Hainz, Joseph (Josef) (I.) Heinz, Josef (Joseph) (I.) * (Taufe) Basel, Prag

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1 Heintz, Joseph (der Ältere, I.), Selbstbildnis mit Bruder und Schwester, 1596, Öl auf Leinwand, 66 x 107 cm, Kunstmuseum Bern Bearbeitungstiefe Name Namensvariante/n Heintz, Joseph (der Ältere, I.) Ainz, Gioseffo (I) Enzo, Gioseffo (I) Hainz, Joseph (Josef) (I.) Heinz, Josef (Joseph) (I.) JH Lebensdaten Bürgerort Staatszugehörigkeit Vitazeile Tätigkeitsbereiche Lexikonartikel * (Taufe) Basel, Prag Augsburg (D), Basel CH, CZ, D Maler, Zeichner und Architekt. Porträtist, Kammermaler und Kunstagent von Kaiser Rudolf II. Sohn von Daniel Heintz dem Älteren Malerei, Zeichnung, Architektur, Öl, Kreidezeichnung, Rötelzeichnung, Malerei Sein Vater war der bedeutende Baumeister und Bildhauer Daniel Heintz der Ältere aus dem piemontesischen Alagna (Vercelli), der längere Zeit in Basel und Bern wirkte. Mit 14 oder 15 Jahren begann Joseph Heintz eine urkundlich nicht belegte Malerlehre. Frühes Zeugnis seines Seite 1/7,

2 Schaffens ist die teilweise lavierte Federzeichnung Das Urteil Salomos (Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kupferstichkabinett), eigenhändig signiert und datiert: «Josephus Heintz seiner Lehr im.4. jar». Die Kunstgeschichtsschreibung führt seit Ende des 19. Jahrhunderts Heintz Auseinandersetzung mit dem Schaffen Hans Holbeins des Jüngeren und der italienischen Druckgrafik in den frühen Arbeiten als Argument für eine Lehre in der Werkstatt von Hans Bock dem Älteren in Basel an setzte er seine Ausbildung für zwei Jahre in Rom fort. Wie aus der Vita Hans von Aachens in Carel van Manders Leven der Doorluchtighe Nederlandsche en Hooghduytsche Schilders (1604) hervorgeht, schloss sich Heintz einer Gruppe niederländischer und deutscher Künstler an. Joachim von Sandrarts Teutschen Academie (1675) zufolge besuchte er auch Akademien. Zwei weitere Jahre verbrachte er anschliessend in Venedig, wo er sich mit Werken Tintorettos, Tizians und Veroneses befasste. Spätestens ab dem hielt sich Heintz wieder in Basel auf. Am wurde er rückwirkend auf den 1. Januar desselben Jahres zum Kammermaler am Prager kaiserlichen Hof Rudolfs II. ernannt. In seiner neuen Funktion reiste Heintz wenige Wochen später nach Italien, um berühmte Kunstwerke zu kopieren, vermutlich auch, um Ankäufe zu tätigen. Abgesehen von kürzeren Aufenthalten in Graz, Innsbruck, Stuttgart und Neuburg an der Donau arbeitete Heintz nach seiner Rückkehr 1595 vorwiegend in Prag und Augsburg heiratete er Regina, die Tochter des Augsburger Goldschmieds Salomon Gretzinger. Durch die Ehe erwarb er die Bürgerrechte der Residenzstadt Augsburg. Bald nach der Heirat (zwischen dem und dem ) übersiedelte er endgültig nach Prag. Rudolf II., der Hofadel und Augsburger Patrizier betrauten ihn als Zeichner, Maler, Architekten und Kunstberater mit zahlreichen Aufgaben. Von der Wertschätzung seitens des kaiserlichen Hofes zeugen neben den vielen Aufträgen und den finanziellen Begünstigungen auch die Wappenbesserung und die Erhebung in den Adelsstand zusammen mit seinem Bruder, dem Berner Werkmeister Daniel Heintz der Jüngere, am In den sieben letzten Lebensjahren konzentrierte sich Joseph Heintz auf die Architektur. In seiner Formensprache verband er stilistische Elemente seines Vaters Daniel mit der zeitgenössischen Baukunst Oberitaliens. In Augsburg, wo er zeitweilig mit dem Baumeister und Architekten Elias Holl zusammenarbeitete, entwarf er Pläne für die Seite 2/7,

3 Ostfassade des Neuen Zeughauses ( ), das Weinsiegelhaus (1604 um 1606, zerstört 1809), die Heilig-Grab-Kapelle (1604, nicht ausgeführt) und eine Konzils-Loggia ( , nicht ausgeführt). In Neuburg an der Donau arbeitete er mit dem Hofbaumeister Siegmund Doctor und in Prag mit dem norditalienischen Architekten Giovanni Maria Filippi zusammen. Bis heute sind nur wenige gesicherte Architekturzeichnungen von seiner Hand bekannt. Joseph Heintz starb im Alter von 45 Jahren. Matthäus Gundelach (um ) wurde am zu seinem Nachfolger als kaiserlicher Kammermaler ernannt; er heiratete Heintz Witwe und wurde Vormund und Lehrmeister der Söhne Joseph II. und Ferdinand. Neben Hans von Aachen ( ) und Bartholomäus Spranger ( ) zählt Joseph Heintz der Ältere zu den grossen Künstlern des deutschen Manierismus um Seine frühen Zeichnungen dokumentieren die anfängliche Auseinandersetzung mit Holbein und die intensive Beschäftigung mit der italienischen Kunst, die ihm vorerst in Stichen zugänglich war. In Italien eignete er sich, der damaligen Praxis folgend, im Abzeichnen und Kopieren antiker Skulpturen und älterer Meister wie beispielsweise Leonardo, Raffael, Michelangelo, Parmigianino und Polidoro da Caravaggio (um ) einen reichen Formenschatz an. Ebenso orientierte er sich an niederländischen und deutschen Malern, die sich in Italien aufhielten. Aufgrund seiner Tätigkeit als kaiserlicher «Conterfetter» ist sein Werk reich an Bildnissen. Sein wichtigster Auftrag war eine Reihe ganzfiguriger Repräsentationsporträts von Mitgliedern der steirischen Linie des österreichischen Erzhauses, gemalt im Winter in Graz (sechs Gemälde im Kunsthistorischen Museum Wien). Weniger aufwendig fielen die halbfigurigen Porträts vornehmer Bürger und Bürgerinnen aus. In Bern hatte er 1596 anlässlich des Todes seines Vaters das Selbstbildnis mit Schwester und Bruder (Kunstmuseum Bern) gemalt. Dieses frühe Porträt zeigt den aus dem Bild herausblickenden Maler bei der Vollendung des Bildnisses seiner Schwester Salome, das von seinem Bruder Daniel gehalten wird. Die komplexe Konzeption die Darstellung des eigenen Schaffensprozesses und die als Bild im Bild repräsentierte Schwester verweist auf zeitgenössische Selbstbildnisse wie beispielsweise von Annibale Carracci (vor ). Als ein späteres Beispiel ist das Selbstbildnis mit Ehefrau und den drei Kindern (um , Pommersfelden, Sammlung Schönborn-Wiesentheid) anzuführen. Zwei Bilder einer Kurtisane am Hofe Rudolfs II. (um 1600, Seite 3/7,

4 Dijon, Musée des Beaux-Arts; Kunsthistorisches Museum Wien) folgen dem venezianischen Typus der liegenden Venus. In Italien dürfte Joseph Heintz durch Jacopo Zucchi (um ), Giuseppe Cesari ( ) oder niederländische Künstler mit der Gattung des auf Kupfer gemalten Kabinettbildes bekannt geworden sein. Die meist mythologischen Themen dieser Arbeiten zum Beispiel Diana und Aktaeon (1590-er Jahre, Wien, Kunsthistorisches Museum), Diana und Kallisto und Raub der Proserpia (um 1600, Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister) oder Amor und Psyche (um 1605) gehen auf Stoffe Ovids, Apuleius sowie zeitgenössischer Dichter und Kommentatoren antiker Literatur zurück. Die mehrheitlich auf kleinformatige Kupfertafeln gemalten, anspielungsreichen Studiolobilder nehmen eine zentrale Stellung in Heintz Œuvre ein. Ausgehend von verbreiteten Bildtypen, die teilweise auf Spätwerke Tizians zurückzuführen sind, fand der Künstler in diesen Gemälden zu eigenen Inventionen. Im kleinen elliptischen Kupferbild Satyrn und Nymphen (1599, München, Alte Pinakothek, Bayerische Staatsgemäldesammlungen) gruppierte er kontrapostisch bewegte Akte auf der flachen Raumbühne des Bildvordergrundes. Die vielfältigen Verspannungen der Figuren in der Fläche und die effektvollen, komplementären Farbkontraste sind charakteristisch für den Stil von Joseph Heintz. Licht und Farbe nutzte er zur stofflichen Unterscheidung und zur Definition des Bildraums. Für die linearperspektivische Wiedergabe beschränkte er sich vorwiegend auf architektonische Gebilde, wie zahlreiche Zeichnungen und der Architekturprospekt der Heiligen Familie mit einem Engel (um 1600, Staatsgalerie Stuttgart) belegen. Auch im Stuttgarter Kupferbild bleiben die Halbfiguren der schmalen Raumbühne im Bildvordergrund verhaftet, dies trotz der Verkürzungen und der Gruppierung der Hauptfiguren (insbesondere des Kindes) nach einem diagonalen Kompositionsschema, das sich auf die Perspektive des Hintergrundes bezieht. Ähnlich dem Stuttgarter Werk, das einem raffaelesken Bildtypus und formalen Eigenarten Federico Baroccis ( ) folgt, verarbeitete Heintz in seinen Altar-, Epitaph- und Andachtsbildern italienische Anregungen und transponierte diese in seine eigene Sprache. Für das Retabel der Prager Burgkapelle, das Arbeiten der bedeutendsten Maler Rudolfs II. (Hans von Aachen, Bartholomäus Spranger und Hans Vredeman de Vries( )) vereinigt, schuf er 1598 den Gang nach Emmaus auf dem rechten Altarflügel. Der thematische Rahmen seiner Seite 4/7,

5 sakralen Werke scheint relativ eng bemessen: Geburt; Beschneidung; Kreuzigung; Grablegung; Auferstehung Christi sowie Heilige Familie; Gang nach Emmaus; Jüngstes Gericht. Der Kunst von Joseph Heintz dem Älteren wurde eine verhältnismässig geringe Wirkung zuteil unter anderem bedingt durch die politischen Ereignisse am Prager Hof zur Zeit von Rudolf II. Deutliche Spuren sind im Œuvre von Matthäus Gundelach und Anton Gasser (um 1570 nach 1622) zu finden, die zusammen mit Jeremias Günther (vor 1575 nach 1633) in Augsburg, Wien und Prag die rudolfinische Tradition fortsetzten. Eine breitere Rezeption erfuhr sein Schaffen über die Stichproduktion von Egidius Sadeler (um ) in Rom und Prag wie auch über die in Augsburg tätigen Stecher Lucas ( ) und Wolfgang Kilian ( ) sowie Franz Aspruck (um ). Werke: Augsburg, Kirche St. Anna; Städtische Kunstsammlungen und Museen Augsburg; Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kupferstichkabinett; Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett; Kunstmuseum Bern; Budapest, Szépmüvészeti Múzeum; Dijon, Musée des Beaux-Arts; Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister; Göttingen, Kunstsammlung der Universität; München, Alte Pinakothek, Bayerische Staatsgemäldesammlungen; Staatliche Graphische Sammlung München; Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum; Prag, Národní Galerie; Staatsgalerie Stuttgart; Wien, Albertina, Grafische Sammlung; Wien, Kunsthistorisches Museum. Michael Egli 1998, aktualisiert 2011 Literaturauswahl - Die verschollene Leda. Joseph Heintz d.ä., Kaiserlicher Hofmaler und Augsburger Bürger. Städtische Kunstsammlungen Augsburg, Autoren: Dr. Gode Krämer [et al.]. Augsburg: Deutscher Kunstverlag [Ausstellung im Schaezlerpalais] - Rudolf II. und Prag. Kaiserlicher Hof und Residenzstadt als kulturelles und geistiges Zentrum Mitteleuropas. Prager Burg, Hrsg.: Eliska Fucikova [et al.]. Prag, Lucas Wüthrich: «Jürgen Zimmer: Joseph Heintz der Ältere, Zeichnungen und Dokumente. [Rezension]». In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, 46, 1989, 1. S Thomas DaCosta Kaufmann: The School of Prague. Painting at the Seite 5/7,

6 Court of Rudolf II. [Revised and expanded from: L'Ecole de Prague [...]. Paris: Flammarion 1985]. Chicago: The University of Chicago Press, Jürgen Zimmer: Joseph Heintz der Ältere. Zeichnungen und Dokumente. Berlin: Deutscher Kunstverlag, Prag um Kunst und Kultur am Hofe Kaiser Rudolfs II.. Essen, Kulturstiftung Ruhr; Wien, [Texte:] R. J. Evans, Joaneath Spicer. Freren: Luca, Bde - Meisterzeichnungen des Künstlerkreises um Kaiser Rudolf II. Aus dem Szépmüvészeti Museum in Budapest. Salzburger Barockmuseum, Katalog: Teréz Gerszi, Szilvia Bodnar (Schriften des Salzburger Barockmuseumes 14) - Kunstmuseum Bern. Gemälde des 15. und 16. Jahrhunderts. Ohne Italien (Sammlungskataloge des Berner Kunstmuseums, 2), bearb. von Hugo Wagner, Bern, Jürgen Zimmer: Joseph Heintz der Ältere. Weissenhorn: Anton H. Konrad, Jürgen Zimmer: Joseph Heintz der Ältere als Maler ( ). Dissertation Universität Heidelberg, 1967 Nachschlagewerke - Historisches Lexikon der Schweiz. Dictionnaire historique de la Suisse. Dizionario storico della Svizzera, hrsg. von der Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz; Chefredaktor: Marco Jorio, Basel: Schwabe, 2002 ff. - E. Bénézit: Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs de tous les temps et de tous les pays par un groupe d'écrivains spécialistes français et étrangers. Nouvelle édition entièrement refondue sous la direction de Jacques Busse. Paris: Gründ, 1999, 14 vol. - Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Hrsg.: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne; Leitung: Karl Jost. Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 1998, 2 Bde. - The Dictionary of Art. Edited by Jane Turner. 34 volumes. London: Macmillan; New York: Grove, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begr. von Ulrich Thieme und Felix Becker, 37 Bde., Leipzig: Seemann, Schweizerisches Künstler-Lexikon, hrsg. vom Schweizerischen Kunstverein, redigiert unter Mitwirkung von Fachgenossen von Carl Brun, 4 Bde., Frauenfeld: Huber, Johann Caspar Füesslin, Joh. Caspar Füesslins Geschichte der besten Seite 6/7,

7 Künstler in der Schweitz. Nebst ihren Bildnissen, 5 Bde., Zürich: Orell, Gessner, Füessli, Johann Caspar Füssli: Geschichte und Abbildung der besten Mahler in der Schweiz. 2 Theile. Zürich: David Gessner, 1755 & 1757 [erste Lieferung 1754] Direktlink Normdaten GND Deutsche Biographie Letzte Änderung Disclaimer Alle von SIKART angebotenen Inhalte stehen für den persönlichen Eigengebrauch und die wissenschaftliche Verwendung zur Verfügung. Copyright Das Copyright für den redaktionellen Teil, die Daten und die Datenbank von SIKART liegt allein beim Herausgeber (SIK-ISEA). Eine Vervielfältigung oder Verwendung von Dateien oder deren Bestandteilen in anderen elektronischen oder gedruckten Publikationen ist ohne ausdrückliche Zustimmung von SIK-ISEA nicht gestattet. Empfohlene Zitierweise AutorIn: Titel [Datum der Publikation], Quellenangabe, <URL>, Datum des Zugriffs. Beispiel: Oskar Bätschmann: Hodler, Ferdinand [2008, 2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, Zugriff vom Seite 7/7,