Vögel in Äthiopien. Alte Nester. Nordgriechenland. Häufige Vogelarten. Hohe Berge und fette Alpenweiden: Brutplatztradition:

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1 62. Jahrgang September 2015 D: 4,95 A: 5,00 CH: CHF 8, Brutplatztradition: Alte Nester Hohe Berge und fette Alpenweiden: Vögel in Äthiopien Vogelparadiese im Krisenland: Nordgriechenland Abwärtstrend hält an: Häufige Vogelarten

2 Liebe Leserinnen und Leser, Griechenland ist mittlerweile Synonym für Probleme. Jeden Tag lesen, hören oder sehen wir neue Meldungen über die finanziell desaströse Situation dieses Landes. Beim Wort Griechenland winken viele Menschen ab hoffnungslos. Griechenland, nach wie vor ein sehr beliebtes Urlaubsziel, ist aber nicht einfach nur das finanzielle Sorgenkind der EU, sondern auch ein Land mit einem wunderbaren Naturreichtum und einer spektakulären Vogelwelt. Gerade der Norden Griechenlands Afrikanisches Schwarzkehlchen. Foto: T. Pröhl. hat ausgesprochen viele vogelkundliche Besonderheiten vorzuweisen. Thomas Hafen stellt einige der wichtigsten Gebiete im Norden Griechenlands vor und führt aus, dass auch die Natur in Griechenland unter der derzeitigen Finanzkrise leidet. Äthiopien ist kein ausgesprochenes Reiseland für den Massentourismus. Aber auch dieses Land ist für seinen spektakulären Naturreichtum bekannt. Kai Gedeon erforscht seit vielen Jahren die Vogelwelt in Äthiopien mit zahlreichen Arten und bringt uns einige dieser Besonderheiten näher, die nur hier, in diesem für Afrika so ungewöhnlichen Land vorkommen. Wir wissen über unsere Vogelwelt mehr als über jede andere Tier- oder Pflanzengruppe. Diese Tatsache ist Ihnen allen bekannt. Durch die Stellung von Vögeln in unseren Ökosystemen, zusammen mit unserem Wissensstand über diese Tiergruppe, ermöglichen uns Vögel eine Aussage über den Zustand unserer Ökosysteme. Hierbei wird deutlich, dass es um unsere Umwelt, insbesondere unsere Feldvögel und damit unsere Agrarlandschaft, nicht gut bestellt ist. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern europaweit. Der Index für die einzelnen Arten findet sich auf der Webseite des EBCC: info/index.php?id=587, Artengruppen für größere Regionen in Europa sind unter php?id=588 dargestellt. Wählen Sie sich doch einmal ein paar Beispiele aus. Es ergibt sich für viele Arten ein frustrierendes Bild. Unsere Mauersegler haben mittlerweile ihr Brutgebiet verlassen und sind auf dem Weg in ihr afrikanisches Winterquartier. Allgemein bekannt ist, dass Mauersegler nur zur Brut den Boden berühren und sonst die gesamte Zeit im Luftraum verbringen. Mauersegler fressen in der Luft, schlafen in der Luft und paaren sich wohl auch in der Luft. Im vorliegenden Heft erfahren Sie, was Mauersegler tun, um sich in heißer Luft zu kühlen, vermutlich eine vollkommen neue Erkenntnis. Eine Paarung von Mauerseglern wurde unseres Wissens nach in der Luft noch niemals beobachtet oder fotografiert. Wenn Ihnen hier andere Informationen vorliegen, wäre ich Ihnen für einen Hinweis sehr dankbar. Der Kleinvogelzug ist schon seit August in vollem Gange. Erst etwas später im Jahr sammeln sich viele Limikolen beispielsweise in unserem Wattenmeer. Eine ideale Möglichkeit, sich dieses Spektakel anzusehen, sind die vom Nationalpark Wattenmeer in der Zeit vom 10. bis 18. Oktober veranstalteten Zugvogeltage ( Wenn Sie die Gelegenheit dazu haben, kann ich Ihnen einen herbstlichen Ausflug ans Wattenmeer wirklich empfehlen. Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Beobachtung des Vogelzuges im Wattenmeer oder vor Ihrer eigenen Haustüre! Beste Grüße, Ihr Dr. Norbert Schäffer Inhalt Ornithologie aktuell Neue Forschungsergebnisse 2 Beobachtungstipp Felix Weiß, Christopher König, Christoph Moning, Christian Wagner: Der Haasberger See in Schleswig-Holstein Sørt Sol 5 Vögel des Offenlandes Anita Schäffer: Halsringe und Harems: Jagdfasan 9 Europäische Highlights Thomas Hafen: Gefährdeter Reichtum in Nordgriechenland: Vogelparadiese im Krisenland 12 Aktion Petra Potel: Neuer Beobachtungswettbewerb: Zugvogeltage-Aviathlon 19 Biologie Kai Gedeon, Torsten Pröhl: Hohe Berge und fette Alpenweiden: Vögel im äthiopischen Bale 20 Christian Neumann: Zeigt her eure Füße: Thermoregulation beim Mauersegler 28 Hans-Joachim Fünfstück: Alte Nester: Brutplatztradition bei Vögeln 32 Vogelschutz Thomas Krumenacker: Abwärtstrend hält europaweit an: Häufige Vogelarten 30 Bild des Monats Rätselfoto und Auflösung 36 Leute & Ereignisse Termine, TV-Tipps 38 Der Falke 62, 9/2015 1

3 Biologie Hohe Berge und fette Alpenweiden: Vögel im äthiopischen Bale Schneegestöber, dichte Nadelwälder, saftige Almen. Die Wenigsten werden diese Begriffe mit Afrika in Verbindung bringen. Und doch beschreiben sie eine Hochgebirgslandschaft in Äthiopien, die schon die europäischen Reisenden im 19. Jahrhundert an die ihnen vertrauten Anblicke der Alpen erinnerte. Mit einiger Begeisterung berichtet der deutsche Forscher Eduard Rüppell von hohen Bergen, deren schneeige Gipfel über fette Alpenweiden hervorragen und wo nur die malerisch gelegenen Sennhütten, die zerstreut weidenden Herden fetter Kühe und die Schweizer Hirten fehlten. Als Carlo von Erlanger 1900 die Gebirge westlich von Harar durchreiste, fand er sich an den heimischen Schwarzwald erinnert. Wer das heutige Äthiopien besucht, dem wird es vielerorts schwerfallen, diese alten Reisebeschreibungen nachzuvollziehen. Innerhalb von nur 100 Jahren sind von den ausgedehnten Gebirgswäldern nur wenige Reste geblieben. Der Schnee auf den Gipfeln ist weitestgehend verschwunden, so wie auch am Kilimandscharo. Anstelle der dichten Wälder von Juniperus und Podocarpus würde Erlanger heute Khat-Plantagen und Felder vorfinden, hier und da unterbrochen von einigen Eucalyptus-Stangenhölzern. Australische Baumarten dieser Gattung vor allem Eucalyptus globulus bilden heute die wichtigste Ressource für Bau- und Brennholz im ganzen Land. Man schätzt, dass etwa 30 bis 40 Prozent der Fläche Äthiopiens einst von natürlichen Wäldern bedeckt war, heute sind es nur noch etwa 3 Prozent und der Anteil sinkt weiter rapide. Nahezu die Hälfte aller regelmäßig in Afrika vorkommenden Vogelarten ist an bestimmte Biome gebunden. In Äthiopien treffen wir im Wesentlichen drei dieser Biome an: das Biom der Afro-tropischen Hochländer, das Somali-Masai Biom und das Sudan- Guinea Savannen-Biom. Das Hochland erstreckt sich in Äthiopien zu beiden Seiten des Rift-Valleys: von den Kaffee- und Ensete-Plantagen im Süden des Landes bis zu den mit Teff beplanzten Terrassen im Norden. Zu den höchsten Erhebungen zählen das Simien-Gebirge mit dem Ras Dejen (etwa 4550 m ü. NN) und das Bale- Gebirge mit dem Tullu Deemtu (etwa 4400 m ü. NN). Äthiopien wird mit Recht als das Dach Afrikas bezeichnet: Etwa 80 Prozent aller Flächen über 3000 m ü. NN in Afrika sind hier zu finden.» Einzigartige Vogelwelt Entsprechend einzigartig ist die Avifauna. Von den etwa 850 äthiopischen Brutvogelarten kommen circa 60 ausschließlich im Hochland Simien-Gebirge Addis Abeba Harar Shashamene Bale-Gebirge Sanetti Die Landschaft Äthiopiens ist ausgesprochen vielfältig und umfasst im Wesentlichen drei große biogeographische Einheiten: das Biom der Afrotropischen Hochländer (AH), das Somali-Masai Biom (SM) und das Sudan-Guinea Savannen- Biom (SG). Zu den besonders herausragenden frühen Forschungsreisenden in Äthiopien zählt der Frankfurter Zoologe Eduard Rüppell, dessen Forschungen in der Region 1826 begannen. Rüppell beschrieb 17 der 39 endemischen Vogelarten in Äthiopien und Eritrea. Insgesamt tragen über 100 Vogelarten sowie weitere Spezies seinen Namen, darunter spektakuläre Entdeckungen wie der Äthiopische Wolf und der Blutbrustpavian. Carlo Freiherr von Erlanger bereiste Äthiopien und Somalia in den Jahren 1899 bis 1901 und sammelte in dieser Zeit über Insekten sowie Vogelbälge und andere Tiere. Er verstarb kurz nach seiner Rückkehr aus Afrika. Oscar Neumann, der mit Erlanger aufgebrochen war, dann jedoch selbstständig den Südwesten Äthiopiens erforschte, veröffentlichte mehrere umfassende Beiträge zur Avifauna des Landes. 20 Der Falke 62, 9/2015

4 Der Erzrabe erreicht etwa die Größe unseres heimischen Kolkraben. Er imponiert insbesondere durch seinen mächtigen Schnabel und durch seine tiefen, archaischen Rufe. Oktober Das Areal der endemischen Blauflügelgans ist auf die hohen Gebirgsregionen Äthiopiens beschränkt. Oktober vor. Viele davon sind endemisch, das heißt, sie kommen nur hier in den äthiopischen Gebirgen vor und sonst nirgends auf der Welt. Wer nach Äthiopien reist und das Flugzeug in Addis Abeba verlässt, befindet sich bereits auf über 2000 m Höhe. Typische Gebirgsendemiten wie den Klunkeribis oder die Weißringtaube kann man bereits hier beobachten. Wer die montane und hochalpine Vogelwelt in noch weniger berührter Natur erleben will, muss allerdings ein ganzes Stück weit reisen. Anders als Rüppell und Erlanger trifft er dabei auf eine in jüngerer Zeit aufgebaute und stark verbesserte Infrastruktur. Auf den neu asphaltierten Straßen kann es der Eilige in einem Tag bis zu den etwa 400 km südöstlich gelegenen Bale-Bergen schaffen, um dort auf den größten zusammenhängenden Komplex afro-alpiner Lebensräume weltweit zu treffen. Allerdings wird er dann keine Zeit haben, die reiche Vogelwelt an den Seen des Rift-Valleys zu beob achten, die er auf seinem Weg nach Süden passiert. Von Shashamene aus führt die Straße aus dem Rift Valley hinauf in die Berge. Die Savannenlandschaft wird durch eine weiträumige, offene Agrarlandschaft abgelöst. Die Bale- Region wird auch als Kornkammer Äthiopiens bezeichnet und selbst Traktoren und Mähdrescher sind auf den Feldern zu sehen ein für Äthiopien noch ungewohnter Anblick. Das eigentliche Tor zum Bale- Gebirge ist Dodola. Für Erkundungen der Region zu Fuß oder mit dem Pferd ist der kleine, betriebsame Ort die In den Bale-Bergen oberhalb der Baumgrenze in einer Höhe von etwa 4000 m ü. NN - erstreckt sich das weitläufige Sanetti-Plateau. Höchste Erhebung ist der Tullu Deemtu mit etwa 4400 m ü. NN. Oktober Der Falke 62, 9/

5 Biologie Im Übergangsbereich zwischen dem Baumheidegürtel und dem baumlosen Plateau ist der Braunnacken-Frankolin keine seltene Erscheinung. November Zu den häufigsten Greifvogelarten im Gebirge gehört der Augurbussard. Er besiedelt allerdings auch Savannenhabitate. November geeignete Ausgangsstation. In den nahen Bergen gibt es eine Reihe von bewirtschafteten Berghütten, die einfache Übernachtungsmöglichkeiten bieten und die man in Begleitung lokaler Führer besuchen kann. Weiter im Osten befindet sich Dinsho, wo auch das Hauptqartier der Nationalparkverwaltung zu finden ist. Wer das Sanetti-Plateau besuchen will, wird gelegentlich nach einer Eintrittskarte für den Nationalpark gefragt. Diese ist nur in Dinsho erhältlich und sollte deshalb bei der Durchfahrt Richtung Robe/Goba erworben werden. Goba ist die einzige etwas größere Stadt im Bale-Gebiet. Dort finden sich einige kleinere und größere Hotels und von hier erfolgt die Auffahrt zum etwa 4000 m hoch gelegenen Gipfelplateau. Für die Befahrung der Piste es ist die höchstgelegene Allwetterstraße Afrikas ist ein Geländefahrzeug mit Allradantrieb erforderlich. In Sanetti, dem Dach der Bale-Berge, erwartet den Besucher ein spektakulärer Anblick. Über der Baumgrenze finden wir eine faszinierende alpine Landschaft mit kleinen Wasserläufen, klaren Seen, flechtenüberzogenen Felsen und tiefen Schluchten. Am frühen Morgen sind, auch im Hochsommer, die Pfützen oft mit einer Eisschicht überzogen und die grünen Matten mit Raureif überpudert. Seiner scheinbaren Kargheit zum Trotz ist das Sanetti-Plateau ausgesprochen produktiv. Die Biomasse an afro-alpinen Nagetieren wird Nilgans und Kammblässhuhn liefern sich einen Kampf auf einem der zahlreichen flachen Tümpel des Sanetti-Plateaus. November Der Falke 62, 9/2015

6 auf 2500 kg pro km 2 geschätzt. Vom Nagerreichtum profitieren nicht nur die zahlreichen Greifvögel, sondern auch der stark bedrohte Äthiopische Wolf, der in den Bale-Bergen seine größten Bestände hat und leicht beob achtet werden kann. Mit etwas Glück werden wir auf der Hochebene zunächst von einem Trupp Alpenkrähen begrüßt, jenen Rabenvögeln, die wir von den europäischen und asiatischen Gebirgen kennen. Äthiopien ist das einzige Gebiet südlich der Sahara, wo diese sonst paläarktisch verbreitete Art als Brutvogel anzutreffen ist. Dies gilt auch für zwei weitere Arten: die Rostgans und den Steinadler, die in den Bale-Bergen ebenfalls brüten. In den Wintermonaten finden sich zudem aus Asien kommende Steppenadler in größerer Zahl ein. Alpenkrähe, Rostgans, Stein- und Steppenadler: Für einen kurzen Moment könnte man meinen, hier in einer fernen Exklave der mongolischen Hochgebirgssteppe zu sein. Ein Stück Paläarktis im tropischen Afrika. Weit verbreitet im äthiopischen Hochland ist der endemische Klunkeribis. Selbst in größeren Städten ist er anzutreffen. Oktober 2013.»»Steinadler trifft Kaffernadler Doch währt dieser Eindruck nur kurze Zeit. Die Steppenadler müssen sich die reichen Nagervorräte mit dem heimischen und weitverbreiteten Savannenadler teilen. Und der Steinadler trifft hier auf seine afrikanische Schwesterart, den Kaffernadler. Der überwiegend in Afrika verbreitete Lannerfalke ist häufig anzutreffen. Nilgans und Kammblässhuhn liefern sich auf einem der flachen Gewässer einen Kampf. Paläarktis trifft auf tropische Savanne! Doch auch dieser Eindruck täuscht. Das Sanetti-Plateau ist nicht nur Lebensraum für eine Reihe von Grenzgängern, sei es aus der Paläarktis oder der Äthiopis. Es ist auch Heimat einer ganz eigenen afro-alpinen Avifauna. Zu den besonders bemerkenswerten Arten gehört die Blauflügelgans. Deren Abstammung und Verwandtschaftsverhältnis gegenüber anderen Wasservögel ist noch nicht abschließend geklärt. Genetische Untersuchungen deuten an, dass sie zusammen mit der Hartlaubente, einer weiteren afrikanischen Art mit ungewisser Zugehörigkeit zu einem sehr alten und ursprünglichen Zweig Die Bestände des Äthiopischen Wolfes sind stark zurückgegangen. Die individuenreichste Population lebt heute in den Bale-Bergen. So wie viele Greifvogelarten profitiert er vom enormen Nagerreichtum der alpinen Matten. Ihn dort bei seinen täglichen Streifzügen zu beobachten, ist nicht schwer. November Die Gebirge Äthiopiens waren früher zu großen Teilen bewaldet. Von diesen Wäldern sind heute nur wenige Reste erhalten geblieben. Stattdessen trifft man vielerorts auf ein kleinräumiges Mosaik von Teff-Kulturen. Diese Getreideart wird zur Herstellung von Injera verwendet, dem typischen äthiopischen Fladenbrot. Oktober Der Falke 62, 9/

7 Biologie der Entenvögel gehört. Wir treffen diese Art nur in den Hochgebirgen Äthiopiens. Sie ist seltener als bisher angenommen und wurde 2008 in der IUNC Red List auf den Status gefährdet (vulnerable) hochgestuft. Ein weiterer Hochgebirgsendemit ist der Strichelkibitz, der lokal höhere Dichten erreichen kann. Sein Gesamtareal ist offenbar noch kleiner als das der gefährdeten Blauflügelgans. Über seine Biologie ist kaum etwas bekannt. In den etwas geschützteren Bereichen der windigen Hochlagen finden wir weitere typische Gebirgsbewohner, wie etwa die Rouget-Ralle, den Braunnacken-Frankolin oder den Almenschmätzer.»»Beeindruckende Landschaften Die Rostgans ist eine nahezu ausschließlich paläarktisch verbreitete Vogelart. Die einzigen Brutvorkommen südlich der Sahara befinden sich im äthiopischen Hochland. Oktober Zu den Endemiten des äthiopisch-eritreischen Hochlandes zählt auch die Rouget-Ralle. Sie ist vielerorts wenig scheu und in geeigneten Habitaten nicht selten. November Das Sanetti-Plateau gehört ohne Zweifel zu den eindrucksvollsten alpinen Landschaften Äthiopiens und ganz Afrikas. Ornithologisch nicht minder interessant sind die halboffenen und bewaldeten Habitate in den angrenzenden tieferen Lagen: die nördlichen Grasländer, der Baumheidengürtel, die Juniperus-Wälder und der Harenna-Forst. Aus den Wipfeln der alten Bäume dringt der laute und 24 Der Falke 62, 9/2015

8 urige Ruf des Erzraben. Den weißen Fleck auf dem Hinterkopf verdankt er einer Legende zufolge Noah. Der äthiopischen Überlieferung nach war es zunächst keine Taube, die der biblische Stammvater von der Arche entsandte, um trockenes Land zu finden. Es war dieser Rabe, der sich mit seiner Rückkehr zum Schiff allerdings ungebührlich viel Zeit lies, sodass schließlich die Taube zum Einsatz kommen musste. Als der Rabe schließlich eintraf, schlug ihn Noah mit einem Mekuya, einem vorn abgeflachten Metallstab, der beim Rösten von Kaffeebohnen verwendet wird. Der Abdruck ist am Nacken des Vogels bis heute zu sehen. Anders als in gemäßigten Breiten sind die Wälder der Tropen arm an wirklichen Sängern. Die endemische Singtimalie gehört zu den Ausnahmen. Lange Zeit war ihre taxonomische Zuordnung umstritten. Und so wurde sie in die Sammelfamilie Timaliidae eingeordnet, ganz nach dem Motto des bekannten Taxonomen Ernst Hartert: Was man nicht unterbringen kann, sieht man als Timalien an. Erst genetische Untersuchungen aus jüngerer Zeit brachten den Beweis, dass die Singtimalie zur Familie der Grasmücken gehört, die bekanntlich als Sangesvirtuosen gelten. In den Bale-Bergen sind sowohl der Steinadler als auch der Kaffernadler (hier im Bild) anzutreffen. November 2014.»»Naturschutz vor großen Anstrengungen Vor allem die Bereiche der äthiopischen Bergwälder unterliegen einem zunehmend starken Nutzungsdruck. Man schätzt, dass derzeit etwa Menschen innerhalb der Grenzen des bereits 1970 ausgewiesenen, 2200 km 2 großen Bale-Nationalparkes leben. Und ihre Zahl nimmt weiter zu. Der Naturschutz steht hier wie in anderen Teilen Äthiopiens vor enormen Herausforderungen. Die derzeitigen Bemühungen zielen auf eine Partizipation der Bevölkerung am nachhal- Das alpine Sanetti-Plateau ist mit zahlreichen Tümpeln und kleinen Wasserläufen überzogen. Oft sind die Gewässer in den frühen Morgenstunden mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. November Der Falke 62, 9/

9 Biologie Reiseinformationen Äthiopien hat etwa 95 Millionen Einwohner. Die mittlere Bevölkerungsdichte liegt mit circa 88 Einwohnern/km 2 deutlich unter der von Deutschland. Die einzelnen Regionen des Landes sind jedoch sehr unterschiedlich besiedelt. Die meisten Menschen leben im Hochland, während die trockenen Savannen im Süden und Osten nur spärlich besiedelt sind. Die Bevölkerung setzt sich aus vielen unterschiedlichen Ethnien zusammen. Vor allem im Norden finden sich zahlreiche Zeugnisse der langen christlichen Geschichte des Landes, darunter die berühmten Felsenkirchen von Lalibela. Sie stammen aus dem 13. Jahrhundert und sind die größten monolithischen Gebäude der Welt. Die durchschnittliche Tagestemperatur liegt in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, auf einer Höhe von etwa 2000 bis 2500 m, gegen Mittag bei angenehmen 10 bis 25 C. Die tageszeitlichen Schwankungen können jedoch bis über 20 Grad betragen. Die Hauptregenzeit fällt im Norden zwischen die Monate Juni und September, im Süden verteilt sich der Regen auf die große Regenzeit im April/Mai und die kleine Regenzeit im Oktober/ November. Äthiopien erweist sich somit als ideales Reiseland für die Wintermonate. Die Zahl der Sonnenstunden ist dann mit etwa zehn Stunden täglich am höchsten. Zahlreiche Agenturen bieten ornithologische Reisen nach Äthiopien an, mit deutschsprachiger Reiseleitung zum Beispiel Bartmeise Reisen. In den abgelegenen Gegenden sind asphaltierte Straßen noch die Ausnahme, sodass bei den Touren meist geländegängige Allradfahrzeuge zum Einsatz kommen. Die äthiopische Küche ist eine besondere Erfahrung. Bei vielen Gerichten wird Injera gereicht, ein aus Teffmehl zubereitetes Fladenbrot. Äthiopien ist ein sicheres und spannendes Reiseland und bietet dem aufgeschlossenen Besucher viele eindrucksvolle Begegnungen mit Mensch und Natur. tigen Management des Gebietes, einschließlich dem Aufbau eines naturverträglichen Tourismus. Schneebedeckte Gipfel und endlose, unberührte Bergwälder: Bis auf Weiteres werden wir solche Beschreibungen wohl nur der Reiseliteratur früherer Forscher entnehmen können. Die wenigen großen Schutzgebiete im afro-tropischen Hochland Äthiopiens sind wie Inseln in einem Archipel. Es sind einzigartige, sensible und hochgefährdete klimatische Refugien, denen die internationale Gemeinschaft von Forschern und Naturschützern noch immer zu wenig Aufmerksamkeit schenkt. Kai Gedeon, Torsten Pröhl Dr. Kai Gedeon ist Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung Vogelwelt Deutschland. Er bereist seit vielen Jahren Äthiopien und erforscht zusammen mit britischen, äthiopischen und deutschen Kollegen vor allem endemische Vogelarten. Torsten Pröhl ist Tierfotograf, Naturschützer und Mitverfasser zahlreicher Bildbände. Die Buchprojekte führen ihn in zahlreiche Gegenden der Welt, unter anderem nach Island, Kreta, Marokko und Äthiopien. Seine Fotos finden sich in der Bild datenbank www. fokus-natur.de Literatur zum Thema: Ash J, Atkins J 2009: Birds of Ethiopia and Eritrea. An atlas of distribution. Christopher Helm. Bezzel E, Pröhl T, Nill D 2012: Adler: Mächtige Jäger Symbole der Freiheit. BLV Buchverlag. Gedeon K 2011: Äthiopiens einzigartige Vogelwelt. Entdeckungsgeschichte, Taxonomie, Gefährdung, Schutz. Tag. trop. Vögel Ges. Trop.ornithol 15: Randall D, Thirgood S, Kinahan A 2011: Walia Special Edition on the Bale Mountains. Ethiopian Wildlife Society. Während der Savannenadler (links) zu den äthiopischen Brutvogelarten gehört, ist der Steppenadler (rechts) ein Wintergast aus Asien. Beide sind in den Bale-Bergen nicht selten. November Alle Fotos: T. Pröhl. 26 Der Falke 62, 9/2015

10 Im 61. Jahrgang Monat für Monat lesen Sie...» Vorstellungen interessanter Beobachtungsgebiete» Neues zur Biologie und Ökologie der Vögel» Was sich im nationalen und internationalen Vogelschutz tut» Hilfe bei kniffligen Bestimmungsfragen» Reise- und Freizeittipps» Kurzberichte über bemerkenswerte Beobachtungen von Lesern» Veranstaltungen, Kontakte, Besprechungen und Kleinanzeigen Poster Vögel 1. im Wald als Dankeschön für die Anforderung eines unverbindlichen Probeheftes. Zusätzlich das 2. Merk- und Skizzenbuch für Vogelbeobachter, wenn Sie sich für ein Test-Abo zum Preis von nur 9,95 für 3 Hefte (incl.versand) entscheiden. Preisstand 2014 Änderungen vorbehalten Wenn Sie sich zu einem Abonnement entschließen, erhalten Sie als Begrüßungsgeschenk ein Original Schweizer Armeemesser und Sofort- 3. Abonnenten erhalten dazu noch den praktischen Sammelordner für einen Jahrgang! Der Falke erscheint 12 x im Jahr mit je 44 Seiten, durchgehend farbig, immer am Monatsanfang. 54, (Schüler/innen, Studenten/innen, Azubis 39,50, Bescheinigung erforderlich) zzgl. Versandkosten. Verlagsanschrift: AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3, Wiebelsheim, Tel.: 06766/ , Fax: -320, vertrieb@aula-verlag.de Abonnementservice: Frau Britta Knapp, Tel.: 06766/ Absender Name: Straße/Nr.: PLZ/Ort: Tel.: Ja, ich möchte den FALKEN kennen lernen! Bitte schicken Sie mir ein unverbindliches Probeheft. Ich bestelle ein Test Abonnement zum Preis von 9,95. Wenn ich den FALKEN anschließend im Abonnement zum Preis von 54,-- (ermäßigt 39,50 Bescheinigung erforderlich) für 12 Monate zuzügl. Versand beziehen möchte, brauche ich nichts zu tun. Al s Begrüßungsgeschenk erhalte ich ein Original Schweizer Armeemesser! Sollte ich kein Interesse haben, teile ich Ihnen dies innerhalb von 14 Tagen nach Eingang des Probeheftes bzw. des letzten Testheftes mit (Post, Fax, Mail). Ich möchte alle Geschenke sofort und habe mich deshalb gleich für ein Abonnement entschieden. Ich erhalte als Zusatzgeschenk den Sammelordner! Bitte ziehen Sie den Rechnungsbetrag bis auf Widerruf von folgenden Konto ein: AULA-Verlag GmbH Abonnentenservice DER FALKE z. Hd. Frau Britta Knapp Industriepark Wiebelsheim Fax: 06766/ Geldinstitut: IBAN: Datum: BIC: Unterschrift: Garantie: Ich habe das Recht, diese Bestellung innerhalb von 14 Tagen (Poststempel) schriftlich beim Verlag zu widerrufen. Zeitschriften-Abonnements können jederzeit zum Ende der Abonnementlaufzeit, spätestens jedoch 2 Monate vorher (Datum des Poststempels), gekündigt werden. Die Kenntnisnahme bestätige ich mit meiner: 2. Unterschrift: