ACCOUNTING UPDATE M&A
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- Wilfried Engel
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1 Juni 2018 IFRS 16 Der neue Standard zur Leasingbilanzierung hat signifikante Auswirkungen auf Unternehmenstransaktionen EXECUTIVE SUMMARY Der in 2016 verabschiedete Rechnungslegungsstandard IFRS 16 Leases ist erstmalig für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden. Durch die geänderten Rechnungslegungsvorschriften entfällt zukünftig die Unterscheidung von Leasingverträgen in Operating Leases und Finance Leases auf Ebene des Leasingnehmers und die daraus in der Praxis resultierende gezielte Gestaltung von Leasingverträgen. Mithilfe des neuen Leasingkonzepts soll die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen unterschiedlicher Unternehmen erleichtert werden. Von den Veränderungen sind vor allem Branchen wie Handel, Transport und Verkehr sowie Telekommunikation betroffen, in denen erfahrungsgemäß in großem Umfang Leasing zur Finanzierung von Investitionen genutzt wird. Für den Leasinggeber hingegen ergeben sich keine wesentlichen Änderungen zu den bisherigen Rechnungslegungsvorschriften. Zukünftig ist der Leasingnehmer prinzipiell verpflichtet, das durch den Leasingvertrag eingeräumte Recht zur Nutzung eines Vermögensgegenstands zu aktivieren und die Verpflichtung zur Zahlung zukünftiger Leasingraten zu passivieren. Dies führt zu einer Bilanzverlängerung und der Beeinflussung bestimmter Bilanzkennzahlen (u.a. steigender Verschuldungsgrad und sinkende Eigenkapitalquote), was wiederum Auswirkungen auf bestehende Kreditvereinbarungen und die daraus resultierenden Finanzierungskosten und Financial Covenants haben kann. Gleichzeitig entfallen die Leasingaufwendungen als Bestandteil der sonstigen betrieblichen Aufwendungen. Stattdessen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung die Zinsaufwendungen für die Leasingverbindlichkeiten und die Abschreibungen der aktivierten Nutzungsrechte zu erfassen. Hierdurch verändern sich die Ertragskennzahlen EBITDA und EBIT, die durch Anwendung der neuen Rechnungslegungsregeln ceteris paribus steigen. Ferner führt IFRS 16 zu Verschiebungen innerhalb der Kapitalflussrechnung eines Leasingnehmers mit tendenziell höheren operativen Cash Flows und niedrigeren Finanzierungs-Cash Flows. Neben den allgemeinen Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, die Kapitalflussrechnung und den daraus abgeleiteten Kennzahlen resultieren aus der Anwendung des IFRS 16 transaktionsspezifische Besonderheiten. Diese sind zu beachten, wenn das Zielunternehmen nach IFRS bilanziert. ACCOUNTING UPDATE M&A: IFRS 16 1
2 Hiervon betroffen sind das EBIT und vor allem das EBITDA sowie darauf bezogene Analysen. Beide Finanzkennzahlen werden, wie oben angeführt, zukünftig höher ausfallen, obwohl sich das Geschäftsmodell eines Zielunternehmens nicht geändert hat. Aufgrund dieser Erhöhung ergeben sich bei Anwendung von EBITDA- bzw. EBIT- Multiples für eine indikative Unternehmensbewertung, z.b. für die Abgabe eines nichtbindenden Kaufpreisangebots in der Frühphase einer Transaktion, höhere Brutto-Unternehmenswerte, sofern die Multiples nicht vorher angepasst wurden. Die erforderliche Passivierung der Leasingverbindlichkeiten und deren Qualifizierung als Finanzschuld führen allerdings zu einem Anstieg der Nettofinanzschulden, welche zur Ableitung des Unternehmenskaufpreises (Equity Value) von dem Brutto-Unternehmenswert (Enterprise Value) heranzuziehen sind. Gleichzeitig ist jedoch zu beachten, dass die Leasingauszahlungen bei der Ermittlung des Enterprise Values nicht bereits berücksichtigt wurden, um eine Doppelerfassung zu vermeiden. Letztlich sollte die Anwendung des IFRS 16 aus bewertungstheoretischer Sicht keine Auswirkungen auf den Equity Value eines Unternehmens haben. Sofern die Vereinbarung von sogenannten Earn-Out- Zahlungen, die sich auf das EBITDA oder das EBIT als Referenzgröße beziehen, als zusätzlicher Kaufpreisbestandteil beabsichtigt ist, sollte der Ergebniseffekt aus der Anwendung des IFRS 16 herausgerechnet werden. Es ist ferner zu ermitteln, nach welchen Bilanzierungsgrundsätzen die historischen Jahresabschlüsse in Bezug auf Leasingverträge aufgestellt wurden und welche diesbezügliche Bilanzierung bei der Erstellung der Planrechnungen Anwendung fand. Zusätzlich sind im Unternehmenskaufvertrag die neuen Vorschriften des IFRS 16 und deren Auswirkungen auf die Kaufpreisermittlung zu berücksichtigen, insbesondere wenn mit einem Closing erst in 2019 zu rechnen ist und der Kaufvertrag die Erstellung von Stichtagsabschlüssen zur Kaufpreisanpassung vorsieht. EINFÜHRUNG VON IFRS 16 Im Januar 2016 hat der International Accounting Standards Board (IASB) den neuen Rechnungslegungsstandard zur Bilanzierung von Leasingverträgen IFRS 16 Leases nach einem langwierigen Entscheidungsprozess veröffentlicht. Der neue Standard ersetzt IAS 17 Leases, IFRIC 4 ( Feststellung, ob eine Vereinbarung ein Leasingverhältnis enthält ) sowie weitere in diesem Kontext bisher zu beachtende Verlautbarungen (insbesondere SIC-15 und SIC-27). Die Rechnungslegungsvorschriften des IFRS 16 sind erstmalig für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen anzuwenden. Eine frühere retrospektive Anwendung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Durch den IFRS 16 werden Ansatz, Bewertung, Ausweis und die Anhangsangabepflichten von Leasingverträgen neu geregelt. Ziel der überarbeiteten Regelungen ist die Bereitstellung von entscheidungsrelevanten Informationen in Bezug auf Leasingverhältnisse durch den Leasinggeber bzw. den Leasingnehmer und eine damit einhergehende Erhöhung der Transparenz und Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen. Gleichzeitig beabsichtigte das IASB mit der Einführung des IFRS 16 eine Reform der bisherigen konzeptionellen Grundlagen der Leasingbilanzierung. Es besteht die Gefahr, dass die Vergleichbarkeit historischer und budgetierter Finanzinformationen nicht gegeben ist und daher pro forma-anpassungen zur Herstellung der Vergleichbarkeit erforderlich sind. ACCOUNTING UPDATE M&A: IFRS 16 2
3 RECHNUNGSLEGUNGSVORSCHRIFTEN FÜR LEASINGVERTRÄGE NACH IFRS Überblick Unter den Regelungen des IFRS 16 fallen Verträge oder Vertragsteile, durch die ein Leasinggeber einem Leasingnehmer einen Vermögensgegenstand zur Nutzung über einen definierten Zeitraum überlässt und für die Überlassung eine Gegenleistung vom Leasingnehmer erhält. Vom Standard erfasst sind auch Untermietverhältnisse und Sale-and-Leaseback-Vereinbarungen. Nicht unter die Regelungen des IFRS 16 fallen Verträge zur Exploration von Bodenschätzen (geregelt in IFRS 15) und die Lizensierung von Intellectual Property (geregelt in IAS 38). Für Leasinggeber resultieren aus dem IFRS 16 nur geringfügige Modifikationen gegenüber den bisherigen Vorschriften des IAS 17. Dies betrifft vor allem die Behandlung von Leasingverträgen als sogenannte Operating Leases bzw. Finance Leases in Abhängigkeit von der Zuordnung von Chancen und Risiken des Vertrags. Die entsprechenden Vorschriften des IAS 17 wurden weitestgehend in den IFRS 16 übergeleitet. Insofern ergeben sich aus der erstmaligen Anwendung des IFRS 16 beim Leasinggeber nur unwesentliche Änderungen und somit prinzipiell keine signifikanten Auswirkungen auf Unternehmenstransaktionen aufgrund neuer Bilanzierungsvorschriften. Aus diesem Grund wird auf die Bilanzierung von Leasingverhältnissen beim Leasinggeber im Folgenden nicht weiter eingegangen. Für Leasingnehmer ergeben sich hingegen wesentliche Veränderungen, da gemäß den Vorschriften des IFRS 16 grundsätzlich sämtliche Leasingverträge in der Bilanz auszuweisen sind. Diesem Ansatz liegt der sogenannte Right of Use Approach ( ROU -Ansatz) zugrunde. Entsprechend wird als Right of Use Asset der Vermögenswert bezeichnet, der das Nutzungsrecht des Leasingnehmers repräsentiert. Durch die Anwendung des ROU-Konzepts wird die bewusste Vermeidung des Bilanzansatzes von Leasingvereinbarungen durch eine gezielte Gestaltung des Leasingvertrags wie in der Praxis häufig der Fall verhindert: Eine Klassifizierung von Leasingverträgen als Operating Lease und eine daraus resultierende Nicht-Bilanzierung, wie noch unter IAS 17 möglich, ist prinzipiell nicht mehr vorgesehen. Somit entfällt zukünftig die erfahrungsgemäß häufig stark ermessensbehaftete Auslegung eines Leasingvertrags, ob dieser entweder als Operating Lease oder als Finance Lease zu klassifizieren ist. Bei der Einstufung eines Leasingvertrags auf Ebene des Leasingnehmers als Operating Lease gemäß des bisherigen IAS 17 werden lediglich die laufenden Leasingaufwendungen als sonstige betriebliche Aufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst; es unterbleibt jedoch der Ansatz des Nutzungsrechts und der zukünftig zu erbringenden Leasingzahlungen in der Bilanz. Dies ist zukünftig grundsätzlich nicht mehr zulässig. Finance Lease- Verträge sind gemäß des bisherigen IAS 17 hingegen in der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz vergleichbar zu den im Folgenden beschriebenen Regelungen des IFRS 16 auszuweisen bzw. anzusetzen. Die Anwendung von IFRS 16 kann eine materielle Veränderung der Bilanzen und der Gewinn- und Verlustrechnungen beim Leasingnehmer bewirken, sofern dieser nach IAS 17 Leasingverträge bisher stets bzw. überwiegend als Operating Lease behandelt hat: Die On-Balance-Sheet-Erfassung von Leasingverträgen führt zu einer Bilanzverlängerung sowie einem geänderten Ausweis der aus dem Leasingverhältnis resultierenden Aufwendungen. Hiervon sind sowohl das EBITDA als auch das EBIT betroffen. Diese Effekte und weitere Konsequenzen aus der Anwendung des IFRS 16 im M&A-Kontext werden in Abschnitt Auswirkungen des IFRS 16 auf Unternehmenstransaktionen dargestellt. ACCOUNTING UPDATE M&A: IFRS 16 3
4 2. Bilanzierung von Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer nach IFRS 16 Die im Folgenden dargestellten Ausführungen sind eine vereinfachte Wiedergabe der wesentlichen Regelungen des IFRS 16 zur Bilanzierung von Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer. Die zu Beginn des Mietverhältnisses zu passivierende Leasingverbindlichkeit entspricht dem Barwert der zukünftigen Leasingzahlungen bestehend aus fixen Komponenten und gegebenenfalls indexbasierten variablen Zahlungen. Hierbei sind Mietverlängerungsoptionen zu berücksichtigen, sofern die Ausübung als wahrscheinlich anzusehen ist. Zur Ermittlung des Barwerts zu Leasingbeginn ist der dem Leasingverhältnis zugrundeliegende Zinssatz (rate implict in the lease) heranzuziehen. Ist dieser nicht ohne weiteres bestimmbar, sind alternativ die Grenzfremdkapitalkosten des Leasingnehmers zu verwenden. Die daraus resultierende Verbindlichkeit wird in den Folgeperioden anhand der Effektivzinsmethode über die Leasinglaufzeit aufgezinst und in Höhe der getätigten monatlichen/jährlichen Leasingzahlungen reduziert. Leasingverbindlichkeiten sind entweder separat in der Bilanz auszuweisen oder im Anhang darzustellen. Im Zusammenhang mit dem Ansatz der Leasingverbindlichkeit ist ein Vermögenswert, nämlich das ROU-Asset, zu aktivieren. Der Buchwert des ROU-Assets zu Leasingbeginn entspricht der Leasingverbindlichkeit zum Zeitpunkt der erstmaligen Passivierung. In den Folgeperioden ist dieser Wert planmäßig über die Nutzungsdauer des Vermögenswerts oder die Vertragslaufzeit abzuschreiben. Die kürzere der beiden Perioden findet Anwendung. Die Buchwertfortschreibung richtet sich nach den Vorschriften des IAS 16 (Sachanlagen). Im Falle einer unerwarteten Wertminderung ist eine außerplanmäßige Abschreibung in Betracht zu ziehen (Impairment) und gegebenenfalls erfolgswirksam zu berücksichtigen. In der Bilanz sind die ROU-Assets separat auszuweisen oder im Anhang zu erläutern. Im Hinblick auf die Gewinn- und Verlustrechnung sind die Zinsaufwendungen und die Abschreibungen auf das ROU-Asset separat außerhalb des EBITDA zu erfassen. Als Konsequenz des IFRS 16 entfallen gegenüber IAS 17 zukünftig sonstige betriebliche Aufwendungen aus Leasingzahlungen. Nach IFRS 16 sind umfassende qualitative und quantitative Angaben zu den Leasingverhältnissen im Anhang gefordert. 3. Ausnahmen vom Bilanzansatz beim Leasingnehmer Ausnahmen zu den oben beschriebenen Grundsätzen gemäß IFRS 16 sieht der Standard in den Fällen von Short-Term Leases und Low Value Assets vor. Ein Short-Term Lease bezeichnet Vertragsverhältnisse mit einer Gesamtlaufzeit von maximal einem Jahr, die keine Kaufoptionen zum Vertragsende beinhalten. Als Low Value Assets werden Vermögenswerte mit einem Neuwert von maximal USD klassifiziert; sind diese Gegenstand eines Leasingvertrags, wird dieser als unwesentlich eingestuft. IFRS 16 gewährt das Wahlrecht, Short-Term Leases und Low Value Assets nicht nach dem ROU-Ansatz zu bilanzieren. Bei Inanspruchnahme des Wahlrechts werden die Verträge beim Leasingnehmer als Operating Lease analog zur bisherigen Behandlung nach IAS 17 abgebildet. AUSWIRKUNGEN DES IFRS 16 AUF DEN JAHRESABSCHLUSS Die neuen Bilanzierungsvorschriften haben einen materiellen Einfluss auf die Bilanzen und Gewinnund Verlustrechnungen von Leasingnehmern, sofern diese in großem Umfang die Anschaffung von Vermögenswerten über Leasingverträge finanzieren. Da Leasing als Finanzierungsmittel insbesondere in Branchen wie Handel, Transport und Verkehr sowie Telekommunikation stark verbreitet ist, sind vor allem Unternehmen dieser Segmente von der Einführung des IFRS 16 betroffen. ACCOUNTING UPDATE M&A: IFRS 16 4
5 1. Bilanz Die Aktivierung eines ROU-Assets sowie die Passivierung einer Leasingverbindlichkeit führen zu einer Bilanzverlängerung und somit Erhöhung der Bilanzsumme. Die folgende schematische Abbildung stellt die bilanziellen Auswirkungen für einen Leasingnehmer dar, der in der Vergangenheit Leasingverträge als Operating Lease behandelt hat: BISHER: BILANZ NACH IAS 17 ZUKÜNFTIG: BILANZ NACH IFRS 16 Auswirkungen aus der Anwendung des IFRS 16 auf das Jahresergebnis bei einer Einzelvertragsbetrachtung im Vergleich zum IAS 17 wie folgt: Es findet eine zeitliche Vorverlagerung der Aufwandserfassung statt, was zum Ende der Leasingperiode jedoch zu einer Ergebnisentlastung führt. Abhängig von der Altersstruktur des Gesamtleasingportfolios eines Unternehmens gleichen sich die vorgenannten Effekte gegebenenfalls aus. LANGFRISTIGES VERMÖGEN KURZFRISTIGES VERMÖGEN EIGENKAPITAL LANGFRISTIGE SCHULDEN KURZFRISTIGE SCHULDEN LANGFRISTIGES VERMÖGEN LEASINGVERTRÄGE (ROU-ASSETS) KURZFRISTIGES VERMÖGEN EIGENKAPITAL LANGFRISTIGE SCHULDEN LEASINGVERBIND- LICHKEITEN KURZFRISTIGE SCHULDEN Die folgende schematische Abbildung zeigt die beschriebenen Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung eines Leasingnehmers, der in der Vergangenheit Leasingverträge als Operating Lease behandelt hat: BISHER: GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG NACH IAS 17 ZUKÜNFTIG: GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG NACH IFRS 16 Durch die Erfassung von Leasingverträgen in der Bilanz werden jene Finanzkennzahlen beeinflusst, in die bilanzbezogene Finanzinformationen einfließen. Dies sind beispielhaft der Verschuldungsgrad oder die Eigenkapitalquote. Die erstgenannte Kennzahl wird tendenziell steigen, die letztgenannte sich hingegen verringern. 2. Gewinn- und Verlustrechnung LEASINGVERBIND- LICHKEITEN Durch die Aktivierung des Leasingverhältnisses entfällt die Erfassung von Leasingaufwendungen unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen, was zu einer Erhöhung des EBITDA führt. Gleichzeitig sind Abschreibungen des ROU-Assets zu berücksichtigen, was auf Ebene des EBIT den Effekt aus der Nichterfassung der Leasingaufwendungen partiell kompensiert, jedoch im Falle einer üblicherweise angewandten linearen Abschreibung nicht vollständig ausgleichen sollte. Die Zinsaufwendungen aus der Bilanzierung nach IFRS 16 erhöhen die Finanzierungsaufwendungen. Sie sinken mit jeder Periode aufgrund der sukzessiven Reduktion der Rest-Leasingverbindlichkeit durch die vertraglich vereinbarten Ratenzahlungen. Entsprechend sind die UMSÄTZE +/- BESTANDS- VERÄNDERUNG + AKTIVIERTE EIGENLEISTUNGEN + SONSTIGE BETRIEBLICHE ERTRÄGE - MATERIALAUFWAND - PERSONALAUFWAND - SONSTIGE BETRIEBLICHE AUFWENDUNGEN = EBITDA - ABSCHREIBUNGEN = EBIT -/+ FINANZERGEBNIS - STEUERN = JAHRES- ÜBERSCHUSS UMSÄTZE +/- BESTANDS- VERÄNDERUNG + AKTIVIERTE EIGENLEISTUNGEN + SONSTIGE BETRIEBLICHE ERTRÄGE - MATERIALAUFWAND - PERSONALAUFWAND - SONSTIGE BETRIEBLICHE AUFWENDUNGEN = EBITDA - ABSCHREIBUNGEN = EBIT -/+ FINANZERGEBNIS - STEUERN = JAHRES- ÜBERSCHUSS ACCOUNTING UPDATE M&A: IFRS 16 5
6 3. Cash Flow-Rechnung Im operativen Cash Flow wurden bisher sämtliche Leasingzahlungen für Operating Leases ausgewiesen. Zukünftig sind für alle Leasingverhältnisse die geleisteten Leasingzahlungen in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil zu unterteilen. Während der Tilgungsanteil im Finanzierungs-Cash Flow ausgewiesen wird, ist der Zinsanteil im Operativen Cash Flow oder im Finanzierungs-Cash Flow zu erfassen: Der Operative Cash Flow steigt und der Finanzierungs-Cash Flow sinkt. Der Netto-Cash Flow verändert sich naturgemäß nicht. AUSWIRKUNGEN DES IFRS 16 AUF UNTERNEHMENSTRANSAKTIONEN Die erstmalige verpflichtende Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS 16 betrifft die Unternehmenstransaktionen, bei denen IFRS- Finanzinformationen Gegenstand der Financial Due Diligence, der Unternehmensbewertung und/oder des Kaufvertrags sind. Dies ist unter Umständen unabhängig davon, ob der Vertragsabschluss bzw. der Vollzug einer Transaktion noch in 2018 stattfindet, da gegebenenfalls die weitere kaufvertragliche Abwicklung nach dem 31. Dezember 2018 erfolgt. Im Folgenden sind wesentliche Beispiele für die Auswirkungen des IFRS 16 auf Unternehmenstransaktionen aufgeführt, sofern es sich bei der Zielgesellschaft um ein Unternehmen handelt, das als Leasingnehmer bisher Leasingverträge (überwiegend) als Operating Leases bilanziert hat. 1. Anwendung von EBITDA- und EBIT- Multiples zur indikativen Unternehmenswertermittlung Bei der Anwendung von EBITDA- bzw. EBIT-Multiples für eine indikative Unternehmenswertermittlung, z.b. zwecks Abgabe eines nicht-bindenden ersten Kaufpreisangebots, ist zu beachten, dass die Vergleichbarkeit dieser Kenngrößen mit den entsprechenden Ertragskennzahlen vor Einführung des IFRS 16 materiell beeinträchtigt sein kann. Dies betrifft insbesondere die Geschäftsmodelle, bei denen typischerweise in einem großen Umfang Leasing als Finanzierungsalternative genutzt wird. Das EBITDA ist durch die Anwendung des neuen Standards stets höher als bei Anwendung des IAS 17. Das EBIT wird abhängig von der Abschreibungsmethode (linear versus degressiv) gegenüber einer Bilanzierung nach IAS 17 tendenziell höher ausfallen. Die höheren Ertragskennzahlen sind durch eine Anpassung der Multiples zu berücksichtigen, die bei ansonsten unveränderten Einflussfaktoren zu reduzieren sind. Eine Vergleichbarkeit mit Brutto- Unternehmenswerten vor Anwendung des IFRS 16 wird dadurch ermöglicht. Ohne Anpassung würden sich ansonsten höhere Brutto-Unternehmenswerte ergeben. Die Anpassung ist vor allem dann sinnvoll, wenn der indikative Brutto-Unternehmenswert in der Anfangsphase einer Transaktion mangels weitergehender Informationen, z.b. zu den Nettofinanzschulden, eine wesentliche Basis für weitere interne Entscheidungsprozesse und Gespräche mit den Verkäufern darstellt. 2. Definition Net Financial Debt für Herleitung des Equity Values Durch die Qualifizierung der Leasingverbindlichkeiten als Finanzierungsverpflichtungen, die in der Bilanz angesetzt werden müssen, sind diese als Bestandteil des Nettofinanzvermögens/der Nettofinanzverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Die in der Vergangenheit im Transaktionskontext häufig geführten Diskussionen, inwiefern Leasingverträge Finanzschulden darstellen, erübrigen sich nunmehr. Zukünftig werden Leasingverpflichtungen stets als Finanzschulden bei der Ermittlung des Kaufpreises (Eigenkapitalwert bzw. Equity Value) Berücksichtigung finden, sofern dieser aus einem Brutto-Unternehmenswert (Enterprise Value) abgeleitet wird. ACCOUNTING UPDATE M&A: IFRS 16 6
7 Bei der vorherigen Ermittlung des Enterprise Values, z.b. anhand des gängigen DCF-Modells, muss jedoch beachtet werden, dass die Leasingaufwendungen nicht bereits als Auszahlungen bei der Herleitung des der Bewertung zugrundeliegenden Free Cash Flows (Operativer Cash Flow abzüglich Cash Flow aus Investitionstätigkeiten) angesetzt wurden, da ansonsten der Sachverhalt bewertungstechnisch doppelt erfasst würde. Dies betrifft zukünftig auch die Zinszahlungen, die häufig als Teil des operativen Cash Flows im Free Cash Flow ausgewiesen werden. Durch diese Vorgehensweise steigt der anhand eines Bewertungsmodells ermittelte Enterprise Value eines Unternehmens, der Equity Value bleibt bei einem ansonsten identischen Geschäftsmodell hingegen unverändert. 3. Earn-Out-Regeln in Bezug auf EBITDA Sofern kaufvertraglich vorgesehen ist, dass ein Teil des Kaufpreises in Abhängigkeit von zukünftigen Ergebnissen ermittelt werden soll (sogenannte Earn- Out-Klauseln), sind die Auswirkungen aus der erstmaligen Anwendung des IFRS 16 auf die vereinbarte Bezugsgröße zu analysieren. Wird z.b., wie in der Praxis häufig üblich, das EBITDA für diese Zwecke herangezogen, ist der Effekt eines verbesserten EBITDA, der ausschließlich aus einer geänderten Rechnungslegung resultiert, zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu eliminieren. 4. Unterschiedliche Bilanzierung historische Abschlüsse versus Planungsrechnungen Durch die erstmalige Anwendung des IFRS 16 in 2019 ohne retrograde Anpassung der Vorjahre zwecks Erhöhung der Vergleichbarkeit von Finanzinformationen im Zeitablauf besteht die Gefahr, dass die im Rahmen der Financial Due Diligence erlangten Erkenntnisse in Bezug auf die Historie vor allem hinsichtlich des letzten Ist- Geschäftsjahrs nur eingeschränkt Grundlage für eine Plausibilisierung der Planungsrechnungen der Jahre 2019 fortfolgend darstellen. Diese sind unter Umständen bereits dem IFRS 16 entsprechend aufgestellt worden. Vor diesem Hintergrund ist zeitnah im Rahmen der Due Diligence zu klären, inwiefern IFRS 16 bei der Erstellung der Planungsrechnungen (Gewinn- und Verlustrechnungen, Bilanzen und Kapitalflussrechnungen) bereits berücksichtigt wurde. Sofern historische und budgetierte Finanzinformationen nach unterschiedlichen Rechnungslegungsgrundsätzen aufgestellt wurden, ist in Erwägung zu ziehen, die historischen Abschlüsse, zumindest aber das letzte Ist-Geschäftsjahr, auf einer pro forma -Basis abzubilden. 5. Relevanz bei Signing in 2018 und Closing in 2019 Typischerweise sind die historischen Jahresabschlüsse mit ihren Gliederungen und Untergliederungen, zugrundeliegenden Saldenlisten, Kennzahlen etc. Grundlage für verschiedene Vereinbarungen im Unternehmenskaufvertrag. Sofern den in 2018 zu führenden Kaufvertragsverhandlungen beispielsweise der letzte testierte Jahres- bzw. Konzernabschluss zum 31. Dezember 2017 zugrunde lag, ist zu beachten, dass der Unternehmenskaufvertrag die geänderte Bilanzierung ab 2019 antizipiert. Dies gilt vor allem in den Fällen in denen ein Closing, z.b. aufgrund umfangreicher und komplexer aufschiebender Bedingungen, erst in 2019 zu erwarten ist und eine in 2019 aufzustellende Stichtagsbilanz zwecks Ermittlung einer Kaufpreisanpassung Relevanz besitzt. Diese wäre allerdings unter anderen Rechnungslegungsvorschriften aufzustellen als der letzte vorliegende historische Abschluss. Hiervon betroffen sind beispielsweise neben der bereits oben erwähnten kaufvertraglichen Definition der einzelnen Bestandteile von Net Financial Debt und somit der Cash and Debt Free-Klauseln vor allem die generelle Festlegung der anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze zur Aufstellung der Closing Accounts einschließlich der üblicherweise flankierenden Klauseln zur Bilanzierungs- und Bewertungsstetigkeit im Zeitablauf. ACCOUNTING UPDATE M&A: IFRS 16 7
8 Auch etwaige vertragliche Regelungen zu Investitionen in das Anlagevermögen z.b. im Kontext von Capex-Garantien müssen zukünftig berücksichtigen, dass der Abschluss eines Leasingvertrags zu einem Zugang zum Anlagevermögen führt und somit im Rechnungslegungskontext Capex darstellt. Die neuen Vorschriften des IFRS 16 haben jedoch keine Auswirkungen auf die gängigen Kaufpreisanpassungsmechanismen in Bezug auf das Nettoumlaufvermögen, da bilanzseitig von der Anwendung des IFRS 16 das langfristige Vermögen (Anlagevermögen) sowie die Finanzverbindlichkeiten betroffen sind. 6. Verschlechterung von Finanzkennzahlen erschwert (Re-)Finanzierung Aufgrund einer zu erwartenden Verschlechterung von Verschuldungsgraden, abhängig von der Definition derartiger Kennzahlen im Einzelfall, und einer geringeren Eigenkapitalquote ist eine geplante Refinanzierung einer Zielgesellschaft nach erfolgter Transaktion unter Umständen erschwert und mit Mehrkosten verbunden. Entsprechende Auswirkungen sind bei den Refinanzierungsüberlegungen eines neuen Investors zu beachten. Des Weiteren können sich die Finanzierungskosten bestehender Darlehensvereinbarungen, die nicht abgelöst werden sollen, aufgrund einer Verschlechterung von Finanzkennzahlen im Zuge der Anwendung des IFRS 16 erhöhen. Die Einführung von IFRS 16 kann sogar zu einem Bruch von kreditvertraglich vereinbarten Financial Covenants führen, was im Extremfall dem Kreditgeber ein Sonderkündigungsrecht einräumen könnte. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, frühzeitig mit den Kreditgebern Kontakt aufzunehmen und eine Anpassung der Kreditverträge zu vereinbaren. 7. Kosten der Umstellung Wichtige Voraussetzungen zur Implementierung von IFRS 16 sind die Inventur und die sich daran anschließende Analyse sämtlicher Leasingverträge, was in Abhängigkeit von der Anzahl derartiger Vereinbarungen ein aufwendiger und zeitintensiver Prozess sein kann. Zusätzlich sind gegebenenfalls Umstellungen in der IT-Landschaft erforderlich. Daher können durch die Einführung von IFRS 16 signifikante Sonderkosten entstehen bzw. wurden bereits verursacht. Aufgrund des Einmalcharakters dieser Aufwendungen ist deren Eliminierung zur Ableitung eines wiederkehrenden normalisierten EBITDA bzw. EBIT zu erwägen. ACCOUNTING UPDATE M&A: IFRS 16 8
9 Ansprechpartner Kim Niedernolte T + 49 (211) M +49 (151) Über I-ADVISE I-ADVISE ist spezialisiert auf die umfassende Beratung im Rahmen von M&A-Transaktionen und die Durchführung von Unternehmensbewertungen. Sie ist Teil einer internationalen Allianz unabhängiger Beratungsgesellschaften, die Akquisitionsprozesse oder Unternehmensbewertungen in zahlreichen Ländern begleitet. I-ADVISE AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft DÜSSELDORF FRANKFURT Klaus-Bungert-Straße 5a Bettinastr Düsseldorf Frankfurt ACCOUNTING UPDATE M&A: IFRS 16 9
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