Wie wählt der Landwirt seinen Reifen?

Transkript

1 Reifenkauf Wie wählt der Landwirt seinen Reifen? Wenn der Landwirt oder Lohnunternehmer für seine Fahrzeuge neue Reifen oder Bereifungen benötigt, wie geht er vor? Wo holt er sich die Informationen, wer beeinflusst seine Entscheidung? Dies zu hinterfragen, ist für den Händler hilfreich, um seine Serviceleistungen oder die Beratung anzupassen. Ein Fallbeispiel: Unser Testlandwirt Martin Abderhalden aus der Schweiz benötigt für seinen Traktor neue Reifen. Wie er sich informierte und worauf er bei seiner Kaufentscheidung besonderen Wert legte, hat er in seinem Beitrag zusammengefasst. Abderhalden Für Landwirt Abderhalden stehen die Schonung der Grasnarbe und geringer Bodendruck ganz oben.

2 Die App von Bohnenkam

3 Ein Glücksfall, wenn man neue Reifen im Voraus beschaffen kann und nicht sofort im Notfall entscheiden muss. Ist der Reifen kaputt, muss es schnell gehen. Dann geht es meistens rasch zum Stammhändler. Hat er nichts Passendes da, treibt er es zügig auf. Bei uns war es eine andere Situation. Ich konnte die Sache im Voraus ruhig angehen. Als technisch interessierter Landwirt erledige ich die meisten Reparatur- und Unterhaltsarbeiten in meiner eigenen, gut eingerichteten Werkstatt selbst. Für mich ist es selbstverständlich, dass ich auch die Reifenfrage erst einmal selbst in die Hand nehme. Unser Betrieb liegt in der Talzone, ca. 95 Prozent der Flächen sind vollarrondiert und praktisch flach. Der größte Teil wird als intensives Grünland bearbeitet, der Rest ist Ackerbau mit Hauptkultur Silomais. Unser Fuhrpark umfasst fünf John Deere Traktoren von 50 bis 150 PS vom Kleintraktor bis zur oberen Mittelklasse. Da wir einen hohen Anteil an Böden mit Drainagen und Schwarzerde in den Bodenschichten haben, müssen wir den Bodendruck so gering wie möglich halten, um die Grasnarbe, den Unterboden und die Drainageleitungen zu schonen. Darum will ich den Traktor, der am meisten auf diesen Böden eingesetzt wird, umbereifen. Es ist ein John Deere 6430 Premium Plus mit der Bereifung 600/65 R 38 hinten und 540/65 R 24 vorn. Beim Neukauf war es die größtmögliche Bereifung ab Werk. Auch über eine Doppelbereifung habe ich mir schon Gedanken gemacht. Das ständige An- und Abbauen für die Straßenfahrten und die hohen Kosten lassen diese Option für mich in den Hintergrund rücken. Was geht überhaupt? Als erstes kläre ich, was denn an Reifenbreite überhaupt möglich ist. Ich will so viel Aufstandsfläche gewinnen, wie nur geht. Wenn ich schon die Bereifung wechsele, dann nicht nur wegen fünf Zentimetern. Also messe ich die Spur und danach die Außenbreite. Sie darf, so wie der Traktor jetzt zugelassen ist, in der Schweiz 255 cm nicht übersteigen. Der jetzige Reifen von Michelin bietet auf der Innenseite zur Kabine hin noch richtig Platz. Theoretisch müsste ein 710er Reifen passen. Der neue Reifen muss einfach für Grünland und Acker gut passen, Straßenfahrten gibt es weniger. Somit habe ich nun eine erste Vorstellung, was es denn ungefähr sein sollte. Zum Schluss notiere ich mir noch die Getriebeübersetzung von Vorder- und Hinterachsgetriebe und die Fahrgestellnummer vom Traktor, dann sollten alle Daten komplett sein. Radial statt Diagonal und weniger Luftdruck Aus der Werbung auch deutscher Landmaschinenzeitschriften sind mir die neuen, großvolumigen Radialreifen bekannt mit denen man mit bis zu 38 % weniger Luftdruck bei gleichbleibender Nutzlast fahren kann. Für mich klingt das natürlich sehr interessant genau was ich suche. Durch eine viel robustere aber trotzdem flexiblere Karkasse sei es möglich, den Reifen mehr einfedern und walken zu lassen. Das erhöhe so die Aufstandsfläche und den Grip. Ultra Flex heisst es bei Michelin, IF (In-creased Flexing) Technologie bei BKT und ich meinte auch andere Anbieter haben so eine Serie im Programm. Da bin ich also flexibel und nicht an eine Marke gebunden. Für mich also ein Muss in meinem Pflichtenheft. Viele Ratgeber und eine App helfen bei der Suche Doch jede Marke hat wieder andere tatsächliche Abmessungen in Abrollumfang und Breite, da werde ich aufpassen müssen. Von Bohnenkamp habe ich die App heruntergeladen, die mir den passenden Reifen vorschlägt. Von der BKT Homepage hatte ich mir schon lange mal ein Merkblatt runtergeladen, womit ich alle Bezeichnungen auf dem Reifen lesen kann. Ein Ratgeber von Mitas im PDF Format gibt mir eine Übersicht. Infomaterial gibt es reichlich.

4 Berufskollegen bringen Informationen Die Berufskollegen sind ein naheliegender Informationspool. Deshalb frage ich diese, wo sie denn ihre Reifen kaufen. Die meisten kaufen bei ihrem Händler wo sie auch die Maschinen reparieren lassen. Die anderen meinen, dass im Internet eh alles günstiger sei und das klappe gut. Zwei andere kaufen wiederum bei einem schweizer Reifenhändler, der auf Landwirtschaftsreifen spezialisiert ist und auch viel in Zeitschriften für sein Angebot wirbt. Die Reifen werden direkt geliefert und auf Wunsch auf dem Hof fix und fertig montiert. Die Meinungen der Kollegen zum Thema Reifenbezug gehen also auseinander, viel bringt mir das nicht. Das Internet ist vielseitig und immer erreichbar Für eine Vorabklärung gehe ich noch nicht direkt zu meinem Stammhändler. Er hat eh viel zu tun und muss sich spezielle Informationen auch erst selbst beschaffen. Ich will erst einmal für mich eine Vorstellung gewinnen. Die Infos auf einer Messe einzuholen, ist für mich zu aufwändig. Bis da alle relevanten Hersteller abgeklappert sind, dauert es viel zu lange. Zudem heißt es dort oft, dass der Fachbetrieb als Schnittstelle da sei, ein Direktverkauf ist nicht möglich. Als erstes ziehe ich das Internet zur groben Abklärung meiner Fragen heran. Das geht schnell, ist auch am Abend möglich. Also geht es am Abend an den PC. Wenn ich nach Schlepperreifen oder Traktorenreifen google, tauchen am Anfang außer weniger bekannten Marken wie Petlas die großen Reifenhersteller gar nicht auf. In erster Linie sind es Großhändler und eine Vielzahl von Onlineverkäufern, die unendlich viele Varianten und Dimensionen an Reifen jeglicher Bauart anbieten. Was aber sofort auffällt sind die unterschiedlichen Konditionen und Preise. Bei den bekannten Online- und Großhändlern brauche ich meist einen Log-in, um die Preise zu sehen. Das ist mir zu umständlich, denn ich suche ja aussagekräftige Informationen und will dabei vor allem den Preis wissen. Bei den Suchresultaten finde ich nicht wirklich etwas Brauchbares, irgendwann wird mir die Sucherei zu verwirrend. Also besuche ich mal ein Onlineforum, wo ich vielleicht jemanden mit der gleichen Problemstellung finde. Bei meiner Marke finde ich nichts Brauchbares, aber anscheinend suchen Berufskollegen auch für andere Marken Lösungen und da ist oft auch von Zulassungen und TÜV die Rede. Anlaufstelle lokaler Stammhändler Da mich im Netz die vielen Hinweise auf gesetzliche Vorschriften etwas verunsichert haben, besuche ich nun doch meinen Stammhändler, der meine Traktormarke verkauft und kennt. Die Reifenwahl ist auch eine Vertrauenssache: Ich will schon legal auf der Straße unterwegs sein und auch versicherungstechnisch kein Risiko eingehen. Also unterbreite ich meine Frage, was denn bei mir für Reifen drauf müssten. Die Antwort kommt dann für mich etwas überraschend: Diesen Wunsch kennen wir. Sicher gibt es da eine Möglichkeit! Bei meinem Wunschreifen das Problem, dass der Traktorenhersteller die Dimension 710 und 38 Zoll nicht freigegeben hat, beziehungsweise das Straßenverkehrsamt bei der nächsten Kontrolle diese Größe beanstanden wird, weil der Index ausserhalb der Toleranz ist. Zudem würde dann die Vorlaufübersetzung auf die Vorderachse mit den vorhandenen Reifen eventuell auch nicht mehr stimmen. Die meisten Hersteller legen gerade mit Sicht auf die Gewährleistung sehr großen Wert darauf, dass nach den Vorgaben ausgerüstet wird. Ich lasse mir von meinem Stammhändler ein herstellergemäßes Angebot für einen Satz Hinterreifen mit dazu passenden Felgen erstellen.

5 Für eine seriöse Lösung braucht es Spezialisten Zuhause geht es nochmals vor den PC. Es geht hier um dreistellige Beträge, da muss preislich noch etwas rauszuholen sein. Wenn ich aber auch noch Felgen benötige, fallen schon ein paar Anbieter weg, denn Maßanfertigungen sind nicht überall möglich. Ich finde dann zwei Anbieter, die das Passende führen. Beide verweisen ausdrücklich darauf, dass sie keine Gewährleistung übernehmen, wenn beispielsweise der Vorlauf nicht ganz passt das müsse man selber abklären. So langsam bin ich etwas verunsichert: Was, wenn die günstigen Schlappen nicht passen, dann wird es auch teuer. Dann stoße ich im Netz auf einen großen deutschen Reifengroßhändler, der auch in der Schweiz aktiv ist. Bei meinem Anruf dort werde ich sofort an den Reifenspezialisten weitergeleitet. Der Herr am Apparat kennt zufällig sogar meinen Stammhändler persönlich. Sehr kompetent und fachlich auf dem neuesten Stand kann er mir genau sagen, dass ein IF710/60R34 Reifen von BKT passen würde und für meinen Bedarf geeignet ist. Allerdings wäre bei diesem der Abrollumfang etwas geringer, liege aber in der allgemeinen Toleranz für den Vorauf der Vorderachse. Damit aber alles ganz sicher ist, klärt er direkt mit dem Traktorhersteller ab, ob sein Bereifungsvorschlag so zulässig ist. Damit die Fahrzeugbreite und Felgenqualität dann auch passen, würden die passenden Felgen 25 x 34 natürlich in John Deere-Gelb und mit passender Einpresstiefe speziell gefertigt. Für mich ist das sehr beruhigend und bewegt mich, schlussendlich dann auch hier meine neuen Kompletträder zu kaufen. Die Kaufabwicklung läuft über meinen Stammhändler und der macht dann auch den Endpreis, der gerade ein paar hundert Euro über dem günstigsten Preis im Internet liegt. Zudem habe ich jetzt eine Anlaufstelle, wenn was ist oder nicht passt. Bei solchen Geschäften ist auch das Vertrauen und die Zuverlässigkeit wichtig. Obwohl ich beim Online-Kauf wahrscheinlich etwas günstiger weggekommen wäre, sind mir der Service und eine kompetente Beratung auch etwas wert.

6 Martin Abderhalden will

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