Im Fokus 1939 Siemens beginnt mit der Ausbildung technischer Assistentinnen

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1 Im Fokus 1939 Siemens beginnt mit der Ausbildung technischer Assistentinnen Theoretische Grundausbildung, 1940 Am Anfang war die Laboratoriums Assistentin Ende der 1930er Jahre waren die Kapazitäten der deutschen Elektrobranche weitgehend ausgelastet. Die ohnehin angespannte Situation wurde durch den Zweiten Weltkrieg noch verschärft. Mit dem Ziel, den Mangel an männlichen Facharbeitern auszugleichen und den Bedarf an Nachwuchskräften zu decken, etablierte Siemens als erstes Unternehmen der Branche eigene Ausbildungsgänge für Frauen. Im Sommer 1939 begannen 20 junge Frauen im Zentrallabor der Berliner Wernerwerke von Siemens & Halske ihre Ausbildung zur Laboratoriums Assistentin. Die Qualifizierung der technischen Hilfskräfte dauerte 24 Monate: Auf den Unterricht in Fächern wie Mathematik, Physik, Chemie, Elektrizitätslehre oder Werkstoffkunde folgte eine 15 monatige praktische Einzelausbildung in den fernmeldetechnischen Laboratorien am Standort Berlin. Hier entlasteten die Auszubildenden die Entwicklungsingenieure, indem sie vor allem Routinetätigkeiten wie das Zusammenstellen, Durchführen und Auswerten langwieriger Mess und Versuchsreihen übernahmen. Durchführung physikalischer Messungen, 1940

2 Die Ausbildung erfolgte zunächst unter improvisierten Bedingungen. Auch was die formale Eignung der Interessentinnen anging, sammelte man erst noch Erfahrungen: Nachdem anfangs auch Bewerberinnen mit Mittlerer Reife eingestellt worden waren, entschlossen sich die Personalverantwortlichen bald, nur noch Abiturientinnen mit mindestens befriedigenden Noten in Mathematik und in den Naturwissenschaften zu beschäftigten. Während des Zweiten Weltkriegs stieg der Bedarf an weiblichen (Fach )Arbeitskräften kontinuierlich. Als Konsequenz wurde der Einsatzbereich der technischen Assistenzkräfte erweitert und die Ausbildungsinhalte entsprechend angepasst. Die Elektro Assistentin: Ein neuer Frauenberuf 1942 verabschiedete die Sozialpolitische Abteilung des Hauses einheitliche Richtlinien für das Berufsbild der nunmehr als Elektro Assistentinnen bezeichneten Hilfskräfte. Potenzielle Bewerberinnen konnten sich anhand einer Broschüre über den neuen Frauenberuf informieren. In Stellenanzeigen wurde explizit darauf hingewiesen, dass die Abiturientinnen bereits während der Ausbildung ein angemessenes Gehalt erhielten. Im ersten Lehrjahr betrug dieses rund 100, im zweiten rund 150 Reichsmark pro Monat. Zum Vergleich: Ein Ingenieur verdiente damals rund 600 Reichsmark monatlich. Pro Jahr starteten zwei Lehrgänge mit jeweils 20 Teilnehmerinnen. Die Ausbildung erfolgte entweder im Berliner Stammhaus oder bei den Technischen Büros in Essen, Hamburg, Leipzig, Posen und Stuttgart. Auch der Wiener Zweigbetrieb des Wernerwerks für Funkgeräte (WW Funk) bildete Elektro Assistentinnen aus. Titelblatt einer Druckschrift, 1942

3 Im Unterschied zu den Laboratoriums Assistentinnen absolvierten die künftigen Elektro Assistentinnen im Anschluss an den gemeinsamen theoretischen Grundlagenunterricht (6 Monate) eine Sonderausbildung (3 bis 6 Monate). Diese hatte je nach späterem Einsatzgebiet unterschiedliche Inhalte: Gruppenweise wurde den jungen Frauen spezifisches Fachwissen für ihre Arbeit in Laboratorien und Prüffeldern, Konstruktions oder Projektierungsbüros vermittelt. Dritter und umfassendster Teil der Qualifikation blieb die Einzelausbildung am Arbeitsplatz (12 bis 15 Monate), die von regelmäßigen Lehrveranstaltungen begleitet war. Sonderausbildung, 1942 Bis Kriegsende bildete Siemens knapp 800 technische Assistentinnen aus. Wiederaufnahme der Ausbildung nach dem Zweiten Weltkrieg In der Nachkriegszeit setzten sich die Verantwortlichen intensiv mit der Frage auseinander, ob Siemens die Ausbildung von Elektro Assistentinnen fortsetzen sollte. Schließlich begegneten viele Ingenieure Frauen in technischen Assistenzberufen nach wie vor mit Skepsis äußerte beispielsweise ein Teilnehmer einer Podiumsdiskussion: Es gibt Gebiete, für die Elektroassistentinnen geeigneter sind als der Mann, zum Beispiel bei Verhandlungen mit Kunden. Im Labor, so glaube ich, ist die Frau fehl am Platz. Unterricht im Fach Elektrische Maschinen und Geräte, Erlangen 1952

4 Letztendlich gaben die guten Erfahrungen mit den Absolventinnen der ersten Jahrgänge den Ausschlag: Ab 1951 bildeten die Siemens Schuckertwerke in Erlangen, ab 1956 Siemens & Halske in München erneut Elektro Assistentinnen aus. Während ihrer Ausbildung erhielten die jungen Frauen eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 100 DM pro Monat. Bewerberinnen, die nicht aus Erlangen oder München stammten, wurden nach Möglichkeit in einem Siemens Wohnheim untergebracht. Alternativ konnten sich interessierte Abiturientinnen mit Liebe zur Technik auch an der Physikalisch Technischen Lehranstalt Lübeck Schlutup und beim Berliner Letteverein ausbilden lassen. Angesichts des großen Bedarfs an Elektro Assistentinnen kooperierten die Siemens Schuckertwerke vorübergehend mit diesen beiden Bildungseinrichtungen. Mittlere Reife statt Abitur Im Anschluss an eine Entscheidung der Ständigen Konferenz der Kultusminister wurde die Ausbildung der technischen Assistenzkräfte bei Siemens im Herbst 1966 neu geordnet: Nun genügte wieder die Mittlere Reife als Vorbildung. Außerdem durften die Bewerberinnen maximal 18 Jahre alt sein; während der Nachkriegszeit waren zum Teil deutlich ältere Frauen ausgebildet worden. Nach wie vor lag der inhaltliche Schwerpunkt der Erlangener Ausbildung auf der Energietechnik. An der firmeneigenen Technischen Schule in München wurden die künftigen Elektro Assistentinnen für eine Tätigkeit im Bereich der Nachrichtentechnik qualifiziert: Die jungen Frauen konnten sich entweder auf die Fachrichtung Schaltungs und Konstruktionszeichnen oder in der Labor und Werkstechnik spezialisieren. Titelblatt einer Druckschrift, 1966 Ausbildung zur Elektro Assistentin Fachrichtung Datentechnik, 1978 Im Verlauf der 1970er Jahre veränderte die Anwendung neuer Techniken, allen voran der Mikroelektronik, die Produktions und Beschäftigungsstruktur innerhalb der Elektrobranche der Bedarf an qualifizierten Kräften wuchs. Neue Ausbildungen und Ausbildungsschwerpunkte sollten gezielt auch Mädchen für technische Berufe begeistern. Entsprechend bildeten die firmeneigenen Berufsschulen ab 1979 auch Elektro Assistentinnen der Fachrichtung Datentechnik aus; den Anfang machte München zwei Jahre später folgte Erlangen.

5 Staatliche Anerkennung Zum 1. August 1983 wurden die firmeneigenen Technischen Schulen staatlich anerkannt. Infolgedessen mussten die Auszubildenden am Ende ihrer zweijährigen Qualifikation nun eine staatliche Abschlussprüfung absolvieren erst dann durften sie sich als Elektrotechnische Assistentinnen bezeichnen feierten die beiden Berufsfachschulen den Beginn der Ausbildung technischer Assistenzkräfte vor 50 Jahren. Seit 1939 hatte Siemens mehrere Tausend Elektro und Datentechnische Assistentinnen ausgebildet; die Mehrzahl von ihnen konnte in ein festes Anstellungsverhältnis übernommen werden. Ende September 2012 stellten die Technischen Schulen München und Erlangen beide gingen 1996 in der neu gegründeten Siemens Technik Akademie auf ihre Ausbildung für technische Assistenzberufe ein. Durch die Höherqualifizierung von IHK Berufen und die Einführung der dualen Studiengänge gingen die Assistenzberufe in anderen Berufsmodellen auf. An der Erlanger Schule waren zuletzt zehn Technische Assistenten/ innen Elektrotechnik (TAE) und an der Berufsfachschule München 19 Technische Assistenten/ innen Informatik (TAI) ausgebildet worden. Sabine Dittler