Wer hat Karriereerfolg in flexiblen Arbeitswelten? Aktuelle Befunde der Arbeits- und Organisationspsychologie

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1 Wer hat Karriereerfolg in flexiblen Arbeitswelten? Aktuelle Befunde der Arbeits- und Organisationspsychologie Universität Bamberg Vortrag bei der Akademie für Politische Bildung am

2 Laufbahnerfolg = the positive psychological or work-related outcomes or achievements one accumulates as a result of work experiences (Seibert, Crant, & Kraimer, 1999, p. 417) Laufbahnerfolg objektiv subjektiv Gehalt Beförderungen Position Status Selbstbezogen andererbezogen Arnold & Cohen, 2008 Heslin, 2003, 2005 Judge, 1995 Arbeitszufriedenheit Karrierezufriedenheit Vergleichsurteile Ng, Eby, Sorensen & Feldman,

3 Psychosoziale Funktionen der Arbeit Menschliche Arbeit hat nicht nur einen Ertrag, sie hat einen Sinn. Für die Mehrzahl der Bürger ist sie Gewähr eines gelingenden Lebensprozesses: Sie ermöglicht soziale Identität, Kontakte zu anderen Menschen über den Kreis der Familie hinaus und zwingt zu einem strukturierten Tagesablauf. Willy Brandt,

4 Aktuelle Forschungsstudien Studie 1: Ist die neue Karriere erfolgreich? Proteische und entgrenzte Karriereeinstellungen Studie 2: Wer ist erfolgreich im Beruf? Berufliche Anpassungsfähigkeit, beruflicher Optimismus, Arbeitsmarktwissen und Berufserfolg 4

5 Studie 1 Ist die neue Karriere erfolgreich? 5

6 Studie 1: Entgrenzte und proteische Karriereeinstellungen ist die neue Karriere erfolgreich? Die moderne Arbeitswelt ist einem großen Wandel unterlegen Flache Hierarchien, verringerte Stabilität, hohe Anforderungen bezüglich Mobilität und Flexibilität Die neue Karriere Verantwortlichkeit für Karriereerfolg liegt nicht länger bei der Organisation, sondern beim Individuum Betonung von Freiheit und Wachstum jedes Einzelnen Entwicklung von zwei Konzepten Proteische Karriere (Hall, 1976; 2004) subjektiver Karriereerfolg durch selbstgeleitetes berufliches Verhalten Entgrenzte Karriere (Arthur, 1994; Arthur & Rousseau, 1996) Überschreiten physischer und psychischer Grenzen 6

7 Studie 1: Forschungsfrage Zwei Aspekte: 1. Forscher im Bereich der neuen Karriere (z.b. Briscoeet al., 2006) konzentrieren sich auf den Einfluss der proteischen Karriereeinstellungen auf den subjektiven Karriereerfolg 2. Forscher im Bereich des Karriereerfolgs (z.b. Feldman & Ng, 2007) ziehen in Betracht, dass es einen Einfluss der proteischen und entgrenzten Karriereeinstellungen auch auf den objektiven Karriereerfolg gibt 7

8 Studie 1: Die neuen Karriereeinstellungen (I) Die proteische Karriereeinstellung: Proteisch stammt aus der griechischen Mythologie: Proteus als Meeresgott Synonym für Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Änderungsbereitschaft Hall (1976): Karrieren, bei denen Individuen sich selbst stets an die sich ständig verändernde Umwelt anpassen Wertgeleitete Orientierung Selbstgesteuertes Karrieremanagement 8

9 Studie 1: Die neuen Karriereeinstellungen (II) Die entgrenzte Karriereeinstellung: Menschen mit entgrenzterdenkweise navigieren durch die sich verändernde Arbeitswelt, indem sie Ihre Karriere durch verschiedene Level an physischer und psychologischer Bewegung gestalten (Sullivan & Arthur, 2006, S. 9) Präferenz für Organisationale Mobilität Entgrenzte Denkweise 9

10 Studie 1: Annahmen P R O T E I S C H Wertgeleitete Orientierung Selbstgesteuertes Karrieremanagement E N T G R E N Z T Präferenz für Organisationale Mobilität Entgrenzte Denkweise Karriereerfolg Subjektiv Objektiv 10

11 Studie 1: Methode (I) Vorgehen und Stichprobe Vorgehen: Online-Befragung in zwei international operierenden Elektronik-und Handelsunternehmen Stichprobe: 116 Angestellte, 63.9%, Ø Alter: Jahre 79.3% mit universitärem Abschluss Ø Arbeitszeit pro Woche: h Beschäftigungsdauer: Ø 6.44 Jahre 11

12 Studie 1: Methode (II) - Fragebögen Karriereeinstellungen: Protean and Boundaryless Career Attitude Scale (Briscoe et al., 2006; Gasteiger, 2007) Objektiver Karriereerfolg: Gehalt & Beförderungen Subjektiver Karriereerfolg: Karrierezufriedenheit & Einschätzung des Karriereerfolgs im Vergleich zu Kollegen 12

13 Studie 1: Ergebnisse und Zusammenfassung Proteische Karriereeinstellungen hängen mit subjektivem Karriereerfolg zusammen Menschen mit einer solchen Einstellung gestalten ihre Karriere entsprechend ihrer eigenen Vorstellungen (cf. Briscoe et al., 2006) Trifft den Zeitgeist der neuen Karriereforscher, hebt die subjektive Perspektive hervor Entgrenzte Karriereeinstellungen hängen mit objektivem Karriereerfolg zusammen Sind die Neuen Karriereeinstellungen erfolgreich? 13

14 Studie 1: Ergebnisse und Zusammenfassung Ja, die neuen Karriereeinstellungen sind erfolgreich! Der neue Erfolg Selbststeuerung und Präferenz für organisationale Mobilität sind wichtig Das stimmt mit den wichtigsten Anforderungen heutiger Arbeitsbedingungen überein 14

15 Studie 2 Wer ist erfolgreich im Beruf? 15

16 Studie 2: Ausgangslage Wie kann man Berufserfolg vorhersagen? Durch Persönlichkeit? Durch Intelligenz? Durch Fähigkeiten? Ja, aber nicht nur! Wichtige Faktoren findet man in berufsbezogenen Fragen 16

17 Studie 2: Annahmen Berufliche Anpassungsfähigkeit Beruflicher Optimismus Berufserfolg (subjektiv & objektiv) Arbeitsmarktwissen 17

18 Studie 2: Methode (I) Vorgehen und Stichprobe Vorgehen: Online-Befragungen in zwei Stichproben Stichprobe 1: 153 Erwerbstätige, 72%, Altersbereich: < 30 -> 50 69% mit universitärem Abschluss Ø Arbeitszeit pro Woche: h Stichprobe 2: 110 Erwerbstätige, 38%, Ø Alter: Jahre 64% mit universitärem Abschluss Ø Arbeitszeit pro Woche: h 18

19 Studie 2: Methode (II) - Fragebögen Berufsbezogene Faktoren: Deutschsprachige Version des Career Futures Inventory (CFI, Spurk& Volmer, 2013) Objektiver Karriereerfolg: Gehalt & Beförderungen Subjektiver Karriereerfolg: Karrierezufriedenheit & Einschätzung des Karriereerfolgs im Vergleich zu Kollegen 19

20 Studie 2: Ergebnisse und Zusammenfassung Laufbahnbezogene Zukunftsfaktoren spielen eine große Rolle beim Berufserfolg! Arbeitnehmer, die sehr anpassungsfähig sind, sind erfolgreicher Menschen mit hohem beruflicher Optimismus sind zufriedener mit ihrer Karriere Personen mit hohem Arbeitsmarktwissen verdienen mehr Diese laufbahnbezogenen Zukunftsfaktoren sagen den Berufserfolg besser vorher als die Persönlichkeit 20

21 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Fragen? Kommentare? Kontakt: 21

22 Studie 1: Methode (II) - Fragebögen Karriereeinstellungen: ProteanandBoundarylessCareerAttitude Scale(Briscoeet al., 2006; Gasteiger, 2007) Selbstgesteuert: z.b. I am responsible for my success or failure in my career Wertgeleitet: z.b. What smostimportanttomeishowi feelaboutmy career success, not how other people feel about it Entgrenzte Denkweise: z.b. I would enjoy working on projects with people across many organizations Präferenz für organisationale Mobilität: z.b. If my organization provided lifetime employment, I would never desire to seek work in other organizations 22

23 Items / Beruflicher Optimismus Nr. Original Deutsche Version 1 I get excited when I think about my career Ich denke mit Begeisterung an meine berufliche Zukunft 2 Thinking about my career inspires me Ich freue mich über meine berufliche Entwicklung 3 Thinking about my career frustrates me a Gedanken an meine Karriere frustrieren mich a 4 It is difficult for me to set career goals a Es fällt mir schwer, mir berufliche Ziele zu setzen a 5 It is difficult to relate my abilities to a specific career plan a Es ist schwierig für mich, meine Karriere entsprechend meiner Fähigkeiten zu planen a 6 I understand my work-related interests Ich bin mir über meine Karriereinteressen bewusst 7 I am eager to pursue my career dreams Ich verfolge mit Begeisterung meine beruflichen Ziele und Wünsche 8 I am unsure of my future career success a Ich bin mir hinsichtlich meines zukünftigen Karriereerfolgs unsicher a 9 It is hard to discover the right career a Es ist schwierig, die richtige Karriere zu finden a 10 Planning my career is a natural activity Meine Karriere zu planen ist für mich selbstverständlich 11 I will definitely make the right decisions in my career Ich treffe zweifellos die richtigen Entscheidungen für meine Karriere 23

24 Items / Berufliche Anpassungsfähigkeit Nr. Original Deutsche Version 1 I am good at adapting to new work settings Es fällt mir leicht, mich an eine neue Arbeitsumgebung anzupassen. 2 I can adapt to change in my career plans Ich kann gut mit Veränderungen, die meine Karriereplanung betreffen, umgehen 3 I can overcome potential barriers that may exist in my career Ich kann Hindernisse bewältigen, die während meiner Karriere auftreten 4 I enjoy trying new work-related tasks Es gefällt mir, mich an neuen beruflichen Aufgaben zu versuchen 5 I can adapt to change in the world of work Ich kann mich an Veränderungen der Arbeitswelt anpassen 6 I will adjust easily to shifting demands at work Ich kann mich leicht auf wechselnde Anforderungen bei der Arbeit einstellen 7 Others would say that I am adaptable to change in my career plans Andere würden von mir sagen, dass ich mich an Veränderungen in meiner Karriereplanung anpassen kann 8 My career success will be determined by my efforts Mein persönlicher Einsatz bestimmt meinen Karriereerfolg 9 I tend to bounce back when my career plans don't work out quite right Nach beruflichen Rückschlägen komme ich schnell wieder auf die Beine 10 I am rarely in control of my career a Ich habe meine berufliche Entwicklung selten unter Kontrolle 11 I am not in control of my career success a Ich habe keinen Einfluss auf meinen Karriereerfolg 24

25 Items / Arbeitsmarktwissen Nr. Original Deutsche Version 1 I am good at understanding job market trends Ich kenne mich gut mit Arbeitsmarkttrends aus 2 I do not understand job market trends Ich kann Arbeitsmarkttrends nicht durchblicken 3 It is easy to see future employment trends Es ist leicht, zukünftige Beschäftigungstrends vorherzusagen 25

26 Wie viel Zeit verbringen wir bei der Arbeit? o 8 Stunden pro Tag, 5 Tage die Woche 5 x 8 = 40 Stunden pro Woche o 52 Wochen im Jahr 52 x 40 = Stunden pro Jahr o Feiertage (ca. 10) und Krankentage (z. B. 10) > (10x8+10x8) = Stunden pro Jahr o Urlaubstage (ca. 24) x8 = Stunden pro Jahr o Arbeitseintritt z.b. mit 24 Jahren, Rente mit Jahre Erwerbstätigkeit 41 x = Stunden pro Leben Ungefähr Stunden 8 Jahre des Lebens werden bei der Arbeit verbracht! 26

27 Arbeit als psychologischer Forschungsgegenstand Arbeits- und organisationspsychologische Forschung setzt an verschiedenen Punkten an Arbeitsaufgabe (Arbeitsgestaltung, Ergonomie, Optimierung von Prozessen) Individuum (Personalauswahl und -entwicklung, Training und Coaching, Karriereentwicklung) Interaktion (Gruppenprozesse, Führung, Konflikte, Organisationskultur, Diversität) Dabei wird auf vielfältige Methodik gesetzt Datenerhebung zu mehreren Zeitpunkten Fragebögen, Interviews, Physiologische Maße (z.b. Cortisol, Puls, Blutdruck etc.) 27

28 A&O-Psychologie was ist das? o Zentraler Gegenstand der Arbeits-und Organisationspsychologie ist die menschliche Arbeit und ihre Organisation. o Die allgemeinen Aufgaben der Arbeits-und Organisationspsychologie liegen in der Mitwirkung an der Beschreibung, Analyse, Erklärung, Prognose und Gestaltung menschlicher Arbeit und Organisation. o Zur Unterscheidung gegenüber Grundlagenfächern sowie weiteren Anwendungsfächern der Psychologie ist der Zusammenhang menschlichen Verhaltens und Erlebens mit menschlicher Arbeit und Organisation wichtig. 28

29 Bedeutung der Arbeit Die Lotterie-Frage Lotterie-Frage: Stellen Sie sich vor, Sie haben im Lotto gewonnen und haben genug Geld, um bis an ihr Lebensende ein komfortables Leben zu führen. Würden Sie trotzdem weiter arbeiten? Forschungsprojekt Meaning of Work in 8 Industrieländern Repräsentative Stichprobe von 1187 erwerbstätigen Personen in den alten Bundesländern der BRD (1989) 29

30 Bedeutung der Arbeit Die Lotterie-Frage Lotterie-Frage 34% 66% würden weiter arbeiten würden aufhören Von jenen, die weiterarbeiten würden, würden 40.5 % am selben Arbeitsplatz weiterarbeiten 59.5 % unter veränderten Bedingungen weiterarbeiten 30

31 Psychosoziale Funktionen der Arbeit Arbeit als Last und Pflicht Notwendig, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können Verpflichtung, Tätigkeiten ausführen zu müssen Arbeit als Aktivität und Handlungskompetenz Voraussetzung zur Entwicklung von Qualifikationen Wissen um Fähigkeiten und Kenntnisse (Gefühl der Handlungskompetenz) Arbeit als Zielstrukturierung Strukturierung des Tages-, Wochen-, Jahresablaufes Arbeit als Mittel zur Erreichung der eigenen Lebensziele Arbeit als Ort für Kooperation und Kontakt Entwicklung kooperativer Fähigkeiten Entwicklung eines sozialen Kontaktfeldes Arbeit als Leistung und Wert Erbringung einer gesellschaftlich nützlichen Aufgabe Gestalten des persönlichen Lebensstils Anerkennung direkt und indirekt durch andere Arbeit als Persönlichkeitsentfaltung Entwicklung der eigenen Persönlichkeit Mittel zur Selbstverwirklichung 31