Rundbrief Dezember 2017

Transkript

1 Rundbrief Dezember 2017 Ereignisse der letzten Monate In dem Vierteljahr seit meinem letzten Rundbrief hat sich so viel im Projekt getan, dass ich hier nur ein paar wenige Ereignisse herausgreifen kann. Die 35 neuen Erstklässler in unserem Nachmittagsprogramm haben gut angefangen und spielen bereits auf den "echten Instrumenten". Am 21. September durfte unser Al-Majdal Orchester am Eröffnungsabend des Bet Lahem Live Festival auftreten, was ein besonderer Höhepunkt war. Und im Oktober gab es einen Zeichenworkshop. Eröffnung des Bet Lahem Live Festivals Jedes Jahr findet in Bethlehem ein Open Air Festival statt. Während vier Tagen gibt es auf verschiedenen Bühnen in der Stadt vielfältige Auftritte. Dieses Jahr durfte unser Al-Majdal Orchester bei der Eröffnungsfeier auf der grossen Bühne auftreten. Dazu wurde natürlich zunächst am Nachmittag auf der Bühne eine Probe durchgeführt. Im Folgenden können Sie mehr über diese Ereignisse lesen und im Anhang zu diesem Rundbrief finden Sie auch einen Besuchsbericht, der einen Einblick in die tägliche Arbeit von Sounds of Palestine bietet. Neue Erstklässler Auch in diesem Jahr bastelten die Erstklässler zunächst einmal ihre Instrumente selbst. Nachdem sie einige Wochen damit gesungen und gespielt hatten und auch gelernt hatten, wie sie sie halten und behandeln sollen, bekamen sie die "richtigen" Instrumente. Damit konnten sie dann beginnen, Musik zu machen. Und am Abend fand dann der Auftritt vor rund 750 Zuhörern statt. Einmal in der Woche zeigen sie den Kindern der anderen Instrumentengruppen, was sie gelernt haben. Dabei erleben die Kinder von Anfang an, wie es ist, vor "Publikum" zu spielen und natürlich verbeugen sie sich am Ende ihres Auftritts auch vor den Zuhörern. Bei Freiluft-Auftritten ist die Akustik immer eine ganz besondere Herausforderung. Für die verschiedenen Instrumenten-Gruppen ist es dabei wesentlich schwieriger, sich gegenseitig zu hören, als bei einem Konzert im geschlossenen Raum. Aber auch diese Situation haben die Kinder sehr erfolgreich gemeistert und das Publikum hat sich mit viel Applaus bedankt.

2 Zeichenworkshop Im Oktober bot uns ein lokaler Künstler an, mit unseren Kindern einen Zeichenworkshop durchzuführen. Das war für uns ein schönes Angebot, das wir gerne annahmen. So kamen die Kinder an einem zusätzlichen Tag zu uns und konnten mit Herrn Ibrahim einen Nachmittag lang gemeinsam kreativ experimentieren. Dabei haben sie unter anderem die Anfangsbuchstaben ihrer Namen künstlerisch gestaltet. Den Kindern hat der Nachmittag viel Freude bereitet und sie konnten wieder einmal neue Erfahrungen machen, die ihre Kreativität anregten. Alltag im Projekt Neben den besonderen Ereignissen gibt es natürlich auch den ganz normalen Alltag im Programm. Das ist sehr wichtig, da gerade diese "Normalität" den 140 Erst- bis Fünftklässlern im Nachmittagsprogramm die Stabilität und Sicherheit gibt, die sie für ihren oft sehr instabilen und schwierigen Alltag brauchen. Einen kleinen Einblick in diesen Alltag erhalten Sie am Ende dieses Rundbriefs. Frau Ulla Philipps-Heck singt in Freiburg (D) im Omkara- Chor, der bereits seit 2012 regelmässig Benefizkonzerte für unser Projekt veranstaltet. Sie besuchte Sounds of Palestine bereits das zweite Mal und hielt ihre Eindrücke wieder in einem Besuchsbericht fest, den sie uns freundlicherweise zur Verfügung stellte. Viel Spass beim Lesen! Ausblick Auch im Jahr 2018 wird es in unserem Programm wieder viele interessante Ereignisse geben, über die ich Sie in den Rundbriefen gerne weiter auf dem Laufenden halten werde. Ihnen allen wünsche ich nun - auch im Namen des Teams - frohe Weihnachten und alles Gute für Ich freue mich über Ihre Rückmeldungen und bedanke mich ganz herzlich für alle Unterstützung, die uns immer wieder erreicht. Viele Grüsse bis zum nächsten Rundbrief, Katja Eckardt (eckardtk@aol.com) Bilder: Sounds of Palestine Spendenkonten Schweiz: Katharina Werk, Sounds of Palestine, IBAN: CH , BIC POFICHBEXXX Deutschland: Katharina Werk Deutschland e.v. Verwendungszweck: Sounds of Palestine IBAN DE , BIC BFSWDE33KRL Homepage Sounds of Palestine auf Facebook: (kann auch ohne eigenes Facebook-Konto aufgerufen werden) Suchen Sie noch Geschenke? Nicht nur zu Weihnachten Dann besuchen Sie doch unsere Homepage! Unter der Rubrik Donations finden Sie ein Angebot von Geschenkspenden. ( Wenn Sie beim Spenden Ihre Mailadresse angeben, bekommen Sie eine Dankesmail zugeschickt, die Sie ausdrucken und verpacken können. Und schon haben Sie ein schönes Geschenk.

3 Die Erstklässler des Schuljahres 2017/18 Sie haben in den ersten Wochen mit selbstgebastelten Papier-Instrumenten gesungen und gelernt und sind inzwischen auf die echten Instrumente umgestiegen. Einmal in der Woche führen sie auch ihren MitschülerInnen ihre Fortschritte vor. Hier ein paar Bilder mit den selbstgebauten und auch den echten Instrumenten.

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5 Die Kinder, die Klarinette spielen möchten, lernen erst einmal Blockflöte, bevor sie auf die Klarinetten umsteigen.

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7 Eindrücke von der Probe

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9 und Eindrücke vom Abend

10 Bilder: teilweise Power Group und teilweise Sounds of Palestine

11 Besuchsbericht von Ulla Philipps-Heck Vorbemerkung: Im November 2015 habe ich Sounds of Palestine das erste Mal besucht. Damals fand der Unterricht für die Kinder noch in der UNWRA-Schule im Aida-Flüchtlingslager/ Bethlehem statt. Sounds of Palestine am 09. November 2017 Ich bin gespannt. Diesmal werde ich zum ersten Mal das neue Gebäude von Sounds of Palestine in Beit Sahour besuchen. Heute werden drei Gruppen zum Unterricht da sein mit Kindern aus der zweiten bis fünften Klasse. Die Kinder der ersten Klassenstufe waren gestern da. Insgesamt werden heute ca. 110 Kinder bei Sounds of Palestine sein. Der Bus 231 bringt mich vom arabischen Busbahnhof am Damaskustor nach Beit Jala. Hinzu werde ich von den deprimierenden Grenzanlagen zwischen Israel und der Westbank nicht direkt betroffen sein: Der Bus hat eine Genehmigung, über die sonst nur für jüdische Siedler zugelassene Straße zu fahren und den Tunnel zu nutzen. Trotzdem ist die Mauer unterwegs unübersehbar: Immer noch trennt sie Nachbarn, Landwirte von ihren Feldern, zerschneidet Strassen, deren eine Seite sich nun innerhalb und die andere Seite außerhalb der Mauer befindet. Bei Rachels Grab haben zahlreiche Künstler Bilder auf die Mauer gemalt, u.a. eine überdimensionale `Jesus`-Sandale mit dem Text: Diese Sandale trug Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem. Ahmad, der Sounds of Palestine Projektmanager vor Ort, holt mich in Beit Jala an der Bushaltestelle ab und wir bahnen uns den Weg durch den dichten bis chaotischen Verkehr nach Beit Sahour. Im Hof der Kinder-Musikschule, getragen vom Katharina-Werk (Basel), ist das Mittagessen abwechselnd gekocht von zwei Müttern schon fast zu Ende: es gibt Reis mit Spinat und ein bisschen Hühnchenfleisch darin, lecker! Das ummauerte Gartengelände ist recht gross: genug Platz für die Kinder, draußen zu sein und draußen zu spielen. Walla, eine der Sozialarbeiterinnen im Projekt, hat einen Kreis von Zweitklässler(inne)n um sich geschart. Sie spielen ein Abzählspiel zum Zahlen lernen. Das Gelächter und die heiteren Gesichter der Kinder ergänzen die Sonne, die auch heute scheint.

12 Dann beginnen die Unterrichtseinheiten. Ahmad hat mich durch das Gebäude geführt: Auf zwei Etagen gibt es einen kleinen Spielraum mit Legos, eine Küche und WC sowie verschiedene Räume, auf deren Türen nette Cartoons anzeigen, was hier stattfindet: Violine, Cello, Kontrabass Percussion, Dabka (palästinensischer Volkstanz), Chor und Theorie. In manchen Räumen werden zwei Fächer unterrichtet. Die Atmosphäre ist eine ganz andere als im Aida-Flüchtlingslager im November 2015: Es liegt nicht diese Schwere in der Luft, dieses ständig wachsam sein müssen, ob gleich etwas Schlimmes geschieht. Hier können die Kinder atmen. Ich werde eingeladen, mich bei verschiedenen Aktivitäten dazu zu setzen: Mehrfach gibt es an diesem Nachmittag jeweils gut ein halbe Stunde Orchesterprobe, dazwischen Instrumentalunterricht und Musiktheorie. Wieder rührt mich die intensive Konzentration der Kinder und ihre Begeisterung in den Orchesterproben. Die kleinen Musikanten jeder Instrumentengruppe werden von der sie unterrichtenden Lehrkraft unterstützt; die Geigenlehrerin stellt sich jeweils neben die, die gerade Unterstützung brauchen und spielt mit; der kleine Klarinettenspieler sitzt neben seinem Lehrer, der ebenfalls mitspielt; der Percussionlehrer hilft seinen kleinen Schlagwerk und Trommel spielenden Schülerinnen gegebenenfalls, den Takt zu halten. Gegen Ende der Übungsphase zu einem Stück darf je ein Kind aus verschiedenen Instrumentalgruppen das Orchester kurz dirigieren; Fabienne, die musikalische Leiterin des Projektes, Cellolehrerin und Dirigentin, übernimmt für die kurze Zeit das jeweilige Instrument. Eine berührende Mischung aus Stolz und dem großen Wunsch, es doch gut zu machen, füllt da den Raum, und das Orchester hört auf die kleinen Dirigenten. Am Ende der Probeneinheit lässt Fabienne alle aufstehen und sie verbeugen sich gemeinsam; die Sozialarbeiter klatschen Beifall, ich auch. Gespannt bin ich auf den Musiktheorie-Unterricht. Der Theorielehrer hat das traditionelle palästinensische Saiteninstrument Qanoun studiert, das bei Sounds of Palestine jedoch nicht unterrichtet wird: Hier wird klassische Musik unterrichtet. Er unterrichtet in verschiedenen Schulen in der Westbank und sagt, die Disziplin und das Sozialverhalten der Kinder seien hier bei Sounds of Palestine am besten. Er unterrichtet zunächst zwei Mal jeweils etwa 15 Zweitklässler. Heute lernen sie die verschiedenen Notenwerte kennen. Geschickt und freundlich-bestimmt leitet er die 30 Minuten mit Rhythmusübungen ein, bei denen Geräusche und Bewegungen miteinander kombiniert werden. Auch Pausen werden mit eingebaut: der senkrechte Zeigefinger vor dem Mund bedeutet: Stille, Pause: Die Kinder machen begeistert mit.

13 Den Dritt- und Viertklässlern führt der Theorie-Lehrer ein Video vor mit einem Konzertausschnitt eines großen Orchesters: Gespielt wird der Arabian Dance von Edvard Grieg. Die Kinder hören und sehen das Stück mehrfach und beantworten verschiedene Fragen zum Stück: Welches Instrument beginnt das Stück? Welches Tempo hat das Stück: lento, andante oder allegro? Welches Instrument spielt als erstes die Melodie (2. Leitmotiv)? Ist es ein 3/4 oder ein 4/4 Takt? In welcher Lautstärke hört das Stück auf: piano, mezzo forte, forte oder fortissimo? Und: Wie ist das Stück aufgebaut; a b c d? a b a c a d? a b a? Die Kinder konnten tatsächlich alle Fragen beantworten. Manchmal flogen gleich fast alle Finger in die Luft. Alles drumherum hatten sie völlig vergessen. Bei der letzten Orchesterprobe spielen auch ein kleiner Cellist und eine kleine Cellistin aus der 5. Klasse mit, die beide Preisträger des Terra Sancta Musikwettbewerbs 2015 bzw in ihrer jeweiligen Altersklasse waren. Geübt wurde u.a. der Arabian Dance, zu dem vorher die Theoriestunde stattgefunden hatte. Sie werden einen kleinen Teil dieses Stückes im Januar 2018 in einer grossen Halle bei Bethlehem spielen, zusammen mit dem Philharmonischen Orchester Paris. Ein franco-italienischer Musiker, der in Palästina lebt und Verbindungen zu diesem Pariser Orchester hat, möchte in Palästina ein Philharmonisches Orchester aufbauen und hat dieses Kooperationsprojekt ins Leben gerufen. In Beit Sahour bei Sounds of Palestine wird mit Konzentration und Freude an diesem Projekt gearbeitet. Viel möchte das Projektteam noch erreichen. Seit 1½ Jahren wird nun in dem vom Katharina-Werk angemieteten Gebäude unterrichtet und schon platzt die Musikschule aus allen Nähten. Es ist kaum noch Platz für alle Kinder des Orchesters im Probenraum und die Unterrichtsräume sind jeweils voll beim Instrumenten-Gruppenunterricht. Das Team träumt von einem größeren eigenen Gebäude, doch bis dahin ist es wohl noch ein weiter Weg. Die Freude der Kinder und die Fortschritte bei der Qualität des Unterrichts spornen das Team an, alles nur irgend Mögliche anzupacken. Zunächst einmal wird eine zweite Lehrkraft für Geige gesucht; die Zahl der Kinder, die Geige spielen lernen möchten, ist stark gestiegen. Dann ist die letzte Probe beendet; die Instrumente werden sorgsam eingepackt; die Busse warten schon. Fröhlich strömen die Kinder hinunter in den Hof. Die Sozialarbeiter(innen) verlassen mit den Kindern das Gelände. Nur die Cellolehrerin ist noch da: Die beiden kleinen Cellisten werden jetzt noch Einzelunterricht erhalten. Vielleicht wartet der nächste Wettbewerb? Text: Ulla Philipps-Heck, Denzlingen, November 2017 Bilder: Ulla Philipps-Heck und Sounds of Palestine