Botschaftsvorführungen zur Identitätsfeststellung und Passersatzbeschaffung
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- Curt Kramer
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1 Vermerk/Sprechzettel zu Botschaftsvorführungen zur Identitätsfeststellung und Passersatzbeschaffung Jahr , zusammengeführt aus 17/664 und Antwort zu 17/7717 Büro Ulla Jelpke (Dirk Burczyk) Sammelanhörungen von ausreisepflichtigen Ausländern zur Klärung der Identität und zur Passbeschaffung Ausreisepflichtige Ausländer, etwa abgelehnte Asylbewerber, sind nach dem Aufenthaltsgesetz verpflichtet an ihrer Identitätsfeststellung und der Passbeschaffung mitzuwirken und damit ihre Abschiebung zu ermöglichen (Mitwirkungspflicht, 82 AufenthG). Im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten müssen die Betroffenen also Angaben zu ihrer Identität machen und sich bei der Auslandsvertretung ihres Herkunftsstaates in Deutschland Pass- oder Passersatzpapiere beschaffen. Wegen der restriktiven Anerkennungspraxis bei Anträgen auf internationalen Schutz (Asyl nach Art. 16 GG, Flüchtlingsanerkennung nach GFK 60, 1 AufenthG, subsidiärer Schutz nach 60 2,3, 5 und 7 AufenthG) ist die Nicht-Mitwirkung bei der Passbeschaffung oft die einzige Möglichkeit für die Betroffenen, einer Abschiebung zu entgehen. Daher haben sich die deutschen Behörden einen Kniff überlegt: Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit können im Rahmen der Mitwirkungspflicht gezwungen werden, sich bei ihrer Auslandsvertretung vorführen zu lassen, oder es finden Vorführungen vor Vertretern des vermeintlichen Herkunftsstaates in den (Zentralen) Ausländerbehörden statt. Da eine zwangsweise Vorführung nicht möglich ist, ist der einzige Hebel zur Durchsetzung die Kürzung des Taschengeldes nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (40 Euro/Monat). Auch steht der Weg in Härtefall- und Altfall -Regelungen bei fehlender Mitwirkung nicht mehr offen. Da die meist ohnehin behördlicherseits als renitent eingestuften Betroffenen oft sowieso schon mit solchen Restriktionen zu leben haben, geht dieser Mechanismus allerdings ins Leere. Daraus resultieren die Nicht- Erscheinensquoten von im Schnitt bis zu 50%. Die Quoten positiver Identitätsfeststellungen variieren dann noch einmal stark nach Herkunftsstaaten. Dafür können wohl unterschiedliche Faktoren verantwortlich gemacht werden: die Betroffenen gehen zwar zur Anhörung, um ihrer Mitwirkungspflicht formal zu genügen, machen dort jedoch keinerlei Angaben; die Vertreter der ausländischen Staaten haben in den Gebühren für die Anhörungen und die an die Delegationen gezahlten Tagegelder eine Einnahmequelle, die noch besser sprudelt, wenn es mehrfache Vorführungen einer Person gibt; und schließlich Fälle, in denen sich die Staatsangehörigkeit schlicht nicht klären lässt. Nur ein Drittel der Geladenen zur den Anhörungen bekommt am Ende auch ein Passersatzpapier in Form eines Emergency Travel Certificate, das eine Abschiebung ermöglicht. Während noch vor einigen Jahren der mangelnde Kooperationswille insbesondere der (west-)afrikanischen und einiger arabischer Staaten bei der Identifizierung ihrer Staatsangehörigen beklagt wurde, hat sich das mittlerweile gewandelt. Wie auch auf dem Gebiet der Grenzkontrolle nehmen insbesondere einige westafrikanische Staaten eine immer aktivere Rolle im Migrationsmanagement der Metropolen ein. Dies auch unabhängig vom Bestehen von Rückübernahmeabkommen: während mit Vietnam schon seit Beginn der 90er ein solches Abkommen besteht, hat Nigeria ein solches nicht unterzeichnet, führt aber dennoch mehrere hundert (2008 sogar über 1600) Anhörungen pro Jahr durch. Die westafrikanischen Staaten (s. Tab. 1) stehen im Fokus der Bundespolizei, die die Bundesländer bei der Vorführung von nicht identifizierten Staatsangehörigen im Wege der Amtshilfe unterstützt. Auch bei Vietnam leistet die Bundespolizei Amtshilfe bei der Vorführung vor Delegationen, daneben führen die Länder eigenständig Vorführungen bei der Botschaft in Berlin durch. Für die eigenständig von den Ländern durchgeführten Vorführungen gibt es nur vereinzelt Informationen, in Tab. 2 sind die Gebührensätze zusammengeführt. In Tab.3 finden sich die insgesamt von den Delegationen empfangenen Tagegelder. In Tab. 4 die sonstigen Kosten, die von der Bundespolizei zunächst übernommen wurden. Am Ende noch der Hinweis auf die Förderung dieser Maßnahmen aus dem EU-Rückkehrfonds.
2 Tab. 1: Gebühren, Zahl der Anhörungen unter Beteiligung der Bundespolizei i Land Gebühren Anh. ETC Anz. Gel. Ersch. Pos. Anz. Gel. Ersch. Pos. Anz. Gel. Ersch. Pos. Anz. Gel. Ersch. Pos. Benin 300,- ii 300,-./../ Burundi 100,- 50, /../. Gambia keine 106,- iii Liberia 100,- 200, Mali keine keine /../ Mauretanien keine keine Nigeria keine 50, Senegal 100,- 5, Sierra Leone 100,- iv 100, Sudan 125,- v keine Togo 130,- 130, Uganda keine Vietnam keine Summe (Legende: ANh. Anhörung, Anz. Anzahl Anhörungen, Gel. geladene Personen, Ersch. erschienene Personen, Pos. positive Identifizierung
3 Tab. 2: Gebühren für Durchführung von Anhörungen und zur Ausstellung von Passersatzpapieren (ohne Beteiligung der Bundespolizei, nur Bundesländer): Land Gebühren Anh. ETC Armenien 90,- 360,- Georgien 29,28 Ghana 250,- 60,- Guinea Guinea-Bissau 50,- 25,- 50,-/90,- vi Indien 6,-/8,- Libanon 44,- Kroatien 44,- Mongolei 65,- Moldau 51,- Palästina 100,- Tab. 3: Von den Delegationen erhaltene Tagegelder vii 2008: (Vietnam , Gambia 2.500, Sierra Leone 7.200, Mali 1.500) 2009: (Vietnam 9.600, Liberia 2.800, Gambia 1.600, Sierra Leone 2.700) 2010: (Vietnam , Liberia 1.800, Gambia 4.000, Benin 2.400, Sierra Leone 2.800) 2011: (Vietnam 9.600, Liberia 2.800, Gambia 2.100, Benin 3.500, Sierra Leone 2.800, Mali 1.800)
4 Tab. 4: Weitere Kosten für Delegationen Für die Delegationen fielen darüber hinaus Reise-, Unterbringungs-, Verpflegungskosten sowie Krankenversicherung, Dolmetscher und Verwaltungskosten an: Vietnam: ,62 in 2010, ,58 in 2011 Liberia: ,32 in 2010, ,81 in 2011 Gambia: ,20 in 2010, ,96 in 2011 Benin: ,86 in 2010, ,61 in 2011 Sierra Leone: ,48 in 2010, ,13 in 2011 Mali: ,35 in : in der Summe ,48 plus Tagegelder in 2010, also fast Euro 2011: in der Summe ,44 plus Tagegelder in 2011, also fast Euro Durchführung von Anhörungen im Rahmen der Projekte des EU-Rückkehrfonds Zahlen liegen nur für die Jahre 2009 und 2010 vor: 2009 wurde ein Projekt Intensivierung und Verbesserung der Zusammenarbeit mit Nigeria auf dem Gebiet der Beschaffung von Heimreisedokumenten sowie der Durchführung von Rückführungsmaßnahmen mit ,68 Euro aus dem ERF gefördert, insgesamt lagen die Kosten bei ,59 Euro wurde ein Projekt Intensivierung und Verbesserung der Zusammenarbeit mit ausgewählten westafrikanischen Staaten auf dem Gebiet der Beschaffung von Heimreisedokumenten sowie der Durchführung von Rückführungsmaßnahmen mit ,78 Euro aus dem ERF gefördert, insgesamt lagen die Kosten bei ,58 Euro. i Die Länder führen in eigener Zuständigkeit ebenfalls Anhörungen durch, nur in Einzelfällen liegen hierzu Daten vor; die aufgeführten Daten beziehen sich auf die Staaten, für die die Bundespolizei eine Verabredung mit den Ländern hat, die Vorführungen im Wege der Amtshilfe durchzuführen ii Delegation Benin nahm keine Gebühren für Anhörung und ETC iii Delegation Gambia nahm keine Gebühren für ETC iv Delegation Sierra Leone nahm keine Gebühren für Anhörung, 2010 ebenfalls 100,- für ETC, 2011 nur noch 11,-; Botschaft Sierra Leone nahm 2008 und 2009 noch 250,- für ETC
5 v nur bei fehlgeschlagener Identitätsfeststellung vi Gültigkeitsdauer 3 oder 6 Monate vii Das Tagegeld insgesamt beträgt laut Bt-Drs 17/664 nach EU-Regelement für Deutschland 208,-, von denen die deutschen Behörden 108,- zur Begleichung von Hotel- und Verpflegungskosten einbehalten; die Delegationsmitglieder bekommen also 100,- pro Tag ausbezahlt
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