenstruktur, Kontrastverhältnis und Zugänglichkeit so weit wie möglich gleichen. Das Verfahren sollte an der am schlechtesten einsehbaren Stelle der Prüffläche erprobt werden. Konkrete Angaben findet man in den objektspezifischen Normen (produktbezogene Normen). 2

3 Geräte In der DIN EN werden Funktionskontrollen der einzelnen Ausrüstungsteile beschrieben, ohne Angaben zur Durchführung und ohne Angaben von Toleranzen! Konkret definiert ist die Häufigkeit der Funktionskontrolle im Abschnitt 5.2 mit Intervallen von alle 4 Stunden und Beginn und Ende jeder Prüfung. Dazu sind im Abschnitt 6.3 als Hilfsmittel sogenannte Auflösungstestplatten als Farbtafel, Linientafel, Grauwertskala usw. vorgegeben. Produktbezogene Normen Im Bereich der Sichtprüfung gibt es zurzeit zwei Produktbereiche mit vollständiger Normung, nämlich für die Guss- und die Schweißnahtprüfung. Gussprüfung Nach DIN EN 1559 (technische Lieferbedingungen von Gussteilen) werden Sichtprüfungen nach DIN EN 1370 und DIN EN gefordert. Im ersten Schritt wird nach DIN EN 1370 eine Prüfung der Oberflächenrauheit mit Hilfe von Vergleichsmustern vorgenommen, die nicht für die Ermittlung der Qualität, sondern für die Kontrolle der Prüfbarkeit für alle ZfP-Verfahren gilt. Dafür werden zwei Kataloge (BNIF 359 und SCRATA, s. Abb. 1) mit Abdrücken von tatsächlichen Gussstückoberflächen in 3 Kategorien (Rohgussoberfläche, geschliffene Oberfläche und besonders nachbehandelte Oberfläche) und 5 Gütestufen vorgegeben. Der Besteller muss die Gütestufe, die Kategorie und den Prüfbereich vorgeben. Die Anwendungsnormen aller ZfP-Verfahren definieren Oberflächenzustände zum Nachweis der geforderten Empfindlichkeit, diese sollten selbstverständlich mit der Bestellung übereinstimmen! Abb. 1: Gussvergleichskataloge (links SCRATA und rechts BNIF) 3

4 Da die beiden Kataloge unabhängig voneinander hergestellt wurden, sind in der Norm Diagramme für die vergleichbaren Rauheitswerte zwischen beiden Katalogen angegeben. So entspricht z.b. für die Rohgussoberfläche das englische Muster A1 vom SCRATA-Katalog dem französischen Muster 1S1 vom BNIF-Katalog (s. Abb. 2). Abb. 2: Vergleichsdiagramm für Rohgussoberfläche DIN EN Gießereiwesen Im 2. Schritt wird die Prüfung auf Oberflächenfehler nach DIN EN vorgenommen. Diese Norm gilt nur für Stahl-Sandgussstücke, wird aber auch als Basis für andere Werkstoffe und Gießverfahren verwendet. Als Hilfsmittel wird hier der SCRATA-Katalog benutzt, der folgende Oberflächenfehler (Kategorien) beinhaltet, die auch in der Tabelle 1 der Norm in 4 Gütestufen vorgegeben sind: - Nichtmetallische Einschlüsse, - Gasporosität, - Kaltschweißstellen, - Schülpen, - Kernstützen und - Schweißungen Nicht aufgeführt sind: - Lunker, - Adern, - Rattenschwänze und - Risse 4

5 In der Tabelle 2 ist der Zusammenhang zwischen Rauheit und Nachweisgrenze gegeben, z.b. ab Rauheitsmuster A3 (SCRATA) bzw. 3S1 (BNIF) wird für einige Kategorien der Nachweis für Gütestufe 1 und 2 unwahrscheinlich! Schweißnahtprüfung Für die Schweißnahtprüfung sind die folgenden vier Normen von Bedeutung: - DIN EN (ISO 17635), Zerstörungsfreie Prüfung von Schweißverbindungen - DIN EN 970 (ISO 17637), Sichtprüfung von Schmelzschweißverbindungen - DIN EN ISO 5817, Bewertung von Unregelmäßigkeiten - DIN EN ISO , Einteilung von geometrischen Unregelmäßigkeiten an Metallen (Schmelzschweißen) Nach der Tabelle 2 in der DIN EN ist die Sichtprüfung als Oberflächenprüfverfahren Verfahren in allen Fällen zugelassen. Und verweist hinsichtlich der Prüftechnik auf DIN EN 970 und für die Bewertung auf DIN EN ISO DIN EN 970 (ISO 17637) Zerstörungsfreie Prüfung von Schmelzschweißverbindungen, Sichtprüfung Abschnitt 3: Prüfbedingungen und -geräte Einsatz von Endoskopen oder Kameras fordert zusätzliche Festlegungen (Prüfanweisung?) Abschnitt 4: Personal Forderung wie in EN Abschnitt 8: Sichtprüfung der fertig gestellten Schweißnaht a) Form muss die Anforderungen der Bewertungsnorm ISO 5817 bzw. ISO 10042) erfüllen b) Die Oberfläche (Nahtschuppung) muss gleichmäßig sein! c) Die Nahtbreite (Decklage und Wurzel) muss gleichmäßig sein! Achtung: Für die Punkte b) und c) müssen Vorgaben in der Prüfanweisung gemacht werden, da sie weder in der EN 970 bzw. ISO oder ISO 5817 (ISO 10042) definiert! Anhang A: Beispiele von Geräten Lupen sollten Vergrößerungen von 2x bis 5x aufweisen und möglichst eine Maßeinteilung besitzen. Tabelle A1: Schweißnahtlehren Auflistung der gängigen Lehren mit Einsatzmöglichkeit, Messbereich und Ablesegenauigkeit 5

6 DIN EN ISO 5817 Lichtbogenschweißverbindungen an Stahl Norm für die Bewertungsgruppen von Unregelmäßigkeiten Tabelle 0.1: Bewertungsgruppen Vorgabe von 3 Gruppen von D, C und B mit steigender Güte Abschnitt 1: Anwendungsbereich Nur Fertigungsqualität nicht Gebrauchstauglichkeit! Tabelle 1: Grenzwerte für Unregelmäßigkeiten Vorgabe der Bewertungskriterien für 26 verschiedene Unregelmäßigkeiten mit zwei Bewertungsmöglichkeiten in Abhängigkeit des Fehlertyps: a) nominale Entscheidung (zulässig ja oder nein) b) Berechnung mit Formeln (in Abhängigkeit der Nahtdicke bzw. Breite) Achtung: Für Fall b) sind Maximalwerte genannt, die aber nicht automatisch eingesetzt werden dürfen, sondern nur wenn die Berechung größere Werte als der Maximalwert ergibt! Die Vorgabe von festen Werten zwischen 0,5 bis 1,5 mm z. B. für Kerben und Rückfall, wie in der alten EN ist umgewandelt auf wanddickenabhängige Größen! DIN EN ISO Die DIN EN ISO beschreibt ein dreisprachiges Klassifizierungssystem für alle möglichen Schweißnahtunregelmäßigkeiten mit skizzierter Darstellung in 6 Gruppen mit einem 3 bis 4-stelligen Nummernsystem. Die Gruppen sind folgendermaßen definiert: 1. Risse 2. Hohlräume 3. Feste Einschlüsse 4. Bindefehler und ungenügende Durchschweißung 5. Form- und Maßabweichungen 6. Sonstige Unregelmäßigkeiten Für die Sichtprüfung sind besonders wichtig die Gruppen 5 und 6, mit der 3 bis 4-stelligen Referenznummer kann jeder Fehlertyp, die Geometrie und die Lage des Fehlers eindeutig und schnell protokolliert werden. 6