Kennzeichnung von Menschen mit Blindheit oder hochgradiger Sehbehinderung in Österreich

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1 Kennzeichnung von Menschen mit Blindheit oder hochgradiger Sehbehinderung in Österreich Die Straßenverkehrsordnung StVO in der geltenden Fassung besagt folgendes: 3 Vertrauensgrundsatz (1) Jeder Straßenbenützer darf vertrauen, dass andere Personen die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen, außer er müsste annehmen, dass es sich um Kinder, Sehbehinderte mit weißem Stock oder gelber Armbinde, offensichtlich Körperbehinderte oder Gebrechliche oder um Personen handelt, aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten. (2) Der Lenker eines Fahrzeuges hat sich gegenüber Personen, gegenüber denen der Vertrauensgrundsatz gemäß Abs. 1 nicht gilt, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft so zu verhalten, dass eine Gefährdung dieser Personen ausgeschlossen ist. Die offizielle Kennzeichnung in Österreich stellt also sehbehinderten und natürlich auch blinden Personen frei, ob sie sich mit einer gelben Armbinde oder mit einem weißen Stock kennzeichnen. Diese Regelung ist nicht international, sondern für Österreich geltend. Kein blinder oder stark sehbehinderter Mensch ist in Österreich verpflichtet, eine solche Kennzeichnung zu tragen, jeder von ihnen hat aber das Recht dazu. Die Berechtigung muss nicht nachgewiesen werden. Bei einer entsprechenden Kennzeichnung mit dem weißen Stock oder der gelben Armbinde wird bei einem Unfall normalerweise die mögliche Mitschuld des Trägers einer derartigen Kennzeichnung ausgeschlossen. Deshalb ist das Tragen einer entsprechenden Kennzeichnung dringend anzuraten! Optimal ist der gleichzeitige Einsatz von Armbinde und Stock. Die Armbinde sollte möglichst rechts und links am Oberarm getragen werden. So erhält man eine rundum sichtbare Kennzeichnung. Gemäß dem Vertrauensgrundsatz StVO sind also weder ein Blinden- Führhund und dessen Geschirr, noch die im Handel erhältlichen diversen Anstecker oder Ähnliches allein ausreichend eine sehbehinderte oder blinde Person offiziell im Straßenverkehr in Österreich zu kennzeichnen (anders als z.b. in Deutschland)! Kennzeichnung in Ö, Andrea Wahl Feb

2 1. Der weiße Stock Der weiße Stock, oft auch Blindenstock genannt, wird von blinden und stark sehbehinderten Personen genutzt. Funktionen: Offiziell anerkanntes Verkehrsschutzzeichen Er signalisiert: Achtung! Träger ist blind oder stark sehbehindert! und schließt den Träger aus dem Vertrauensgrundsatz aus. Hilfsmittel für taktile und akustische Informationen über Umweltgegebenheiten Eine sich am Boden bewegende Stockspitze erzeugt Geräusche, die an Hindernissen reflektiert werden. International gesehen ist der weiße Stock weit verbreitet. Ausführung: In der Straßenverkehrsordnung ist die Farbe Weiß als einziges Kriterium für den weißen Stock angegeben; von Fachkräften wird Folgendes empfohlen: Mindestens 2/3 des Stockes sollten weiß sein. Zur Verstärkung der Signalwirkung (insbesondere bei Dunkelheit) sollte der Schaft weiß reflektierend beschichtet sein. Um die Auffälligkeit zu erhöhen, kann -insbesondere am unteren Teilzusätzlich ein roter reflektierender Streifen angebracht werden. Weiße Stöcke gibt es in vielfältigen Ausführungen. Grundsätzlich wird zwischen Kurzstöcken und Langstöcken unterschieden Kurzstock Die weißen Kurzstöcke haben hauptsächlich Signalfunktion. Die Länge ist individuell zu wählen und sollte mindestens vom Boden bis zur Taille des/r Benutzers/in gehen. Diese leichten und dünnen Kurzstöcke haben oft keinen Griff und nur eine einfache Spitze. Sie sind in der Regel klein zusammenfaltbar und werden vor allem von stark sehbehinderten Personen genutzt, die einen Stock nur kurzfristig in bestimmten Situationen (Dunkelheit, fremde Umgebung, Straßenüberquerungen) einsetzen. Auch viele Menschen mit einem Blinden- Führhund verwenden zusätzlich einen solchen Kurzstock. Einerseits, um sich zu kennzeichnen; andererseits als Tastinstrument. Es gibt auch extra stabile Kurzstöcke mit Stützkrücke. Diese weißen Stützstöcke werden von Menschen, die sowohl eine Seh- als auch eine Gehbeeinträchtigungen haben, genutzt Langstock Die so genannten Langstöcke sind die eigentlichen Blindenstöcke Nur sie warnen beim Gehen rechtzeitig vor Hindernissen im Bodenbereich. Weiße Stöcke sind derzeit in vielen verschiedenen Ausführungen bei Verkaufsstellen von Organisationen erhältlich, die sich auf die Bedürfnisse blinder- und sehbehinderter Menschen spezialisiert haben. Diese Stöcke sind am Schaft meist ganz oder teilweise weiß reflektierend beschichtet. Der Preis eines Kennzeichnung in Ö, Andrea Wahl Feb

3 Stockes gibt nicht unbedingt Auskunft über Qualität und Eignung des Stockes. Modell, Länge und Stockspitze sind individuell auf den/die Benutzer/in abzustimmen. Zu beachten sind dabei vor allem der Körperbau, der Einsatzbereich und das Gehverhalten. Die zahlreichen Modelle sind alle wasser- und wetterfest und unterscheiden sich im Wesentlichen bei Schaft, Griff und Spitze. Schaft Griff Der stabile Schaft besteht in der Regel aus Aluminium, einer Kohlefaserlegierung oder aus Fiberglas. Er ist ein- oder mehrteilig. Faltstock: klein zusammenfaltbar, in der Größe nicht verstellbar. Teleskopstock: lässt sich teleskopähnlich zusammenschieben, hat bei Kindern den Vorteil, dass er mitwächst. Telefaltstock: Kombination aus Falt- und Teleskopstock. Wird ein Faltstock längere Zeit nicht benutzt, sollte er auseinandergefaltet sein. Sonst nimmt das durch den mehrteiligen Schaft gezogene Gummiband Schaden. Der Griff ist aus Holz, Kork, Kunststoff oder Leder. Zum Fixieren der einzelnen Stockteile bei Faltstöcken dient eine Gummi- oder Klettbandschlaufe. Die Schlaufe am Stockgriff dient zum Aufhängen des Stockes und nicht zum Einhängen des Handgelenks! Spitze Die austauschbaren Spitzen sind aus Kunststoff, Metall oder Keramik. Rollspitzen: rollen über den Boden, haben sich in den letzten Jahren immer mehr durchgesetzt. Manche blinde und sehbehinderte Menschen verwenden im Alltag je nach Situation unterschiedliche Stockmodelle bzw. Stockspitzen. Für Beratung und Hilfe zur Auswahl eines passenden Stockes und der adäquaten Handhabung sind Rehabilitationslehrer/innen für Orientierung und Mobilität (O&M) die richtigen Ansprechpartner. Mit ihnen kann man im Einzelunterricht lernen, den Stock in jeder Situation passend und elegant einzusetzen. Nur die richtige Handhabung des Langstockes gewährleistet die sichere Teilnahme am Straßenverkehr. 2. Die gelbe Armbinde Die gelbe Armbinde, auch Blindenschleife oder Blindenbinde genannt, wird von blinden und stark sehbehinderten Personen genutzt. Funktionen: Offiziell anerkanntes Verkehrsschutzzeichen Sie signalisiert: Achtung! Träger ist blind oder stark sehbehindert! und schließt den Träger aus dem Vertrauensgrundsatz aus. Kennzeichnung in Ö, Andrea Wahl Feb

4 Seit vor ca. 5 Jahren Organisationen für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen ihr Tragerecht für die gelben Armbinden als Verkehrsschutzzeichen offiziell aus der StVO streichen ließen, werden diese gelben Armbinden in Österreich nur mehr von Menschen mit einer Sehbehinderung oder Blindheit verwendet. International gesehen ist die gelbe Armbinde in vielen Ländern unbekannt. Ausführung: In der Straßenverkehrsordnung ist die Farbe Gelb als einziges Kriterium für die gelbe Armbinde angegeben; von Fachkräften wird Folgendes empfohlen: Mindestens 2/3 der Armbinde sollten gelb sein. Sie sollte auf beiden Oberarmen getragen werden. Zur Verstärkung der Signalwirkung sollten auf der Armbinde Symbole und (insbesondere bei Dunkelheit) reflektierende Streifen angebracht sein. Sollten diese Reflexstreifen nicht gelb sein, sind sie schmal zu halten. Am bekanntesten in Österreich ist die breite gelbe Armbinde mit drei dicken schwarzen Punkten, die dreiecksförmig angeordnet sind. Von einer Wiener Lehranstalt für Textil und Design wurde im Rahmen eines Projektes ein weitere Variante entwickelt. Der Aufdruck zeigt ein schwarzes Piktogramm einer nach links gehenden Person mit Langstock, das von silbergrau reflektierenden Streifen umrahmt wird. Die Anordnung dieser Reflexstreifen soll an das in Österreich verwendete taktile Bodenleitliniensystem erinnern. Diese gelben Armbinden werden sogar in der ÖNORM V 2106 beschrieben. Gemäß StVo 3 gelten jedoch nach wie vor jegliche gelbe Armbinden mit oder ohne Aufdruck als Kennzeichnung. Gelbe Armbinden sind derzeit in 4 verschiedenen Ausführungen und jeweils 3 verschiedenen Größen erhältlich. gelbes, geschlossenes Schleifenband aus elastischer Schlauchware, drei schwarze Punkte gelbes, offenes Schleifenband mit Klettverschluss, drei schwarze Punkte, silbergraue Reflexstreifen am oberen und unteren Rand gelbes, offenes Schleifenband mit Klettverschluss, schwarzes Piktogramm (nach links gehende Person mit Langstock), überall verteilt einzelne silbergraue Reflexstreifen gelbes, geschlossenes Schleifenband mit breiten Gummibändern, schwarzes Piktogramm (nach links gehende Person mit Langstock), überall verteilt einzelne silbergraue Reflexstreifen Durch Unterschiede bei Breite, Gesamtgelbanteil, Reflexstreifen und Material variiert insbesondere bei verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen die Intensität der Signalwirkung. Auch der Tragekomfort und die Befestigung an der Kleidung sind unterschiedlich. Die Armbinden werden oft zum Schutz vor Verrutschen mit einer Sicherheitsnadel an der Oberarmbekleidung befestigt. Manche blinde und sehbehinderte Menschen tragen im Alltag situationsabhängig unterschiedliche Modelle. Kennzeichnung in Ö, Andrea Wahl Feb

5 Zusätzliche Möglichkeiten der Kennzeichnung, die jedoch in Österreich nicht anerkannt sind: 1. Buttons/Anstecknadeln Erhältlich in gelb mit drei schwarzen Punkten oder blau mit dem Logo der Europäischen Blindenunion (weißes Männchen mit Langstock), nur auf geringe Distanzen erkennbar. 2. Schildkappen, Strickmützen, Badehauben: In gelbem Material mit drei schwarzen Punkten. 3. Verkehrsstopper Runde, gelbe Kunststoffscheibe mit Griff und 3 schwarzen Punkten auf beiden Seiten. Kann bei Straßen ohne Ampelregelung den Querungswunsch verdeutlichen. 4. Gelbe Gilets zum Skifahren Wahlweise mit dem Aufdruck Stark sehbehindert, Blind oder Begleiter 5. Gelbes Leibchen für den Blinden-Führhund Erhältlich mit dem Aufdruck Blindenführhund 6. Weißes Führgeschirr für den Blinden-Führhund Kennzeichnung in Ö, Andrea Wahl Feb