Untersuchung des Pfahltragverhaltens infolge zyklisch axialer Einwirkungen in einer Spannungszelle
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- Henriette Schmitt
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1 Untersuchung des Pfahltragverhaltens infolge zyklisch axialer Einwirkungen in einer Spannungszelle Sebastian Thomas, Hans-Georg Kempfert 1 Einleitung Zyklisch axiale Einwirkungen auf Pfahlgründungen liegen z. B. bei hohen Türmen, Schleusen, Offshore-Windenergieanlagen oder im Verkehrswegebau vor. Die zyklische Belastung kann bei diesen Bauwerken gegenüber statischer Belastung zu einem stark veränderten Pfahltragverhalten führen, das sich meist durch zwei Phänomene auszeichnet: Zum einen akkumuliert sich die plastische Verschiebung des Pfahls während der zyklischen Belastung und kann somit die Gebrauchstauglichkeit (GZ 2) der Pfahlgründung gefährden, zum anderen ändern sich i. d. R. die post-zyklische Steifigkeit und Pfahltragfähigkeit, womit auch der Nachweis der Tragfähigkeit (GZ 1) nachteilig beeinflusst sein kann. Das veränderte Pfahltragverhalten wirft daher in Wissenschaft und Praxis zahlreiche Fragen auf. Die vorliegenden nationalen Normen und Regelwerke enthalten jedoch nur wenige Hinweise zum Umgang mit zyklisch axialen Einwirkungen auf Pfahlgründungen und können die offenen Fragen nicht ausreichend beantworten. Dies ist insbesondere darin begründet, dass zum zyklischen Pfahltragverhalten derzeit erhebliche Kenntnislücken bestehen, insbesondere hinsichtlich der maßgebenden Einflussfaktoren. Zudem liegen bodenmechanische Erklärungen für die veränderte Pfahl-Boden-Wechselwirkung bisher nur ansatzweise vor. Im Rahmen eines DFG-Forschungsprojekts soll daher der Kenntnisstand zur Thematik durch eine systematische Untersuchung des zyklisch axialen Pfahltragverhaltens erweitert werden. Dabei gilt es auch, bodenmechanische Vorgänge zu identifizieren, um so ein Konzept für praxisgerechte Standsicherheitsnachweise zu entwickeln. Dazu wurden schwerpunktmäßig drei experimentelle Versuchsprogramme durchgeführt. Von den ersten beiden Versuchsprogrammen zum zyklischen Pfahltrag- und Bodenverhalten berichten [KEMPFERT/THOMAS, 21] bzw. [KEMPFERT et al., 21].
2 Im Rahmen des dritten Versuchsprogramms wurde eigens eine Pfahlelement- Triaxialanlage entwickelt, die nachfolgend als Spannungszelle bezeichnet wird. Dieser Beitrag stellt die Spannungszelle vor und diskutiert die Versuchsergebnisse. 2 Beschreibung der Versuchsanlage Die Versuchsanlage wurde in Anlehnung an eine herkömmliche Triaxialanlage konstruiert. 1 Die wesentlichen Komponenten der Anlage sind die Spannungszelle einschließlich einer Unterkonstruktion auf Schienen, die Druckluftanlage, die hydraulische Presse sowie die Regelungs- und Messtechnik. In der Mittelachse der Spannungszelle (Abb.1) befindet sich ein Pfahlelement mit einem Durchmesser von 5 cm, das vom Boden umgeben ist. Eine Gummimembran mit einem Durchmesser von 5 cm umfasst in radialer Richtung die Bodenprobe. Zwischen Membran und Zylinderwandung der Spannungszelle befindet sich Zellwasser, das über eine Luftdruckanlage mit bis zu 5 bar Luftdruck belastet werden kann und so einen Seitendruck σ auf die Bodenprobe erzeugt. In axialer Richtung wird der Boden von einer Kopf- und Fußplatte begrenzt. Das Pfahlelement ist über eine Länge von 8-1 cm vom Boden umgeben. Unter dem Pfahl befindet sich ein Hohlraum, so dass kein Spitzendruck mobilisiert werden kann. Der Boden kann über die Kopfplatte axial belastet werden, sodass auch anisotrope Spannungszustände im Boden möglich sind. Im Rahmen der hier vorgestellten Versuche wurde die Bodenprobe isotrop mit einem Seitendruck σ 1 = σ beansprucht. Am Pfahlkopf wird das Pfahlelement in axialer Richtung über eine hydraulische Presse auf Druck und Zug statisch und zyklisch belastet. Das aus mehreren verschraubten Stahlrohrstücken bestehende Pfahlelement ist mit vier Messquerschnitten instrumentiert. Ein Messquerschnitt besteht aus einem Vierkantstahl, auf dessen Oberfläche ein Dehnungsmessstreifen (DMS) appliziert ist (Abb. 2). Dadurch kann der Kraftverlauf über die Pfahllänge an mehreren Punkten gemessen werden, so dass auch die mittlere Mantelreibung zwischen zwei Messquerschnitten berechnet werden kann. 1 Ausführliche Beschreibung der Versuchsanlage in [THOMAS, 211]
3 Abbildung 1: Schematische Darstellung und Ansicht der Spannungszelle Die Belastung des Pfahlelements erfolgte über eine hydraulische Presse der Firma MFL. Das Hydraulikaggregat wurde über einen Servoregler der Firma MTS betrieben, der die Signalaufbereitung von Weg- und Kraftaufnehmern, die Erzeugung der Sollwertfunktion und die Hydrauliksteuerung übernahm. Der Arbeitszylinder der Presse konnte Druck- und Zugkräfte bis etwa 5 kn aufbringen. Die Verschiebung des Pfahls wurde über einen linear variablen Differential-Transformator (LVDT) gemessen, der sich am Arbeitskolben der Presse befand. Die Messsignale konnten mit dem Messsystem SPIDER8 der Firma HBM über die Software Catman Express V4.2 erfasst werden. Neben den Pfahlkräften wurden in den Versuchen auch Erddruckspannungen und Porenwasserdrücke gemessen. Zur Aufzeichnung der Erddruckspannungen in radialer, tangentialer und vertikaler Richtung dienten dynamische Erddruckgeber der Firma TML. Porenwasserdrucksensoren der Firma Bourdon-Haenni ermöglichten die Messung des Porenwasserdrucks.
4 a) b) c) d) MQ E MQ D MQ C MQ B DMS (beidseitig) Messquerschnitt A (MQ A) MQ A Abbildung 2: Aufbau des Pfahlelements Einbau, Programm und Durchführung der Versuche Das gesamte Versuchsprogramm bestand aus 9 statischen und 27 zyklischen Versuchen. In einer Parameterstudie wurden folgende Einflussfaktoren variiert: Belastungsart (Druckversuch, Zugversuch, Schwelllast, Wechsellast), Mittleres und zyklisches Lastniveau X mitt bzw. X zyk (Abschnitt 4.2), Belastungsfrequenz f, Bodenart (nichtbindig, gemischtkörnig, bindig), Spannungsniveau σ (isotrop σ 1 = σ ), Sättigungsgrad S R, Lagerungsdichte D. Bei den einzelnen Versuchen musste sichergestellt werden, dass der Boden möglichst homogen eingebaut werden kann und sich die gewünschten Randbedingungen von Versuch zu Versuch reproduzieren lassen. Dazu wurden vorab verschiedene Einbautechniken gestestet. 2 Alle Bodenarten wurden lagenweise, aber mit verschiedenen Methoden eingebaut. Der nichtbindige Boden wurde jeweils in Segmenten von 4 kg mit einem flächigen Sandregen eingerieselt. Der gemischtkörnige Boden wurde zu haselnussgroßen Stücken aufbereitet und anschließend mit einem Proctorhammer verdichtet (Abb. a). Der bindige Boden 2 Weitere Hinweise dazu in [THOMAS, 211]
5 wurde zunächst homogenisiert, indem er zu etwa 1 cm langen Röllchen mit einem Durchmesser von 5 mm durch eine hydraulische Auspressvorrichtung gepresst wurde. Der Einbau des Tons erfolgte dann ebenfalls durch Verdichtung mit einem Proctorhammer (Abb. b). Die Körnungsbänder und bodenmechanischen Kenngrößen der verwendeten Bodenarten enthalten Abb. 4 bzw. Tab. 1. a) b) Abbildung : Lagenweiser Einbau des Geschiebemergels (a) und des Tons (b) mit einem Proctorhammer Massenanteile der Körner < d [% der Gesamtmenge] Feinstes Ton Schluffkorn Sandkorn Kieskorn Fein- Mittel- Grob- Fein- Mittel- Grob- Fein- Mittel- Grob- Geschiebemergel Sand Korndurchmesser d [mm] Abbildung 4: Körnungsbänder der verwendeten Bodenarten Steine
6 Tabelle 1: Übersicht über Bodenkennwerte der verwendeten Bodenarten Kenngröße Formelzeichen und Einheit Kennwert Sand Mergel Ton DIN SE ST* TA Korndurchmesser d 5 [mm],4,,5 Reibungswinkel ϕ [ ] Kohäsion c [kn/m 2 ] 7 2 Plastizitätszahl I P [%] - 2 Konsistenzzahl I c [-] - 1,15 1,4 Das statische Versuchsprogramm bestand aus sechs Druck- und drei Zugversuchen (Tab. 2). Die Belastung des Pfahlelements erfolgte in Anlehnung an [EA-PFÄHLE, 27] in mehreren Laststufen bis zum Versagen des Pfahlelements, wobei jedoch keine Entlastung durchgeführt wurde. Die nächste Laststufe wurde aufgebracht, sobald die Verschiebung des Pfahlelements auf etwa,1 mm/min abgesunken war. Die Belastungsgeschwindigkeit betrug bei allen statischen Versuchen,5 kn/min. Das zyklische Versuchsprogramm umfasste 27 zyklische Versuche, von denen 12 exemplarisch vorgestellt werden (Tab. ). Die Belastung des Pfahlelements erfolgte als harmonische, sinusförmige Belastung bei Frequenzen zwischen,1 bis 2, Hz. Die Belastungsgeschwindigkeit betrug bei allen post-zyklischen Pfahlprobebelastungen,5 kn/min. Tabelle 2: Übersicht über Randbedingungen der statischen Modellversuche Versuch Belastungsart Bodenart σ [kn/m 2 ] D [-] PET1 Druckversuch nichtbindig 1,6 PET2 Druckversuch nichtbindig 1,8 PET Druckversuch nichtbindig 5,6 PET4 *) Druckversuch nichtbindig 1,6 PET5 Druckversuch bindig 1 - PET6 Druckversuch gemischtkörnig 1 - PET7 Zugversuch nichtbindig 1,6 PET8 Zugversuch nichtbindig 5,6 PET9 Zugversuch nichtbindig 5,8 *) S R = 1 %, sonst S R = %
7 Tabelle : Übersicht über Randbedingungen ausgewählter zyklischer Modellversuche Versuch Belastungsart F mitt *) [kn] F zyk *) [kn] X mitt *) [-] X zyk *) [-] f [Hz] σ [kn/m 2 ] PET11 DS *),8,,18,14 1, 1 PET12 DS 5,7,8,27,18 1, 1 PET1 DS 7, 4,,,19 1, 1 PET14 DS,4 1,6,,15 1, 1 PET16 DS 1,4 1,4,15,15 1, 1 PET21 WL *) 1,9,15 1, 5 PET22 WL, 2,,2,18 1, 5 PET26 WL 1,,11 1, 1 PET28 DS 4,5 1,,,2 1, 1 PET29 DS,5 1,2,2,26 1, 1 PET1 WL,9 1,8,1,26 1, 1 PET5 WL 2,,2 1, 1 *) Erläuterung siehe 4.2, DS: Druckschwelllast, WL: Wechsellast 4 Versuchsergebnisse 4.1 Allgemeines Nachfolgend werden ausgewählte Ergebnisse und die wesentlichen Erkenntnisse aus den Versuchen in der Spannungszelle vorgestellt. Da es in Normen oder der Literatur keine Konvention über die Benennung einzelner Parameter im Zusammenhang mit zyklisch axial belasteten Pfählen gibt, werden zunächst häufig verwendete Begriffe erläutert. 4.2 Begriffe Bei den Einwirkungen auf einen zyklisch axial belasteten Pfahl werden gemäß DIN 154:21-12 ständige Einwirkungen F G und übliche repräsentative, veränderliche Einwirkungen F Q,rep unterschieden. Dabei können die veränderlichen Einwirkungen um den Begriff der zyklischen Einwirkungen ergänzt werden, die durch die zyklische Lastamplitude F zyk beschrieben werden. Die Summe aus ständigen und üblichen reprä- Alle Ergebnisse des Versuchsprogramms in [THOMAS, 211]
8 sentativen, veränderlichen Einwirkungen wird als mittlere Einwirkung F mitt bezeichnet. Das zyklische und mittlere Lastniveau X zyk bzw. X mitt ergeben sich, indem die zyklische Lastamplitude bzw. mittlere Einwirkung durch den Pfahlwiderstand im Grenzzustand der Tragfähigkeit R ult geteilt werden. Je nach Größe des zyklischen und mittleren Lastniveaus werden Schwelllasten und Wechsellasten differenziert. Bei Schwellasten wirken am Pfahlkopf entweder Druck- oder Zugkräfte, bei Wechsellasten wirken Druck- und Zugkräfte. Bei ständigen und üblichen veränderlichen Einwirkungen entsteht eine mittlere Verschiebung s mitt des Pfahls. Infolge einer zyklischen Einwirkung erfährt der Pfahl mit steigender Anzahl der Lastzyklen N eine zyklische Verschiebung s zyk. Die plastische Verschiebung s pl ist die Summe aus mittlerer und zyklischer Verschiebung. 4. Statisches Tragverhalten Die statischen Versuche wurden durchgeführt, um Unterschiede zum zyklischen und postzyklischen Tragverhalten identifizieren zu können sowie die Grenztragfähigkeit R ult und die Grenzsetzung s ult zu bestimmen. Sofern folgende Ungleichung erfüllt ist, gilt ein zyklischer Versuch als versagt: s pl (zyklisch) > s ult (statisch) (1) Die Erkenntnisse aus den statischen Versuchen werden wie folgt zusammengefasst (Abb. 5; Tab. 2): Eine Erhöhung des Spannungsniveaus bewirkt in Druck- und Zugversuchen erwartungsgemäß eine Erhöhung der mobilisierbaren Mantelreibung. In Zugversuchen wird im Vergleich zu Druckversuchen unter sonst gleichen Randbedingungen eine geringere Mantelreibung im Bruchzustand mobilisiert. Eine sehr dichte Lagerung des Bodens führt erwartungsgemäß zu einer größeren Mantelreibung im Bruchzustand als ein dicht gelagerter Boden. Im gesättigten Versuch beträgt die im Bruchzustand mobilisierte Mantelreibung nur 4% der Mantelreibung in trockenem Sand. Im nichtbindigen Boden wird die größte, im bindigen Boden die geringste Mantelreibung mobilisiert. Im gemischtkörnigen Boden wurden geringere Werte als im Sand, aber größere als im Ton gemessen.
9 a) R s [kn] b) R s [kn] PET7 PET8 PET PET1 PET5 PET6 s [mm] PET1 PET2 PET PET4 s [mm] Ton Geschiebemergel Sand q s [kn/m 2 ] q s [kn/m 2 ] Abbildung 5: Mantelwiderstands-Setzungs-Linien und Mantelwiderstands-Hebungs-Linien statischer Druck- und Zugversuche im nichtbindigen Boden (a) und Mantelwiderstands- Setzungs-Linien statischer Druckversuche in verschiedenen Bodenarten (b) 4.4 Einfluss der Belastungsparameter Um den Einfluss der Belastungsparameter ermitteln zu können, wurden Versuche unter Schwell- und Wechsellasten bei verschiedenen mittleren und zyklischen Lastniveaus mit Frequenzen zwischen,1 und 2, Hz durchgeführt. Das Verschiebungsverhalten eines Pfahlelements unter zyklischer Belastung zeichnet sich durch die Akkumulation der plastischen Verschiebung mit zunehmender Anzahl der Lastzyklen aus. Abb. 6a zeigt das Verschiebungsverhalten der Versuche PET14 und PET21, die unter Druckschwell- bzw. Wechsellasten ausgeführt wurden. Im Versuch unter Druckschwelllasten akkumuliert sich die plastische Verschiebung in den ersten Lastzyklen stärker als unter Wechsellasten. Die Verschiebungsrate nimmt ab und kann in doppelt-logarithmischer Darstellung sehr gut über die Anzahl der Lastzyklen durch eine Gerade korreliert werden (Abb. 6b). Im Versuch unter Wechsellasten bleibt die plastische Verschiebung hingegen während der ersten 1 Lastzyklen annähernd Null. Die Verschiebungsrate nimmt ab und kann etwa bis zum 1. Lastzyklus gut mit der Anzahl der Lastzyklen korreliert werden
10 (Abb. 6b). Danach kommt es jedoch zur Zunahme der Verschiebungsrate, wodurch die zyklischen Verschiebungen progressiv größer werden und zum Versagen des Pfahlelements führen. Qualitativ wurde dieses grundlegend unterschiedliche Verschiebungsverhalten in allen Versuchen unter Schwell- und Wechsellasten beobachtet. Ein ähnliches Verschiebungsverhalten zeigten auch Versuche an Mikropfählen von [SCHWARZ, 22]. Das zyklische Lastniveau war in den o. g. Versuchen PET14 und PET21 gleich groß. Bei weiteren Versuchen, bei denen das zyklische und mittlere Lastniveau variiert wurde, konnte folgendes festgestellt werden: Bei Versuchen unterhalb eines zyklischen Lastniveaus von,15 versagte das Pfahlelement nie. Bei Versuchen unter Schwelllasten ist die Anzahl der Lastzyklen beim Versagen des Pfahlelements vom mittleren und zyklischen Lastniveau abhängig. Ein größeres zyklisches Lastniveau wirkt ungünstig, d. h. die Anzahl der Lastzyklen beim Versagen ist kleiner. Ein größeres mittleres Lastniveau kann hingegen günstig wirken, d. h. die Anzahl der Lastzyklen beim Versagen ist größer. Bei Versuchen unter symmetrischen Wechsellasten versagt das Pfahlelement nach weniger Lastzyklen, wenn das zyklische Lastniveau größer ist. a) s pl [mm] Wechsellast X mitt = X zyk =,15 1 Schwelllast 2 X mitt =, X zyk =, N [-] PET14 PET21 b) s pl [mm/n] spl =,84N-,755.. s pl =,15N -1,15 R 2 =,81 R 2 =,94 PET21 PET N [-] Abbildung 6: Typisches Verschiebungsverhalten in Versuchen unter Druckschwell- und Wechsellasten, a) plastische Verschiebung, b) plastische Verschiebungsrate
11 Der Einfluss der Belastungsfrequenz zwischen,1 und 2, Hz auf das Pfahltragverhalten wurde in mehreren Versuchen unter Schwell- und Wechsellasten untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Variation der Belastungsfrequenz keinen signifikanten Einfluss auf das Verschiebungsverhalten des Pfahlelements hat. 4 Neben den zuvor beschriebenen Auswirkungen auf das Verschiebungsverhalten wird auch die post-zyklische Tragfähigkeit von diesen Parametern beeinflusst (Abschnitt 4.8). 4.5 Einfluss der Bodenparameter Um den Einfluss der Bodenparameter auf das Tragverhalten zu identifizieren, wurden Versuche in nichtbindigem, bindigem und gemischtkörnigem Boden bei verschiedenen Lagerungsdichten bzw. Plastizitätszahlen unter Variation der Belastungsparameter durchgeführt. Das Verschiebungsverhalten des Pfahlelements bei Versuchen in verschiedenen Bodenarten, die bei annähernd gleichen mittleren und zyklischen Lastniveaus unter ebenfalls gleichen Spannungsniveaus durchgeführt wurden, weicht stark voneinander ab (Abb. 7). Der Einfluss der Bodenart auf das Pfahlelement kann wie folgt zusammengefasst werden: Die plastische Verschiebung ist bei gleichen Lastniveaus im Ton geringer als im Geschiebemergel und dort wiederum geringer als im Sand, wie sowohl in Versuchen unter Schwell- als auch Wechsellasten beobachtet wurde. Im Ton und Geschiebemergel können im Vergleich zu Versuchen im Sand erheblich größere Lastniveaus aufgebracht werden, bevor das Pfahlelement versagt. Unter zyklischen Schwell- und Wechsellasten verhält sich das Pfahlelement grundsätzlich entgegengesetzt zu Versuchen unter statischer Belastung (Abschnitt 4.), bei denen das Tragverhalten im nichtbindigen Boden am Besten war. Die Literaturauswertung in [KEMPFERT, 29] von zyklisch belasteten Pfählen unter Schwell- und Wechsellasten zeigt ebenfalls ein günstigeres zyklisches Tragverhalten von Pfählen in bindigen Böden im Vergleich zu nichtbindigen Böden. 4 Versuchsergebnisse in [THOMAS, 211]
12 a) s pl [mm] Sand X mitt =, X zyk =,19 Geschiebemergel X mitt =, X zyk =,2 5 PET28 PET N [-] Ton X mitt =,2 X zyk =,26 PET1 b) s pl [mm] Sand X mitt =,2 X zyk =,18 PET22 Ton 2 PET28 X mitt =,1 PET4 X zyk =, N [-] Geschiebemergel X mitt = X zyk =,2 Abbildung 7: Verschiebungsverhalten des Pfahlelements bei Versuchen in verschiedenen Bodenarten unter Druckschwelllasten (a) und Wechsellasten (b) 4.6 Akkumulation von Porenwasserüberdrücken Da Pfähle i. d. R. ins Grundwasser einbinden, wurde der Einfluss des Sättigungsgrads in Versuchen unter Schwell- und Wechsellasten untersucht. Dabei wurde zusätzlich der Porenwasserdruck mit Hilfe von Porenwasserdrucksensoren, die in einem Abstand von etwa 1 cm zum Pfahlmantel platziert waren, während der zyklischen Belastung gemessen. Alle gesättigten Versuche liefen unter undränierten Bedingungen bei einem Spannungsniveau von 1 kn/m 2. Der gesättigte Versuch PET16 wurde unter Schwelllasten mit einem mittleren und zyklischen Lastniveau von,15 durchgeführt und versagte nach 1.8 Lastzyklen. Bei Versuch PET11 in trockenem Sand bei annähernd gleichen Lastniveaus betrug die zyklische Verschiebung nach 1. Lastzyklen etwa,1 mm, d. h. in gesättigtem Sand ist das Verschiebungsverhalten erheblich ungünstiger. Während der zyklischen Belastung des Pfahlelements akkumulierte sich mit steigender Anzahl der Lastzyklen ein Porenwasserüberdruck, der beim Versagen des Pfahlelements etwa 1 kn/m 2 betrug (Abb. 8a). Dabei ist eine Analogie zwischen der Entwicklung des Porenwasserüberdrucks und der plastischen Verschiebung zu erkennen.
13 Der Versuch PET26 wurde im gesättigten Sand unter symmetrischer Wechsellast mit einem zyklischen Lastniveau von,11 durchgeführt und versagte nach etwa 7.4 Lastzyklen. Hingegen kam es bei Versuch PET2 im trockenen Sand, der zudem bei einem höheren zyklischen Lastniveau von,15 durchgeführt wurde, nach 1. Lastzyklen noch nicht zum Versagen. Demnach verhielt sich auch unter Wechsellasten das Pfahlelement im gesättigten Sand ungünstiger als im trockenen Sand. Der Porenwasserüberdruck beim Versagen des Pfahlelements ist unter Wechsellasten etwa fach größer als unter Schwelllasten (Abb. 8b). Ursache für das ungünstige Verhalten im gesättigten Boden ist die Akkumulation des Porenwasserüberdrucks. Im gesättigten Boden setzen sich die totalen Spannungen σ aus den effektiven Spannungen σ ' und den neutralen Spannungen u zusammen. Aufgrund der vorliegenden undränierten Verhältnisse wird die Belastung des Bodens am Pfahlmantel zunächst vom Porenwasser aufgenommen, so dass Porenwasserüberdruck u entsteht, der sich infolge der andauernden zyklischen Belastung akkumuliert. Da sich die totalen Spannungen nicht ändern, verursacht die Zunahme des Porenwasserüberdrucks eine Abnahme der effektiven Spannungen, die wiederum zur Abnahme der Scherfestigkeit des Bodens und damit zur Zunahme der plastischen Verschiebung des Pfahlelements führt. Unter Wechsellasten können große Porenwasserüberdrücke sogar zur Verflüssigung des Bodens im Pfahlnahbereich führen. a) u [kn/m 2 ] u [kn/m 2 ] N [-] s pl (rechte Achse) PWD (linke Achse) PET s pl [mm] b) u [kn/m 2 ] u [kn/m 2 ] s pl (rechte Achse) PWD (linke Achse) N [-] PET s pl [mm] N [-] N [-] Abbildung 8: Porenwasserüberdruck (linke Achse) und plastische Verschiebung (rechte Achse) in einem gesättigten Versuch unter Schwelllasten (a) und Wechsellasten (b)
14 Das ungünstige Pfahltragverhalten im gesättigten Boden bestätigen auch die Versuche von [SCHWARZ, 22], bei denen Mikropfähle unter Wechsellasten innerhalb weniger Lastzyklen versagten, nachdem sie zuvor in trockenem Boden über 2. Lastzyklen belastet wurden und dabei nur geringe plastische Verschiebungen aufwiesen. 4.7 Entwicklung von Erddruckspannungen Mittels Erddrucksensoren wurden in einigen Versuchen die radialen, tangentialen und vertikalen Spannungen im Boden gemessen. Die Sensoren waren jeweils im Abstand von etwa -5 cm vom Pfahlelement in verschiedenen Höhenlagen entlang des Pfahlmantels eingebaut. Im bindigen Boden wurde von den Erddruckgebern weder bei Versuchen unter Schwell- noch Wechsellasten eine Änderung der Spannungen im Boden infolge der zyklischen Belastung gemessen. Auch nach einer Reduzierung des Abstands zum Pfahlelement auf cm wurde keine Spannungsänderung registriert. Die nachfolgend beschriebenen Ergebnisse resultieren daher aus Versuchen im nichtbindigen und gemischtkörnigen Boden. Das prinzipiell unterschiedliche Verschiebungsverhalten unter Schwell- und Wechsellasten (Abschnitt 4.4) lässt sich anhand der Spannungsmessungen wie folgt erklären. Unter Druck- und Zugschwelllasten nehmen die Radialspannungen σ ' r auf den Pfahlmantel zu (Abb. 9a). Die Scherspannung an der Pfahl-Boden-Schnittstelle wird daher größer, weshalb die Verschiebungsrate, d. h. der Zuwachs an plastischer Verschiebung, kleiner wird. Die im Vergleich zum Ausgangsspannungszustand erhöhten Radialspannungen bewirken in einer post-zyklischen Pfahlprobebelastung ein steiferes Tragverhalten und eine um R zyk vergrößerte Tragfähigkeit (Abschnitt 4.8; Abb. 11). Andererseits wurde aber auch bei einigen Versuchen unter Schwelllasten, insbesondere bei Versuchen mit großen zyklischen Verschiebungen, eine Abnahme der Tragfähigkeit festgestellt, obwohl die Radialspannungen zugenommen haben. Unter Wechsellasten nehmen die Radialspannungen hingegen auf den Pfahlmantel ab (Abb. 9b). Dies resultiert aus der in [KEMPFERT et al., 21] beschriebenen zyklischen Verdichtung im Pfahlnahbereich. Vergleichbar mit der Gewölbebildung beim so genannten Falltüreffekt bildet sich ein Tangentialspannungsring um den Pfahl, der die Radialspannungen σ ' ri auf den Pfahlmantel abschirmt (Abb. 1). Die Radialspannungen im Inneren
15 des Tangentialspannungsrings nehmen ebenso wie die Vertikalspannungen ab, während die Radialspannungen σ ' ra von außen auf den Ring annähernd konstant bleiben. Durch den Abfall der Radialspannungen sinkt die Scherfestigkeit des Bodens im Inneren des Spannungsrings, wodurch die Verschiebungen des Pfahls größer werden können und zum Versagen des Pfahls führen. Die Phänomene des Anstiegs von Tangentialspannungen und des Abfalls von Radialspannungen hat z. B. auch [KÖNIG, 28] bei numerischen Untersuchungen festgestellt, in denen der zyklische Eindringvorgang eines Verdrängungspfahls modelliert wurde. a) 2 PET1 σ' r -6-4 b) 6 4 PET24 σ' t σ' [kn/m 2 ] 1-1 σ' t wurde nicht gemessen σ' v -2 2 s pl [mm] σ' [kn/m 2 ] 2-2 s pl σ' v -4 4 s pl [mm] -2 4 σ s pl = 1 kn/m N [-] σ' r -4 8 σ = 1 kn/m N [-] Abbildung 9: Entwicklung der radialen, tangentialen und vertikalen Erddruckspannungen σ ' r, ' t σ bzw. σ ' v in Versuchen unter Druckschwelllasten (a) und Wechsellasten (b) Pfahl σ' ra Tangententialspannungsring σ' t σ' ri σ' ri < σ' ra σ' t Tangententialspannung σ' ri innere Radialspannung σ' ra äußere Radialspannung Abbildung 1: Ausbildung eines Tangentialspannungsrings um den Pfahlmantel
16 Die in Abb. 9 exemplarisch dargestellte Spannungsentwicklung wurde derart qualitativ bei allen Versuchen unter Schwell- und Wechsellasten beobachtet (Tab. 4). Demnach sind im Vergleich zu einem statisch belasteten Pfahl (Tab. 5) gegenläufige Entwicklungen zu beobachten, die folglich eine Ursache für das veränderte Tragverhalten sind. Tabelle 4: Qualitative Entwicklung der Spannungen bei Messungen in Pfahlmitte mit zunehmenden Lastzyklen unter zyklischer Belastung im nichtbindigen und gemischtkörnigen Boden Belastungsart Radialspannung Tangentialspannung Vertikalspannung Druckschwelllast Zugschwelllast Wechsellast Spannungen werden mit steigenden Lastzyklen größer ( ) oder kleiner ( ) Tabelle 5: Qualitative Entwicklung der Spannungen bei Messungen in Pfahlmitte mit zunehmender Verschiebung unter statischer Belastung im nichtbindigen und gemischtkörnigen Boden Belastungsart Radialspannung Tangentialspannung Vertikalspannung Druckversuch Zugversuch Spannungen werden mit steigender Verschiebung größer ( ) oder kleiner ( ) 4.8 Post-zyklische Pfahltragfähigkeit Um die Auswirkung der zyklischen Belastung auf das statische Tragverhalten zu bestimmen, wurden mehrere Versuche post-zyklisch probebelastet. Abb. 11 zeigt exemplarisch das Ergebnis einer post-zyklischen Druckbelastung von Versuch PET12 unter Druckschwelllasten. Der Versuch wurde nach 2.75 Lastzyklen und einer plastischen Verschiebung von 2,9 mm beendet und anschließend probebelastet. Im Vergleich zum statischen Versuch PET1, der unter gleichen Randbedingungen durchgeführt wurde, zeigt Versuch PET12 post-zyklisch ein steiferes Last-Setzungs-Verhalten und eine um,5 kn höhere Bruchmantelreibung.
17 R s [kn] s [mm] Zyklik PET1 PET12 statisch post-zyklisch 7 8 R zyk = -,5 kn R zyk q s [kn/m 2 ] Abbildung 11: Mantelwiderstands-Setzungs-Linien eines statischen Versuchs und eines post-zyklisch probebelasteten Versuchs unter Druckschwelllasten Prinzipiell wurde bei Versuchen unter Schwelllasten abhängig von der Größe des zyklischen Lastniveaus sowohl eine Zu- als auch Abnahme der post-zyklischen Tragfähigkeit festgestellt. Bei kleinen zyklischen Lastniveaus verhielt sich das Pfahlelement steifer und hatte eine höhere post-zyklische Tragfähigkeit. Bei größeren zyklischen Lastniveaus unter Schwelllasten nahm die post-zyklische Tragfähigkeit i. d. R. ab. Bei Versuchen unter Wechsellasten wurden stets ein weicheres Tragverhalten und eine Abnahme der postzyklischen Tragfähigkeit festgestellt, die im Vergleich zu Versuchen unter Schwelllasten mit großen zyklischen Lastniveaus erheblich stärker ausgeprägt war. 6 Zusammenfassung Unter statischer Belastung ist das Tragverhalten eines Pfahls bekanntermaßen von einer Vielzahl an Einflussfaktoren abhängig, wie z. B. den Bodenparametern und dem Pfahlsystem. In diesem Beitrag wurde gezeigt, dass unter zyklisch axialer Belastung die Bodenart, der Sättigungsgrad, der zur Akkumulation von Porenwasserüberdruck unter zyklischer Belastung führen kann, und insbesondere auch die Belastungsparameter maßgebenden Einfluss auf das Tragverhalten eines Pfahlelements haben. Bei den Versuchen wurde weiterhin festgestellt, dass sich das Tragverhalten unter Schwell- und Wechsellasten grundlegend voneinander unterscheidet. Kennzeichnende Unterschiede unter Wechsellas-
18 ten sind das ungünstigere Verschiebungsverhalten, insbesondere die plötzliche Änderung der Verschiebungsrate während der zyklischen Belastung, und die geringere postzyklische Tragfähigkeit. Auf Grundlage von Erddruckmessungen im Pfahlnahbereich wurden Hypothesen zum veränderten Tragverhalten unter zyklisch axialen Belastungen aufgestellt. Danksagung Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die finanzielle Unterstützung. Literatur EA-Pfähle; Empfehlungen des Arbeitskreises Pfähle EA Pfähle; Hrsg.: Arbeitskreis Pfähle der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.v.; Ernst & Sohn, Berlin, 1. Auflage, 27 H.-G. Kempfert; Pfahlgründungen; Grundbau-Taschenbuch - Teil : Gründungen und geotechnische Bauwerke; Ernst & Sohn, Berlin, 7. Auflage, 29 H.-G. Kempfert; S. Thomas; Pfahltragverhalten infolge zyklisch axialer Belastung - Versuchsergebnisse und Modellbildung; Tagungsband zur Baugrundtagung 21; München, S , 21 H.-G. Kempfert; S. Thomas; B. Gebreselassie; Observation of Pile-Soil-Interaction during Cyclic Axial Loading using Particle Image Velocimetry; Proceedings of GeoShanghai 21 International Conference; GSP 25, Shanghai, pp , 21 F. König; Zur zeitlichen Traglastentwicklung von Pfählen und der nachträglichen Erweiterung bestehender Pfahlgründungen; Technische Universität Hamburg-Harburg; Dissertation, 28 P. Schwarz; Beitrag zum Tragverhalten von Verpresspfählen mit kleinem Durchmesser unter axialer zyklischer Belastung; Technische Universität München; Dissertation, 22 S. Thomas; Zum Tragverhalten zyklisch axial belasteter Pfähle (Arbeitstitel); Universität Kassel; Dissertation, 211 (in Vorbereitung)
19 Autoren Dipl.-Ing. S. Thomas Univ.-Prof. (em.) Dr.-Ing. H.-G. Kempfert sebastian.thomas@uni-kassel.de kempfert@kup-geotechnik.de Institut für Geotechnik und Geohydraulik Universität Kassel Mönchebergstr. 7, 4125 Kassel Tel.:
20
21 Quelle: Thomas, S. / Kempfert, H.-G.: Untersuchung des Pfahltragverhaltens infolge zyklisch axialer Einwirkungen in einer Spannungszelle. In: Pfahl-Symposium 211, Mitteilung des Instituts für Grundbau und Bodenmechanik, Technische Universität Braunschweig, 211, Heft 94, S
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