Gnade und Friede sei mit euch von dem, der da war, der da ist und der da kommt. Amen

Transkript

1 Datum / Sonntag Rogate Text/Thema Lk. 11, 5-13 Besonderes Notizen Lieder EL: 504 Himmel, Erde Ps. 749 LL: 427, 1+2 Solang HL: Nun geh uns auf PL: 382 Ich steh vor Dir, Vaterunser: 188 SL: 168, Du hast uns Herr Lesung: 1. Tim. 2,1-6a Autor Pfr. Jörg Wegner Gnade und Friede sei mit euch von dem, der da war, der da ist und der da kommt. Amen Liebe Gemeinde, Gott in den Ohren liegen, ihn überreden, ihn nerven mit Gedrängel und Gequengel. Wer käme auf die Idee, so das Beten zu beschreiben? Niemand wirklich außer die Bibel und das an mehreren Stellen. Eine davon wäre diese hier: TEXT: Der bittende Freund 5 Und er sprach zu ihnen: Wer unter euch hat einen Freund und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leih mir drei Brote; 6 denn mein Freund ist zu mir gekommen auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann, 1

2 7 und der drinnen würde antworten und sprechen: Mach mir keine Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen und meine Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben. 8 Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, so viel er bedarf. Zuversicht beim Beten 9 Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 10 Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. 11 Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater um einen Fisch, und der gibt ihm statt des Fisches eine Schlange? 12 Oder gibt ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion? 13 Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten! Verwirrend menschlich hört sich das an. Wir tendieren gemeinhin eher zum unerschütterlichen Gott, dem allmächtigen und allwissenden, der weiß, was er tut. Wie sollte der sich durch meine Gebete von seiner Meinung oder Haltung abbringen lassen? Da bekommt das Gottesbild, das wir so haben, heftige Risse und bröckelt. Und wenn hier behauptet wird, Gott ließe sich am Ende von den menschlichen Bitten erweichen, einfach um Ruhe zu haben, klingt das banal. Und die 2

3 Erfahrung geht strikt auf Kollisiosnkurs. Wie oft wurde schon in dieser Welt um Frieden gebetet, und die Bomben fallen weiter auf die Städte! Wie oft hat nicht schon ein Sterbenskranker um Heilung gebettelt, und es passierte nichts. Dem Bittenden wurde nicht gegeben, der Suchende hat nichts gefunden und dem Klopfenden tat sich keine Tür auf. So sieht es doch in der Regel aus mit unseren Gebeten! Gott lässt sich durch das Klopfen der Menschheit nicht aus dem Schlaf holen. Die Verächter des Glaubens mutmaßen nicht ohne Recht: Gott schläft nicht nur, der ist schon längst tot. Oder es gab ihn nie. Glauben und Beten hat diese Welt nicht besser gemacht, spotten sie. Wir könnten nun die Bibel zuklappen und Gott einen guten Mann sein lassen. Manchmal bin ich kurz davor. Doch dann lässt es mich nicht los. Es ist besser, sich durch solche eigenartigen Bibelstellen herausfordern zu lassen. Sie führen uns oft auf Holzwege, Umwege und Sackgassen. Aber nur, wenn wir neugierig bleiben und keine Denkverbote in den Glauben einziehen, eröffnen sich am Ende neue Wege. Die lassen sich dann als Pilgerwege eines hellwachen Glaubens gehen. Eines Glaubens, der so lebendig ist, wie der Gott, an den er glaubt. Das ist ein Glaube, der nicht aufhört zu bitten, zu klopfen, zu suchen und zu drängeln. Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 10 Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. 3

4 Es wäre ein Engführung, dieses biblische Votum auf das Gebet zu reduzieren, auch wenn an diesem Sonntag Beten Thema ist. Erst wenn der ganze Glauben hier ins Spiel gebracht wird, geht die Rechnung auf. Wir werden geradezu aufgefordert zu bitten, zu suchen anzuklopfen. Drängelnde Glaubende sollen sich vor Gott hinstellen und keine Ruhe geben. Wir sollen uns nicht abfinden, wenn sich da nichts öffnet, wenn uns nicht gegeben wird und sich die Bitten nicht erfüllen. Gott ist nicht an unseren Gebeten interessiert. Denn er weiß doch längst, was wir im Herzen tragen. Er ist nicht an den Gebeten interessiert, aber daran, dass wir beten, drängeln, bitten, suchen und anklopfen. Beten macht nichts mit Gott. Beten macht etwas mit uns. Darum stiftet uns das Lukasevangelium hier an, nicht lockerzulassen. Wir richten uns auf ein umfassendes Gegenüber aus. Wir sind zum Reden befreit, zur Stille ermutigt und zum Jubeln, Danken, Klagen und Anklagen, zum Bitten und Betteln. Nur geht es nicht darum Gott in den Ohren zu liegen, sondern unsere Ohren für die Welt zu öffnen. Es geht nicht darum, Gott etwas ans Herz zu legen, sondern zu erkennen, dass seine Kraft schon in unserem Herzen ruht. Mein Klopfen soll nicht Gott wachrütteln, sondern mich selbst. Mein Drängeln soll nicht Gott bedrängen, sondern den Bedrängten der Welt eine Stimme geben. Im meinem Suchen soll ich erfahren, dass Gott mich schon lange gefunden hat. 4

5 Wenn wir nochmal genau hin lesen, wird am Ende der Zeilen, die Katze aus dem Sack gelassen, was uns gegeben wird, was uns eröffnet wird und was wir finden werden: den heiligen Geist! Diesen Mutmacher, Tröster, Erneuerer in der Kraft Gottes. Er will uns durchwehen und befeuern um unser komplexes Leben zu leben und diese Welt im Sinne unserer Gebete zu gestalten. Albert Schweitzer hat das, worum es gegen kann sehr schön auf den Punkt gebracht: Gebete ändern nicht die Welt. Aber die Gebete ändern Menschen und Menschen ändern die Welt. Amen 5