100 Betriebe für Ressourceneffizienz
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- Katarina Melsbach
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1 100 Betriebe für Ressourceneffizienz Exzellenzbeispiele in Baden-Württemberg aus allen Teilen der Wirtschaft Praxisbeispiel der KRÄMER GmbH
2 Holzindustrie Ressourcenschonende Produktion von Holz-Sprossenstehleitern KRÄMER GmbH, Metzingen Technik/Verfahrenstechnologie: Holzbearbeitung Maßnahme: Ressourceneffizienz durch Qualitätssicherung in der Lieferkette KRÄMER Holzsprossenstehleiter Bild rechts: Produktion Holzsprossenstehleitern Ausgangslage und Zielsetzung Die Herstellung und der Verkauf von qualitativ hochwertigen Holz-Sprossenstehleitern für den professionellen Handwerker sind seit vielen Jahren wesentlicher Bestandteil des Produktportfolios der KRÄMER GmbH. In den letzten Jahrzehnten stieg in diesem Bereich die Produktionsmenge signifikant an und die Produktion wurde mit speziell entwickelten Sondermaschinen komplett umgestaltet und automatisiert. Heute werden ca Holz- Sprossenstehleitern in einem Längenbereich von einem bis vier Metern produziert. Allerdings erhöhte sich bei steigender Produktion die entstehende Ausschussmenge im Bereich des Holmzuschnitts überproportional auf bis zu ca. 30 % des eingekauften Holzes. Daher war es ein vorrangiges Ziel, die Ausschussmenge deutlich zu verringern. In der Holzbranche wird zwar üblicherweise eine gewisse durchschnittliche Ausschussmenge bei der Beschaffung von Schnittholz toleriert. Allerdings hat sich der weitgehend fehlende Einfluss auf die Qualität des eingekauften Holzes als wesentliche Ursache für die hohe Ausschussquote herausgestellt. Für das verhältnismäßig geringe Nachfragevolumen der KRÄMER GmbH existiert am Markt kein Angebot für qualitativ hochwertige Hölzer ohne Holzfehler. Die Lieferanten bieten lediglich Hölzer in einheitlicher Qualität an. Zudem führt die mehrstufige Lieferkette mit asymmetrischer Machtverteilung dazu, dass die vom Standard abweichenden Qualitätsanforderungen der KRÄMER GmbH bislang nicht erfüllt wurden. So bezieht die KRÄMER GmbH Holz für Holme und Leisten von Lieferanten, die das Holz importieren und in einem ersten Schritt bearbeiten. Vor der Durchführung des Projekts wurden die Ursachen für den Ausschuss bei der Rohholzgewinnung in Nordamerika vermutet, auf die die KRÄMER GmbH keinen unmittelbaren Einfluss hat. Zur Reduzierung des Ausschusses sollten daher alle Beteiligten innerhalb der Lieferkette mit in die Verantwortung für die Qualitätssicherung genommen werden. Dazu sollte eine langfristige und nachhaltige Lösung des Problems gefunden werden. Herausforderung Damit dieses Ziel erreicht werden konnte, mussten das Aussortieren von fehlerhaften Holmen, das Zuschneiden der Holme und die Beschaffung des Rohmaterials analysiert und den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Ein wesentlicher Teil des Projekts war die Neudefinition der Einkaufsspezifikation und der Wareneingangskontrolle. Heute gilt als Grundlage für die Lieferung von Holzholmen ein interner Prüfkatalog mit unterschiedlichen Kriterien, die sich am fertigen Produkt orientieren. Damit wird gewährleistet, dass fehlerhaftes Rohmaterial nicht zur Auslieferung kommt. Die für Leitern gültigen Normen werden dabei berücksichtigt. Das Aussortieren und Zuschneiden der Holme erfolgte bislang von Hand. Holme mit Holzfehlern und Normabweichungen wurden dabei aussortiert und die Gutteile auf die gewünschten Längen zugeschnitten. Die Ausschussquoten hängen dabei sowohl von der Qualität und der Länge des verwendeten Rohmaterials als auch von den Mitarbeitern im Zuschnitt ab. Mit steigender Produktionsmenge war dieser händische Vorgang nicht mehr in ausreichend hoher Qualität durchführbar und die Ausschussmenge stieg damit noch zusätzlich an. Die Herausforderung bei der Reduzierung des Ausschusses bestand Auszug aus M. Schmidt et al. (2017): 100 Betriebe für Ressourceneffizienz. Band 1 Praxisbeispiele aus der produzierenden Wirtschaft. Springer-Verlag Berlin Heidelberg.
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4 Holzindustrie Beschädigte Holmoberfläche Riss im Leiterholm nun darin, einen geeigneten Lieferanten zu finden, der nach einem definierten Fehlerkatalog die Holme überprüft, hobelt, zuschneidet und liefert. Idee Der komplette Zuschnitt und das Auskappen von Fehlstellen im Holz werden zukünftig vom Lieferanten ausgeführt. Ein eigener Prüfkatalog wird definiert. Dieser enthält messbare und über Vergleichsbilder erkennbare Prüfkriterien, die auch aufgrund ihrer Eindeutigkeit eine leichte Prüfbarkeit sicherstellen. Damit verantwortet der Lieferant die Optimierung und Überwachung der kompletten Supply Chain. Das fokale Unternehmen und damit der Schwerpunkt der Qualitätssicherung verschieben sich vom Ende in die Mitte der Lieferkette. Die stärkere Verhandlungsposition des Lieferanten gegenüber den Rohholzproduzenten gewährleistet bei diesem Supply Chain Design die Durchsetzung von Qualitätsanforderungen über die gesamte Lieferkette. Von der neuen, symmetrischen Machtverteilung in der Lieferkette profitieren sowohl der Kunde als auch der Lieferant. Umsetzung Es wurde eine gemeinsame Projektgruppe, bestehend aus Mitarbeitern des Lieferanten und der KRÄMER GmbH, gegründet, die die einzelnen Arbeitsschritte der gesamten Beschaffungskette aufgelistet und analysiert hat. Dabei wurde die Projektgruppe durch Herrn Schneider von der Reutlinger WCG AG beraten. An entscheidenden Stellen wurden Prüf- und Überwachungsschritte eingefügt sowie Maßnahmen zur Verwendung der aussortierten Fehlteile festgelegt. In die Erstellung eines Prüfkataloges mit detaillierter Beschreibung der nicht zulässigen Fehlerstellen hat die KRÄMER GmbH viel Zeit investiert. Die Visualisierung der Fehler über Vergleichsbilder und Vorgaben zur Messung von Fehlern war teilweise nicht trivial und wurde intensiv diskutiert. Dabei hat sich gezeigt, dass der Lieferant durch das neue Supply Chain Design einen größeren Anreiz hat, zur Vermeidung von Qualitätsproblemen beim Kunden qualitativ hochwertigeres und daher auch teureres Rohmaterial aus den USA zu importieren. Darüber hinaus werden nun automatisierte Kappsägen mit computergesteuerten Scannern eingesetzt, um möglichst alle Fehler der Holzholme zu lokalisieren und automatisiert auszukappen. Über eine manuelle End- kontrolle werden eventuell noch vorhandene Holzfehler aussortiert oder direkt ausgekappt. Darüber hinaus ermöglichte die Einführung einer Maßkontrolle, nicht maßgerechte Teile in eine andere Produktschiene zu überführen, um daraus z. B. Bodendielen anstatt Holmen herzustellen. Damit wird aus diesen Teilen kein Ausschuss, sondern ein Produkt für andere interessante Märkte des Lieferanten. Einsparungen Durch die komplett umstrukturierte Beschaffung der Holzholme wurden die gesetzten Ziele beinahe erreicht. Jährlich müssen ca m Holme, das sind je nach Holzfeuchte ca. 32 bis 35 t, weniger als Ausschussware aussortiert werden. Dadurch können Kosten in Höhe von ca Euro pro Jahr eingespart werden. Hinzu kommt, dass für die bisher aussortierte Ausschussware keine Lkw- Fahrten mehr benötigt werden. Es entfallen somit drei komplette Sattelzugtransporte und damit entsprechend auch die mit ihnen verbundenen Emissionen und Verkehrsbelastungen. Außerdem wurde der nicht unerhebliche Arbeitsaufwand beim Aussortieren und Handling der Ausschussware eingespart. Somit führte das lieferkettenübergreifende Qualitätsmanagement letztlich zu erheblichen Produktivitätssteigerungen. Lernziel In enger Kooperation mit dem Lieferanten wurde Schritt für Schritt die richtige Lösung für die Herstellung des Produkts gefunden. Dabei hat das Projekt langjährig bestehende Arbeitsabläufe in Frage gestellt und dadurch neue Effizienzpotenziale aufgedeckt. Die KRÄMER GmbH ist dabei sehr offen mit ihrem Know-how umgegangen und wurde darin von ihrem Lieferanten stark unterstützt. So hat die KRÄMER GmbH als Käufer der Holzholme das Know-how und die Erfahrung im Bereich des Zuschnitts komplett an den Lieferanten weitergegeben und der Lieferant hat sein Know-how im Bereich der automatisierten Scanner zur vereinfachten Holzfehlererkennung eingebracht. Auf beiden Seiten gab es im Vorfeld große Zweifel, ob so ein Ansatz überhaupt funktionieren kann. Es hat sich aber gezeigt, dass die Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung für beide Seiten vorteilhaft und somit erfolgreich war. Eine solche Partnerschaft zur gemeinsamen Weiterentwicklung ist ein Erfolgsmodell und bedingt von beiden Seiten großes Interesse Auszug aus M. Schmidt et al. (2017): 100 Betriebe für Ressourceneffizienz. Band 1 Praxisbeispiele aus der produzierenden Wirtschaft. Springer-Verlag Berlin Heidelberg.
5 KRÄMER GmbH, Metzingen am gemeinsamen Agieren innerhalb eines solchen Projekts. Dies ist nicht selbstverständlich, aber eine Stärke von mittelständischen Betrieben, die mit flachen Hierarchien zu schnellen Entscheidungen kommen können. Diese Vorgehensweise soll auf Kundenprojekte übertragen werden, um auch dort ähnliche Erfolge hinsichtlich Ressourceneffizienz erzielen zu können. Hierbei soll durch geeignete Rahmenbedingungen erreicht werden, dass Geschäftspartner die KRÄMER GmbH frühzeitig mit in die Planung einbeziehen, damit durch eine sinnvolle Offenlegung von Entwicklungsprozessen eine konstruktive Zusammenarbeit entstehen kann. Unternehmen Die Anfänge der KRÄMER GmbH reichen ins Jahr 1929 zurück. Der Gründer der damaligen Holzbearbeitungs- und Imprägnieranstalt Metzingen, Heinrich Krämer, war gelernter Weingärtner. Schon der Name dokumentiert, dass am Anfang Holz und seine Bearbeitung im Fokus der Firma standen. KRÄMER-Laufstegsystem an einer Papiermaschine Um am Markt weiterhin erfolgreich zu sein, suchte die KRÄMER GmbH neue Standbeine. Ein großer Meilenstein war die Entwicklung von Aluminiumlaufstegsystemen für den Sondermaschinen- und Anlagenbau. Seit ca. 30 Jahren werden parallel zum traditionellen Bereich Holzleitern auch komplexe und große Anlagen-Projekte professionell abgewickelt. Heute ist die KRÄMER GmbH, neben der Produktion von Holz-Sprossenstehleitern für den Profi-Handwerker, ein Engineering- Dienstleister und Hersteller für sichere Laufstege, Plattformen sowie Treppen und Geländer für den Anlagen- und Sondermaschinenbau. Die motivierten und sehr erfahrenen Mitarbeiter sind dabei ein Garant für eine hohe Qualität und für die Umsetzung aller Kundenwünsche. KRÄMER GmbH, Metzingen KRÄMER GmbH Otto-Schott-Straße 1 D Metzingen Stefan Krämer stefan@kraemer-gmbh.com Auszug aus M. Schmidt et al. (2017): 100 Betriebe für Ressourceneffizienz. Band 1 Praxisbeispiele aus der produzierenden Wirtschaft. Springer-Verlag Berlin Heidelberg.
6 Das Projekt 100 Betriebe für Ressourceneffizienz wurde 2013 von der Allianz für mehr Ressourceneffizienz zwischen den führenden Wirtschaftsverbänden des Landes Baden- Württemberg und der Landesregierung initiiert. Zu der Allianz gehören das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, der Landesverband der Baden- Württembergischen Industrie e.v. (LVI), der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag e. V. (BWIHK), der Verband der Chemischen Industrie e. V. (VCI), Landesverband Baden-Württemberg, der Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbauer Baden-Württemberg (VDMA) und der Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie (ZVEI), Landesstelle Baden-Württemberg. Das Projekt wird gemeinsam vom Institut für Industrial Ecology (INEC) an der Hochschule Pforzheim, der Landesagentur Umwelttechnik BW und dem Institut für Arbeitswissenschaften und Technologiemanagement (IAT) der Universität Stuttgart durchgeführt. Die präsentierten Beispiele wurden sorgfältig geprüft und von einer Jury aus Mitgliedern der beteiligten Allianzpartner ausgewählt. Die Initiative soll aufzeigen, wie Ressourceneffizienz konkret umgesetzt werden kann und welcher Nutzen damit verbunden ist. Sie wird die bisherigen Aktivitäten zur Ressourceneffizienz im Land mit konkreten, vorzeigbaren Ergebnissen unterstützen und auf die operative Handlungsebene bringen. Damit sollen weitere Unternehmen zum Mitmachen gewonnen werden. Die 100 Exzellenzbeispiele sollen über Baden-Württemberg hinaus Strahlkraft entfalten und die Leistungsfähigkeit der einheimischen Wirtschaft unterstreichen. Ziel ist es, die Exzellenzbeispiele repräsentativ, öffentlichkeitswirksam und beispielgebend hervorzuheben und darzustellen. Weitere Informationen über das Projekt: Kontakt zum Projektteam: Prof. Dr. Mario Schmidt, Dr.-Ing. Hannes Spieth, Die Seiten sind ein Auszug aus dem Buch Mario Schmidt, Hannes Spieth, Joa Bauer, Christian Haubach: 100 Betriebe für Ressourceneffizienz, Band 1 - Praxisbeispiele aus der produzierenden Wirtschaft. Verlag Springer Spektrum Die Arbeiten zu diesem Projekt wurden im Rahmen des Forschungsprojektes FZK L mit Mitteln des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg gefördert.
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