Es weist über die Grenzen unserer eigenen Gemeinden hinaus. Wir feiern es gemeinsam mit unseren Nachbargemeinden.
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- Chantal Kaiser
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1 Pfingstmontag im Wäldchen Liebe Gemeinde, heute am Pfingstmontag hier an diesem Ort stellen wir uns in eine lange Tradition. Schon seit vielen Jahren feiern wir dieses Fest im Ossenheimer Wäldchen. Es ist ein Fest, dass über sich selbst hinausweist: Es weist über die Grenzen unserer eigenen Gemeinden hinaus. Wir feiern es gemeinsam mit unseren Nachbargemeinden. Es weist über die Grenzen unserer Kirchen hinaus. Wir feiern es mit katholischen und evangelischen Christen gemeinsam. Es weist sogar über die Grenzen der Religionen hinaus indem es an das Pfingstfest in der jüdischen Tradition anknüpft. Es weist über die zeitlichen Grenzen hinaus, indem es uns an die Gründung unserer Kirchen vor 2000 Jahren erinnert Und es weist auch über unsere menschlichen Grenzen hinaus indem es auf Gott und den heiligen Geist hinweist. Wenn wir dieses Fest hier in Gottes freierer Natur unter den wunderschönen Bäumen feiern, dann ist das ein besonders passender Ort für diese die Grenzen überschreitende Freiheit des Geistes Gottes. Pfingsten ist kein Fest für geschlossene Räume. Dieses Fest braucht die Freiheit, wie die Luft zum Atmen. Der Geist Gottes ist oft mit dieser Atemluft verglichen worden. Im Alten Testament spricht man von der Ruach Elohim, dem Atem oder auch dem Odem Gottes. Adam, was bedeutet, der von der Erde, der Adama genommene, bekommt im Schöpfungsbericht den Ruach, den Atem Gottes eingehaucht. Mit diesem Atem Gottes beginnt er zu leben. Aus einem Klumpen Erde wird er durch Gottes Hand zu einem Geschöpf geformt und beginnt durch die Einhauchung des Geistes Gottes zu einem lebendigen menschlichen Lebewesen zu werden.
2 Im Grunde genommen ereignet sich in der Schöpfung Pfingsten zum aller ersten Mal. Gott formt nicht nur den Körper der Menschen nach seinem eigenen Bild, wie es in der Bibel heißt, sondern er schenkt den Menschen auch seinen Geist, der das Leben überhaupt erst ermöglicht. Das ist ein Grund, dankbar zu sein. Dankbar für das Leben, das Gott uns geschenkt hat. Es ist gut sich daran immer wieder zu erinnern. Leider sind wir allzu oft gar nicht zufrieden mit unserem Leben. Wir hadern mit unserem Schicksal und hadern mit Gott. Wir stellen uns Fragen wie: Wieso muss das immer wieder mir passieren? Oder womit habe ich das verdient? Warum ist Gott so ungerecht. Das sind Fragen, die die Menschheit seit den ersten Tagen bewegen. Denken sie nur an die beiden ersten Menschen, die auf unserer Erde geboren wurden, an Kain und Abel. Es ist wichtig, dass wir uns solche Fragen immer wieder stellen. Probleme werden nur selten dadurch gelöst, dass man ihnen ausweicht. Aber es kann sehr hilfreich sein, wenn wir neben allen unguten Erfahrungen, die wir machen, und die auch manchmal sehr bitter sein können, uns an das erinnern, was unser Leben schön und lebenswert macht. Genau daran will uns das Pfingstfest erinnern. Gott schenkt uns seinen kraftspendenden und Mut machenden Geist. Das Pfingstfest ist auch eines der wichtigsten Feste im Judentum. Dort wird es Schawuot genannt, das heißt übersetzt Wochen. Es findet am Ende der siebten Woche nach dem Pesach, unserem Osterfest statt. Entscheidend ist der 50. Tag. Der Tag nachdem 7 Wochen, also sieben mal sieben Tage vorüber sind. Von diesem 50. Tag hat unser Pfingstfest seinen Namen. Es leitet sich aus dem Griechischen von pentekoste, fünfzig, her. Was feiern die Juden fünfzig Tage nach Ostern an Pfingsten?
3 Sie feiern dieses Fest, weil sie dankbar sind für zwei Dinge. Sie sind dankbar für die Weizenernte, die in südlichen Ländern schon so früh eingebracht werden kann. Das Wochenfest ist deshalb auch vergleichbar mit unserem Erntedankfest. Und sie feiern die Torah, ihre Bibel, die fünf Bücher Mose, die sich auch am Anfang unserer Bibel finden. Einmal geht es um ganz materielle Dinge, um eine gute Ernte, die lebenswichtig sein kann und dann aber auch um etwas geistiges. Um das Wort Gottes in der Bibel. Beides ist ein Geschenk und beides lehrt uns dankbar zu sein. Für uns Christen hat Pfingsten mehr diesen zweiten Aspekt. Die Dankbarkeit für den Geist, die lebensspendene Kraft Gottes. Sie alle kennen den Ausspruch, der Geist weht wo er will. Damit ist gemeint, dass man den Geist nicht einsperren kann, nicht wegsperren und auch nicht unterdrücken. Ein geistiger Gedanke, der einmal da ist, den kann man nicht wieder aus der Welt schaffen. Das ist so aussichtslos, wie der Versuch, die Zahnpasta wieder zurück in die Tube zu befördern. Wir mögen es ja, wenn alles seine Ordnung hat und jedes Ding an seinem Platz ist. Das gibt Sicherheit und macht das Leben einfacher. Dinge, die wir kontrollieren können, machen uns keine Angst. Mit dem Wort und dem Geist Gottes ist es ähnlich, wie mit der Zahnpasta. Solange das Wort Gottes in Buchstaben gegossen und auf Papier gebannt ist, lässt es sich leichter handhaben. Man Kann es abschreiben, drucken, und auch der Straße verschenken. Man kann daraus vorlesen, Kommentare darüber verfassen, darüber predigen, darüber forschen und vieles mehr. Der Geist Gottes ist aber mehr als dieses festgeschriebene Wort. Der Geist ereignet sich hier und jetzt, unmittelbar in der Gegenwart, nicht in der Vergangenheit.
4 Der Geist Gottes ist nicht berechenbar sondern frei. Er kann überraschend kommen. Seine Wirkung ist nicht vorhersehbar und schon gar nicht planbar. Wenn wir etwas berechnen gehen wir gerne vom ungünstigsten Fall aus, heute sagt man auch vom woerst case. Wann werden die weltweiten Rohstoffreserven aufgebraucht sein? Wie lange hält unsere Währung? Wann geht die Welt unter? Die Pfingstgeschichte erzählt genau vom umgekehrten Fall: Es tritt etwas ein, womit keiner gerechnet hat. An Pfingsten geht die Welt nicht unter, sondern wir haben es mit dem Anfang einer neuen Welt zu tun. Dort wo große Traurigkeit und Verzweiflung herrschte über den schrecklichen und ungerechten Tod Jesu kommt auf einmal neue Hoffnung und Freude in die Welt. Die Jünger spüren eine neue Kraft, die sie noch gar nicht kannten. Sie nehmen es wie ein Brausen war, wie Zungen von Feuer über ihren Köpfen. Sie spüren es selbst in ihrem Herzen und sie sehen es den anderen an. Da weht ein neuer Geist, da wirkt eine neue Kraft, das muss die Kraft Gottes sein. In dieser Intensität haben sie das noch nie gespürt. Diese Kraft sprengt Grenzen. Sie wirkt über das eigene Ego hinaus. Diese Kraft und diese Freude will geteilt werden. Geteilt mit der Familie, mit der eigenen Gemeinde, mit den Nachbargemeinden. Diese Freude macht nicht halt an Landesgrenzen an Völkergrenzen, an Sprachgrenzen und an konfessionellen Grenzen. Es ist eine Freude, die die ganze Christenheit erfasst. Es ist die Kraft, die uns auch heute immer wieder aufeinander zugehen lässt trotz allem Trennenden, was zwischen uns steht. Das Pfingstfest, das wir hier im Ossenheimer Wäldchen miteinander feiern ist ein sichtbares Zeichen des Gottesgeistes, der uns Mut machen will.
5 Hier an Tischen kommen wir nach dem Gottesdienst miteinander ins Gespräch. Auch mit Freunden die wir länger nicht mehr getroffen haben. Pfingsten ist ein Fest der Gemeinschaft, es ist der Geburtstag unserer Kirche. Am Geburtstag geben wir gewöhnlich gute Wünsche weiter. Ich wünsche Ihnen, dass sie offen bleiben für den Geist Gottes, der neue Kraft zum Leben schenkt auch und gerade in Lebensphasen, die als dunkel und bedrückend erlebt werden. Der Geist Gottes ist so etwas wie eine Geburtstagsüberraschung, eine mit der Sie nicht gerechnet haben und über die Sie sich wirklich freuen können. Der Heilige Geist ist ein ganz besonderer Geburtstagsgast, der sich vorher nicht angekündigt hat. Machen sie Ihm die Tür auf und lassen Sie ihn herein. Er hat ein wirklich großes Geschenkt für Sie dabei. Amen
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